Monumentales
Spielkonzept aus Kunststoff
Stonehenge - Eine Brettspiel-Anthologie
Ein spannendes Spielprojekt mit Zukunfts-Potenzial
Ich habe nie verstanden, warum, aber mich haben die
steinernen Stehlen in Stonehenge schon immer fasziniert. Vermutlich, weil die
Jahrhunderte alten Skulpturen eine wirklich mystische Aura umgibt, die seit
jeher zu Spekulationen einlädt, was den wahren Zweck dieses Ortes im englischen
Wiltshire anbelangt. Fünf renommierte Spieleautoren haben sich offensichtlich
ähnliche Gedanken gemacht und ihre Einfälle nun, koordiniert von Mike Selinker,
in der offiziell ersten Brettspiel-Anthologie auf den Spieltisch gebracht. In
Deutschland erscheint das Spiel in
Volker Hesselmanns Spielzeit!Verlag, der auch für die Übersetzung der
Spielanleitung verantwortlich zeichnet.
Plastik aus Plastik
Schon im Vorfeld konnte Stonehenge großes Interesse in
der Schar der Spieler verzeichnen, man war gespannt, wie große Namen wie
"Mr. Magic" Richard Garfield, Richard Borg oder Bruno Faidutti das
Thema umsetzen würden und vor allem mit welchen Mitteln. Klar war nur eines:
Jedem Autoren stand dasselbe Spielmaterial zur Verfügung, das ganz oder
teilweise genutzt werden durfte. Das fertige Spiel umfasst jede Menge
davon, als da wären: fünf Trilithen (die bekannten Steintore aus Stonehenge),
Spielscheiben, Blöcke und schön modellierte, Umhang tragende Spielfiguren in
fünf Farben, eine neutrale Spielfigur sowie ein Satz aus Spielkarten. Die
darauf abgebildeten 2 x 30 Zahlen – jeweils als so genannte Tag- bzw.
Nachtkarte vorhanden, finden sich auch auf dem Spielplan in einem Kreis wieder,
der den Grundriss des Stonehenge-Geländes umschließt. Das sollte doch genügen,
um den beteiligten Autoren einige bemerkenswerte, stimmungsvolle und spannende
Ideen zu entlocken.
Der erste konkrete Blick auf Spielplan und
Material hat mich dann aber doch ein wenig enttäuscht. Gerade für die
dreiteiligen Trilithen hätte ich mit statt der Kunststoffquader dann doch
schickes Holz gewünscht. Nahezu ideal wäre es gewesen, hätten Michael Sohre und
Werner Falkhof ihr 2007 in Essen vorgestelltes, individuell
formbares, steinartiges „Theta-stone“-Material schon früher marktfertig
gehabt und Stonehenge damit ausgestattet. Der optische und haptische Reiz
dieses Materials wäre der vorliegenden Version um Längen überlegen gewesen.
Gib mir Fünf
Wie dem auch sei, letztlich soll Stonehenge ja auch
spielerisch überzeugen, also widmen wir uns schön der Reihe nach kurz den fünf
Entwicklungen, die von Bluff über politische Intrigen bis hin zum Wettlauf die
gesamte Themenpalette abdecken. Kurz nicht etwa, um hier Platz zu sparen,
sondern vielmehr, weil die Regeln keines der Spiele zwei Seiten im
Anleitungsheft überschreiten und alles andere als taktische Schwergewichte
darstellen.
So handelt es sich bei
Richard Garfields Bluffspiel „Die Magie von Stonehenge“ eigentlich um nichts
anderes als ein recht simples Stichspiel mit verdeckten Karten, die nach dem
Ausspielen aufgedeckt werden. Der Gewinner darf dann eine seiner Scheiben (den
„Lehrling“) auf dem entsprechenden Zahlenfeld des Ringes rund um Stonehenge
platzieren. Wer fünf Lehrlinge eingesetzt hat, setzt zur Belohnung seinen
Trilithen auf das Spielbrett, schafft er es ein zweites Mal, fünf Lehrlinge
unterzubringen, gewinnt er. Ein paar kleine Zusatzregeln, die Strafkarten
einbringen, die Trumpfart wechseln oder es ermöglichen, Karten nachzuziehen, um
seine Hand zu verbessern, vervollständigen das Regelkonzept, das aber dennoch
nichts anderes bleibt als ein einfaches Kartenspielchen für drei bis fünf Spieler.
Ausgerechnet
Kommen wir zu Nummer drei:
Spiel Nummer vier im Bunde präsentiert sich
thematisch als Science Fiction Wagenrennen. Die außerirdischen Erbauer der
Steinformation nutzen das Areal als Renngelände für ihre mit Kristallenergie
angetriebenen Streitwagen. Auf so eine Idee muss man erst einmal kommen. Spieltechnisch
funktioniert dies so, dass der äußere und innere Kreis des Spielplans zur
Rennstrecke umfunktioniert werden, auf dem sich die Streitwagen in Form der
Spielfiguren bewegen. Reihum durchlaufen die Teilnehmer insgesamt vier Phasen,
bevor eine neue Runde beginnt.
In der „Energiephase“ nehmen die Spieler ihre zu
Spielbeginn vier Energiekristalle heimlich in die linke und rechte Hand. Die
zahlenmäßige Verteilung bleibt jedem dabei selbst überlassen. Kristalle in der
linken Hand erlauben es in der „Blockadephase“ für jeden Kristall einen
Blockadestein auf die Rennstrecke zu setzen oder bereits liegende zu versetzen,
und zwar auf das Feld, das sich aus der Summe von bis zu drei ausgespielten
Karten ergibt. Die Kristalle in der rechten Hand kommen in der darauf folgenden
„Schubphase“ zum Einsatz. Nun werden die Streitwagen bewegt – vorausgesetzt, es
ist kein Hindernis im Weg. Je nach Art und Position der Blockade muss man zum
Weiterkommen ein bis vier Kristalle zusätzlich opfern, die eigentlich zur
Bewegung gedacht waren. Wer nicht genügend Energie zum Durchbrechen einer
Blockade hat, muss vor dem Hindernis stehen bleiben und verliert zusätzlich
durch den imaginären Aufprall dauerhaft einen seiner Energiekristalle. Gut,
dass man im Laufe des Spiels insgesamt fünf zusätzliche erhält, was bei
geschickter Spielweise ein schnelleres Vorankommen ermöglichen kann. In der
„Ladephase“ werden schließlich die Handkarten wieder auf drei ergänzt und eine
neue Runde beginnt. Wer zuerst das Feld 30 überschreitet, gewinnt das Rennen,
das in der Tat recht kurzweilig abläuft, wenn man den Dreh einmal raus hat und
vor allem auf dem Rennparcours die Übersicht behält, der im Laufe des Spiels
vor Blockadesteinen in allen möglichen Farben in bis zu sechs möglichen
Positionen an den Feldbegrenzungen nur so strotzt.
Last but not least, steuert Kultautor James Ernest
(„Kill Dr. Lucky”) mit seinem Versteigerungsspiel “Alles muss raus!” einen
recht turbulenten Schlusspunkt bei, indem er die Steine von Stonehenge (Trilithen
und Scheiben) unter den Hammer bringt. Wer die wertvollsten Steine ergattert
und damit als erster eine Punktsumme von 20 Punkten erreicht, gewinnt. Pro Runde
zeigt eine Auktionatorfigur an, welcher Stein in welcher Farbe zur Disposition
steht. Reihum legt jeder Spieler nun eine oder mehrere seiner drei Handkarten
verdeckt aus, um den Stein zu ersteigern. Nach dem gleichzeitigen Aufdecken
erhält der Spieler mit dem höchsten Gebot den Stein, wobei Karten in der Farbe
des versteigerten Steins Trumpf sind und alle anderen Gebote schlagen. Gibt es
mehrere Gebote in der Steinfarbe gewinnt der Spieler mit der höchsten
Gesamtsumme der auf den Karten abgebildeten Zahlen. Ein paar nette Kniffe
machen das Bieten interessant. So löst beispielsweise eine Trilithen-Karte die
Trumpffarbe auf und es gelten nur noch die reinen Zahlenwerte. Zudem darf der
Gewinner einer Auktion keine Karten nachziehen, der Spieler mit dem niedrigsten
Gebot hingegen zwei, um zu verhindern, dass ein Spieler zu weit nach vorn
prescht und auf der anderen Seite die Möglichkeit einzuräumen, gezielt neue
Karten zu erhalten. Interessant ist auch die Wertung. Je mehr Steine einer
Farbe ich bereits besitze, desto mehr Punkte erhalte ich für jeden neuen Stein.
Wer also zum Beispiel zwei rote Steine hat, erhält für den dritten drei Punkte,
für den vierten vier usw. Wer einen der fünf Trilithen ersteigert, erhält sogar
doppelt so viele Punkte. Im Spielfluss selbst macht das verdeckte Feilschen um
die Steine trotz oder vielleicht gerade wegen seiner Einfachheit wirklich Spaß,
sogar ein paar taktische Überlegungen sind möglich, da die bereits ersteigerten
Steine nicht geheim gehalten werden und man so den anderen dringend benötigte
Steine vor der Nase wegschnappen kann. Alles in allem ein gelungener, lockerer
Abschluss der fünf Stonehenge-Spiele.
Fazit
Stonehenge überzeugt mit einer spannenden Idee und ansehnlichem (Kunststoff-) Spielmaterial,
die fünf Spiele der „Startpackung“ sind jedoch eher für Gelegenheitsspieler und
Familien gedacht – was hier keinesfalls negativ gemeint ist. Jedes Spiel hat
seine Zielgruppe. Viele neue Ideen, die über Mehrheitengewinnung,
Versteigerungen und Stichspielvarianten hinausgehen, sucht man als
„Szenemitglied“ jedoch vergeblich. Dennoch macht es Spaß, mit ein und demselben
Material immer wieder andere Spiele auszuprobieren. Die Erweiterung mit drei
neuen Regeln und ergänzendem Material für insgesamt sieben Spieler ist bereits
in Arbeit und Namen wie
Stefan Olschewski
Überblick:
Spieler :
3-5
Alter :
ab 10 Jahren
Dauer :
ca. 30-60 Min.
Autoren :
Grafik :
Sean Glenn, Howard Lyon und Jeff Carlisle
Vertrieb :
Hutter Trade
Preis :
ca. 30,- Euro
Verlag :
Spielzeit! 2007
www.spielzeit.de
Bewertung:
Genre :
Spielesammlung mit vorgebenem Material
Zielgruppe :
Familie und Freunde
Mechanismen: vielfältige Auswahl
Kommentar:
Stimmiges Material
Verständliche Regeln
Spielwert fällt gegenüber der Erwartungshaltung etwas ab
Gelungene Grundidee
Strategie :
**
Taktik : ***
Glück : *****
Interaktion : ****
Kommunikation : ****
Atmosphäre : ******
Vergleichbar:
Anthologie-Konzept: „Spiele zur Schatzinsel“ (Hugendubel)
Klassische Spielesammlungen
Stefan
Olschewski:
Tolle Grundidee mit spannendem Thema, das jede Menge Entwicklungspotenzial
bietet. Aufmachung und Renommee der Autoren lassen jedoch spielerisch mehr
erwarten als Stonehenge halten kann.