Für Familien
DungeonCrawl en Famille
Schätze des Dunklen Turmes
Durchs Minenfeld zur Schatzkammer
Kid
Family ein
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Alter
Spezial
Spiele von osteuropäischen Autoren bekommt man nicht allzu oft in die Hände (die Tschechische Republik befindet sich zum Glück für diese Aussage nördlich, nicht östlich, von Österreich). Dem Spiel „Schätze des Dunklen Turmes“ liegen immerhin neben Spielmaterial auf englisch und deutsch (mit einigen putzigen Übersetzungsfehlern) auch ein russisches Regelheft und Karten bei. Wir gehen jetzt einmal davon aus, dass Andrej Wolkowskij Russe, Weißrusse oder Ukrainer ist, obwohl der Name durchaus auch polnisch sein könnte. Mit einfacher Internetrecherche kriegt man aber nichts zur Herkunft heraus, für die Besprechung des von Fantasy-Elementen angehauchten Brettspieles ist das aber ohnedies eine Fleißaufgabe, die jedoch dank Ferdinand de Cassan noch rasch geklärt werden konnte: Wolkowskij stammt aus der Ukraine.
Die Hintergrundgeschichte hingegen ist schnell erklärt. Bis zu fünf Abenteurerfiguren (vier männliche Charaktere und ein weiblicher stehen zur Auswahl) ziehen auf der Suche nach den Schlüsseln zu einer Schatzkammer durch eine Festung. Die Wege in der mit magischen Gegenspielern gespickten Anlage – auch Labyrinth genannt, obwohl man sich kaum verirren kann – dürfen zusätzlich von den Mitspielern mit Fallen versehen werden, denn wer immer als erstes die vorgeschriebene Schlüsselanzahl (vier oder sechs) zum Schatzkammerfeld bringt, gewinnt. Schatz gibt es allerdings am Ende keinen, aber den Titel „Großwesir des zauberhaften Turmes und Überwinder der zahllosen schleimigen Kreaturen und lachhaften Mitspieler“ darf man sich getrost auf seine Visitenkarten drucken.
Die Fortbewegung auf dem Spielfeld erfolgt mittels gewöhnlicher sechsseitiger Würfel. Am Ende des Zuges steht man entweder auf einem Sonderfeld, und vollführt die passenden Aktionen (Schlüssel suchen, auf ein anderes Feld teleportieren, einen Schutzgeist anwerben und ähnliches), oder man zieht eine Karte, um entweder einen Gegenstand zu finden, ein Ereignis zu erleben oder auf ein magisches Monster zu treffen. Monster muss man sodann bekämpfen. Danach endet der Zug und die nächste kommt ans Spiel.
Das Regelheft ist im großen und ganzen klar und übersichtlich und bringt auch viele Bildbeispiele. Die wenigen nicht völlig eindeutigen Punkte lassen sich leicht klären – so kompliziert ist das ganze Spiel ja auch wieder nicht.
Einige wenige Besonderheiten unterscheiden die „Schätze des Dunklen Turmes“ von zahlreichen ähnlichen Spielen. Man sammelt unterwegs Spielsteine – obwohl spitz und rhombisch, besteht die Spielregel in allen drei Sprachen darauf, sie „Sphären“ („Cфep“, „Spheres“) zu nennen – in verschiedenen Farben, die man gegen Minen (auszustreuende Fallen) oder Schadensmarker (Zusatzschaden für Monster in Kämpfen) tauschen kann oder die im Kampf gegen Monster auf andere Weise hilfreich sind. Die Charaktere verfügen neben je eigenen Fähigkeiten (Kampftechniken) über Lebenspunkte, die nur im Kampf benötigt werden, können also eigentlich nicht sterben, sollten sie eine Auseinandersetzung verlieren. Der sechsseitige Kampfwürfel zeigt auf seinen Seiten die Symbole „1“, „2“, „3“, „·[1 Punkt]“, „··[2 Punkte]“, „©[Herz]“, wobei die Ziffern die Anwendung einer Spezialfunktion (Heldenfähigkeit oder Monsterattacke, je nach dem, wer würfelt), die Punkte den Verlust von Lebenspunkten und das Herz den Gewinn eines Lebenspunktes anzeigen. Kämpfe der Charaktere untereinander sind nicht vorgesehen. Außerdem gibt es noch eine Orakelmünze – eine Kartonscheibe, deren eine Seite mit „Nein“ (Heт / No) und die andere mit „Ja“ (Дa / Yes) bedruckt ist –, die in nicht wenigen Situationen zum Einsatz kommt.
Der Spaß hält sich selbst für Spielende mit lediglich geringer Erfahrung leider in Grenzen, als Einstieg ins Genre der Fantasybrettspiele mag „Schätze des Dunklen Turmes“ dennoch angehen. Die vorgeschlagenen acht Jahre sind dabei fast schon zu hoch gegriffen.
Etwas enttäuschend ist auch, dass die magischen Kreaturen nicht aus dem reichen Schatz der osteuropäisch-russischen Märchenwelt schöpfen. Wie fröhlich wäre das Wiedersehen mit alten Bekannten aus sowjetischen Filmen ausgefallen, die man auch heute noch oft im Fernsehen (allerdings hauptsächlich in deutschen Sendern wie Kika oder MDR) erhaschen kann: zum Beispiel die Hexe „Baba Jaga“ oder der Zauberer „Knochenmann“. Gewiss eine vergebene Chance.
Immerhin, das Kampfsystem – verschiedene Kampfarten, die allerdings durch puren Zufall ausgewählt werden – bringt Abwechslung und einen eigenwilligen Charme ins Spiel. Positiv hervorzuheben ist aber vor allem die Ausstattung. Alle Karten und selbst die Orakelmünzen sind in dreifacher Ausfertigung – für jede Sprache ein Set – vorhanden. Die Grafik wirkt liebenswert verspielt, dem Titel entsprechend wird eine leicht düstere Atmosphäre heraufbeschworen, die Monsterbildnisse sind teilweise richtig goldig und wirken trotzdem angemessen gefährlich. Die Spielfiguren schließlich verfügen über das Retrodesign der Anfänge dieser Art von Spielen aus den frühen 1980er Jahren. So gesehen wirkt „Schätze des Dunklen Turmes“ wie ein in der Zeit verrutschter Vorläufer des großen Klassikers von Steve Jackson „Der Hexenmeister vom flammenden Berg“.
Martina & Martin Lhotzky, Marcus Steinwender
Spieler : 2 bis 5
Alter : ab 8
Dauer : 45 bis 75 Minuten
Autor : Andrew Volkowskiy
Grafik : Andrew Volkowskiy
Vertrieb A. : Heidelberger
Preis : ca. 40,00 Euro
Verlag : Andrew Volkovskiy Entertainment / Agentur Vielfalt
Genre : Abenteuersuchspiel
Zielgruppe : Für Familien
Mechanismen : Würfeln, Ereigniskarten ziehen
Zufall : 7
Wissen :
Planung : 4
Kreativität :
Kommunikation : 4
Geschicklichkeit :
Action :
Kommentar:
Liebevolle Ausstattung
Nur für Einsteiger ins Genre der Dungeon-Crawls
Mehrsprachige Regeln
Vergleichbar
Andere einfache Fantasy-Brettspiele
Atmosphäre : 4
Martina, Martin und Marcus:
Ein simples Fantasy-Brettspiel mit attraktiver Ausstattung, gut geeignet als Einstieg ins Genre, leider keine Anlehnung an slawische Folklore.