Dschingis Khan

Welche Seite der Mauer ist die richtige?

 

Dschingis Khan, geboren 1166 mit dem Namen Temudschin, gestorben 1227 nach einem Jagdunfall. Er einigte die mongolischen Clans und wurde 1206 zum Khan ausgerufen. Durch seine  Eroberungszüge waren die Grenzen seines Reiches im Osten der Pazifik und im Westen das Kaspische Meer. Er war nicht nur ein grandioser Stratege, wenn man sich seine Blitzkriegstrategien genauer betrachtet weiß man worauf sich General Robert E. Lee (General der Konföderierten Staaten im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg) und die deutschen Generäle des 2. Weltkriegs in ihrer militärischen Vorgehensweise stützten.

 

In allen Schlachten, die er führte, war er stets in Unterzahl aber immer siegreich. Seine stärkste Waffe war aber die Furcht, die er durch seinen Terror verbreitete. Selten nahm er Gefangene und wenn er welche nahm, wurden sie als Füllmaterial für die Gräben der Städte benutzt um diese zu stürmen.

 

Das neue Spiel von Winning Moves hat nichts mit dem Terror und dem Grauen des Dschingis Khan zu tun. Die gewohnte quadratische Schachtel, ein wenig dicker als die letzten, aber muss so sein, denn das Material braucht seinen Platz. Der Spielplan zeigt ein Raster, wo jedes Feld ein Dorf im Zentrum hat. An den Ecken der Felder befinden sich Türme. Manche Dörfer sind durch Strassen verbunden.

 

Auf die mittlere Linie werden die Mauerteile gelegt, immer zwischen zwei Türme ein

Mauerteil. Somit ist der Plan in eine mongolische und eine chinesische Seite unterteilt. Jeder Spieler erhält 17 Spielsteine auf deren Unterseite je 5 mongolische Reiter, 5 chinesische Krieger, 5 Bauern, einmal ein Symbol für Pest und einmal ein Symbol für Heilkraut sich befindet. Dazu bekommt noch jeder eine Figur, die im Spiel als Kundschafter bezeichnet wird.

 

Jeder Spieler mischt seine Spielsteine verdeckt und legt sie als passiven Vorrat verdeckt zur Seite. Reihum nimmt sich jeder 2 Spielsteine und siehst sie sich an und platziert sie in zwei benachbarte Dörfer auf derselben Seite der Mauer. Danach setzt er seinen Kundschafter auf einen der beiden Spielsteine. Jetzt nimmt jeder Spieler nochmals zwei Spielsteine und 2 Mauern und das Spiel kann beginnen.

 

Im ersten Schritt seines Zuges zieht der Spieler nach. Entweder 2 Spielsteine aus dem passiven Vorrat oder 2 Mauern oder eine Kombination aus den beiden. Die Spielsteine, die der Spieler vor sich liegen hat, kann er sich ansehen. Es dürfen aber nie mehr als 4 Teile einer Sorte vor einem Spieler liegen.

 

Im zweiten Schritt des Zuges setzt der Spieler ein. Er entscheidet sich für eine Sorte, Spielsteine oder Mauern, und muss danach alle Teile dieser Sorte platzieren. Möchte der Spieler seine Spielsteine einsetzen, dann zieht er seinen Kundschafter in ein benachbartes durch eine Strasse verbundenes Dorf und setzt in dieses Dorf einen Spielstein. Befindet sich dort bereits einer, egal welcher Farbe wird der neue zuoberst und verdeckt gesetzt.

 

Der Kundschafter kann in ein Dorf ziehen, das mit seinem Standort durch eine Strasse verbunden ist, oder in ein Nachbardorf auf der gegenüberliegenden Seite der Mauer, dazu bedarf es keiner Strasse. Wenn das Ausgangsdorf und das Zieldorf an der Mauer liegen, egal auf welcher Seite, dann kann der Kundschafter auf die Mauer steigen und beliebig weit auf der Mauer ziehen und beim Zieldorf diese wieder verlassen. Dazu müssen die Mauern offen sein, was damit gemeint ist, darauf komme ich gleich zu sprechen.

 

Der Kundschafter zieht solange bis alle Spielsteine gelegt sind, maximal 4 Stück. Kann der Spieler nicht weiterziehen, hat aber noch Steine übrig, kommen diese aus dem Spiel. Die Mauern sind beidseitig verwendbar. Beim Setzen werden sie so platziert, dass man ein Tor erkennen kann. In diesem Stadium kann man die Mauer an dieser Stelle durchschreiten oder betreten oder in weiterer Folge verlassen. Bei jeder dieser Aktionen wird der betroffene Teil umgedreht, damit das Tor nach oben zeigt. Damit ist dieser Teil der Mauer geschlossen und nicht mehr für die obigen Aktionen verwendbar, außer wenn der Kundschafter über die Mauer zieht um ein entferntes Zieldorf zu erreichen, dann können diese Teile betreten werden.

 

Es ist dem Kundschafter untersagt, auf ein Feld zu ziehen, wo ein anderer Kundschafter steht, und das zweimalige Betreten eines Dorfes in einem Zug ist ebenfalls verboten. Der Spieler, dessen Spielstein als oberster in einem Dorf liegt, kontrolliert dieses und dieser Spieler darf sich alle Steine des Dorfes ansehen.

 

Das Setzen der Mauern ist ohne Abbildungen schwer zu erklären. Ich will es trotzdem versuchen. Die neu gesetzten Mauerteile werden so gesetzt, dass sie einerseits das offene Tor zeigen und andererseits an die bestehende Mauer anschließen. Sollte der Fall eintreten, dass dadurch eine Schleife entsteht und diese wieder zur Mauer zurückkehrt, muss die Mauer in ihrer Länge neu definiert werden. „Es kann nur eine Mauer geben“ wenn ich den Ausspruch des Highlanders an dieser Stelle strapazieren und abändern darf.

 

Die Schleife, die gesetzt wurde ist rundum geschlossen. Diese muss geöffnet werden indem man ein oder mehrere Teile aus der Mauer entfernt. Prinzipiell muss immer der kürzere Teil entfernt werden, der längere Teil der Schleife bleibt bestehen. Entsteht eine Schleife mit zwei gleich langen Teilen wird immer die soeben fertig gestellte entfernt. Bleiben dadurch Mauerteile ohne Verbindung zur Mauer zurück, kommen diese ebenfalls in den Vorrat zurück.

 

Ist der Kundschafter eines Spielers blockiert und dieser Spieler hat noch keine Steine oder Mauern gelegt, dann kann er ihn vom Spielplan nehmen und im nächsten Zug wieder an einer beliebigen Stelle einsetzen.

 

Wenn 2 Vorräte, alle Mauern und die Spielsteine einer Farbe oder alle Spielsteine in 2 Farben aufgebraucht sind wird das Spielende eingeleitet. Wobei das Aufbrauchen nur den passiven Vorrat betrifft. Jeder Spieler ist noch einmal an der Reihe, der letzte Spieler ist somit derjenige der das Spielende eingeleitet hat.

 

Jeder Spieler zählt die Steine der Dörfer, die er kontrolliert, d.h. die mit dem obersten Stein in seiner Farbe. Chinesische Krieger auf der chinesischen Seite und mongolische Reiter auf der mongolischen Seite bringen drei Punkte. Bauern sind neutral und bringen immer einen Punkt. Krieger und Reiter auf der falschen Seite bringen drei Minuspunkte. Befinden sich im Stapel ein oder mehrere Spielsteine Pest wird dieser Stapel zur Gänze negativ bewertet, die Pest zählt keinen Punkt. In einem Stapel wo sich ein Heilkraut befindet zählt der gesamte Stapel positiv, unabhängig davon auf welcher Seite der Mauer sich dieser Stapel befindet.

 

Pest und Heilkraut in einem Stapel heben sich auf, egal wie oft diese sich darin befinden. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.

 

Mir blieb schon lange nicht mehr der Mund offen bei einem Spiel, hier aber schon, aber nicht aus Überraschung, sondern auf Grund meiner Fassungslosigkeit über dieses Spiel. Ich komme aus dem Kopfschütteln nicht raus. Was Winning Moves bewogen hat das zu produzieren würde mich brennend interessieren. Hat das überhaupt jemand testgespielt? Aber eines nach dem anderen.

 

Die Regel weist eine Lücke auf. Nirgends steht, wo die Mauer beginnt und wo sie endet. Kann man die Mauer auch so bauen, dass sie am oberen Rand endet? Damit ist nicht der obere Rand im Zentrum gemeint, aber der in den Ecken auch dort könnte man eine Mauer enden lassen. Ich denke es war so nicht gemeint, wir haben die Mauern immer vom westlichen zum östlichen Teil des Plans gebaut. Ansonsten ist die Regel verständlich geschrieben und mit ausreichend Bildern versehen, so wie wir es von Winning Moves gewohnt sind.

 

Für sein Geld bekommt man Kunststoffspielteile die sauber ausgeführt sind. Der Spielplan ist so gefaltet das er in die kleine Schachtel passt und damit zeigt der Verlag anderen vor, dass man nicht unbedingt Luft in eine Schachtel packen muss sondern dies sehr gut kompakt ausführen kann.

 

Stellt man die Mauerteile auf eine Seite zeigen sie ein Tor, dreht man sie um kommen Stufen zum Vorschein. Das ist optisch gut gemacht. Die Spielsteine und die Mauern sind aus Kunststoff, mit den Farben der Spielsteine muss man sich anfreunden. Vor allem das grün ist gewöhnungsbedürftig. Aber Farben sind Geschmacksache.

 

Die Grafik ist nicht spielunterstützend. Die Strassen sind nur schlecht erkennbar und gerade in der ersten Partie waren wir ständig am Spielsteine weg heben und nachsehen ob sich dort eine Strasse befindet. Schlechtes Licht verschärft diese Situation. Der Raster ist zu klein geraten oder besser gesagt die Randlinien sind zu kurz. Wenn man mehrere Mauerteile auf einer engen Schleife legt, passen diese nicht mehr auf die Linien und dadurch verschieben sie sich ständig.

 

Der Spielfluss ist ungebrochen, das liegt aber hauptsächlich daran, dass man keiner Strategie oder Taktik nachgehen kann. Man hat den Eindruck planlos über den Plan zu ziehen. Die Dauer stimmt mit den Angaben überein, wobei die 30 Minuten für das 2 Personspiel und die 45 Minuten für das 4 Personen Spiel gemeint sind. Das Thema wirkt aufgesetzt.

 

Ich würde jetzt ja gerne Strategien und taktische Tipps zum Besten geben, aber leider nein. Wer, wo beginnt ist absolut belanglos. Wenn man von einer Dauer von 45 Minuten ausgeht dann sind 35 Minuten davon ein planloses herumziehen von einem Dorf zum anderen. Oder man setzt Mauerteile und verändert so die Mauer. Planen? Geht nicht. Selbst diejenigen unter uns die einen Sechsjährigen in Memory schlagen, waren nicht in der Lage sich die Steine zu merken die am Plan ausliegen. Natürlich kann man sich die Steine von einem selbst kontrollierten Dorf ansehen, aber die wechseln so schnell die Besitzer und es kommen immer wieder Steine dazu, dass dieses Wissen, wenn man es überhaupt behält, völlig nutzlos ist.

 

Veränderungen der Mauern sind überhaupt nur in kleinen Chargen möglich. Das heißt wenn jemand diesen Zug wählt, muss er die Schleife im selben Zug abgeschlossen haben, sonst wird sofort ein nachfolgender Spieler alles daransetzten dies zu vereiteln. Wird nämlich ein größeres Gebiet auf die eine oder andere Seite verschoben, ist dies nicht mehr rückgängig zu machen außer mehrere Spieler sprechen sich ab und bauen gemeinsam.

 

Warum 5 Sterne bei Interaktion? Diese gibt es zur Genüge, es wechseln die Dörfer schneller als man schauen kann und ist ein Spieler einmal in der Enge, kann er sich kaum noch daraus befreien. Das Herausnehmen und wieder Einsetzen des Kundschafters kostet einen ganzen Zug.

 

In späteren Spielverlauf ein Dorf zu übernehmen ist russisches Roulette. Man hat meist keine Ahnung was sich darunter befindet und befindet sich die Pest darunter dann zählt der ganze Stapel Minuspunkte. Somit kann man nichts planen. Es wäre besser gewesen, man könnte zu dem Stapel ziehen, diesen durchsehen und danach seinen Spielstein auf diesen Stapel platzieren, um dem Glückselement ein wenig entgegenzuwirken.

 

Hat man endlich zwei oder drei Dörfer die vernünftig sind oder besser gesagt wo die Punkte positiv wären, wird die Mauer versetzt und diese Stapel stehen auf der falschen Seite. Gegen Ende ist dann auch noch der Fall eingetreten, dass keiner Spielsteine einsetzen wollte, da er diese für die letzte Runde benötigt und so nur an der Mauer gebaut wurde. Mauerteile kommen ja immer zurück in den Vorrat und sind somit ständig ausreichend verfügbar. Das verlängerte das Spiel unnötig.

 

Wie sie diesem Bericht unschwer entnehmen können, bin ich nicht besonders angetan von diesem Spiel. Ich bin es weder von Winning Moves noch von Leo Colovini gewohnt, dass solch einem Spiel den Markt erreicht. Beide haben einen Namen zu verlieren und die Redaktion sollte vielleicht beim nächsten Mal besser kein Spiel als Neuheit bringen bevor sie uns so ein Machwerk vorsetzen.

 

Spieler         : 2-4

Alter            : ab 10 Jahren

Dauer          : 30-45 Minuten

 

Autor           : Leo Colovini

Grafik          : Claus Stephan

Vertrieb        : Piatnik

Preis            : ca. € 17,00

Verlag          : Winning Moves 2006

                     www.winning-moves.de

 

Genre                    : Setz- und Zugspiel

Zielgruppe             : Familie

Mechanismen         : Steine setzen

 

Strategie                : *

Taktik                   : **

Glück                    : *****

Interaktion             : *****

Kommunikation      : *

Atmosphäre           : **

 

Kommentar:

Grafik behindert das Spiel

großer Glücksanteil

dürftiges Spielerlebnis

 

Vergleichbar:

In dieser Kombination der Mechanismen nicht bekannt

 

Kurt Schellenbauer: Willkommen in meiner Lieblingsrubrik, Spiele die die Welt nicht braucht. Ich habe schon bessere Colovinis gespielt, wenn ich recht überlege waren alle seine von mir gespielten Spiele besser.

 

Wenn Sie gerne einen schönen Spieleabend verbringen möchten dann sollten Sie

nicht Dschingis Khan spielen. Wenn es ihnen aber überhaupt nicht um das Spiel geht

sondern sie sich lieber unterhalten und dabei irgendetwas spielen, dann ist Dschingis

Khan genau das richtige.