Rezension

 

Helden im Shopping Center

 

Magic Maze

 

Kooperative Plünderung

 

Eine Warnung vorweg, wer kooperative Speed-Spiele wie Escape, Vlaada Chvátil’s geniales Space Alert oder Zombie 15‘ nicht mag, braucht ab hier nicht weiter zu lesen. Magic Maze ist nicht das Richtige für ihn, denn in Magic Maze sind nicht die Mitspieler euer Feind sondern die Sanduhr. 1 bis 8 Spieler, ich würde eher mindestens 4 bis maximal 6 empfehlen, darunter wird’s wirklich stressig und darüber wird’s mangels Sitzplätzen und zu vieler Hände über dem Tisch (eigentlich Einkaufszentrum) zu chaotisch.

 

Doch worum geht’s überhaupt: Unsere Fantasy-Heldentruppe bestehend aus Barbar, Zwerg, Elf und Magier (was eigentlich sonst) wurden ihre Ausrüstungsgegenstände geraubt und sie wollen sich im nächstgelegenen Einkaufszentrum mit Schwert, Axt, Bogen und Phiole neu ausrüsten, aber nichts dafür bezahlen sondern die Sachen stehlen, und zwar alle 4 gleichzeitig und dann fluchtartig das Gebäude verlassen.

 

Dazu erhält jeder Spieler je nach Spieleranzahl ein bestimmtes Aktionskärtchen, das zum einen die Richtung vorgibt (also z.B. Norden), in die dieser Spieler alle 4 Helden bewegen darf (und NUR in diese Richtung), bei genau 4 Spielern erhält natürlich jeder ein Plättchen für eine der vier Himmelsrichtungen. Außerdem sind auf diesen Plättchen z.T. 3 weitere wichtige Aktionsmöglichkeiten zu sehen: Fahren mit der Rolltreppe; Erkunden, was das Aufdecken eines neuen Einkaufszentrums-Plättchen bedeutet; Vortex benutzen, das ist so eine Art Teleporter zum schnellen Springen auf die farblich hervorgehobenen Vortex-Felder auf den Einkaufszentrum-Plättchen.

 

Die vier Helden in Form von verschiedenfärbigen (fast) gewöhnlichen Halma-Kegeln werden zufällig in die Mitte des Startplättchens gestellt. Entsprechend des Szenarios (es gibt derzeit 17, ich wette weitere Szenarien in Form von Erweiterungen werden folgen) wird eine bestimmte Anzahl der durchnummerierten Einkaufszentrum-Plättchen verdeckt bereitgelegt. Irgendwo auf diesen Plättchen, sind die 4 Ausrüstungsgegenstände unserer Helden und die entsprechenden 4 farblich-passenden Ausgangsfelder zu finden. Jedes Plättchen besteht übrigens aus einem Raster aus 4 x 4 Feldern.

 

Bevor die 3-Minuten-Sanduhr umgedreht wird, dürfen sich die Spieler noch besprechen, was man denn gleich alles mit den Helden machen wird, das kann wertvolle Sekunden im Kampf gegen die Sanduhr bringen. Und dann geht’s los, und jetzt festhalten, jetzt kommt’s:

 

1. Es darf ab jetzt nicht mehr gesprochen werden. Also Mund zu, auch Räuspern oder Ähnliches ist nicht erlaubt.

 

2. Ebenfalls darf nicht mit dem Finger auf einen anderen Spieler gezeigt werden, um ihm mitzuteilen, dass er doch endlich etwas entsprechend seiner Möglichkeiten tun soll. Anstarren ist hingegen schon erlaubt. Außerdem darf man einen ziemlich großen roten sogenannten „Tu was“-Pöppel vor einen Spieler stellen, um ihm mitzuteilen, dass von ihm eine Aktion erwartet wird.

 

3. Alle Spieler sind gleichzeitig dran. Man kann sich vorstellen, dass es bei mehr als 6 Spielern evtl. zu Handverletzungen kommen kann.

 

4. Jeder Spieler darf jeden der 4 Helden in die auf seinem Aktionskärtchen angegeben Richtung ziehen oder die ihm zugeordnete spezielle Aktionsmöglichkeit (sofern aufgrund der Position der Helden - z.B. ein Held steht neben einer Rolltreppe - möglich) durchführen.

 

Durch Mauern und durch andere Helden darf natürlich nicht gezogen werden, neue Plättchen dürfen nur vom „Erkunden“-Spieler aufgedeckt und dazugelegt werden, wenn ein Held auf einem Erkunden-Symbol seiner Farbe am Rand eines Plättchens an das noch nichts angelegt wurde, steht. Anfangs ist der „Maze“ im Eifer des Gefechts noch recht gut zu überblicken, je größer das Spielfeld wird und je weiter die 4 Helden auseinander stehen, desto schwieriger wird es für die Spieler alle möglichen Aktionen zeitnah durchzuführen. Nicht selten blockieren sich die Helden in den engen Gängen gegenseitig, oder ein Spieler erkennt gerade nicht, was zu tun ist.

 

Wenn ein Held auf eines der Sanduhr-Felder zieht, wird das Feld mit einem Sperr-Marker versehen und die Sanduhr sofort umgedreht. Jetzt dürfen sich die Spieler wieder unterhalten, wie es denn jetzt am besten weitergeht, aber nur so lange niemand eine Aktion macht (dann heißt es nämlich wieder Mund zu); und der Sand rieselt und rieselt und rieselt inzwischen weiter. Glaubt mir, drei Minuten bzw. bei gut „getimten“ Sanduhr-Drehmanövern auch ein Vielfaches davon, können verdammt kurz sein. Noch viel schlimmer wird es ab Szenario 3, ab da muss nämlich bei jedem Sanduhr-Umdrehen jeder Spieler sein Aktionskärtchen (das sind die mit den Richtungspfeilen und den 3 Sonderkationen) zum links von ihm sitzenden Spieler weitergeben, d.h. jeder Spieler ist dann plötzlich für die Bewegung in andere Richtung und eine andere Sonderaktion zuständig.

 

Irgendwann haben es dann endlich alle Helden auf ihre entsprechenden Ausrüstungsgegenstände geschafft (oder auch nicht, falls vorher das letzte Sandkorn durchrieselt); jetzt wird das „Diebstahl-Kartenteil“ umgedreht und damit angezeigt, dass Alarm ausgelöst wurde, was bedeutet, dass jeder Held zu seinem farblich passenden Ausgang gebracht werden muss und das „Vortex-Teleportieren“ außer Kraft gesetzt wird. Im allgemeinen Chaos kann es natürlich passieren, dass noch gar nicht jeder Spieler alle 4 Ausgangsfelder gefunden hat oder den besten Weg dorthin noch gar nicht erkannt hat, evtl. gibt es sogar mehrere Wege, dann wird es besonders lustig, wenn einige Spieler den einen Weg entlang wollen und die anderen den anderen Weg zum Ausgang benutzen möchten.

 

In etwas späten Szenarien kommen noch ein paar Sonderregeln, wie z.B., dass nur der Zwerg durch bestimmte „sehr kleine“ Türen gehen kann oder plötzlich auf Plättchen auftauchende Überwachungskameras nur vom Barbar zerstört werden können oder der Elfe aktiviert eine bessere „Erkundungsmöglichkeit“ (2 neue Plättchen werden angelegt) usw.

 

Fazit: Wer nach einem harten Arbeitstag Entspannung beim Spiel sucht, sollte sich etwas anderes aussuchen, wer Action, Spaß, Chaos und eine Herausforderung sucht, ist hier genau richtig, der Adrenalinspiegel wird bei Magic Maze auf jeden Fall steigen. Die 17 im Grundspiel vorhandenen Szenarien versprechen langanhaltenden Spielspaß, auch wenn es natürlich grundsätzlich immer um dasselbe geht, schnell sein, alles überblicken, richtig reagieren und stumm „kommunizieren“ (anstarren). Eine erfrischende etwas andere Art von Brettspiel, das viel Spaß macht, aber natürlich auch nicht jedermanns Sache ist.

 

Gert Stöckl

 

Spieler: 1-8

Alter: 8+

Dauer: variabel

Autor: Kasper Lapp

Grafik: Gyom

Preis: ca. 24 Euro

Verlag: Sit Down / Pegasus Spiele 2017

Web: www.pegasus.de
Genre: Kooperation, Zeitvorgabe, simultanes Spiel

User: Für Familien

Spezial: 1 Spieler

Spezial: Viele Spieler

Version: de

Regeln: de en es fr nl

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Sehr variable Spielerzahl

Hektisch und kooperativ

Tempo-bestimmt

 

Vergleichbar:

Escape, Space Alert, Zombie 15‘ oder kompetitiv: Mondo, 4 Gods, Captain Sonar

 

Andere Ausgaben:

Sit Down (de en es fr nl)

 

Meine Einstufung: 6 von 7

 

Gert Stöckl:

Endlich mal Ruhe beim Spiel, aber dafür volle Action auf dem Tisch

 

Zufall (rosa): 1

Taktik (türkis): 2

Strategie (blau): 0

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 1

Interaktion (braun): 1

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 3