Filthy
Rich
Das
Spiel:
Filthy
Rich
von
Richard Garfield für 2 bis 5 Spieler ab 12 Jahren
Wizards of the Coast 1998
ca. 60 Minute
WIN-Wertung:
**
Filthy Rich WWW S UUU AA 2-5 h
Vergleichbare
Spiele:
Roulette
(M)
DKT
(T)
Vor
ein, zwei Jahren noch war ich - armer Irrer - noch begesterter Magic- Spieler.
Das wäre an und für sich ja nicht schlimm. Leider haben mich allerdings auch
Urinstinkte gepackt: ich betätigte mich als Jäger und Sammler. Wenn also wieder
einmal eine neue Magic-Erweiterung herauskam, hieß es dann Boosterpacks kaufen,
aufreißen, ordnen, tauschen und natürlich dann auch fein säuberlich in einen
Ordner mit Klarsicht- Hüllen verstauen. Von Zeit zu Zeit nahm ich dann einen
Ordner in die Hand, öffnete ihn und schaute mir stolz einige der Magic-Karten
an. Wenn mal eine Karte fehlte, konnte man aufgrund der durchsichtigen Hüllen
eine Karte der darunterliegenden Klarsichthülle sehen. Ich wäre nie auf den
Gedanken gekommen, daß man aus diesem einfachen Effekt ein Spiel machen könnte.
Der Mann jedoch, der mit "Magic: The Gathering" verantwortlich ist
für den weltweiten Sarnmclkartenspiel-Boom, schuf daraus ein Spiel namens
"Filthy Rich". Den Mechanismus hat er auf originelle Weise umgesetzt.
Stellen Sie sich eine Geschäftsstraße vor: Um auf ihren Laden hinzuweisen,
haben alle Ladenbesitzer ein mehr oder weniger großes Werbeschild vor die Tür
gehängt. Dem Kunden in der Straße bietet sich dann ein Bild mit sich teilweise
überdeckenden, überlappenden Tafeln. Einige Werbetafeln am Ende der Straße
mögen gar nicht sichtbar sein, die Tafeln unmittelbar vor dem Kunden hingegen
sind voll und ganz zu sehen. Logisch, daß kaufkräftige Kunden nur diejenigen
Läden betreten, die ihre Aufmerksamkeit erregen konnten. Der Untertitel des
Spieles lautet daher auch treffend "Das 3-D-Spiel des Kapitalismus".
Genug
der Einleitung, wenden wir uns zunächst dem Spielmaterial zu. Die Hauptrolle
spielen selbstverständlich der Ordner, die vier Klarsichthüllen mit je 9
Steckplätzen, und jene Karten, die die Werbetafeln ausmachen. Zumeist stellt
eine Karte bereits das ganze Reklameschild dar, einige Schilder setzen sich
jedoch aus zwei oder drei Karten zusammen, teils horizontal, teils vertikal
ausgerichtet. Eine einzige Tafel wird sogar aus vier Karten zusammengesetz. Ins
Spiel gebracht werden die Firmen mittels Firmenkarten, die sich zusammen mit
einigen Aktionskarten und "asset"-Karten (das Wörterbuch übersetzt
"asset" mit Aktivposten, Vermögenswert, Besitztümer und ähnliches) im
Hauptstapel befinden. Schließlich gibt es noch einmal Karten, nämlich 12 Stück
Luxusgüter unterschiedlicher Werte, die das begehrte Ziel jedes Unternehmers
sind. Und nicht zu vergessen Spielgeld, 4 zehnseitige Würfel und ein normaler
Sechsseiter. Ausgerüstet mit einem kleinen Startkapital und 5 Karten machen
sich nun zwei bis fünf Spieler daran, möglichst viel Geld aus den verschiedenen
Läden zu scheffeln.
Dann kommt der spannende
Moment: Kunden strömen in die Geschäftsstraße. Werden sie auf das gut
angebrachte Firmenschild reagieren oder es ignorieren? Werden die Geschäfte
florieren oder treiben einen die Steuern in den Ruin? Die Antwort geben die
Würfel. Je nachdem wo sich die aktuelle Klarsichthülle befindet, werden ein bis
vier Würfel geworfen. Jedes Geschäft, welches erwürfelt wurde, wird von Kunden
besucht und nimmt bares Geld ein, das eine mehr, das andere weniger. Die
Registrierkassen klingeln, die Besitzer der Geschäfte reiben sich die Hände,
während die anderen Geschäfte leer ausgehen. Aber Moment! - wird sich jetzt so
mancher denken - neunteilige Klarsichthüllen und zehnseitiger Würfel, da paßt
etwas nicht zusammen! Die Erklärung ist ganz einfach: Der Finanzminister will
auch etwas davon haben, im Klartext: Steuern! Jedesmal, wenn die "10"
gewürfelt wird, müssen die Spieler für alle ihre Geschäfte Steuern zahlen. Und
zwar wirklich für alle, auch jene, deren Werbetafeln momentan überhaupt nicht
zu sehen sind! Da kann es schon mal passieren, daß man die fälligen Steuern
nicht und nicht zusammenkratzen kann und einige Läden wieder schließen muß. (Im
ungünstigsten Fall - nämlich dem totalen Konkurs -. Heißt es ganz aus dem Spiel
ausscheiden!)
Danach kommt noch der
normale Würfel zum Einsatz. Er bestimmt, auf welche Seite für die nächste Runde
gewechselt wird. Bei einer 1, 2, 3 oder 4 wird auf die entsprechende Seite
umgeblättert, wodurch sich meist das Erscheinungsbild ändert. Bei einer 5 oder
6 bleibt die bestehende Seite gleich. Bei der Plazierung der Firmenschilder ist
darauf zu achten, daß die einzelnen Seiten ihre Vor- und Nachteile haben. So
können Werbetafeln auf der untersten Seite (Seite 1) durch Tafeln der anderen
Seiten leicht überdeckt werden, wodurch die Werbebotschaft stark beeinträchtigt
wird. Tafeln auf einer höheren Seite haben den Vorteil, daß mehr Kunden sprich
Würfel drankommen und somit die Chance auf Gewinn (aber auch die Gefahr von
Steuern) steigt. Was nützen einem allerdings die schönsten Tafeln auf Seite 3
oder 4, wenn der Zufall es will, daß die meiste Zeit auf Seite 1 oder 2
geblieben wird?
Mit dem Ergänzen der
Handkarten auf 5 Stück endet der Zug eines Spielers und der nächste im
Uhrzeigersinn ist an der Reihe.
Mit Geschäftssinn,
Risikobereitschaft und natürlich mit viel, viel Glück kann man sein Bargeld
tatsächlich ein wenig auffetten. Zeit also, sich die unbedingt notwendigen
Statussymbole, die Beweise kapitalistischer Degeneration anzuschaffen. Je
früher man zuschnappt, desto billiger sind die Luxusgüter, aber aufgepaßt: Auch
bei den Luxusartikeln schlägt die Finanz erbarmungslos zu. Wer allen Steuern
und Konkurrenten zum Trotz zuerst drei Luxusgüter erwirbt, gewinnt das Spiel.
Ich tu mir schwer,
"Filthy Rich" einzuordnen. Ich kann es mit keinem anderen mir bekannten
Spiel vergleichen, am ehesten noch mit Roulette! Denn auch hier macht man einen
Einsatz (= Geschäftseröffnung) und hofft, daß die Kugel (= Würfel) trifft. Es
wäre aber ein Fehler, das Spiel als reines Glücksspiel abzutun, denn dem
Spieler bleiben genug Entscheidungsmöglichkeiten. Vor allem welche Karte man zu
welchem Zeitpunkt ausspielt, spielt eine wichtige Rolle. Meine Erfahrung aus
ein paar Partien: Unbedingt einige Dollars Reserven behalten und nicht alles
investieren, denn wenn das Finanzamt öfters zuschlägt als einem lieb ist,
kämpfen alle ums Überleben, dann geht es zäh her. Fällt hingegen selten die
"10", entwickelt sich das Spiel recht rasch.
Die Geschäfte selbst sind
recht unterschiedlich in ihren Kosten, Steuertarifen und Erträgen und sorgen
für viel Abwechslung, die graphische Gestaltung der Werbeschilder ist zudem
recht witzig.
Mit "Filthy Rich"
hat Richard Garfield, dessen Konterfei übrigens die Dollarnoten im Spiel ziert)
wieder einen Hit gelandet. Selten zuvor hat mich ein "Glücksspiel" so
sehr in den Bann gezogen. Der einzige Nachteil: Ich könnte mir vorstellen, daß
es auch hier Erweiterungen mit neuen Karten geben kann! w