Europa Tour
Das Spiel:
Europatour
Verlag: Schmidt
Autoren: Alan R.
Moon und Aaaron Weissblum
Anzahl der Spieler:
2-4
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 30
Minuten
Die Besprechung:
Martina Nowak
Martina_nowak@chello.at
WIN-Wertung:
** W S II M UU AA
Faschingssamstag,
der Neuheitenraum im Österreichischen Spielemuseum wird feierlich eröffnet, na
dann nichts wie rein, was sticht mir da ins Auge? Eine kleine, aber keine ganz
kleine, bestimmt aber eine sehr hübsche, weil blaue, Schachtel mit dem Titel
„Europa Tour“. Die lacht mich an, das Spiel will ich ausprobieren! Europa hat
sich in den letzten Jahren ja ziemlich verändert, vielleicht auch die Art,
Europa zu bereisen?
Da das Finden von
Mitspielern in den Räumlichkeiten des Museums noch nie ein Problem war, sitzen
wir kurze Zeit später mit großer Erwartung mitten in Europa, ääh, na ja
vielleicht besser formuliert rund um den Spieltisch.
Das Erste, das mir
ins Auge sticht, ist ein wirklich sehr liebevoll gezeichneter Spielplan mit den
Staaten von Europa. Die einzelnen Länder haben jeweils eine der 5 hierfür
verwendeten Farben und dazu noch ein paar charakteristische Details des
jeweiligen Landes. In der Schweiz z.B. gibt es einen Käseberg, um den sich eine
süße kleine Maus wickelt und auf dessen Spitze sich ein Apfel mit einem Pfeil
befindet. Österreich, das mit Liechtenstein zu einem Land vereint wurde – wieso
eigentlich? – wird symbolisiert durch einen Berg im Hundertwasserstil, oben
drauf befindet sich ein Geißbock und dahinter das Riesenrad. Man braucht eine
ganze Weile, bis man alles sieht, aber trotzdem bleibt der Spielplan
übersichtlich, und die kleinen in der Regel erwähnten Verzerrungen aus
spieltechnischen Gründen stören gar nicht. Was man noch erkennen kann, sind
strichlierte Linien zwischen manchen am Wasser liegenden Ländern, das sind
Schifffahrtslinien, auf die ich später noch zu sprechen komme. Sollte man die
Ländernamen nur schwer aussprechen können, dann befindet man sich
wahrscheinlich auf jener Seite des Spielplans, auf der die Staaten in Originalbezeichnung
aufgeschrieben sind. Will man es sich einfacher machen, dann braucht man nur
den Spielplan umzudrehen, und schon steht hier alles in Deutsch! Na das ist mir
doch gleich viel lieber!
Was haben wir noch
in der Schachtel: Zuerst einmal 4 Routenplaner. Das sind eigentlich
Kartenhalter mit 10 Ausnehmungen für eben 10 Länder oder Transportmittel. Sie
sind so gemacht, dass jeder Spieler nur seine Karten sehen kann und ein
unfreiwilliges Durcheinanderbringen der Kartenreihenfolge verhindert wird.
Na und last but not
least gibt es 60 Karten. 40 davon sind Länderkarten, wobei es jedes Land nur
ein einziges Mal gibt, 10 sind Flugzeugkarten, in jeder Länderfarbe gibt es 2
und 10 sind farbunabhängige Schiffkarten.
Was ist das Ziel
des Spieles? Man muss eine durchgehende Reiseroute von links nach rechts in
seinem Planer vorweisen können. Das geht entweder über den Landweg, sofern 2
nebeneinander liegende Staaten eine gemeinsame Grenze haben. Man kann aber auch
mit dem Flugzeug reisen. Dazu benötigt man eine Dreierkombination an Karten,
d.h. 2 Länderkarten in der selben Farbe und dazwischen ein Flugzeug ebenfalls
in der selben Farbe. Oder man reist mit dem Schiff. Dazu braucht man 2
Länderkarten, die durch eine Schifffahrtslinie verbunden sind und dazwischen
eine Schiffskarte, also wieder eine Dreierkombination. Na hoppala, von Holland
nach Dänemark fährt kein Schiff, dafür aber von Frankreich nach Italien?
Sightseeing entlang der Côte d´Azur? Na da muss man ja höllisch aufpassen und
genau schauen, wie man weiter kommt.
So, und wie kommt
man nun zu einer optimalen Reiseroute? Ich fürchte, in Ermangelung eines
beigepackten Reisebüros muss sich jeder Spieler selber darum bemühen. Die 60
Karten werden gut gemischt, und jeder Spieler erhält 10, die er aber vorerst
nicht anschauen darf. Wenn es losgeht, setzen alle Spieler gleichzeitig jeweils
eine Karte nach der anderen in den Ständer, aber Achtung, es darf keine Karte
mehr umgesetzt werden! Das ist wirklich nett, denn jetzt habe ich Zypern neben
Holland, wo soll das hinführen? Also gut, die restlichen Karten bilden einen
verdeckten Nachziehstapel, 5 davon werden aufgedeckt und bilden die obersten
Karten von 5 offenen Ablagestapeln, wir haben also insgesamt 6 Stapel. Ist der
Nachziehstapel im Laufe des Spiels aufgebraucht, werden alle Karten bis auf
eine von jedem Ablagestapel neu gemischt.
Es beginnt, wer als
Erster die Karten fertig in seinem Routenplaner gesteckt hatte. Ich hätte doch
schneller stecken können, denn schlechter hätte es nicht werden können! Wer an
der Reihe ist, nimmt entweder eine offene oder eine verdeckte Karte an sich.
Wenn man will darf man sie an eine beliebige Stelle der Reiseroute setzen. Die
freigewordene Karte kommt auf einen beliebigen Ablagestapel. Nur wenn ein
Stapel keine Karte mehr hat, dann kommt die freie Karte zwingend auf den leeren
Platz, ansonsten kann man heiß begehrte Länderkarten taktisch schon auch einmal
verdecken. Es ist auch erlaubt, eine eben verdeckt gezogene Karte sofort wieder
offen abzulegen.
Das ist auch schon
die ganze Spielregel. Was noch erwähnenswert erscheint, ist, dass am Anfang und
am Ende der Route kein Schiff und kein Flugzeug sein darf. Ich hätte das
bedenken sollen, als ich meine Route plante, denn alles lief so toll, und
plötzlich landete ich mit meiner vorletzten Karte in Island! Da man dort nur
mehr per Schiff oder Flugzeug weiterreisen kann, hätte ich zumindest noch 2
freie Felder benötigt – Pech gehabt!
Wer glaubt, dass
seine Route fertig ist, muss „Europa Tour“ rufen. Vielleicht würde es „fertig“
auch tun, denn ich habe mich mehrmals gewundert, warum Spieler plötzlich den
Spieltitel nennen … Nicht ganz erklären kann ich mir allerdings die Tatsache,
dass 2 Spieler gleichzeitig fertig werden können, wenn doch immer nur einer am
Zug ist, aber immerhin wird hier für den zwar in meinen Augen niemals
auftretenden Fall bestens vorgesorgt – andere Spiele, bei denen das sehr wohl
vorkommt und in deren Spielregel das gänzlich unerwähnt bleibt, könnten sich
das hier ruhig zum Vorbild nehmen! Gewonnen hat man das Spiel natürlich nur
dann, wenn die Reiseroute der strengen Überprüfung der Mitspieler standgehalten
hat.
Unsere erste Partie
dauerte um einiges länger als die angeführten 30 Minuten, was aber daran lag,
dass wir alle wie Glucken auf unseren Karten saßen. Man muss durchaus auch den
Mut haben, die eine oder andere Karte mal zwischendurch auf den Markt zu
werfen, damit man sie später, wenn sie noch oder wieder verfügbar ist, wieder
aufnehmen und an anderer Stelle in der Route einsetzen kann, denn nur so lässt
sich die Reihenfolge der eigenen Karten auch vertauschen. Und man sollte sehr
sehr flexibel in der Reiseplanung sein. Man nehme, was kommt, wenn sich ein
Flugzeug anbietet, na warum nicht, aber wenn es nicht kommt, dann eben doch
über die Landesgrenze reisen? Dass die eine oder andere Reiseroute von der
logischen Seite her vielleicht etwas zu wünschen übrig lässt – ich reiste per
Flugzeug von Zypern nach Großbritannien und dann weiter nach Russland –, das
spielt für den Gewinn des Spiels keine Rolle, ein echtes Reisebüro würde das
wahrscheinlich ökonomischer planen.
Alle weiteren
Partien verliefen schon schneller, und ich muss sagen, es hat mir Spaß gemacht.
Das Spiel ist nicht schwer, aber man kann trotzdem ein bisschen Taktik
einbringen, wenn man seine Mitspieler beobachtet und sich dann überlegt, ob es
einem nun wichtiger ist, eine bestimmte Karte wegzugeben und zu riskieren, dass
der Nächste sie brauchen kann, oder ob man lieber darauf hocken bleibt.
Ich finde dieses
Spiel gut, und auch wenn es diesen Mechanismus des Umsteckens vielleicht auch
schon mal in der einen oder anderen Form gegeben hat, so wurde er hier dennoch
durch ein völlig neues Thema zu einem gänzlich neuem Spiel verarbeitet, das ich
jedem nur wirklich empfehlen kann. Und außerdem kann man ganz nebenbei auch
noch die eigenen Geographiekenntnisse in dem in den letzten Jahren doch etwas
veränderten Europa auffrischen!