Tactix

 

Abstraktes 2-Personen-Taktikspiel (ab 10 J.)

Autor: Geoff Hayes

Schmidt International, 1998

Überarbeitete Neuauflage von Duell (Parker, 1975)

 

Vergleichbare Spiele:

T: alle Abstraktes 2-Personen-Taktikspiele

M: Schach, Shogun

 

Wertung: ** SSS AA

 

Tactix ist neben Gipf das zweite 2-Personen-Taktikspiel, das von Schmidt International 1998 herausgebracht wurde. Die Regeln sind wie meist bei derartigen Spielen in 2 Minuten erklärt, das Spiel in seiner Komplexität zu beherrschen benötigt aber einige Partien und intensivere Auseinandersetzung.

Die Spieler sitzen einander am 9 x 9 - Spielbrett (dies ist die Änderung zu Duell, bei dem das Spielfeld 9 x 8 Felder groß ist) gegenüber, jeder hat auf seiner Grundlinie 9 Würfel aufgestellt, und zwar 8 gleichorientierte gewöhnliche Sechsseiter und einen König. Die Ausgangsstellung ist symmetrisch mit den Augenzahlen 5-1-2-6-König-6-2-1-5 auf der Oberseite, wobei immer die 3 zum Spieler zeigt. Der König hat auf allen 6 Seiten eine 1. Die Würfel werden dermaßen bewegt, daß jeder Würfel genau so viele Felder zieht, als seine Oberseite Augen zeigt. Dabei darf er höchstens einmal um 90 Grad abbiegen, und die Bewegung erfolgt durch kippen in Bewegungsrichtung. Damit ändert sich durch einen Zug zumeist die Zugdistanz eines Würfels für den nächsten Zug. (Zur Gewöhnung ist dem Spiel ein Blatt mit Diagrammen beigelegt, aus dem je nach Ausgangslage und Punkt der Richtungsänderung die Endlage zu entnehmen ist.) Die Bewegung kann nur über freie Felder erfolgen, lediglich auf dem Zielfeld darf sich ein gegnerischer Würfel befinden, der dann geschlagen und aus dem Spiel genommen wird. Sieger ist, wer den gegnerischen König schlägt, oder seinen König auf das Ausgangsfeld des gegnerischen Königs bringt. Für ein Kurzspiel genügt es, den König auf das Zentralfeld des Spielbrettes zu bringen.

Für einen planvollen Spielaufbau ist es notwendig, vorausschauend zu agieren, d.h. man sollte versuchen, einige Züge vorauszudenken. Wie bei Schach ist es günstig, die Würfel so zu positionieren, daß sie mehrere Zwecke (Bedrohung gegnerischer und Deckung eigener Würfel) erfüllen, wobei die Änderung der Zugdistanz durch die Bewegung den besonderen Reiz, aber auch eine Schwierigkeit darstellt. Auch die Diagramme sind nur zur Planung auf 2 Züge hilfreich, sodaß es für einen guten Spieler notwendig ist, die Würfelbewegung gedanklich zu vollziehen. Der Bedrohung des Verlustes eines Würfels (und der Partie, wenn der König bedroht ist) kann durch wegziehen des bedrohten Würfels, schlagen des drohenden gegnerisch Würfels oder durch blockieren des Zuges des Gegners durch dazwischenstellen eines eigenen Würfels begegnet werden, auch hier besteht eine große Ähnlichkeit zu Schach.

Das Spielprinzip läßt erwarten, daß versierte Schachspieler sich mit Tactix wesentlich leichter tun werden, als Nichtschachspieler, zumindest wenn sie auch über ein einigermaßen gutes räumliches Vorstellungsvermögen verfügen. Dies hat sich für mich schon vor einigen Jahren bestätigt, als ich Duell kennenlernte, und nach einigen Partien von einer Gegnerin, die in ihrer Jugend einige Schachpraxis erworben hatte, bei deren erster Partie vernichtend geschlagen wurde. Mit der Neuauflage als Tactix habe ich die Herausforderung, das Spiel zu meistern noch einmal angenommen. Bei den Turnieren am Wiener Spielefest glaubte ich, nun ein höheres Niveau erreicht zu haben, vor allem, da mir das dabei verlangte Spiel ohne Hilfsdiagrammen hinsichtlich der Lage der Würfel nach Zugausführung keine Probleme bereitete. Bei späteren Partien zeigte sich jedoch, daß ich damit höheres strategisches Geschick des Gegners nicht kompensieren konnte. Vor allem müssen gegnerische Angriffe bereits im Ansatz erkannt und unterbunden werden, und Unachtsamkeiten sollte man sich tunlichst auch keine leisten. Für mich hat sich somit der Eindruck bestätigt, daß für dieses Spiel ein gewisses Talent oder viel Übung notwendig ist, um ein ansprechendes Niveau zu erreichen. Auf dieses Faktum wurde bei der Duell-Ausgabe von Parker sogar auf der Schachtel explizit hingewiesen.

Die Modifikation von Tactix bietet hier aber einen Rettungsanker. Die Vergrößerung des Spielbretts auf 9 x 9 Felder, die die Möglichkeit einer einfacheren Siegbedingung schafft, ermöglicht es, eine Partie auch noch bei materieller Unterlegenheit zu gewinnen. Außerdem verkürzt sich die Spieldauer zumeist beträchtlich, da die originäre Siegbedingung meistens erst erreicht wird, wenn bereits eine größere Zahl von Würfeln geschlagen wurde. Aus dieser Sicht kann ich mir vorstellen, daß Tactix einen breiteren Spielerkreis ansprechen kann, als sein Vorgänger.

Hellmut Ritter