Villa Paletti
Autor: Bill Payne
Verlag:
Anzahl: 2-4
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 30 min
WIN-Wertung:
** GG I UUU AA
Das Haus von Rocky-Tocky
hat Vieles schon geseh´n, kein Wunder,
dass es zittert, kein Wunder, dass es bebt ... Aber kennt Ihr auch die Villa
Paletti? Nein? Na ist ja eigentlich auch nicht verwunderlich, denn die Villa
Paletti muss zumindest in diesem Spiel erst gebaut werden. Dass dabei auch
alles zittert und bebt, dafür sorgen die netten Spielregeln, denn anders als
beim Haus von Rocky-Tocky herrscht in Wirtschaftszeiten wie diesen absolute
Baumaterialknappheit, und wie kann man das Problem in den Griff bekommen? Na
klar, alles, was „scheinbar“ in den unteren Etagen nicht mehr von Nöten ist,
wird kurzerhand abgebaut und in den oberen Stockwerken wieder eingebaut. Ob da
nicht auch ein Zittern und Beben vorprogrammiert ist und ob das wohl auf Dauer
gut geht? Lassen wir uns überraschen!
Was benötigen wir also nun zum Bau der Villa Paletti?
Zuerst einmal bis zu 4 wagemutige Baumeister, denn einer alleine wird es nicht
schaffen, auch wenn letztendlich 3 Schiffbruch erleiden werden, also am besten
Oma oder Opa oder andere Leute mit viel Lebens- und Hausbauerfahrung, dann
vielleicht Mama oder Papa und natürlich Kinder, ab ca. 8 Jahren – na halt
solche mit viel Baukastenerfahrung, kurzum, eine gute Mischung aus exakten
Tüftlern und sagen wir „einfach-drauf-Losbauern“, aber es geht natürlich auch
mit jeder anderen Mischung an Bauherren, sprich mit solchen, die sich einfach
nur amüsieren wollen und sich dafür vielleicht
auch eine halbe Stunde Zeit nehmen können. Wenn´s dann noch immer nicht
zittert, bebt und kracht, sollte man vielleicht die Spielregel noch einmal
studieren!
Schön und gut, womit bauen wir nun aber? Der Spieleverlag
stellt uns freundlicherweise einen kostenlosen Bauplatz, auch Fundament
genannt, zur Verfügung. Es gibt dann noch 20 Säulen in 4 verschiedenen Farben
und 3 verschiedenen Formen, wobei die dicken runden 3 Punkte, die eckigen 2
Punkte und die dünnen runden nur 1 Punkt zählen. Unsere Villa bleibt ein sehr
luftiges Gebilde, Außenmauern wird es keine geben - ist wohl für heißere
Regionen gedacht -, aber schöne farbige Zwischendecken, auch Plateaus genannt,
deren Reihenfolge mit den Farben blau – grün – gelb – orange – rot fix vorgegeben ist. Diese Plateaus werden nach
oben hin immer kleiner und haben grob gesehen dreieckige Grundflächen mit
kurvigen Bereichen. Ich bin überzeugt, jeder kann sich jetzt vorstellen, wie
das ausschaut, wenn nicht, spielt das eigentlich auch keine Rolle. Die
Reihenfolge, in der diese Zwischendecken zum Einsatz kommen, ist aber auch
schon alles, was in diesem Haus irgendwie fix ist, alles andere ist eher
beweglich und ganz und gar nicht fix.
Um das Spielmaterial noch zu vervollständigen, muss man
noch das Häkchen, welches nicht zum Erschlagen unliebsamer Mitbauer, sondern
zum Herausangeln der Säulen dient, und das Baumeistersiegel erwähnen. Bei
diesem Siegel handelt es sich um einen kleinen Quader, der auf den 4 großen
Seiten die vier Farben der Baumeister trägt.
Nun ja, ein paar Spielregeln beim Bauen gibt es schon noch
zu beachten, sonst wäre es ja kein Spiel, aber die sind eigentlich sehr
einfach.
Also: Zu Beginn werden die Säulen von allen gemeinsam
irgendwie auf das Fundament gestellt. Halt, hier gibt es schon die erste Regel!
Das Sperrgebiet am Rande des Fundaments ist, wie soll ich´s sagen, na
Sperrgebiet eben für alle Säulen. Ist doch nicht schwer, oder? Gut, sobald alle
Säulen stehen wird das erste Plateau, nämlich das blaue, auf die Säulen
aufgelegt, aber so, dass es seitlich nicht über den Rand des Fundaments
hinausragt. Sieht mittlerweile schon recht hübsch aus, etwas dicht gedrängt,
aber sehr stabil. Mit Hilfe des Meistersiegels werden nun die Säulenfarben an
die Bauherren verteilt. Damit ist die ganze Vorbereitung des Spiels auch schon
erledigt.
Damit man weiß, wie man nun weiter agieren soll, ist es,
glaube ich, wichtig, zu wissen, was denn das Ziel des Spieles ist? Alle
Baumeister versuchen, die Säulen der eigenen Farbe in den unteren Ebenen
abzubauen und auf die momentan oberste Ebene zu stellen. Das Spiel endet, wenn
die Villa Paletti einstürzt oder wenn kein Spieler mehr eine weitere Säule nach
oben bringen kann bzw. kein neues Plateau mehr aufsetzen kann. Sieger ist dann,
wer als erster die meisten Säulen auf der obersten Ebene hatte, oder, was ja
viel lustiger, weil krachender, bebender, zitternder ist, wenn die Villa
Paletti einstürzt, der Spieler, der als vorletzter in Führung lag. Erkennbar
ist das am Meistersiegel, das nämlich immer vor dem jeweiligen Führenden, aber
mit der Farbe des Vorbesitzers, liegt.
Nun lasst uns aber wirklich bauen, wir stehen ja noch immer
beim Fundament. Wer am Zug ist, stellt eine beliebige eigene Säule, egal ob
frei oder verdeckt – es gibt ja das Häkchen – auf das momentan oberste Plateau.
Wenn´s funktioniert hat – Ihr wißt schon, wenn´s weder kracht noch bebt noch
zittert -, ist der Spielzug zu Ende. Da wir nicht in den Himmel bauen wollen,
dürfen Säulen, die bereits ganz oben stehen, nicht mehr höher gestellt werden …
Und damit das Höherstellen so seine fachliche Richtigkeit
hat, gibt es ähnlich den Thesen von Martin Luther die sogenannten 8
„Allgemeinen Bauvorschriften“, an die sich jeder Baumeister tunlichst halten
möge und die ich nun kurz zusammenfassen werde:
Beim Herausziehen einer Säule darf man das Plateau
festhalten, ja sogar leicht anheben, wenn man sicherstellt, dass es an seinen
ursprünglichen Platz zurückkommt, beim Abstellen der Säule ist das aber
verboten! Die Säulen dürfen nicht über die Ränder der Plateaus hinausragen, und
es darf in jedem Zug auch nur eine
einzige Säule angefasst bzw. mit dem Häkchen gezogen werden. Sollte man mit
fachkundigem Auge plötzlich erkennen, dass das Vorhaben vielleicht zum
Scheitern verurteilt ist, kann man das Bauvorhaben abbrechen, d.h. die Säule
wird zurückgestellt, der Zug ist zu Ende und die Säule ist für den Rest des
Spieles tabu. Eine weitere Bauvorschrift besagt, dass die Säulen - mit Ausnahme
auf dem obersten roten Plateau - nicht direkt übereinander stehen dürfen.
Stellt sich nur noch die Frage, wie kommen die neuen Etagen
ins Spiel? Wenn man zu Beginn des Zuges der Meinung ist, dass ohne Einsturz der
Villa keine eigene Säule mehr nach oben bewegt werden kann, darf man an Stelle
eines normalen Zuges einen Antrag auf Errichtung eines neuen Plateaus stellen.
Wird er angenommen, wird „aufgestockt“, wobei das Plateau jetzt auch über den
Rand des Fundaments hinausragen darf, aber mindestens 3 Säulen abdecken muss.
Wird er aber abgelehnt, muss der zuerst ablehnende Spieler eine Säule des
Antragstellers hinaufstellen. Gelingt es, kommt die Säule aus dem Spiel,
gelingt es nicht, verliert der widersprechende Spieler eine Säule.
Der eigentliche Wettkampf um das Baumeistersiegel beginnt
erst beim 2., sprich beim grünen Plateau. Das Siegel wandert immer zu dem Spieler,
der momentan die meisten Punkte auf der obersten Ebene hat, Gleichstand genügt
nicht für die Machtübernahme. Das Baumeistersiegel wandert immer zum führenden
Spieler, zeigt aber für den Fall eines Einsturzes stets die Farbe des
Vorbesitzers.
Nun denn, unsere Villa Paletti ist fertig, aber nein, was
ist das? Rumms, krach, zitter, beb, sie stürzt ein, alle Freunde an den
Nebentischen heben ihre Köpfe. War´s vielleicht doch nur ein Luftschloss? Auf
alle Fälle hat es Spaß gemacht, die Villa zu bauen, und wer Lust hat, kann es
gerne noch einmal versuchen. Mir persönlich gefällt die Variante, wo es „lärmt“
besser, aber entscheiden tun es letztendlich die Baumeister.
Mit Villa Paletti ist dem Verlag ein wirklich gutes, aber
auch optisch sehr schönes Spiel gelungen, das den Titel „Spiel des Jahres 2002“
ehrlich verdient hat. Herzlichen Glückwunsch dem Verlag und dem Autor Bill Payne! Das Spiel, das man
eigentlich in die Kategorie „Bauspiele“ geben müsste, ist für ein breites
Publikum geschaffen und hat eine einfache Spielregel, die keine Fragen offen
lässt. Man kann gewinnen, indem man jedes Mal den exakten Platz für eine Säule
zu errechnen versucht, man kann aber auch gewinnen, wenn man nur spielt des
Spielerlebnisses wegen, der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Ich kann es
jedem nur wirklich empfehlen. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass in den
Regeln auch 2 - und 3 – Personenvarianten angeführt sind. Da ich ein Freund von
Großspielen bin, würde mich natürlich schon interessieren, ob wir die Villa
Paletti vielleicht einmal in Menschengröße bauen werden dürfen? Es wäre sicher
ein Riesenspaß!