Liftoff!

 

Liftoff!

Fritz Bronner

1 bis 4 Spieler ab 12 Jahren

Task Force Games 1989

Spieldauer 2 bis 5 Stunden

 

Am 20. Juli 1969 landete die Apollo 11 auf dem Mond. Damit gewannen die USA den Wettlauf zum Mond gegenüber der Sowjet-Union. Was wäre gewesen, wenn die Amerikaner mehrere Unfälle im Aufbau ihres Raumfahrtprogramms gehabt hätten? Oder wenn das Sojus-Programm der Russen besser funktioniert hätte? Hätte man mit der früheren Entwicklung von wiederverwendbaren Shuttles vielleicht noch schneller eine Mondlandung geschafft? Oder was wäre passiert, wenn die Europäer oder gar die Chinesen mitgemischt hätten? Das alles sind nur hypothetische Fragen. Aber Task Force Games, ein kalifornischer Kleinverlag, brachte 1989 ein Spiel auf den Markt, das uns die Möglichkeit gibt, diesen Race to the Moon" nachzuvollziehen.

 

In der Schachtel im Bookcase-Format befindet sich ein sehr dünner Spielplan, der unsere Erde, den Mond und viele anfangs noch verwirrende Linien (Umlaufbahnen) rundherum zeigt. Außerdem noch ein Stapel Spielgeld (Megabucks), über 250 Ausrüstungs- und Astronautenkarten, 64 Ereigniskarten, 2 zehn-seitige und 8 sechs-seitige Würfel, sowie jede Menge Tabellen und Listen und ein sehr ausführliches Regelhelft. Letzteres sollte allerdings nicht gleich abschrecken, denn kompliziert ist "Liftoff!" eigentlich nicht. Und so geht's:

 

1 bis 4 Spieler (im Idealfall natürlich zwei, die die genannten Kontrahenten übernehmen) können sich daran beteiligen. Am Anfang steht jedem nur ein gewisses Budget zur Verfügung, das man zu Beginn jeder Spielrunde (gleichbedeutend mit 1 Jahr) erhält. Damit können Programme entwickelt werden (Satelliten, Raketen, Kapseln, Astronauten-Trainings-Zentren, zusätzliche Abschußrampen etc.), was schon einiges an Entwicklungskosten benötigt. In der Folge kann man sich für etwas weniger Geld Einheiten des entwickelten Programms kaufen (z.B. 3 einstufige Raketen). Anfangs ist natürlich so ein Projekt sehr fehleranfällig, im Spiel drückt sich dies jeweils durch den Sicherheitsfaktor (SF) aus. So beträgt dieser SF bei einer dreistufigen Rakete zu Beginn nur ganze 10%. Um den SF anzuheben, muß man forschen. Dazu "kauft" man sich Würfe mit normalen sechsseitigen Würfeln ein, maximal 8 pro Programm. Die erwürfelten Augen sind die zusätzlichen Prozente für den SF. Doch auch diese Forschung ist nicht umsonst, jeder Würfel kostet wieder einige Megabucks, je nach Art des Programms. Hat man bestimmte Programme auf diese Weise ausreichend erforscht (meist geht es nur bis zu einem gewissen Grad), bekommen nachfolgende darauf aufbauende Entwicklungen schon einen besseren Grund-SF. So kann es sinnvoller sein, zuerst die Ein-Personen-Kapsel voll auszuforschen, bevor man sich an die Zwei-Personen-Kapsel heranwagt.

 

Die ganze Forschung und Entwicklung dient selbstverständlich dazu, möglichst früh - man will ja der Konkurrenz immer voraus sein - Raketen in den Himmel zu schießen. Das erworbene Material wird dabei für gewisse Missionen eingesetzt. Es gibt verschiedene Arten von Missionen, vom einfachen Erdsatelliten bis zur bemannten Mondlandung. Jede Mission wird dabei in den verschiedensten Schritten durchgeführt, die auf dem Spielplan klar abgebildet sind. Für jeden Schritt ist das reibungslose Funktionieren eines bestimmten Programmes notwendig (beim Liftoff, dem Start, ist es logischerweise die Rakete, beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zum Beispiel die Raumkapsel). Mit den beiden zehnseitigen Würfeln wird kontrolliert, ob der Schritt erfolgreich abgeschlossen werden konnte (die erwürfelten Prozente müssen kleiner/gleich dem SF sein). Bei einem Defekt wird die Fehlertabelle konsultiert und gegebenenfalls das Ereignis erwürfelt. So kann eine Mission entweder ganz gelingen oder scheitern.

Bei Scheitern der geplanten Mission hat man meistens mit einer negativen Auswirkung auf das Budget zu rechnen, bei Gelingen gibt es eine Erhöhung des Haushalts ab dem nächsten Jahr. Der Konkurrenzkampf wird insofern noch intensiviert, als es einen saftigen Bonus für denjenigen gibt, der eine Mission zuerst erfolgreich absolviert. Die Reihenfolge der Missionen in einem Jahr wird folgendermaßen geregelt: Zuerst muß man eine Mission bereits für das nächste Jahr vorausplanen (auf Formular notieren). Die Mitspieler erfahren dabei lediglich, wieviele Missionen man plant, aber nicht welche. Im nächsten Jahr kann man dann nach Belieben die beabsichtigten Starts vorziehen, allerdings nicht ohne zusätzliches Risiko: Für jedes Monat, das man früher startet, verliert man 1 Prozent auf jeden SF der verwendeten Programme. Die Missionen werden dann aufgrund der so ermittelten Startreihenfolge nacheinander durchgeführt.

 

Das ganze Spiel erfordert ein hohes Maß an Planung. So muß man berücksichtigen, welche Programme man zu welchem Zeitpunkt "einkauft"; die Programme sind aufeinander und auch hinsichtlich der geplanten Missionen gut abzustimmen (Traglast der Raketen), und außerdem muß man stets auf die Aktionen der Mitspieler reagieren, Schließlich gibt es verschiedene Wege bis zur erfolgreichen Mondlandung. Einerseits kann man die vorgegebene "Mission Order" Schritt für Schritt durchgehen, was zwar sicher, aber vielleicht zu langsam ist. Andererseits ist es auch möglich, einige Missionen zu überspringen, um die beliebten Boni zu kassieren, mit erhöhtem Risiko wiederum. Man kann aufbauend alle diversen Programme entwickeln oder sich nur auf ein riskantes, teures Unternehmen konzentrieren. Das absolute Desaster, das sollte bei allen verschiedensten Planungen beachtet werden, ist jedoch der Verlust eines Menschenlebens durch einen Unfall, wie man es auch in der Challenger-Katastrophe gesehen hat. Nicht nur, daß das Budget empfindlich gekürzt wird, so muß das dafür verantwortliche, defekte Programm wieder vollkommen neu überarbeitet werden (Sprich: neue Forschungs-Würfe).

 

Wie man unschwer herauslesen kann, führt der Zufall bei diesem Spiel ziemlich deutlich Regie. Die Ereigniskarten, die man am Anfang jeder Runde, pardon: jeden Jahres zieht, können äußerst erfreuliche (z.B. Forschungsdurchbruch)(, aber auch sehr unangenehme (Sabotage, etc.) Auswirkungen haben. Die auf fast jeder Karte angeführte Veränderung des Budgets hingegen hat eher ausgleichende Wirkung (Zuwächse bei geringem Budgetstand, Abgänge bei hohem Etat). Doch herausragend ist das viele Würfeln: Forschungswürfe und vor allem die Prozentwürfe beim Ausführen einer Mission. So muß etwa für eine erfolgreiche Mondlandung etwa 20 (zwanzig!) mal gewürfelt werden, eventuelle Fehlerwürfe noch nicht mitgerechnet. Da ist jedes einzelne Prozentchen wichtig.

 

Also kann ich "Liftoff!" keinesfalls Spielern empfehlen, die nur auf Strategie und Taktik setzen, bei denen kein Gramm Zufall vorhanden sein darf. Trotzdem hat es seinen Reiz, besonders durch die Wettkampfsituation: Wer ist schneller auf dem Mond? 2 Stunden sollten die Spieler aber auf jeden Fall einplanen, bei Vollbesetzung (4 Spieler) können es auch schon mal 4 oder 5 werden. Ich stufe "Liftoff!" in die Kategorie "Interessant und sogar leehrreich, wenn auch nicht hochklassig" ein.

 

WIN-Wertung:

(*) Liftoff! WW S K P U 2-3 (1-4) h