Manila

 

Hurra, hurra, die Urlaubszeit ist da! Wenn ich so zu träumen beginne, dann denke ich an Sonne, Wasser und fremde Kulturen … Manila! Die wie immer von diesem Verlag auffällig bunt und freundlich gestaltete Schachtel lacht mich an, also auf zu den Philippinen!

 

Mittlerweile bin ich gut im Schachtelinneren gelandet. „Wir schreiben das Jahr 1821 …“ Na hoppla, ich wusste nicht, dass ich auch gleichzeitig fast 200 Jahre zurück geflogen bin? Ohhh, seht euch die wunderschönen Münzen an, die als Spielmaterial dienen! Und die süßen Kähne! Im Nu habe ich vergessen, dass ich eigentlich in der heutigen Zeit reisen wollte, denn ich kann es kaum mehr erwarten, noch tiefer in die Geheimnisse der Spielregel einzutauchen …

 

Worum geht es bei Manila: Pro Spielrunde, die wiederum aus mehreren Seefahrten besteht, werden 3 der 4 möglichen Waren auf Kähnen Richtung Hafen von Manila gesteuert. Die Spieler können sich den Posten des Hafenmeisters ersteigern, sie können ihre Komplizen an Bord der Kähne schleusen und dadurch unter Umständen an den geladenen Waren Geld verdienen, sie können Piraten und Lotsen anheuern, sich als Versicherungsagent versuchen, und schließlich können die Spieler auch noch auf eine erfolgreiche Zieleinfahrt der Kähne im Hafen oder auch dagegen wetten. Na dann los!

 

Werfen wir  zuerst einen kurzen Blick auf den Spielplan. Auf der einen Seite sieht man 3 Startfelder für die Kähne. Über 13 Felder führt der Wasserweg zum Hafen auf der anderen Seite. In Fahrtrichtung auf der rechten Seite des Spielplans gibt es zuerst den so genannten Schwarzmarkt, auf den ich später noch eingehen werde, dann folgt das nette Haus des Versicherungsagenten und schließlich die Werft. Auf der linken Seite des Spielplans kommen zuerst 2 Häuschen für den großen und den kleinen Lotsen, dann folgt genau auf der Höhe von Feld 13 der Seestraße das Piratenboot, und dann erreichen wir schon den Hafen.

 

Zum Spielmaterial gehören neben dem Spielplan 3 Frachtkähne aus Holz, 4 Legeplättchen für die Waren Muskat (braun), Seide (blau), Ginseng (gelb) und Jade (grün), in jeder dieser Farben ein Würfel, ein Wertanzeiger und 5 Anteilscheine. Für jeden Spieler gibt es 4 Komplizen, wobei beim Spiel zu viert und zu fünft nur jeweils 3 Komplizen benötigt werden. Besonders erwähnen möchte ich noch die Spielmünzen mit den Werten 1, 2, 5, 10 und 20 Pesos, nicht weil sie da sind, sondern vor allem, weil sie ausgesprochen schön sind! Diese plastisch gestalteten Münzen, die auch farblich sehr gelungen sind, sollte man vor Spielbeginn mal einfach nur in die Hand nehmen und spüren … Spätestens jetzt hat man den Flair der damaligen Zeit inhaliert …

 

Zurück zum Spielmaterial: Neben dieser Spielregel, in die ich eben eingetaucht bin, findet man auch eine interaktive Spielregel auf CD-ROM. Also tauche ich schnell noch mal aus der Spielregel auf und in meinen Computer hinein (geht auch mit Hilfe eines DVD-Players) und lasse mir die Regel an Hand einer Spielrunde am PC erklären. Sehr anschaulich und nett! Da aber meine Leser nicht viel davon haben, tauche ich wieder zurück (doch ein erholsamer Badeurlaub?) und lande mitten in der Spielvorbereitung.

 

Jeder Spieler erhält zu Beginn 30 Pesos und 3 Komplizen. Nach festgelegten Regeln werden jedem Spieler 2 Anteilscheine zugewiesen, die er geheim hält. Die restlichen Anteilscheine werden nach Warenart sortiert offen ausgelegt. Die Wertanzeiger kommen auf das farblich passende Startfeld des Schwarzmarktes. Der Schwarzmarkt gibt den aktuellen Wert der Anteilscheine an und reicht von 0 bis 30. Kähne, Güterladungen und Würfel liegen bereit.

 

Nicht wer am ältesten, am schönsten oder am frechsten ist und auch nicht wer zuletzt in Manila war, bestimmt, welche 3 Ladungen auf den Kähnen in jeder Spielrunde transportiert werden, sondern einzig und allein der Hafenmeister, der sich dieses Amt hart erkämpfen, sprich ersteigern muss. Der älteste Spieler darf lediglich die erste Bietrunde mit mindestens 1 Peso eröffnen, reihum wird erhöht oder gepasst, bis nur mehr 1 Spieler übrig bleibt, der den gebotenen Wert sofort an die Hafenkasse bezahlen muss.

 

Damit erkauft sich dieser Spieler aber auch viele Rechte. Wenn er möchte, darf er sich einen noch offen ausliegenden Anteilschein zum aktuellen Kurs (aber mindestens 5 Pesos) kaufen. Die Anteilscheine werden zu Spielende jedem Spieler gutgeschrieben.

 

Als 2. Amtshandlung darf der Hafenmeister bestimmen, welche 3 Ladungen in der kommenden Spielrunde transportiert werden. Die Anteilscheine der Ladung, die zurückbleiben muss, haben in dieser Runde keine Möglichkeit ihren Wert zu erhöhen.

 

Noch immer ist der Hafenmeister nicht fertig (jetzt verstehe ich langsam, warum man unter Umständen sehr viel für dieses Amt bietet …). Als letzte Amtshandlung darf er die Startposition der Kähne festlegen. Er kann sie beliebig auf den Feldern 0 bis 5 platzieren, die Summe muss aber immer 9 ergeben. Warum nur stellt er Jade auf 5 und Muskat auf 1, wo ich doch so viele Anteilscheine von Muskat gekauft habe?

 

Jetzt dürfen auch die anderen Spieler wieder in das Spiel eingreifen, he aufwachen!!! Nein, so schlimm ist es wirklich nicht, die Aktionen des Hafenmeisters lassen sich in sehr kurzer Zeit erledigen und die Spannung, was denn geladen wird, hält alle hellwach. Reihum, beginnend schon wieder beim Hafenmeister, dürfen alle ihren 1. Komplizen auf ein unbesetztes Einsatzfeld stellen, indem der aufgedruckte Betrag an die Hafenkasse bezahlt wird. Wenn man einen Komplizen auf ein Bootsfeld setzt (3 oder 4 Felder mit den Werten 1 bis 5), dann erhält man z. B. den aufgedruckten Wert (18 bis 36) dividiert durch alle Passagiere, wenn das Boot den Hafen erreicht. Solche Felder gibt es aber nicht nur auf den Kähnen, sondern auch z.B. im Hafen oder in der Werft. Dort wettet man sozusagen darauf, ob mindestes 1, 2 oder 3 Kähne in den Hafen kommen oder in die Werft. Größeres Risiko bringt am Ende auch größeren Gewinn. Wenn man auf den kleinen Lotsen setzt, darf man vor der letzten Würfelrunde (siehe später) 1 Boot um ein Feld vor oder zurück schieben, wenn man auf den großen Lotsen setzt, darf man 2 Boote um insgesamt 2 Felder verschieben. Wenn man auf den Versicherungsagenten setzt, erhält man sofort 10 Pesos aus der Hafenkasse, muss aber alle Wetten, die die Werft betreffen und eintreten, aus der eigenen Kasse bezahlen. Schließlich gibt es noch das Piratenboot mit 2 Feldern. Kommt ein Boot nach der 2. Würfelrunde auf dem Feld 13 zu stehen, kann es je nach Platz, von einem oder 2 Piraten geentert werden, passiert das nach der 3. Würfelrunde, dann kann das Boot sogar geplündert werden.

 

Sobald alle Spieler 1 Komplizen platziert haben, beginnt die 1. Würfelrunde, auf die der Hafenmeister höchstens noch durch Übertragung magischer Kräfte auf die Würfel Einfluss nehmen kann … Los geht die Fahrt! Für Muskat wurde 6 gewürfelt und für Jade nur 1, schon ist der Startvorteil weg! Es folgt die 2. Setzrunde und die 2. Würfelrunde. Kein Boot landet auf dem Feld 13, weshalb auch kein Pirat entern kann. Nach der 3. Setzrunde dürfen die Lotsen einschreiten, und nach der 3. Würfelrunde können noch die Piraten zuschlagen.

 

Es kommt zur Auszahlung: Alle Boote, die den Hafen erreicht haben, schütten den Gewinn anteilsmäßig an alle Passagiere aus, gewonnene Wetten werden ausbezahlt, und für jeden Kahn, der den Hafen erreicht hat, wird der Wertungsstein mit der geladenen Ware um 1 Feld nach oben geschoben. Alle Komplizen werden an die Spieler zurückgegeben, und schon kann wieder um das Amt des Hafenmeisters, beginnend beim Hafenmeister der Vorrunde, geboten werden … Sollte man einmal in Geldnot geraten, dann kann man Anteilscheine für 12 Pesos belehnen, zurück erhält man sie dann für 15 Pesos.

 

Sobald nach einer Spielrunde ein Wertungsstein das Feld 30 erreicht, endet das Spiel. Die Spieler ermitteln den Wert ihrer unbeliehenen Anteile plus den Wert des Barvermögens, davon werden 15 Pesos für jeden nicht zurückbezahlten Kredit abgezogen, und wer dann das größte Vermögen hat, ist zweifelsohne der größte Schwarzmarkthändler von Manila!

 

Das Spiel zu dritt variiert nur geringfügig. Jeder Spieler erhält 4 Komplizen, und es werden vor der 1. Würfelrunde 2 Setzrunden durchgeführt, wodurch sich 4 Setzrunden ergeben.

 

Mittlerweile bin ich zurück aus Manila und befinde mich wieder im 21. Jahrhundert. Es war eine schöne und spannende Reise durch ein Spiel, das viele verschiedene Spielelemente aufweist. Man muss einerseits wissen, wie man Geld gewinnbringend einsetzen kann, man sollte andererseits aber auch das richtige Gespür für gute Aktien haben. Aber natürlich ist auch der Glücksfaktor nicht unerheblich, der bei einem Würfelspiel immer vorhanden ist. Ich finde, gerade diese Mischung macht den Reiz des Spiels aus, was ich auch im Spiel mit unseren Kindern feststellen konnte. Der Mechanismus des Spiels wirkt am Anfang etwas kompliziert, aber spätestens nach der 1. Spielrunde sollten keine Fragen mehr offen bleiben.

 

Apropos offene Fragen: Eine Sache bleibt gänzlich ungeklärt, und zwar die, ob man das Geld offen oder verdeckt vor sich hat. Ich persönlich finde die Münzen viel zu schön, um sie in irgendeiner Hand zu verstecken (verdeckt stapeln lassen sie sich schon auf Grund der Farbcodierung nicht), und da man sich jederzeit einen Kredit nehmen kann, lässt sich auch wenig über die Bereitschaft eines Spielers, Geld auszugeben, vorhersagen. Wenn man in einer Spielrunde den Strategiefaktor etwas erhöhen will, dann könnte man es aber sicherlich auch mal mit verdecktem Geld versuchen.

 

Ich kann dieses Spiel sowohl Erwachsenenrunden als auch Familien mit etwas älteren Kindern nur wirklich empfehlen. So und jetzt werde ich mal darüber nachdenken, wohin ich wohl im nächsten Jahr reisen werde …?

 

Martina Nowak

martina_nowak@chello.at

 

Manila

Spieler         : 3-5

Alter            : ab 10 Jahren

Dauer          : ca. 60 Minuten

Verlag          : Zoch 2005

                     www.zoch-verlag.com

Autoren       : Franz-Benno Delonge

Graphik        : Viktor Boden

Preis            : ca. 25 EUR

 

WIN WERTUNG

Genre          : Biet-, Wett- und Positionsspiel

Zielgruppe    : Freunde, Familie

Mechanismus: Bieten, würfeln, setzen

 

Strategie                : ****

Taktik                    : ****

Glück                    : ****

Interaktion             : ****

Kommunikation      : **

Atmosphäre           : *****

 

Kommentar:

Kombination vieler Faktoren

Glückselement nicht dominant

Schöne Ausstattung

 

Martina Nowak: Ein Spiel, das viele verschiedene Spielelemente aufweist und ich finde, gerade diese Mischung macht den Reiz des Spiels aus.

 

Wer gerne Spiele mit Wirtschaftsthema mag, in denen sich viele Mechanismen die Waage halten, wird an Manila Spaß haben.