INKOGNITO

 

INKOGNITO

von Alex Randolph und Leo Colovini

3-4 Spieler ab 10 Jahren

Winning Moves, 2001

Erstauflage MB, 1988

 

WlN-Wertung:

** INKOGNITO W S PPP I MM UU 4

 

Für die erste Rezension zu den Herbstneuheiten haben wir ganz bewusst Neuauflagen gewählt, da wir in so kurzer Zeit keine realistische Chance haben, Neuerscheinungen oft genug zu spielen, um sie zu rezensieren. INKOGNITO zählte schon in der Ausgabe von MB zu meinen Favoriten und daran hat sich nichts geändert!

 

Again it's Carneval in Venice - Carneval in Venedig, geheimnisvolle Masken, leise rauschende Kanäle, Gondolieri - der ganze Zauber der alten Lagunenstadt liegt in diesen Worten. Und dazu noch Alex Randolph, er ist einer der wenigen Autoren, die jeder Spieler kennt und für ihn gilt das Wort, das jeder engagierte Spieler für jeden Autor gerne durchsetzen würde, "Ah, ein neuer.. ", erschienen bei XY.

 

Damals war es also ein neuer Alex Randolph, zusammen mit einem unbekannten Autor namens Leo Colovini. Inzwischen ist auch Leo Colovini ein bekannter Autor und damit verdient sein Erstlingswerk umso mehr Beachtung.

 

Die wunderschöne Schachtel von damals ist auch beinahe unverändert geblieben, nur das Format hat sich geändert, sie hat heute das moderne Quadratformat. Und heute wie damals macht sie Lust darauf, das Spiel zu spielen! Und man wird nicht enttäuscht, nach ein bisschen Zusammensetzarbeit hat man für jeden Spieler vier wunderschöne Figuren im Stile der Karnevalskostüme in der Hand. Dazu einen graphisch sehr ansprechend gestalteten Spielplan. Er ist Venedig bei Nacht nachempfunden, mit Wegen zu Land und zu Wasser und darauf tummeln sich  - ja, hier ist wieder etwas Altbekanntes - Agenten natürlich, vier an der Zahl, die immer in Paaren zusammenarbeiten. Lord Fiddlebottom war schon beim Geheimdienst als dieser noch gar nicht geheim war. Colonel Bubble hat die Königliche Ballon Brigade gegründet und bleibt in größter Gefahr so kühl, dass ihm sichtbar kalt ist. Agent X ist ein absoluter Profi, völlig unbestechlich und von geradezu prefekter Gefühllosigkeit, und Madame Zsa Zsa’s verbogener Charakter lässt sich damit erklären, dass sie früher als Gummimensch aufgetreten ist. 

Jeder der vier Spieler verkörpert nun einen dieser Agenten, aber gleich in vier Erscheinungsformen, dick, dünn, groß,  oder klein. In der Spielregel werden diese Erscheinungsformen Aspekt genannt, und dafür gibt es auch die entsprechenden Karten, sowie vier Karten mit den Identitäten und vier mit den Buchstaben A bis D (für die Aufträge) und eine Karte, die den Startspieler bestimmt. Und daraus wird durch Mischen nun die für das jeweilige Spiel gültige Konstellation, die jeder Mitspieler in Form eines mit seinen Karten gefüllten Umschlages erhält. Die den möglichen Kartenkombinationen entsprechenden Aufgaben, genannt Missionen, finden sich auf einer Spielhilfekarte, die auch jeder Spieler bekommt, dabei hat Lord Fiddlebottom immer Colonel Bubble zum Partner und Madame Zsa Zsa Arbeitet immer mit Agent X zusammen.

 

Damit weiß der betreffende Spieler ganz allein, dass er jetzt in diesem Spiel Lord Fiddlebottom ist, diesmal groß, und Aufgabe A zu erfüllen hat – das gibt ihm in der Tabelle dann die Information, das, wenn er Colonel Bubble identifiziert hat und sicher weiß, dass dieser Aufgabe D in der Hand hat, nun die gemeinsame Aufgabe lautet, dass eine beliebige eigene Figur zu Madame Zsa Zsa ziehen muss, um das Spiel zu gewinnen.

 

So weit so gut. Der Spielplan deutet Bewegung an und der geübte Spiele-Auspacker sucht nun Würfel. Gibt es nicht. Dafür eine geheimnisvolle schwarzweiße Büste mit drei Löchern, genannt Menetekel, ein Geniestreich von Alex Randolph, wenn auch etwas laut. Durch Schütteln des Menetekel rollen drei Kugeln in die Löcher, die mit ihrer Farbe die Bewegung anzeigen: Bei einer roten Kugel kann die eigene Figur auf ein Landfeld bewegt werden, blau bedeutet Seefeld und weiß heißt einfach Pech gehabt, gelb ist ein Joker, mit dessen Hilfe man sich die Zugmöglichkeit aussuchen kann und schwarz schließlich ist der Botschafter, eine Zusatzfigur in schwarz, die ein bewegliches Orakel verkörpert, das man bei Bedarf konsultieren kann.

 

Und nun bekommt noch jeder einen Satz Antwortkarten, um die Fragen der Mitspieler durch Überreichen von drei bzw. zwei Karten zu beantworten. Und dann beginnt das Spiel:

 

Jeder Spieler muss nun wie oben beschrieben zuerst seinen Partner identifizieren, dann herausfinden, welchen Auftrag der Partner hat, dann aus der Tabelle, Reisepass genannt, durch die Kombination der Buchstaben die gemeinsame Aufgabe finden und erfüllen. Zu diesem Zweck bewegt man sich durch Venedig, und wenn man einen anderen Spieler trifft, kann man ihn fragen, und zwar gezielt entweder nach Charakter oder Identität. Man erhält als Antwort auf diese Frage drei Karten, von denen mindestens eine richtig sein muss. Trifft man den Botschafter, kann man von einem beliebigen Spieler Information verlangen, geantwortet wird mit nur zwei Karten, von denen eine wahr sein muss. Und dann kommt endgültig Karnevalsstimmung auf! Denn damit man sich nicht nur auf logisches Denken verlassen muss, hat Alex Randolph jedem Agenten noch ein charakteristisches Verhalten zugeordnet, das man zur Information seines Partners einsetzen kann: Lord Fiddlebottom zwinkert mit dem rechten Auge, Colonel Bubble zupft am linken Ohrläppchen, Agent X runzelt zwanghaft die Stirn und Madame Zsa ZSa rümpft die Nase. Und so sitzen also Ohrläppchen zupfende, und sich zur Tarnung sicherheitshalber sonst noch komisch benehmende Spieler um einen Tisch und versuchen dabei auch noch zu denken, denn ohne das geht's nicht! Und wenn man dann noch ungenutzte Kapazitäten frei hat, kann man versuchen, Mitspieler, die sich versehentlich verraten haben, diese daran zu hindern, ihren Auftrag auszuführen.

 

Besonders lustig wird's dann, wenn ich meinen Partner längst kenne und schon rote Ohren habe vom Zupfen und ich bräuchte nur noch seine Aufgabe, und er gibt und gibt sie mir nicht, weil er nicht weiß, dass ich sein Partner bin, warum weiß ich auch nicht...! Denn wenn man seinen Partner kennt, kann man natürlich beim gefragt werden dann dem Partner Identität und Aufgabe reichen und so alles klarstellen, - wenn er's versteht!

 

Für mich ist INKOGNITO eines der besten Spiele von Alex Randolph, in seiner Erstauflage ein verdienter Gewinner des Sonderpreises „Schönes Spiel“ der Jury Spiel des Jahres und auch in dieser Ausgabe eine Bereicherung des heurigen Spieleangebots. Ich möchte das Spiel jedem empfehlen, es ist sehr variabel, man kann es ernsthaft und schnell im Sinne von Cluedo spielen, mit anderen Partnern wieder kann es in eine Pantomime mit hohem Unterhaltungswert ausarten, immer aber ist es ein gutes Spiel, das sich seine Neuauflage verdient hat.