Erobern, handeln, Städte bauen

 

After The Flood

 

1400 Jahre Geschichte im Zweistromland

 

Kid                       

Family                  

Friends                 

Expert                   ein    

 

Alter                    

Spezial                 

 

Martin Wallace ist derzeit ein sehr fleißiger Mann. Letztes Jahr hat er unter seinem neu gegründeten Label Treefrog gleich drei Spiele für die Spielemesse in Essen veröffentlicht. Tinners Trail wurde zwar schon etwas früher vertrieben, mit Steel Driver und After the Flood waren aber auch zwei echte Neuheiten am Stand. Mit letzterem wird sich diese Rezension nun befassen.

Gleich vorweg sei gesagt, dass After the Flood sehr unflexibel ist wenn es um die Anzahl der teilnehmenden Spieler geht. Genau 3 Spieler, nicht mehr und nicht weniger, müssen am Tisch Platz nehmen. Jeder von ihnen erhält einen Beutel mit zahlreichen Holzspielsteinen in seiner Farbe. Es gibt Armeen, Arbeiter, Städte und Stadterweiterungen. Dazu kommen noch verschiedenfarbige Würfel und Scheiben, die die unterschiedlichen Rohstoffe repräsentieren. Natürlich auch aus Holz, denn Treefrog, das „tree“ (= Baum) im Namen lässt es schon vermuten, hat es sich zur Aufgabe gemacht, seine Spiele mit umfangreichen Holzmaterial auszustatten.

Die Regel befindet sich auf dem gleichen Niveau wie alle anderen Wallce/Treefrog-Spiele auch: Das Einarbeiten fällt eher mühsam aus, aber es werden alle Fragen geklärt.

In die Mitte des Tisches wird noch der große Spielplan aufgebreitet. Auf ihm ist eine Karte mit mesopotamischen Stadtprovinzen aufgedruckt. Städte wie Ur oder Babylon sind vielleicht noch aus dem Geschichtsunterricht bekannt, begründeten sie doch einige der ersten Zivilisationen der Menschheit. Rund um die Karte sind noch zahlreiche Felder und Tabellen angeordnet und ganz außen findet man wieder mal eine Kramerleiste zum Siegpunktezählen. Insgesamt macht der zwar bunte aber mit Informationen überladene Spielplan auf mich den gleichen Eindruck wie die meisten Wallacespiele, die mir in letzter Zeit so untergekommen sind: nüchtern, sachlich, auf den ersten Blick vielleicht etwas unübersichtlich, aber nach wenigen Runden schätzt man die gute Funktionalität und findet auch alle nötigen Informationen. Auch der grafische Stil ist der gleiche wie bei andern Publikationen der letzten Zeit, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass Peter Dennis, wie auch bei allen anderen Treefrog-Spielen, für die Grafik verantwortlich ist.

 

Das Spiel selbst wird in fünf Runden gespielt, in denen die Spieler die Geschichte der Jahre 2500 – 1100 v. Chr. neu erspielen. Jede Runde läuft im Grunde gleich ab. Nur in den Runde zwei und vier gibt es eine zusätzliche Phase. Hier ändern die Flüsse ihre Läufe was zu einem Massensterben unter den von den Spielern eingesetzten Arbeitern führt.

Eine jede Runde besteht aus mehreren Phasen, wobei sich die eigentliche Action nur in der Aktionsphase abspielt. In allen anderen werden mehr oder weniger nur administrative Dinge erledigt.

Ich werde mich beim Erklären also gleich auf die heiße Aktionsphase beschränken. Diese läuft in Sitzreihenfolge ab. Beginnend beim Startspieler darf jeder genau Aktion durchführen, dies geht solange im Kreis bis alle Spieler passen. Wer am Zug ist hat folgende Aktionen zur Auswahl:

Bevor ich die Aktionen im Detail erkläre muss ich noch ein paar Details zu Karte erklären. Diese ist wie gesagt in Provinzen unterteilt, derlei gibt es zwei Arten. Gelb gefärbt sind die sumerischen Provinzen, braun gehalten die nicht-sumerischen Gebiete, denen eine unterschiedliche Bedeutung zukommt. Die sumerischen Provinzen sind relativ rohstoffarm. In ihnen können nur die billigen Grundrohstoffe, Nahrung und Textil, produziert werden. Die anderen Provinzen produzieren die wertvolleren Güter. Allerdings können die Spieler, die Sumerer repräsentieren, dort nicht direkt produzieren, sondern müssen Händler in den Provinzen platzieren. Mit der Aktion „Handeln“ kann man dann mit jedem Händler genau einen Handel durchführen. Dazu gibt es eine Handelstabelle die anzeigt was gegen was getauscht werden kann. So kann billige Nahrung nicht einfach in wertvolles Gold, oder gar Lapislazuli umgetauscht werden, dafür bedarf es einiger Zwischenschritte. In den verschiedenen Provinzen gibt es auch immer nur bestimmte Rohstoffe zu erwerden. Die Rohstoffe werden für unterschiedliche Dinge benötigt.

Zum Beispiel kostet jedes Einsetzen von Arbeitern einen Rohstoff. Wer die Aktion „Arbeiter einsetzen“ wählt gibt einen Rohstoff ab und darf dafür eine bestimmte Menge Arbeiter, die dem Wert des Rohstoffes entspricht (auch dafür gibt es eine Tabelle), in genau ein Feld setzen, wobei die Anzahl der zu Verfügung stehenden Arbeiter jede Runde beschränkt ist.

Der Spieler kann frei wählen ob er die Arbeiter in eines der nicht-sumerischen Gebiete oder in ein Arbeitsfeld setzt. Arbeiter in nicht-sumerischen Gebieten werden zu Händlern und erlauben das oben beschriebene Handeln. Arbeiter in Arbeitsfeldern, deren gibt es vier, befinden sich virtuell auf sumerischen Grund und werden benötigt um die Grundrohstoffe Nahrung und Textil herzustellen, Arbeiter zu versetzten oder wertvolles Metall in  noch wertvolleres Werkzeug umzuwandeln. Wobei die beiden Grundrohstoffe nach einem Mehrheitsprinzip verteilt werden. Wer mehr Arbeiter im entsprechenden Feld hat, bekommt auch mehr Rohstoffe, wie viele das genau sind kann man wieder in einer Tabelle ablesen.

Vollkommen ohne Abgabe von Rohstoffen können die Spieler neue Städte gründen. Bedingung ist dass dies in einer freien sumerischen Provinz getan wird, in der noch keine Stadt oder feindliche Armee steht. Die Städte bringen den Spielern großteils gewisse Vorteile und können am Ende der Runde gegen Abgabe von Rohstoffen ausgebaut werden, allerdings nur einmal im Spiel. Dies ist eine von zwei Möglichkeiten während des Spiels zu Siegpunkten zu kommen.

In jeder Runde stehen genau drei Reiche zur Verfügung. Jeder Spieler kann jede Runde genau eines der Reiche mit der entsprechenden Aktion gründen. Bedingung für die Gründung ist, dass der Spieler in der Heimatprovinz des Reiches die Mehrheit an Händlern hat. Ein jedes Reich hat eine Grundstärke an Armeen, die sich der Spieler aus dem Vorrat nimmt und in dieser Runde einsetzen kann. Zusätzlich kann er noch Einheiten gegen die Abgabe von Rohstoffen dazukaufen. Die ersten ein oder zwei Armeen werden gleich in die Heimatprovinz des Reiches gestellt, alle eigenen Händler dafür entfernt, Händler anderer Spieler sind nicht betroffen. Mit der Aktion „Reich expandieren“ ist es dann möglich, Nachbarprovinzen zu erobern und zwar im Grunde genau eine Provinz pro Aktion. Allerdings kann man gegen Abgabe von je einer Armee die Aktion sofort beliebig of t wiederholen. Trifft man auf eine feindliche Armee kommt es zum Kampf, der mittels Würfel ausgetragen wird, wobei der Angreifer grundsätzlich bevorzugt ist. Man kann im Moment der Reichsgründung allerdings noch Rohstoffe abgeben um den Chance auf erfolgreiche Gefechtsführung zu erhöhen. Neben dem erobern der Provinzen hat der Spieler auch die Möglichkeit feindliche Städte in kontrollierten Provinzen zu zerstören, was die Errichtung neuer Städte erlaubt. Am Ende der Runde erhalten die Spieler Siegpunkte für kontrollierte Provinzen, was die zweite große Möglichkeit ist zu Siegpunkten zu kommen. Allerdings werden unmittelbar danach alle Armeen vom Spielplan entfernt und in den Vorrat zurückgelegt. Die Reiche gehen unter und in der nächsten Runde fängt das muntere Erobern von vorne an.

Als letzte Aktion bleibt noch das „Passen“ zu erklären. Wer passt beendet seine Aktionsphase und kann in dieser Runde keine Aktionen mehr machen. Außerdem hat er sofort die Chance Rohstoffe in das Spielerreihenfolgefeld zu legen. Mit diesen wird um die Spielreihenfolge in der nächsten Runde geboten. Außerdem beeinflusst der erste Spieler der passt ganz entscheidend die Aktionen der Mitspieler. Denn sobald ein Spieler gepasst hat muss jeder Spieler der noch Aktionen durchführen will, eine Armee, einen Arbeiter oder einen beliebigen Rohstoff aus dem persönlichen in den allgemeinen Vorrat zurücklegen bevor er die eigentliche Aktion macht, wodurch das Spiel natürlich deutlich beschleunigt wird. Alternativ zum Abgeben kann er nur selbst passen.

Am Ende des Spieles gibt es noch in jedem nicht-sumerischen Gebiet und jedem Arbeitsfeld Siegpunkte für den Spieler mit den meisten dort stationierten Arbeitern.

 

Zusammenfassend würde ich sagen dass After the Flood eine interessante Mischung aus verschiedensten Mechanismen ist, die gut ineinandergreifen. Dominierend ist der klassische Mehrheitsmechanismus, der in vielen Elementen des Spiels greift. Ein reines Kriegsspiel ist es sicher keines. Denn auch wenn ständig gekämpft wird und viele Siegpunkte erobert werden, verkommt die Kriegsführung, vor allem durch die am Ende der Runde komplett entfernten Reiche, eher zu einem taktischen Element. Außerdem ist die Größe der Armeen der Reiche wichtiger als jede Strategie, Taktik oder Würfelglück, und diese wird wiederum vor allem durch Mehrheiten in den Heimatprovinzen der größten Reiche und Anzahl der eingesetzten Rohstoffe bestimmt. Auch der Handel lässt sich im Endeffekt auf Mehrheiten reduzieren, denn viel wichtiger also „wo ich was handeln kann“ ist „wie viel ich handeln kann“. Das wiederum ist abhängig von den Grundrohstoffen die man erhält, welche wiederum über Mehrheiten verteilt werden.

After the Flood auf ein reines Mehrheitenspiel zu reduzieren ist aber sicher auch nicht fair. Das Spiel ist eindeutig mehr. Mir fällt auch kein Spiel ein, dass ähnlich ist. So gesehen ist das Spiererlebnis auch relativ einzigartig und schwer in Worte zu fassen. Zum einen ist das Timing, welche Aktion wann ausgeführt wird entscheidend. Auch das Platzieren der Arbeiter sollte gut überlegt sein, hier sollte man auch Überlegungen die über die aktuelle Runde hinausgehen einbeziehen. Und dann gibt es natürlich noch die Reichsgründung. Hier stellt sich die Frage, wie viele Arbeiter investiert werden sollten um dieses oder jenes Reich gründen zu können und wie viele Rohstoffe in den Ausbau der Armee fließen. Manchmal erscheint es sogar sinnvoll auf eine Gründung eines schwachen Reiches zu verzichten, und damit auf wenige Siegpunkte, um in der nächsten Runde mehr Rohstoffe in ein mächtigeres Reich investieren zu können. Außerdem wird durch ein frühes Passen die Anzahl der Aktionen der Gegenspieler deutlich reduziert. Möglichkeiten und Taktiken bietet After the Flood jedenfalls genug. Man hat nie den Eindruck gespielt zu werden.

Dennoch ist der Gesamteindruck nach dem doch immerhin 3-5 Stunden langen Spiel eher unbefriedigend. Vor allem fehlt mir ein vernünftiger Aufbaufaktor. Reiche existieren nur eine Runde und auch die eingesetzten Arbeiter werden regelmäßig reduziert. Im Grunde läuft jede Runde gleich ab. Es gibt auch kaum verschieden Strategien die man ausprobieren könnte, wodurch der Wiederspielreiz ziemlich gering ist.

 

Markus Wawra

 

Spieler         : 3

Alter            : ab 13 Jahren

Dauer           : 3-5 h

 

Autor           : Martin Wallace

Grafik          : Peter Dennis

Vertrieb        : Fachhandel

Preis            : auf Anfrage

Verlag          : Warfrog/Treefrog 2008

  www.warfroggames.com

 

 

Genre                    : Mehrheiten- und Eroberungsspiel

Zielgruppe             : Für Experten

Mechanismen         : Städte, Arbeiter, Händler und Armeen einsetzen

 

Zufall                     :2/7

Wissen/Gedächtnis :

Planung                 : 6/7

Kreativität              :

Kommunikation      : 1/7

Geschicklichkeit      :

Action                   :

 

Kommentar:

verschiedene, gut ineinandergreifende Mechanismen

sich wiederholender Spielablauf

viel Taktik, wenig Strategie

nüchterne, aber übersichtliche Gestaltung

zahlreiches, funktionales Spielmaterial aus Holz

 

Vergleichbar mit:

Erstes Spiel dieser Art

 

Atmosphäre           : 3

 

Markus Wawra:

After the Flood ist eine wilde Mischung aus verschiedenen Mechanismen die hervorragend ineinandergreifen und taktischen Tiefgang bieten. Dennoch würde ich es als schwächstes der zahlreichen Wallace-Spiele bezeichnen, die ich in letzter Zeit gespielt habe. Es fehlt an Aufbauelementen und strategischen Möglichkeiten.