CONOISSEUR, THE WINE GAME
und THE SCOTCH WHISKY GAME
Connoisseur. The Wine Game.
First Edition.
Für 2 bis 6 Spieler.
Von Liam Badger. Edited
by Rosemary George.
Villa Games Uk. 1987.
The SCOTCH WHISKY Game.
Für 2 bis 6 Spieler.
Edited by Michael Jackson.
Villa Games Ltd. (1987/88)
Eine elegante, längliche (große)
bordeaux-(wein-)rote Schachtel mit Inschrift in Gold: So präsentiert sich THE
WINE GAME. Mindestens für eine Doppel-Magnum-Flasche, oder gar für eine
Jeroboam, geeignet. Daneben THE SCOTCH WHISKY GAME - im
gleichen Format, allerdings in Grün: "The Game that captures the spirit of
Scotiand and celebrates 'the water of life'." Mein Interesse war sofort
geweckt: wenn es um's (gute) Essen und Trinken geht ...
Aber schön der Reihe nach, und - wie es sich gehört
- mit dem Wein beginnend: Nach dem ersten Blick in die Schachtel: Nochmals der
Eindruck von Gediegenheit und Eleganz "Villa games" prangt in Gold
auf dem schwarzen Rücken des Spielbretts, das zweimal der Länge nach gefaltet
ist, um in die längliche Schachtel zu passen. Die Rücken der Spielkarten
ebenfalls in Gold auf Schwarz für Graphik und Schrift. Und dazu noch ein Satz
Karten, der mit (verschiedenen!) Weinetiketten geschmückt ist. Nobel, nobel.
Schon der nächste Blick ernüchtert etwas: Die
Graphik des Spielfeldes ist eher bieder als elegant und läßt den Verdacht
keimen, daß man es mit einem monopoly-artigen Spiel zu tun hat. Die Spielsteine
(LKW's und Weinflaschen) sind aus Kunststoff. Und das Spielgeld ist
ausgesprochen primitiv.
Genauere Inspektion zeigt dann, daß auch die
Materialqualität nicht völlig befriedigt: Zwar dürften Spielbrett und
Spielkarten einige Tropfen Wein schadlos überstehen (denn, so der Verlag mit
Stolz: "it is the first wine game that you can safely spill drink over!~),
auch wenn ich das natürlich nicht wirklich getestet habe. Aber die Karten sind
zu dünn und außerdem nicht sauber geschnitten. Zum Ausgleich dafür ist das
Spieigeld steif, aber aus saugfähigem Karton. Nun aber - endlich! - zum Spiel
selbst, also: zu den Spielregeln.
Das Spielfeld zeigt einen Rundkurs (40 Felder) und Platz
für die Ablage verschiedener Kartenstöße. Der Großteil (26) der Felder repräsentiert
die weinproduzierenden Regionen Europas (aus 5 Ländern: Frankreich und Italien:
je 6 Regionen, Deutschland und Spanien je 5, Portugal 4). In der Mitte jedes
Landes liegt ein "WlNERY"-Feid (zur Weinproduktion). Ferner gibt es
noch 4 "GRAPE"- und 4 "VlTICULTURE'~-Felder (je 1 auf jeder
Seite), sowie das "CORKSCREW"- (=Start-) Feld.
Jeder Spieler startet mit 500 STARs (=GE =
Geldeinheiten) und drei GRAPE-Karten. Der Spielablauf ist simpel: Reihum würfeln
die Spieler mit zwei Würfeln und ziehen ihre Figur (den LKW) entsprechend viele
Felder. (Wer einen "Doppelten" würfelt, würfelt nochmals: Es ist mir
nicht gelungen, den Regeln zu entnehmen, ob damit gemeint ist, daß er nochmals
zieht, oder nur, daß er sich schneller fortbewegt. Aber das ist schließlich
belanglos.) Landet man in einer Region, so darf man WlNE-Karten des
entsprechenden Landes erwerben: Die WlNE-Karten liegen in drei Stößen bereit.
Man sieht das Etikett, das Land, und die Qualität (1 bis 5 Sterne = Kosten in
GE). Jeweils die drei obersten Kaden stehen zur Verfügung. Je nach Lage der
Karten können daher bis zu 3 WlNE-Karten erworben werden. Natürlich: Wenn man
Pech hat (das entsprechende Land ist nicht vertreten), so kann man keine
einzige kaufen.
Kommt man auf GRAPE, so hebt man eine GRAPE-Karte
(von 38) ab und darf noch - um je 50 GE - (keine,) eine oder zwei weitere
Karten kaufen. (Jede GRAPE-Karte repräsentiert eine andere Rebsorte.) Ein
Spieler darf jeweils höchstens 5 nicht zum Produzieren benutzte WINE- und
GRAPE-Karten auf der Hand haben. Überzählige WlNE-Karten müssen (im voraus) zurückgelegt
werden, GRAPE-Karten können zum halben Preis (25 GE) zurückverkauft werden. Ein
Spieler darf während seines Zuges Karten mit einem anderen Spieler tauschen.
Kommt man auf VITICULTURE, so muß man eine VlTICULTURE-(=Ereignis-)Karte (von
36) abheben und ihren Anordnungen folgen. Auch wer auf WINERY kommt, muß eine
Ereigniskarte abheben, er darf jedoch anschließend (wenn er sich dann noch auf
dem Feld befindet), WlNE-Karten des entsprechenden Landes kaufen und darf (muß?)
als dritten Schritt auch noch Wein produzieren (siehe unten). Wird CORKSCREW
passiert, so wird ein neuer Jahrgang (von 37) aufgedeckt.
Wie wird nun Wein produziert? Auf der Rückseite
jeder WlNE-Karte ist vermerkt, aus welcher Region - für jede der 26
Wein-Regionen gibt es zwei dieser Karten - er stammt und aus welchen Rebsorten
er hergestellt wird. Besitzt man zu einer WlNE-Karte eine (eine reicht, sogar für
mehrere Weine) passende GRAPE-Karte und außerdem eine Lizenz des
Ursprungslandes (- man erhält sie, indem man einmal aussetzt und 40-60 GE
zahlt: Es sind allerdings, bei n Spielern, nur (n-1) Lizenzen pro Land verfügbar
(zwei Linzenzen desselben Landes sind weder erforderlich noch erlaubt). Bei
zwei Spielern: für ein Land zwei, ansonsten nur eine einzige -), so kann man
man den Wein immer dann produzieren, wenn man zu der WINERY des betreffenden
Landes kommt: In der Regel erhält man das Zehnfache der Qualität in GE.
Produziert man in einem guten Jahrgang, so erhält man das Hundertfache,
produziert man in einem Schlechten Jahr, so muß man die WlNE-Karte zurückgeben
(Die dafür relevante Information steht ebenfalls auf der Rückseite der WINE-
Karte). Es können beliebig viele Weine im selben Zug produziert werden. Und:
anstatt zu würfeln, darf man sich den Weg zu einer WINERY erkaufen (um 10 GE
pro Feld).
Kann ein Spieler beide Weine einer Region
produzieren, so besitzt er dort das "Monopol" und markiert das entsprechende
Feld mit einer Weinflasche: Landet nun ein anderer Spieler auf diesem Feld,so
muß er "Strafe" zahlen, und zwar den Wert der Jahresproduktion dieser
zwei Weine in diesem Jahr (also - je nach Jahrgang das Zehn-, Hundert-, oder
Null-Fache der Qualität). Gewonnen hat, wer zuerst 3 (bzw. 6) Monopole erzielt
hat.
(Es gibt keine Regeln für den Fall des Bankrotts.)
THE WINE GAME ist also tatsächlich ein Spiel der
Monopoly- Familie. Die Spielregeln funktionieren aber nicht so recht:
Angesichts des Zieles, Monopole zu erwerben, spielt Geld eine untergeordnete
Rolle. WlNE-Karten sind recht leicht zu erwerben. Der Engpaß besteht bei
GRAPE-Karten, und wegen der 5-Karten-Regel ist man oft gezwungen, Karten
abzulegen. Ob man dabei die "falsche" erwischt (die Karte, die man
gleich darauf
brauchen würde!) ist meist reine Glücksache. Und da
es zu jeder GRAPE- Karte nur wenige passende WlNE-Karten gibt, heißt das: Man
muß lange warten, und viele Runden würfeln, bis man endlich ein passendes
WlNE-GRAPE-Paar hat, und dann noch länger, bis man endlich ein Monopol hat, und
dann erst drei (bzw. gar sechs!) Monopole ...
Produzieren wird man nur, wenn man Geld braucht, und
da man Ja weiß, ob es ein schlechtes Jahr ist, kommt man - vor allem: wenn man
nicht produzieren muß - kaum in Gefahr, eine WlNE-Karte retournieren zu müssen.
Kurz und schlecht:
THE WINE GAME ist leider ein ereignisloses - ein
fades - Spiel. Wie so oft, ist auch in diesem Fall das Spielmaterial nicht
gerade praktisch: Die für das Spiel relevanten Informationen (Rebsorte, Region)
sind auf den Karten nicht so angebracht, daß man sie rasch erkennen könnte,
geschweige denn so, daß man die Karten in einem Karten-Fächer halten könnte.
Aber vielleicht steckte da (didaktische) Absicht dahinter? Denn THE WINE GAME
hat sich die Aufgabe gestellt, Wissen über Wein und Weinkultur zu vermitteln:
"Within the space of one game, the complete
beginner can expect to have graduated to something of a'wine buff' and over a
series of games, a veritable 'connoisseur'." Ein stolzes Ziel! Tatsächlich
enthalten die Karten einige Information über Weine und Trauben. Aber: Wird
diese gelesen? Wird sie behalten? Wer am Etikett eines Weines erkennt, aus
welcher Region er stammt und aus welchen Trauben er hergestellt wird, - nicht
immer steht das ausdrücklich darauf - kann in gewissen Fällen einen Vorteil
haben (weil er weiß, welche WlNE-bzw. GRAPE-Karte für ihn nützlich ist). Aber
damit beginnt und damit endet bereits die Bedeutung des "Fachwissens"
für das Spiel.
Kurios ist überdies die Rolle des''Jahrganges":
Ob ein Jahrgang für einen bestimmten Wein gut oder schlecht ist steht auf der
WlNE-Karte. Die VINTAGE-Karten selbst (je eine für 1950 bis 1986, also 37 - und
nicht 36, wie auf der Schachtel behauptet wird: Wer konnte hier nicht Zählen/rechnen?)
werden gemischt, also in wilder Folge aufgedeckt: 1961 gefolgt von 1978,1952,
1969, etc. Es würde natürlicher wirken wenn die Jahrgangskarten keine
Jahreszahlen trügen. sondern stattdessen die Information, welche Weine gut und
welche schlecht gedeihen. Allerdings: Man könnte dann nicht versichern, daß die
entsprechenden Angaben der Realität entsprechen und jährlich aktualisierte
Neuauflaqen versprechen!
Und damit bin ich nochmals bei dem Thema des
Fachwissens: Ich zweifle nicht daran, daß die Angaben sachlich richtig sind
(Rosemary George, Master of Wine, zeichnet als Herausgeber). Und mir ist klar,
daß es eine schwere Aufgabe ist, einige wenige Weine stellvertretend für viele
auszuwählen. Aber: dreimal ein MARTINI-Etikett (zweimal: Vermouth aus Turin!),
beide Champagner von BOLLINGER, und ähnliche sind für mich der Beweis dafür, daß
es nicht sachliche Gründe waren, die Auswahl bestimmt haben: Public Relations
war wichtiger - und nur p.r. ermöglicht/rechtfertigt die angekündigten
"revised new editions".
Nach dieser Weinprobe nun also der Digestif: ein
Spielchen Whisky ...
Dieselbe riesige Schachtel wie beim WINE GAME. Und
sie enthält auch sehr ähnliches Spielmaterial. Doch schon kommt die erste Überraschung:
Die Qualität ist höher! Die Karten sind aus festerem Material, auch das
Spielgeld - diesmal THISTLEs ist nun hübsch gestaltet. (Daß die Beschichtung
ungleichmäßig aufgetragen ist, sei nur am Rande erwähnt). Die Spielfiguren
(verschiedene Symbole) sind nun aus schwerem Metall, und die Steine (Fässer)
sind tatsächlich aus Holz. Sogar das Spielbrett - obwohl sehr ähnlich - ist
bunter und wirkt nun (obwohl weiterhin bieder) recht gefällig. Die nächste Überraschung
bringt das Studium der Spielregeln: Obwohl sie den Regeln des WINE GAMEs sehr ähneln,
sind sie doch nicht völlig isomorph!
Wieder enthält der Rundkurs 40 Felder: Vier Regionen
enthalten insgesamt 24 Felder, die 24 Whisky-Sorten entsprechen (Speyside: 8,
Lowlands: 7, Highlands: 5, Islands: 4) In jeder Region gibt es noch eine
"DISTILLERY". Dazu kommen 3 "COPPER STILL" und 8
"HERALDIC", und 1 "THISTLE"-(=Start-)Feld. Die 24
WHISKY-Karten werden in zwei Stößen (je 12 Karten) aufgelegt. Jeder Spieler erhält
100 GE. Landet man auf einem WHISKY-Feld, so kann man die oben liegenden
WHISKY-Karten kaufen (Kosten: je nach Qualität 1 bis 3 GE), wenn sie derselben
Region zugeordnet sind (also: 0,1, oder 2 Karten). Landet man auf "COPPER
STiLL", so ist eine Ereigniskarte (von 30) abzuheben, und passiert man den
Start, so wird eine neue SALTIRE-Karte aufgedeckt (24 Karten, sie beschreiben
jeweils ein Datum aus der Geschichte das Whisky. Wichtig ist nur der
Multiplikationsfaktor, den sie enthalten: 1 bis 5). Kommt man in eine
DISTILLERY, so darf man ebenfalls kaufen, aber außerdem auch produzieren, d.h.
für bis zu drei Whiskies der betreffenden Region um je 15 GE ein Faß kaufen und
auf das entsprechende Feld legen. Kommt in Hinkunft ein anderer Spieler auf
dieses Feld, so muß er zahlen, und zwar (Qualität mal aktuellem
Multiplikationsfaktor) GE. Fässer können - um 10 GE - zurückgegeben werden.
Tauschen Spieler untereinander Karten, so bleiben die Fässer liegenl (Nur:
Warum sollte man jemals täuschen?) Verfügt ein Spieler über alle WHISKY-Marken
einer Region (nicht unbedingt mit Fässern belegt!), so wird auch der
"Besuch" der entsprechenden DISTILLERY kostspielig: 50 GE werden
kassiert. Gewonnen hat, Moment! Halt!!!
Beinahe hätte ich vergessen, das einzige völlig neue
Element zu beschreiben! Landet man auf einem der acht HERALDlC-Felder (je 2 P,
C, H, W) so wird eine Frage gestellt; P=Physical, C=Cultural, H=History, und
W=Whisky! Dafür gibt es zwei Pakete (zu je 55 Karten) mit je 4 Fragen (In einem
Spiel soll - warum? - jeweils nur ein Paket verwendet werden). Beantwortet man
die Frage richtig, so darf man - wahlweise - nochmals würfeln, oder sich in die
nächstgelegene DISTILLERY begeben. Kann man nicht antworten, so muß man stehen
bleiben, selbst wenn man einen "Doppelten" hatte Also: Gewonnen hat
("... is declared leading 'Whisky Baron"'), wer am Ende über das größte
Vermögen verfügt (GE, Whisky-Karten mit ihrem Wert, Fässer a 15 GE). Nur leider
sagt die Spielregel nicht, wann das Spiel zu Ende ist. Wenn alle Whisky-Sorten
vergeben sind? Wenn alle Fässer plaziert sind?? ???
THE SCOTCH WHISKY GAME ist also Primitiv-Monopoly
kombiniert mit einem (praktisch bedeutungslosen) Quizspiel, oder: es ist THE
WINE GAME mit vereinfachten Regeln. Aber gerade das macht das Spiel vielleicht
etwas flotter und etwas unterhaltsamer. Ein Würfel-Glücksspiel. Aber ob das
reicht, dem Motto gerecht zu werden ("... captures the spirit of
Scotland")?
THE WINE GAME and THE SCOTCH WHISKY GAME: Für wen könnten
diese Spiele wohl interessant sein? Für Spieler kaum: Die sind - wenn sie überhaupt
diese Art Spiele suchen - mit MONOPOLY und PLAYBOSS (oder anderen) besser
bedient. Für Wein- bzw. Whisky-Liebhaber? Es gibt bessere, ausführlichere, schönere
- ja, sogar unterhaltsamere Unterlagen über Wein und Whisky! Quellen, die verläßlicher
und preiswerter sind als diese Spiele.
Also sind sie vermutlich nur für Sammler
interessant: Für Sammier von Spielen vielleicht. Für Sammler von Kulinaria
vielleicht. Und ziemlich sicher - nolens volens - für Sammler von Spielen, die
mit Essen und Trinken zu tun haben. Tja: Und vielleicht sind sie in manchen Fällen
auch als Geschenke geeignet. Als Geschenke für entsprechend Interessierte natürlich.
Aber nur, wenn man weiß, daß der Beschenkte über genügend Platz verfügt, denn:
Die Schachteln ent halten viel teuer verpackte Luft ($65 für das Whisky-Spiel,
zum Beispiel.)
P.S. Es ist sicher nichts Prinzipielles dagegen
einzuwenden, wenn bei der Produktion von Spielen auch p.r.-Uberlegungen
mitspielen. Aber nur dann, wenn dadurch gute Spiele preiswert zu haben sind!
WlN-Wertung:
Connoisseur. The Wine Game. WWW A 4-6(2-6) h
The Scotch Whisky Game WWW U M 4-6(2-6)