Karawanen von Changan nach Antioch

 

Silk Road

 

Seide gegen Edelsteine

 

Die Seidenstraße, einer der wichtigsten Haupthandelsstrassen des ersten Jahrtausends zwischen dem Mittelmeer und Ostasien. Man darf sich darunter aber nicht eine Handelsautobahn mit 4 Spuren vorstellen, sondern sie war vielmehr ein Netz aus mehreren Karawanenrouten, die vom pazifischen Ozean entlang der Grenze von China und der Mongolei zum Mittelmeer gereicht haben, aber auch im Süden über Thailand und Indien und der arabischen Halbinsel zum Mittelmeer und dann weiter nach Italien verliefen.

 

Der Name Seidenstrasse wurde erst im 19. Jahrhundert für diese Routen geschaffen. Die Byzantiner hatten davor einen ähnlichen Namen. Aber Seide, dass damals ein begehrtes und außergewöhnliches Gut darstellte, war nur ein kleiner Teil der transportierten Waren. Gold, Edelsteine, Glas und Gewürze aus China kommend und Pelze, Keramik, Jade, Bronze, Lacke und Eisen aus der anderen Richtung, das waren damals die transportierten Güter.

 

Silk Road von Z-man Games ist zeitlich in der Han Dynastie angesiedelt, das entspricht der Zeit 200 v. Christus bis 8 nach Christus. In dieser Zeit sollen die ersten Routen entstanden sein. Die quadratische wie immer zu groß bemessene Schachtel sind wir schon von anderen Spielen dieses Verlags gewohnt. Eine sich gerade im Aufbruch befindliche Karawane, die aus einer Stadt auszieht, ziert das Titelbild.

 

Auf einem länglichen Spielplan wird die Seidenstrasse mit ihren Stationen dargestellt, von Changan beginnend und in Antioch endend. In manchen Städten kann man nur in eine bestimmte andere weiterziehen, in anderen hat man die Wahl und muss sich zwischen zwei Städten entscheiden. Die Städte haben 5 oder 6 Felder, wo man die Aktionsmarker auslegt. Diese sind in orange und lilafarbige Rückseiten unterteilt und werden damit den orangen und lila Städten zugeordnet. Ansonst werden sie gemischt und beliebig offen aufgelegt, immer um einen Marker weniger als Spieler teilnehmen. Die bereits aufgedruckten Aktionsmarker sind zusätzlich und werden beim Verteilen nicht berücksichtigt.

 

Die Spieler erhalten einen Sichtschirm, hinter dem sie Geld und Waren aufbewahren. Die Waren in 5 verschiedenen Farben werden in den Stoffsack geworfen und jeder Spieler zieht drei zufällig. Jeder Spieler erhält eine Gold- und 5 Silbermünzen und der Spielstein für die Karawane kommt an den Start nach Changan. Die zweite Spielfigur, den Karawanenführer, erhält der Startspieler und dieser bekommt auch die Rundensteine. Das sind orange Steine, immer um einen weniger als Spieler teilnehmen.

 

Zu Beginn wird der Karawanenführer versteigert. Jeder Spieler gibt genau ein Gebot ab und kann passen oder überbieten. Der Besitzer des Karawanenführers nimmt das höchste Gebot an und bekommt das Geld von dem Spieler, oder er behält sich den Führer und muss dafür das Gebot an den meistbietenden bezahlen.

 

Der Spieler mit dem Karawanenführer bewegt die Karawane in eine der nächsten Städte. Jede Stadt hat einen oder zwei Pfeile, welche die Richtung der Karawane vorgeben. In der Zielstadt wird dann gehandelt. In den Städten wo sich ein fixer Aktionsmarker befindet, darf der Karawanenführer diese Aktion als Bonusaktion durchführen. Danach nimmt er sich einen offen ausliegenden Marker dieser Stadt und führt diese Aktion ebenfalls durch. Er kann sich aber auch entscheiden, keine Aktion durchzuführen, den Marker muss er aber trotzdem aus der Stadt entfernen.

 

Er nimmt sich einen der Rundensteine und legt diesen vor sich ab und zeigt damit an das er bereits seinen Zug gemacht hat. Er wählt einen beliebigen anderen Spieler und gibt diesem den Karawanenführer und die restlichen Rundensteine. Der gewählte Spieler nimmt sich nun für sich einen Aktionsmarker und führt ihn aus und die Prozedur läuft so weiter bis zum letzten Spieler, der keinen Marker mehr bekommt. Dafür behält er sich den Karawanenführer, den er die nächste Runde versteigern kann und damit wiederum zu Geld kommen kann. Logischerweise kann jeder Spieler nur einmal an die Reihe kommen.

 

Wenn die Karawane Antioch erreicht, ist das Spiel zu Ende und die Spieler bekommen Siegpunkte - für jede Silbermünze einen und für eine Goldmünze fünf. Für jeden Warenstein gibt es einen Punkt und der Spieler mit den meisten Waren einer Farbe bekommt weitere zwei Punkte. Bei Gleichstand gibt es keine Punkte. Der Sieger ist natürlich derjenige, der die meisten Punkte erreicht. Sollte hier ein Gleichstand herrschen, wurden für diesen Fall in der Regel keine Vorkehrungen getroffen.

 

Die Aktionsmarker im Detail heißen:

Der Verkäufer: Der Spieler darf beliebig viele Waren der vorgegebenen Farbe verkaufen. Für die erste Ware erhält er 4 Silber, für die zweite 3 Silber, für die dritte 2 Silber und für alle weiteren Waren 1 Silber ausbezahlt.

 

Der Käufer: Man darf beliebig viele Waren der vorgegebenen Farbe kaufen. Die erste kostet 1 Silber, die zweite 2, die dritte 3 und alle weiteren 4 Silber.

 

Der Händler: Hier gibt es verschiedenen Ausführungen. Man gibt die Waren auf der linken Seite des Markers ab und bekommt dafür die Waren auf der rechten Seite. Diese Aktion kann man maximal zweimal durchführen. Auf anderen kann man entweder 2 oder 4 Waren abgeben und nimmt sich dafür 2 oder 4 beliebig andere Waren.

 

Der Dieb darf eine Ware von einem Spieler stehlen. Er darf aber nicht sehen welche Ware er stiehlt.

 

Der Großwesir: Er wählt eine Warenart und alle Spieler dürfen nach eigener Wahl gleichzeitig beliebig viele Waren dieser Sorte vorzeigen. Alle Spieler welche die meisten vorzeigen bekommen 5 Silber, diejenigen mit den zweitmeisten bekommen 3 Silber ausbezahlt. Der Aktionsmarker kommt zur Seite und wird mit einem Warenstein der gewählten Sorte markiert und diese Sorte darf im weiteren Spielverlauf für den Großwesir nicht mehr gewählt werden. Sollte der seltene Fall eintreten, dass alle 6 Großwesire ausgespielt werden, dann kann der sechste Wesir eine beliebige Warenart wählen.

 

Der Gauner (Crook): Der Spieler darf diesen Marker behalten und später einsetzen. Er kann in seinem Zug eine Warenart auf einem Aktionsmarker verändern.

 

Der Tauschhändler (Barterer): Auch diesen Marker darf der Spieler behalten und später einsetzen. Man kann ihn dazu nutzen, um in einer Stadt einen zweiten Aktionsmarker zu nehmen. Der Spieler nimmt sich sofort die beiden Marker. Dadurch ergibt sich dass ein Spieler gänzlich leer ausgeht, denn der vorletzte Spieler bekommt den Karawanenführer. Ich habe bei den beiden letzten Charakteren deswegen die englischen Begriffe dazugeschrieben, da ich immer Probleme hatte diese richtig zuzuordnen.

 

Als Variante kann man den Spielplan auch in die andere Richtung, also von Antioch nach Changan spielen. Dazu legt man auf die lila Städte orange Marker und auf die orangen Städte lila Marker. Sollten nur drei Spieler teilnehmen wird mit 5 Rundensteinen gespielt. Somit haben 2 Spieler zwei Aktionen und 1 Spieler nur eine Aktion und den Karawanenführer.

 

Wenn man wie ich die Spiele des Verlages in den letzten Jahren gespielt hat und sich mit den Regeln eingehend befassen musste, dann kann man dieser Regel nur Hochachtung zollen. Kurz, bündig, keine Fragen (für den Verlag) offen lassend. Sogar bei der Übersetzung nur unbedeutende Fehler. Trotz allem folgende Klarstellungen: In der Regel wird die zusätzliche Aktion für den Karawanenführer in Merv und Dunhuang einer der Händlervarianten zugewiesen. Dies ist falsch, auf dem Plan ist die zusätzliche Aktion der Dieb. Die falsche Ausführung in der Regel verwirrt, hat aber keine Auswirkungen, da auf dem Spielplan die richtige Aktion angeführt ist.

 

Der Gauner soll nach deutscher Regel später benutzt werden, in der englischen steht aber nichts davon. Ich gehe davon aus dass die englische stimmt. Beim Tauschhändler wird ebenfalls von später benutzen geschrieben, im englischen dezidiert eine der nächsten Städte angeführt. Einige der Leser werden sich nun fragen warum ich nur von unbedeutenden Fehlern spreche. Wenn Sie die Regeln der anderen Spiele dieses Verlages einmal betrachten müssten, dann wäre alles andere unbedeutend. Aber neutral betrachtet haben diese Ungereimtheiten keine Auswirkungen auf das Spiel.

 

Auf der Rückseite der Schachtel ist die Spieleranzahl mit 3 bis 6 Spieler angegeben, beim Einführungstext auf der Schachtel steht aber 3 – 5 Spieler. Der Spielplan ist für 6 Spieler ausgelegt.

 

Beim Preis/Leistungsverhältnis liegt der Verlag komplett falsch. Auf der Schachtel ist der unverbindliche Preis von 49,99 USD angeführt, das sind 40 Euro. Der Handel führt das Spiel um ca. 35 Euro. Die Größe der Schachtel würde den Preis noch rechtfertigen, aber niemals der Inhalt. Der ist für diesen Preis geradezu mickrig. Vom spielerischen Wert betrachtet würde ich nicht mehr als 25 Euro ausgeben.

 

Das Material umfasst 75 kleine Würfel in 5 Farben, das sind die Waren, 6 Sichtschirme aus Karton, 90 Aktionsmarker, 45 in orange und 45 in lila, 1 Stoffsack, 45 Münzen in gold und Silber, die beiden großen Figuren für Karawane und Führer und die 5 Rundensteine. Dafür 35 Euro verlangen, da fühlt man sich geneppt. Nichtsdestotrotz sind die Holzsteine sauber ausgeführt und der Karton der Sichtschirme und des Spielplans ausreichend stark, damit man lange Freude an diesem Spiel hat.

 

Aber auch hier kann ich zwei Kritikpunkte anführen. Bei 5 und 6 Spielern sind uns immer das Geld und die Waren ausgegangen. Mit dem Geld konnten wir uns ja noch helfen, aber wir konnten keinen Regelpassus finden der uns sagt was passiert wenn eine Warensorte aufgebraucht ist. Der zweite Punkt betrifft die beiden großen Spielfiguren. Sie sind im Aussehen und der Farbe vollkommen ident. Es wer besser gewesen wenn sie sich unterschieden, denn einige Male wurde die Karawane vom Plan genommen und an den nächsten Spieler weitergegeben was zu einiger Verwirrung führte.

 

Zur Grafik kann man nicht viel anführen. Das was an Grafik vorhanden ist, ist ausreichend nett und sie verwirrt nicht, das ist schon einiges wert. Die Aktionsmarker tragen alle Symbole die sich zu Beginn nicht sofort erschließen, aber mit ein wenig Praxis tauchen auch hier keine Probleme auf.

 

Nach der dritten Stadt haben alle Spieler die Symbole intus und danach ist der Spielfluss ungebrochen und der Ablauf flüssig. Die Dauer unserer Spiele war immer klar unter den 90 Minuten angesiedelt, 60 Minuten war hier der Durchschnitt.

 

Das Thema und der geschichtliche Hintergrund passen sich dem Spiel gut an. Wie schon zu der damaligen Zeit sind die Händler nicht die ganze Seidenstrasse entlang gezogen, sondern von einer Stadt zu nächsten gezogen und haben dort an ansässige Zwischenhändler verkauft, gekauft und so versucht ihr Geld zu vermehren. Das ist mit dem Mechanismus gut nachempfunden.

 

Bei Bruno Faidutti kann man sich darauf verlassen das sein Dieb im Spiel vorkommt. Ich kenne keinen Autor, der eine Figur in so vielen Spielen erscheinen lässt. Bei Silk Road hat er sogar die gleiche Aufgabe wie bei Drachengold.

 

Ich für meinen Teil konnte mich mit dem Spiel nicht anfreunden und ich gab dem Spiel mehrere Chancen. Alle 90 Aktionsmarker sind nur bei 6 Personen im Spiel. Da aber nicht alle Städte angefahren werden, da es ja mehrere Wege gibt, fallen somit ca. 30 Marker weg. Bei weniger Spieler kommen umso mehr Marker aus dem Spiel. Da es in der Regel keinen Passus dafür gibt, welche Marker man aus dem Spiel nehmen kann oder soll, geschieht dies zufällig und genau so zufällig verläuft dann auch das Spiel.

 

So war eine Situation, dass in den orangen Städten eine Farbe zu kaufen war, die dann aber nicht mehr verkäuflich war, da keine Verkäufer bei den lila Städten auslagen. Das betrifft in diesem Fall alle, aber was passiert wenn es nur einen Verkäufer gibt und der Spieler der ihn bekommt erhält so viele Punkte mit dem Verkauf dass er uneinholbar ist? Da fällt der Spielreiz für die anderen schnell auf null. Das kann aber mit jeder Aktion passieren, die mehrere Spieler einplanen. Um die Taktik umzustellen ist das Spiel zu kurz, außer es betrifft einen gleich zu Beginn.

 

Da hat mir das Spiel zu dritt noch am besten gefallen, da ja 2 Spieler zwei Aktionen durchführen und 1 Spieler eine. Da kann man das Spiel noch am besten steuern. Zu sechst ist überhaupt nicht planbar und die Auswahl des nächsten Spielers in der Reihenfolge geschieht sehr oft willkürlich da von Übersicht keine Rede mehr ist. Bei einer geringeren Spieleranzahl kann man sich wenigstens noch ungefähr merken, wer welche Steine sammelt und welche Taktik der eine oder andere im Auge hat.

 

Was man auf jeden Fall braucht sind einige Partien Übung, um ungefähr ein Gefühl dafür zu bekommen, was der Karawanenführer Wert ist und wie sich die Aktionsmarker im speziellen auf die Geldbörse des Spielers auswirken. Der Versuch billig einzukaufen und teuer zu verkaufen ist reizvoll, aber wenn die Karawane in die falsche Stadt gezogen wird und man bleibt auf seinen Waren sitzen, dann ist das Frustpotential groß, noch dazu wenn derjenige, der die Karawane zu einem abartigen Preis ersteigert hat, dies aus reiner Langeweile macht.

 

Wieder einmal ein Spiel, das polarisiert. Es wird sich eine Anhängerschaft haben die diese Art von Spielen mag und jede Menge Gegner. Darin liegt auch das Hauptproblem bei diesem Spiel. Wenn sich eine Spielergruppe einfindet die aus beiden Lagern kommt, dann ist jede Partie zum Scheitern verurteilt. Um das Spiel zu einem Erlebnis zu machen müssen alle mitspielen, ein Mitspieler der keinen Spaß daran hat kann zum Königsmacher avancieren und das Spiel ist zum Scheitern verurteilt.

 

Kurt Schellenbauer

kurt.schellenbauer@spielen.at

 

Spieler         : 3-6

Alter            : ab 12 Jahren

Dauer          : 90 Minuten

Autor           : Ted Cheatham, Bruno Faidutti

Grafik          : Jonny Scull, Patrick McEvoy, Mike Jackson, Benjamin Barnett

Preis            : ca. € 33,00

Verlag          : Z-MAN Games 2006

                  www.zmangames.com

 

Genre                    : Logistik- und Handelsspiel

Zielgruppe             : Freunde

Mechanismen         : Waren einkaufen und verkaufen

 

Strategie                : **

Taktik                   : ***

Glück                    : ***

Interaktion             : *****

Kommunikation      : *

Atmosphäre           : ***

 

Kommentar:

kurze und einfache Regel

bei 6 Spielern mehr Willkür

bei 3 Spielern besser planbar

eher teuer bei wenig Material

Spielreiz nicht sehr hoch

 

Vergleichbar:

Hansa

Bohnhansa

Hermagor

Andere Logistik- und Handelsspiele

 

Kurt Schellenbauer:

Um den Wert des Karawanenführers und der Aktionsmarker richtig einzuschätzen braucht man einige Spiele. Da man in der ersten Partei aber meist nur mangelnden Spielreiz und sehr viel Frust erfährt bekommt man keine Übung, denn wer will unter diesen Vorraussetzungen schon eine zweite Partie spielen.