Aufstieg und Fall des Römischen Imperiums

 

History of the Roman Empire

 

Mit Römern und Barbaren plündernd durch Europa ziehen

 

History of the Roman Empire (kurz: HOTRE), vom italienischen Autor Marco Broglia, führt uns durch die Geschichte Roms, beginnend mit dem Triumvirat (~60 v. Chr.) und endend 476 n. Chr. mit dem letzten römischen Kaiser und dem Untergang des weströmischen Reiches. In diesen über 500 Jahren tut sich eine Menge auf dem Spielbrett. Verschiedene römische Familien versuchen ihren Einfluss zu maximieren und kämpfen abwechselnd gegen Barbaren und gegeneinander während ständig neu auftauchende Barbarenstämme versuchen möglichst viel Gebiet unter Kontrolle zu bringen.

 

Die Spieler schlüpfen jede Runde sowohl in die Rolle ihrer römischen Familie als auch in die eines mehr oder weniger zufällig bestimmten Barbarenstammes. Welcher wird durch ein nicht ganz neues, aber doch seltenes Auswahlverfahren bestimmt. Beginnend mit dem schwächsten Spieler zieht jeder Spieler ein Plättchen, welches ein bestimmtes Barbarenvolk repräsentiert, mit einer bestimmten Anzahl an Einheiten, einer Startprovinz und dem Platz in der Spielreihenfolge. Ist es dem Spieler zu schwach oder hat er schon ein anderes erhalten, muss er es einem anderen Spieler, der in dieser Runde noch keines erhalten hat, übergeben. Hat er noch keines, kann er es auch selbst behalten. Der letzte Spieler, welches ab der zweiten Runde der Führende ist, hat aber mit Sicherheit keine Wahl mehr. Jedenfalls hat am Ende des Verfahrens jeder Spieler genau ein Barbarenvolk. Danach wird nach der gleichen Vorgangsweise jedem Spieler ein römischer Kaiser zugelost. Es spielt zwar jeder Spieler, im Gegensatz zu den Barbaren, immer dieselbe römische Familie, allerdings bestimmen die Anführer die Reihenfolge in der Spieler spielen und können ihnen zusätzlich Vorteile, wie zusätzliche Legionen, Kampfbonus oder zusätzliche Siegpunkte, für diese Runde verleihen.

Hat nun jeder Spieler zwei Plättchen vor sich liegen, beginnt die eigentliche Action. Abwechselnd machen immer ein Barbarenstamm und eine Römersippe ihren Zug. Für die Barbaren bedeutet das, dass sie immer mit der vollen Stärke von ihrer angegebenen Startprovinz aus expandieren. Stoßen sie dabei auf Feindesland kommt es zum Kampf. Kampf bedeutet bei HOTRE würfeln. Im Normalfall würfelt der Angreifer mit 2 Würfeln und der Verteidiger mit 1. Es gewinnt wer den höheren einzelnen Würfelwert vorzuweisen hat (erinnert stark an Risiko). Bei Gleichstand wird noch mal gewürfelt. Der Angreifer ist also grundsätzlich bevorteilt. Allerdings gibt es zahlreiche Möglichkeiten wie diese Grundregel modifiziert werden kann, etwa Gelände oder Verteidigungsanlagen. In stark befestigten Gebirgsregionen kann es sogar dazu kommen, dass der Verteidiger im Vorteil ist.

Es ist möglich dass es einen Barbarenstamm schon in einer vorigen Runde gab und noch immer Einheiten auf dem Plan liegen. In diesem Fall hat der Spieler die Wahl ob er von den noch besetzten Gebieten ausgehend expandiert oder lieber alle Einheiten vom Start weg neu ins Spiel bringt. Am Ende des Zuges erhält der Spieler, für alle von eigenen Barbarenvölkern kontrollierten Provinzen und Städte, Siegpunkte. Diese können auch von Völkern kontrolliert werden die aus einer früheren Runde überlebt und (noch) nicht von einem anderen Spieler übernommen wurden. Diese können zwar nicht mehr bewegt werden, zählen aber trotzdem Punkte.

Ähnlich funktioniert der römische Zug, mit dem entscheidenden Unterschied, dass die Römer im Normalfall nicht jede Runde neu ins Spiel kommen (mal abgesehen von der ersten Runde). Verstärkungen müssen durch Abgabe von Siegpunkte gekauft werden. Dafür können die Römer aber auch Festungen (Verteidigungsbonus) und Städte (zusätzliche Siegpunkte) bauen. Am Ende des Römerzuges gibt es dann Siegpunkte für alle von der eigenen Familie kontrollierten Provinzen.

Außerdem können alle Armeen (Römer und Barbaren) gerade eroberte feindliche Städte plündern. Dies bringt dem Spieler einmalig zusätzliche Siegpunkte.

Nach diesem Schema läuft das Spiel 7 Runden lang dahin. Etwas Abwechslung bieten nur noch die 9 Karten die jeder Spieler am Anfang des Spiels erhält. Diese können jeweils einmal im Spiel ausgespielt werden und sollten somit klug eingeteilt werden. Sie verschaffen dem Spieler meist einmalige Vorteile im Kampf, bringen zusätzliche Völker ins Spiel oder zerstören feindliche Truppen.

Trotzdem verläuft HOTRE sehr monoton. Wenn man am Zug ist schaut man wie viele Einheiten man dazukauft (Römer), bzw. das neue Volk hat (Barbaren) und versucht möglichst viele Punkte damit zu machen. Ein Aufbaufaktor ist praktisch nicht vorhanden. Da der Angreifer grundsätzlich im Vorteil ist, ist es auch kaum möglich (bzw. sinnvoll) die Grenzen abzusichern. Bei den Barbaren ist es ohnedies nicht sinnvoll einen Zug (oder gar weiter) vorauszudenken, da man meist gar nicht weiß wer das Volk nächste Runde kontrolliert. Dabei ist das ein entscheidender Faktor. Denn ein altes Volk am Brett kann viele Punkte bringen und damit auch spielentscheidend sein.

 

Generell ist sehr viel dem Zufall überlassen. Beim Völkerverteilen angefangen, wo die Stärke stets stark variiert, bis zum Kampf, wo am Ende nur das Würfelglück entscheidet, die beste Planung nützt nichts wenn das Glück nicht mitspielt.

Das heißt aber nicht dass die Spieler keinen Einfluss auf den Spielverlauf haben. Vor allem die Entscheidungen wen man wo angreift ist sehr entscheidend. Somit gibt es auch effektive Wege den Führenden zu stoppen. Innerhalb einer Partie ist somit mit mehreren Führungswechseln zu rechnen und das Spiel bis zum Ende offen.

Die Dauer pendelt sich so bei 3-5 Stunden ein, wobei diese vor allem mit der Spielerfahrung abnimmt. Durch den sich ständig wiederholenden Ablauf merkt man auch schon in den Anfängerpartien, dass die letzten Runden deutlich schneller laufen als die ersten. Da jede Runde gleich abläuft, hätte man aber auch problemlos die Rundenanzahl und somit die Spieldauer, verkleinern können. Es spricht auch nicht viel dagegen sich von vornherein auf weniger zu einigen.

Das Spielmaterial fällt üppig aus. Allein die über 40 verschiedenen Völker sind beachtenswert. Jedes Volk hat eigene Marker in einem eigenen Plastiksackerl. Das heraussuchen des Sackerls mit dem gerade benötigten Volk artet daher gerade anfangs in Arbeit aus. Diese zahlreichen Marker sind genau abgezählt und sollten daher auch nicht verloren oder falsch eingepackt werden, auch eine Herausforderung.

 

Die Qualität der Marker ist ordentlich, die Grafik ist sehr simpel, aber nicht unansehnlich. Ein kleiner Kritikpunkt ist die oft ähnliche Farbgestaltung, was oft zu Verwechslungen führt. Allerdings ist es verständlich, dass bei, wie schon erwähnt, über 40 Völkern der Farbtopf irgendwann ausgeht.

Der Spielplan ist sehr übersichtlich und bunt gestaltet. Minus hier ist aber der zu dünne Karton. Man merkt auf den ersten Blick dass man es hier mit einem Kleinverlag zu tun hat.

Die Karten hätten hingegen mehr Farbe vertragen, da sie am Anfang sortiert werden müssen und nur kleine farbige Punkte auf den ersten Blick die Kategorie verraten. Noch dazu sind zwei Kategorien in nicht unterscheidbaren Gelbtönen gehalten. Hier hilft nur ein Blick auf die auch vorhandene Nummerierung um zu unterscheiden.

Den größten Kritikpunkt habe ich mir für den Schluss aufgehoben: die Spielregel!

Diese ist nicht nur schwer zu lesen, weil einige Dinge schlecht erklärt sind, sondern zudem schlicht unvollständig. Viele Regeln sind nicht eindeutig und lassen Raum für Interpretationen. Selbst eine stundenlange Internetrecherche hat nicht alle Details geklärt. Im Internet findet sich auch eine „lebendige Regel“ des Verlages. Bei dieser wurden einige Sätze hinzugefügt. Allerdings wurde vergessen die alten, falschen zu löschen! Wodurch es im Grunde nur noch unverständlicher wird. Abgesehen davon werden dort nur Dinge berichtigt die in der Originalregel eigentlich verständlich, aber falsch waren. Die vielen offenen Punkte werden nicht mal angeschnitten. Auch meine Anfrage beim Regelservice des Verlages blieb bis heute unbeantwortet.

 

Weit hilfreicher war www.boardgamegeek.com, wo der Autor zahlreiche Regelfragen beantwortet hat. Dort finden sich auch hilfreiche Übersichtsgrafiken.

Einzig positiver Punkt der Regeln ist, dass die deutsche Variante tadellos übersetzt ist und somit auf dem gleichen tiefen Niveau wie die englische ist.

Nun gut, nach vielen Stunden des Einarbeitens und ein paar freien Interpretationen war das Spiel dann doch gut spielbar. Allerdings wird ein verwöhnter Fan von ausgereiften Autorenspielen wenig Freude mit HOTRE haben. Das Spiel richtet sich klar an Freunde von historischen Kriegsspielen. Das ist schon am Verlag UGG ersichtlich, der zahlreiche ähnliche Spiele im Programm hat.

Insgesamt macht es den Eindruck dass der Autor weit viel mehr Zeit in die historische Recherche als in den Spielmechanismus gesteckt hat. Dieser ist monoton, langweilig und (zumindest das Kampfsystem) einfallslos. Daher würde ich auch eher zu einem der älteren Klassiker greifen, wenn mich die Lust auf ein historisches Kriegsspiel überkommt. Beispielsweise das in vieler Hinsicht sehr ähnliche, aber meiner persönlichen Ansicht nach viel bessere Britannia.

 

Kid                       

Family                           

Adult                    

Expert          ein    

 

Alter                    

Spezial                 

 

 

 

Spieler         : 2-4

Alter            : 14+

Dauer          : 180 min

 

Autor           : Marco Broglia

Grafik          : A. Bertram, D. Blech, A. Fager, A. George

Vertrieb        : UGG

Preis            : ca. 40,00 Euro

Verlag          : Udo Grebe Gamedesign 2008

  www.ugg.de

 

Genre                    : historisches Kriegsspiel

Zielgruppe             : Experten

Mechanismen         : Provinzen erobern

 

Zufall                    : 5/7

Wissen/Gedächtnis  : 0/7

Planung                 : 3/7

Kreativität              : 0/7

Kommunikation      : 0/7

Geschicklichkeit      : 0/7

Action                   : 0/7

 

Kommentar:          

miserable Spielregel, unzählige Marker

einfallsloser Kampfmechanismus, monotoner Spielablauf

historisch detailliert recherchiert

 

Vergleichbar           Britannia

 

Atmosphäre           1/7

 

Persönlicher Kommentar: Ein historisches Kriegsspiel bei dem auf das wichtigste vergessen wurde: der Spielmechanismus. Runde für Runde wiederholen sich immer gleich die Abläufe, was schnell langweilig wird.