COLD
CONNECTION
Als ich das
Cover von Gold Connection, einem neuen Sid Sackson Spiel bei Schmidt, zum
ersten Mal betrachtete, hat mich irgendwas irritiert, aber ich kam nicht
dahinter, was es sei. erst einige Zeit später fiel es mir wie Schuppen von den
Augen: Es war der Tresor, der mich störte. Da ich für meine paar Groschen
keinen Tresor benötige, kenne ich mich damit kaum aus, doch dass die Mechanik
einer Tresortür nicht frei liegt, wie das beim Schmidtschen Modell
offensichtlich der Fall ist, das ist sogar mir klar.
Kein Wunder also, dass sich, schneller als man schauen kann, 2 bis 4 Diebe
einfinden, um die Goldbarren, die in diesem Tresor lagern, zu entwenden. Dabei
handelt es sich aber nicht um gewöhnliche Goldbarren, sondern um vier
nummerierte Editionen. Und anstatt Barren einer Edition zusammen zu lagern, hat
man sie, aus welchen Gründen auch immer, durcheinander auf 14 kleine
Panzerschränke verteilt.
Mir
persönlich wäre das ja völlig egal, Gold ist Gold, aber unsere Diebe sind schon
recht eigenartige Gesellen, denn anstatt möglichst schnell alles auszuräumen,
machen sie ein Spiel daraus und versuchen möglichst komplette Serien
zusammenzubekommen.
Zunächst
einmal stellt sich jeder bei einem Panzerschrank auf und entscheidet sich dann,
in welche von 2 möglichen Richtungen er ziehen will. Auch laufen sie nun nicht
durcheinander, sondern schön gesittet der Reihe nach. Ist einer am Zug, so gibt
er zunächst einmal bekannt, zu welchem Panzerschrank er ziehen will und zählt
die Schritte dorthin. Dann sieht er nach, welche Goldbarren sich darin befinden
und benennt jene, die er gerne hätte. Nun addiert er zur Anzahl der Schritte
die Nummern der gewünschten Barren und erhält so eine Zahl, die er mit 2
Sechsseitern mindestens erreichen muss.
Gelingt der
Wurf nicht, so legt er die Barren in den Schrank zurück und geht frustriert zum
Ausgangspunkt zurück und wartet dort, bis er wieder an die Reihe kommt. Als
Trost für sein Versagen erhält er aber 2 Trostchips, mit denen er später einen
misslungenen Beutewurf noch modifizieren kann.
Schafft er
es aber, mindestens die vorgegebene Zahl zu erreichen, so darf der Dieb alle
angegebenen Barren an sich nehmen. Wer nun glaubt, dass er genug hat, kennt
Diebe nicht, denn nun hat er Blut geleckt. Er könnte zwar aufhören, aber wehe
wenn sie losgelassen. Also nennt er einen neuen Panzerschrank, neue Barren und
berechnet erneut die dazugehörige Zahl. Dabei muss er aber aufpassen: Die
Anzahl der Schritte, die er zu gehen hat, wird nicht vom momentanen Standpunkt
aus gemessen, sondern von jenem Schrank, bei dem er seine Runde begann. Und da
man immer mindestens einen Schritt gehen muss, wird diese Zahl immer größer.
Die gesamte Zahl kann aber durchaus kleiner werden als vorhin, denn man könnte
ja weniger Barren mit niedrigeren Nummern zu rauben versuchen.
Wieder wird
gewürfelt und je nach Ergebnis legt er alle bisher gesammelten Barren in den
Tresor zurück und geht zu seinem Startfeld oder steht wieder vor der
Entscheidung: Mache ich weiter oder höre ich auf?
Diesmal ist
er klug und beendet den Zug. Nun muss er aber nochmals die gesammelten
Goldbarren prüfen, denn wenn man schon Editionen sammelt, dann will man den
Goldbarren mit der Nummer 3 erst dann besitzen, wenn man die Exemplare mit den
Nummern 1 und 2 bereits sein eigen nennt. Alle Barren, die nicht diese
Bedingungen erfüllen, werden daher in den Schrank, der nun zum neuen Startpunkt
wird, zurückgelegt.
So geht das
Spiel rundum. Jeder kann sammeln, solange er den jeweiligen Beutewurf schafft
oder freiwillig auf ein Weiterspielen verzichtet, um die bisher gesammelten
Barrenchen ins Trockne zu bringen.
Wer aber
glaubt, dass die Diebe bis zur Verhaftung - was anderes kann jemandem, der auf
so verrückte Weise einen Diebstahl begeht, wohl nicht blühen - so friedlich
nebeneinander rauben, der täuscht sich gewaltig, denn sobald ein Mitkonkurrent
zu viele Barren besitzt, da regt sich auch schon die Neidgenossenschaft und
macht Jagd auf ihn. Und wenn es jemandem gelingt, zu ihm zu ziehen, dann darf
er statt Barren aus dem Schrank Barren aus der Beute dieses Diebes benennen.
Ein wenig Berufsehre scheinen die Burschen aber doch noch zu besitzen, denn um
eine Edition des anderen nicht zu zerstören, rauben sie zuerst immer die Steine
mit höheren Nummern. Klar, dass dadurch der Beutewurf zwar schwieriger wird,
aber was tut man nicht alles, um einen anderen zu schädigen. Gelingt der Wurf,
dann muss man natürlich schnell das Weite suchen, denn die Rache wäre
fürchterlich. Doch auch dann muss man ständig auf der Hut sein, denn nur allzu
schnell wird man selbst zum Opfer.
Wie das
Ganze endet, wollen Sie wissen? Nun, ich hab' das Ende ja bereits
vorweggenommen. Mitten im schönsten Raub kam die Polizei und schnappt die
Ganoven. Aber es müssen nette Bullen gewesen sein, denn die Gauner durften noch
ermitteln, wer von ihnen die wertvollste Beute errungen hatte. Dazu addieren
sie die Werte aller Barren und erhielten für jede vollständige Sechseredition
10, für jede vollständige Fünferedition 5 Bonuspunkte. Die Siegesfeier fand
dann natürlich bereits im Gefängnis statt und wenn sie nicht gestorben sind,
dann ...
Soweit also
Gold Connection. Erinnert
sie das an etwas? Nein, nicht an ihren eigenen Gefängnisaufenthalt, den mein
ich nicht! Werden wir wieder etwas ernster. Ich meine ein Spiel. Na jetzt ist
der Groschen wohl gefallen, hm? Gold Connection kann seinen Vater, den
Klassiker Can't stop, nicht verleugnen. Und nun fragt man sich natürlich, ob
der Sohn denn ist wie der Vater?
Wie im
richtigen Leben will auf Gold Connection den Vater durch "mehr"
überflügeln. Und wie im richtigen Leben ist "mehr" nicht immer
besser. Auf den Punkt gebracht: Can't stop ist spritziger, direkter, schneller.
Es verzichtet auf ein Thema, das wie bei vielen Sackson Spielen auch hier total
aufgesetzt wirkt (in der englischen Ausgabe sind sie ein Cowboy, der Kühe
fängt, aber auch das ist nicht viel besser) und ist in seiner abstrakten Form
(ich meine hier die Parkerausgabe) auch schöner, übersichtlich. Damit will ich
nicht sagen, daß Gold Connection ein schlechtes Spiel ist, keineswegs, aber es
wirkt auf mich, wie übrigens auch das Spielmaterial, einfach kalt. Hier wurde
ein tolles Spiel sinnlos aufgemotzt. Darüber kann auch die durch das
gegenseitige Berauben dazugekommene Interaktion nicht hinwegtrösten.
Der
Hauptgrund, warum mich Gold Connection aber nicht vom Sessel reißt, liegt wohl
daran, dass der Spannungsbogen während des Zuges eines Spielers nicht wie bei
Can't stop kontinuierlich steigt, sondern meist auf und ab schwankt, denn ein
späterer Beutewurf kann durchaus niedriger sein als etwa der erste, wodurch
natürlich auch die Wahrscheinlichkeit, dass er gelingt, größer ist. Außerdem
sieht man bei Can't stop viel deutlicher, was man verliert, wenn man nicht
aufhören kann.
Gold
Connection ist also ein durchaus solides Spiel, das aber nicht unbedingt zur
Grundaustattung einer Spielesammlung gehört. Für Sammler ist es aber schon
seines Autors wegen ein Pflichtspiel, auch wenn der Preis mit 600 Schilling für
das Gebotene doch um einiges zu hoch ist.
WIN-Wertung:
Gold
Connection WW I UU AA (2-4) 45-90 min (je nach Variante fürs Spielende)