Unsere Rezension

 

Industrielle Revolution in Japan

 

Nippon

 

Die Geschichte der Zaibatsu

 

What's Your Game? steht schon seit Jahren als Verlag für qualitativ hochwertige, anspruchsvolle Strategiespiele ganz oben auf meiner Watchlist. 2015 wartete der Verlag gleich mit zwei neuen Spielen auf, eines davon nennt sich Nippon und, soviel sei gleich vorweggenommen, es reiht sich nahtlos in die Reihe der bisherigen What's Your Game?-Veröffentlichungen ein. Zumal das portugiesische Autorenduo Paolo Soledade und Nuno Bizarro Sentieiro, das mit Madeira schon einmal einmal bei What's Your Game? veröffentlicht hat, für Nippon verantwortlich zeichnet.

 

Wir befinden uns am Beginn der industriellen Revolution in Japan, der Meiji-Zeit. Der japanische Markt wird von Importen aus Europa und Amerika dominiert, doch der Kaiser ist ambitioniert dies zu ändern und mit Hilfe eigener japanische Konzerne, den Zaibatsu, den Rückstand auf die westliche Welt aufzuholen.

Jeder Spieler führt einen dieser Zaibatsu und versucht diesen am Ende als mächtigsten und einflussreichsten Konzern zu positionieren.

 

Das Spiel läuft reihum. Wer am Zug ist hat zwei Möglichkeiten. Man kann entweder eine Aktion durchführen oder konsolidieren.

Es gibt neun verschiedene Aktionen die uns erlauben unseren Zaibatsu weiter zu entwickeln, sei es durch Forschung, Errichtung neuer Fabriken oder anderer Infrastruktur, Waren herstellen und diese am Markt abzusetzen oder zu exportieren.

 

Soweit so bekannt, neu ist aber dass um eine Aktion durchführen zu können ein Arbeiter vom zum jeweiligen Aktionsfeld gehörenden Arbeiterfeld zu nehmen ist. Diese Arbeiter haben eine von sechs unterschiedlichen Farben. Man kann zwar stets frei wählen welchen Arbeiter man nimmt. Die Auswahl ist aber durch die verfügbaren Arbeiter am Arbeiterfeld beschränkt.

 

Dieser Arbeiternehmmechanismus hat spielerisch zwei Auswirkungen.

Einerseits ist es günstiger, möglichst wenige verschiedene Farben anzusammeln, denn die Arbeiter müssen nach Farbe bezahlt werden. Bei der Konsolidierung muss man für jede Farbe 3000 Yen bezahlen. Hat man fünf Arbeiter einer Farbe kostet dies also 3000 Yen, hat man fünf Arbeiter in drei Farben, kostet dies 9000 Yen.

Zweitens wird das Spiel durch die Arbeiterfelder vorangetrieben. Denn immer wenn ein Arbeiterfeld leer wird, wird es zwar quasi sofort nachgefüllt, es sind also immer alle Aktionen verfügbar, aber nach einer festen, mitspieleranzahlabhängigen Anzahl an leeren Feldern werden Zwischenwertungen und auch das Spielende ausgelöst. Nippon hat also keine klassischen Spielrunden, die Zeitpunkte der Wertung und auch die Gesamtlänge des Spiels werden durch die Spieler gesteuert. Da die Zeitpunkte der Wertungen spielentscheidend sein können, hat dies eine nicht zu unterschätzende taktische Komponente.

Wer konsolidiert, muss zunächst alle noch vorhandenen Ressourcen (Geld und Kohle) abgeben, erhält dann neues Einkommen (Geld und Kohle, abhängig von der aktuellen Entwicklungsstufe), muss die gesammelten Arbeiter bezahlen und gibt die Arbeiter danach ab. Hat man mindestens drei Arbeiter gesammelt, bekommt man ein Mulitplikatorplättchen. Diese Multiplikatorplättchen sind bedeutend für die Endwertung, bringen aber zumeist auch einen kleinen Sofortbonus.

 

Wie spielt sich Nippon nun?

Nippon ist im Grunde ein strategisches Spiel, man kann und sollte sich auf einige wenige Bereiche spezialisieren, in die man den Zaibatsu entwickelt. In welchem Bereich konkret man den Konzern entwickelt, ist aber nicht entscheidend, dann es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die unterentwickelten Schwächen durch Einmalboni zu kompensieren.

Geld und Kohle sind knapp, da die meisten Aktionen Geld kosten und die wichtige Warenproduktion Kohle kostet, daher sollten die Aktionen im Idealfall zumindest bis zur nächsten Konsolidierung geplant werden. Hier spielen aber auch die verfügbaren Arbeiter eine Rolle. Denn erstens machen verschiedene Arbeiterfarben das Geld noch knapper und zweitens lösen diese die Wertungen aus. Die Wertungen sind auch absolut spielentscheidend. Man will möglichst kurz vor der Wertung noch den heimischen Markt beliefern, denn dieser wird nach einem Mehrheitsprinzip gewertet. Da der Zeitpunkt der Wertungen aber nicht immer klar ist, kann dies die beste Planung obsolet machen.

Damit verbunden ist auch stets darauf zu achten, was die Mitspieler unternehmen. Denn durch die Wahl der Aktionen und somit der Arbeiter, beeinflusse ich nicht nur meine eigenes Spiel, sondern auch jenes meiner Mitspieler, zum Positiven oder Negativen.

Meiner Erfahrung nach entscheidet nicht die strategische Komponente, die Nippon zweifelsohne hat, über Sieg und Niederlage am Ende des Spiels. Vielmehr sind es taktische, vor allem aber interaktive Elemente die entscheiden.

Ausdrückliches Lob verdienen Spielmaterial, grafische Gestaltung und Spielanleitung von Nippon. Dies sind zwar alte What's Your Game?-Tugenden, aber dennoch erwähnenswert.

 

Markus Wawra

 

Spieler: 2-4

Alter: 12+

Dauer: 120+

Autor: Paolo Soledade, Nuno Bizarro Sentieiro

Grafiker: Mariano Iannelli

Preis: ca. 42 Euro

Verlag: What's Your Game? 2015

Web: www.asmodee.de

Genre: Aufbau, Mehrheiten

Zielgruppe: Für Experten

Version: de

Regeln: de en fr it pl

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

hervorragende Spielanleitung

sehr interaktiv

viele Möglichkeiten

schönes Spielmaterial

 

Vergleichbar:

Madeira, Vinhos

 

Andere Ausgaben:

Ghenos Games (it), Hobbity.eu (pl), What’s Your Game? (en, fr)

 

Meine Einschätzung: 6

 

Markus Wawra:

Nippon ist ein sehr schönes, komplexes Strategiespiel. Die Mechanismen sind zwar nicht weltbewegend neu, aber erfrischend anders, gut zusammengestellt und ausbalanciert. Stets habe ich viele Möglichkeiten, taktisch wie strategisch und muss viele Faktoren in meinen Entscheidungen berücksichtigen. Das klingt eigentlich genau nach meinem Spiel. Die volle Punktzahl gebe ich aber dennoch nicht, denn für mich persönlich kommt die strategische Komponente etwas zu kurz. Über Sieg und Niederlage entscheiden eher der Spielverlauf und das fühlt sich manchmal willkürlich an. Dies sei aber nicht missverstanden. Ich möchte jedem Freund von komplexen Strategiespielen empfehlen, Nippon zumindest einmal auszuprobieren.

 

Zufall (rosa): 0

Taktik (türkis): 0

Strategie (blau): 0

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 0

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0