KAISERMÜHLEN SCHMÄH

 

Kaisermühlen Schmäh

Teletool

3-6 Spieler

ab 18 Jahre

1997

 

Vor mittlerweile 2 Jahrzehnten wurde der österreichische Rotfunk von einer Serie beherrscht, die damals unser schönes Land in 2 Hälften teilte: Mundl-Fans und seine Gegner. Viele behaupteten damals, daß "olle autritschkert san, de glauben, daß außa im Potschnkino so gredt wird." (Übersetzung: Alle sind beklopft, die glauben, daß außerhalb des Fernsehens so gesprochen wird). Vor wenigen Jahren startete nun wieder so eine Serie, die auf den Wiener Dialekt aufbaut. Diesmal wurde das Geschehen von Favoriten (10. Bezirk) nach Donaustadt (22. Bezirk) verlegt. Genauer: nach Kaisermühlen. Ein Viertel, das von UNO-City, Alter Donau, Gänsehäufl, Hirscheninsel (FKK-Strand), Donauinsel und Gemeindebauten beherrscht wird. Ein Revier für den guten alten Wiener Dialekt.

 

In diesem Spiel ist nun das Gänsehäufl (ein öffentliches Schwimmbad) bis auf das letzte Kästchen ausverkauft. Dieses letzte Kästchen zu ergattern ist das Spielziel. Dieses Kästchen erhält der Spieler, dem es als Ersten gelingt, den Badewaschl (= Bademeister) mit 3 Wirtshauskarten zu bestechen. Diese wiederum erhält man, indem man auf dem Spielplan (eine sehr freie Interpretation des Kaisermühlener Stadtplans) auf Wirtshausfelder zieht. Dort wird einem von einem Mitspieler eine WUCHTL-KARTE vorgelesen (Wuchtl = scherzhafte Bemerkung) und kann man diese nun richtig interpretieren, so darf man eine Wirtshauskarte ziehen. Diese haben Alkoholwerte von 0,4 bis 2 Promille. Zusätzlich gibt es noch Karten, die den Alkoholgehalt um -0,3 Promille vermindern. Hat die Karte auch noch die eigene Farbe, so kann man nun versuchen, die Karte zum Badewaschl zu bringen.

 

Doch vor dem Eingang zum Bad steht auch ein Polizist. Alle Spieler dürfen nun, sofern sie die passenden Infokarten haben, Alkoholkontrollen durchführen. Hat man nicht mehr als 0,8 Promille getankt, so muß der Polizist (Mitspieler) die Kosten von 300 Kaisertalern für die Kontrolle selbst bezahlen. Wird man mit mehr als 0,8 Promille erwischt, muß das 1000-fache der Gesamtpromille als Strafe an den Polizisten bezahlt werden und eine Wirtshauskarte unter den Stapel zurückgelegt werden. Mit mehr als 2 Promille wird noch zusätzlich eine Wirtshauskarte an den Polizisten weitergegeben und man muß zur UNO-City. Hat man eine Runde vor dem Eingang überstanden, so darf man eine oder mehrere Wirtshauskarten seiner eigenen Farbe an den Badewaschl abgeben. Weitere Felder am Spielplan sind noch die Trafik, wo ein einmaliger Einsatz mit einer ungeraden Augenzahl multipliziert wird und bei einer geraden Augenzahl verloren ist. Im Büro erhält man für jede Runde, die man darauf stehenbleibt 200 KT. Am Marktplatz kann man beliebige Wirtshauskarten kaufen, verkaufen, tauschen oder für 100 KT an die Bank zurückverkaufen. Am Stoßfeld (Stoß ist ein verbotenes Kartenspiel) kann man einen beliebigen Mitspieler herausfordern. Man setzt zwischen 100 und 2500 KT und würfelt. Der Spieler mit der höheren Augenzahl bekommt das Geld. Bei gleicher Augenzahl wird der Einsatz verdoppelt. Sollte dabei ein Spieler in den Bankrott getrieben werden, so gibt er alle Karten (Info und Wirtshaus) die er in der Hand hält ab, geht sofort auf das UNO-City Feld und erhält 2400 KT an Notstandshilfe. Auf den Feldern mit dem Polizisten darauf, kann jederzeit ein Alko-Test gespielt werden.

 

Als letztes Feld gibt es noch die Information. Dort erhält man eine Info-Karte. Diese kann man jederzeit gegen einen Mitspieler spielen, sobald er sich auf einem darauf abgebildetem Feld aufhält. Einige dieser Karten (Contra) retten einem auch vor einem Angriff der anderen Mitspieler.

 

Als echter Wiener finde ich das Spiel sehr lustig, besonders wenn einem die Wuchteln von einem Ausländer (= Nicht-Wiener) vorgelesen werden. Da versteht man nicht ein Wort, da es im Dialekt sehr stark auf die Betonung der Selbstlaute ankommt und ein solcher bei falscher Betonung eine andere Bedeutung bekommt. Des Weiteren wurden zum Teil sehr alte und schon seit vielen Jahren nicht mehr gebräuchliche Redewendungen verwendet, die man auch in Peter Wehles "Sprechen sie Wienerisch" nicht mehr findet. So wird man wahrscheinlich in der freien Wildbahn niemanden mehr finden, der Braunhaxla für Gärtner oder Pompfinewra für Totengräber verwendet. Laut W. Ambros ist der Pompfinewra übrigens jemand, der sich in die Trauergemeinde einschleicht, um zum Totenmahl geladen zu werden. Da es im Spiel aber mehrere Möglichkeiten gibt (raten, tauschen, kaufen) um an die Karten zu kommen, kann es durchaus auch von Nicht-Wienern gespielt werden.

 

Man hat auch keine Vorteile, wenn man mehr Ausdrücke als die Mitspieler kennt. Die Altersangabe ist meiner Meinung nach zu hoch, da das Spiel relativ einfach ist und die Schimpfwörter in den Wuchtl-Karten sehr "zivil" sind. (Man könnte ein Erweiterungsset ab 18 Jahren bringen, mit den wirklichen Schimpfwörtern. Das wären dann 5-mal soviele Karten). Die Ausstattung ist ganz hübsch und die Grafik (sowohl auf der Schachtel als auch auf dem Spielplan) gefällt mir sehr gut. Allen, die gern Wiener-Dialekt lernen wollen um den Kaisermühlen-Blues besser zu verstehen, oder auch jenen, die alte Ausdrücke gerne memorieren wollen, sei dieses Spiel ans Herz gelegt.