Mamba

 

Familiennachmittag im Spielemuseum. Nach drei Stunden mit einfacheren Spielen brauchen Ralph und ich eine echte Herausforderung. Also gehen wir in den Neuheitenraum und suchen nach einen ordentlichen Denkspiel. Die Entscheidung ist schnell getroffen sobald Ralph die hellgrüne Schachtel mit dem Dschungelbild entdeckt hat.

„Spielen wir mal wieder MAMBA, da können wir so richtig die Köpfe rauchen lassen.“

Ich bin schnell überzeugt, auch wenn ich genau weiß, dass dieses Spiel bei uns sicher nicht in den angegebenen 15 Minuten beendet ist. Ralph schnappt sich die Schachtel und wir marschieren wieder nach hinten in den Spieleraum. Das Spiel ist flott aufgebaut. Wir legen den Plan mit den 9x9 Feldern nach oben auf den Tisch, jeder legt seine sieben Spielsteine in der vorgeschriebenen H-Formation vor sich auf den Plan und schon kann das Spiel beginnen.

 

Wir haben noch keinen Zug gemacht, da ist unser Tisch schon von einem halben Dutzend Zuschauern umgeben. Alle wollen sehen was es mit diesem ungewöhnlich aussehenden Spiel auf sich hat. Leise höre ich die verblüfften Kommentare.

„Die spielen ja mit Marienkäfern.“

„Die Spielsteine sehen ja alle gleich aus. Wie will man denn die auseinander halten?“

„Ich kann bei den Steinen nicht einmal sagen wo vorne und wo hinten ist.“

Grinsend beginnen Ralph und ich zu spielen, wohl wissend das bei der ersten `Geburt´ von neuen Spielsteinen die Verwunderung noch größer sein wird.

Ralph schafft es als erster einen Stein von den anderen abzusondern. Bei seinem nächsten Zug setzt er dann einen neuen Stein neben den isolierten und darf ihn auch sofort bewegen.

Inzwischen habe auch ich zwei Spielsteine von den anderen getrennt und kann somit zwei neue Steine auftauchen lassen. Natürlich ziehe ich einen davon sofort zur Seite, damit habe ich wieder zwei einzelne Steine und somit bei meinem nächsten Zug wieder zwei `Geburten´.

Die Zuschauermenge hat sich inzwischen verdoppelt, jeder will sehen wie dieses Spiel funktioniert.

Und endlich fasst auch jemand den Mut und fragt leise, um unsere Konzentration nicht zu stören, „Wie wisst ihr welcher Stein wem gehört?“

Da Ralph gerade am Zug ist antworte ich: „Immer diejenigen die mit dem Gesicht von dir wegschauen sind die eigenen.“

 

Die vielen Zuseher scheinen Ralph zu irritieren, er zieht seinen Stein genau neben zwei von meinen, damit wird der sofort von ihnen überwältigt und wechselt zu mir. Doch auch ich bin nicht ganz bei der Sache. Mit großer Begeisterung ziehe ich meine Steine zusammen um einen Großangriff zu starten, aber  noch bevor ich meinen Stein losgelassen habe schreit Ralph schon: „Der in der Mitte ist eben erstickt.“

Überrascht schaue ich meine Steine nochmals an. Und tatsächlich, der Stein in der Mitte ist von allen vier Seiten eingeschlossen. Damit bekommt er keine Luft mehr und ist tot.

Fasziniert schaut mir Raphael über die Schulter und fragt: „Warum nimmst du den jetzt weg?“

„Die Steine halten sich an die Gesetze des Lebens“, erkläre ich ihm schulterzuckend, „Wenn einer ungestört ist, das heißt wenn die acht Felder rundherum unbesetzt sind, dann gibt es eine Geburt. Wenn die vier Felder waagrecht und senkrecht alle besetzt sind dann bekommt er keine Luft mehr und stirbt. Wenn mehr als vier in einer Reihe sind, dann gibt es eine Überbevölkerung und sie sterben so lange bis nur mehr vier in einer Reihe liegen. Und die vierte und letzte Regel ist, der Stärkere besiegt den Schwächeren.“

„Was meinst du mit der Stärkere besiegt den Schwächeren?“, will Raphael sofort wissen.

Da es sich gerade anbietet zeige ich es ihm einfach. Ralph hat vor meinem vordersten Stein eine Abwehrkette aufgebaut, bestehend aus drei Steinen links und vier Steinen rechts von meinem Stein. Also ziehe ich meinen Stein dazwischen, jetzt muss Ralph den Stein übernehmen und ihn umdrehen.

Sofort murmelt Raphael: „Du hättest jetzt keinen Stein von dir opfern müssen um mir das zu zeigen.“

„Diesen Zug hätte er so und so gemacht“, meint Ralph mit einem verzweifelten Blick auf den Plan, „damit kann er einen Fehler nutzen den ich begangen habe.“

Da diese kryptische Antwort für Raphael zu wenig ist, was man deutlich an seinem Gesicht ablesen kann, erkläre ich es ihm und den anderen Zuschauern genauer.

„Jetzt hat Ralph eine Reihe von acht Steinen. Da aber höchstens vier Steinen in einer Reihe liegen dürfen muss er jetzt vier Steine wegnehmen. Das ist Regel drei, die Überbevölkerung.“

Nachdem Ralph seine Steine abgebaut hat ist er am Zug und geht sofort zum Gegenangriff über und setzt seinen Stein genau in den Winkel zwischen seinen und meinen Steinen.

„Jetzt hat er einen Fehler gemacht“, meint Raphael sofort.

„Nein, das Spiel ist gut durchdacht“, kläre ich ihn auf, „der Stein kann nur zwei Mal gedreht werden, dann ist er geschützt. Also kann er ihn nicht verlieren, da er nach dem zweiten Umdrehen wieder ihm gehört.“

Doch jetzt entbrennt zwischen Ralph und mir ein harter Kampf um jeden einzelnen Stein, der sich langsam aber stetig zu Ralphs Gunsten neigt.

 

67 Minuten und etliche Erstickungstode meiner Steine später, gelingt es Ralph endlich mich auf vier Steine zu reduzieren und damit das Spiel zu gewinnen. Ein Ergebnis das schon lange abzusehen war.

 

MAMBA ist ein echtes Denkspiel mit einfachen Regeln. Doch es ist manchmal sehr schwer alle Folgen eines Zuges vorherzusehen, das macht es für mich zu einem so faszinierenden Spiel.

 

MAMBA ist sehr gutes Spiel zu zweit und zu viert. Aber zu dritt ist es sehr ungerecht, wenn nicht sogar unspielbar. Das Spiel endet entweder nach kurzer Zeit wenn zwei bis zur Vernichtung des Dritten zusammenspielen, oder man spielt bis in die Unendlichkeit wenn sich immer die beiden schwächeren gegen den Starken zusammenschließen.

 

Die 15 Minuten Spielzeit, die auf der Schachtel angegeben sind gelten möglicherweise für ungeübte Spieler. Denn ich habe noch kein Spiel in weniger als einer Stunde verloren (und kein einziges gewonnen).

 

Christoph VAVRU (g.vavru@aon.at)

 

Spieler          : 2 - 4

Alter             : ab 8 Jahren

Dauer           : ca. 15 Minuten

Verlag           : Toodoo, 2003

Vertrieb        : im beratenden Fachhandel

Autor            : Christophe Berg

Grafiker        : Elisabeth Masmonteil

Preis             : ca. € 20

 

Genre           : Denkspiel

Zielgruppe    : Experten

Mechanismus : ziehen und übernehmen

Strategie                 : *******

Taktik                     : *****

Glück                      : *

Interaktion              : *****

Kommunikation       : **

Atmosphäre            : ******

 

Kommentar: 

Idealerweise für zwei Spieler

Bei zwei guten Spielern kann es sehr lange dauern

Wunderschön gemacht

 

Christoph Vavru: „Ein echtes Denkspiel mit einfachen Regeln, die man aber in der Hitze des Gefechts schon mal vergisst.“

 

Wenn Sie gerne Schach, Dame oder andere abstrakte Positionsspiele spielen, wird Ihnen auch Mamba gefallen.