Die Seidenstraße
Das Spiel:
Die Seidenstraße
Von Hartmut Kommerell
Laufspiel mit Ereigniselementen
2-7 Spieler ab 10 Jahren
Schmidt Spiele, 1998
60 - 90 Minuten
WIN-Wertung:
Die Seidenstraße AAA II U S h
Vergleichbare Spiele:
Ostindien Company, Piatnik (T)
Am Fuß des Kilimandscharo, HiG, (M)
Während der Spielwarenmesse in Nürnberg war
"Die Seidenstraße" einer der Geheimtips, immer wieder wurde es
erwähnt und von Schmidt auch groß herausgestellt. Also war ich besonders
neugierig, als es endlich da war und wir haben es sofort ausprobiert.
Der Untertitel verspricht Abenteuer zwischen Xi'an
und Venezia, dementsprechend stimmig ist das Schachtelcover gestaltet, ein
chinesischer Mandarin und ein venezianischer Handelsherr der Renaissance vor
ihren Palästen.
Der entsprechend gestaltete Spielplan im Inneren
zeigt eine Laufstrecke in Form eines S um zwei Szenen aus China und Venedig,
der Startfelder für Xi'an, dann 5 x 15 Felder, getrennt durch die orangen
Städtefelder Samarkand, Buchara, Bagdad und Byzanz und am Ende das Zielfeld
Venedig. Dazu noch eine Windrose mit den sieben Farben der möglichen Mitspieler
und eine Markierungsleiste für die Basare und am Rand des Plans rundum eine
Zählleiste für die Silberunzen, die jeder Spieler erzielt.
Spielziel ist nun, nach Eintreffen des ersten
Spielers in Venedig derjenige zu sein, der die meisten Silberunzen erzielt hat.
Silberunzen bekommt man, wenn ein Spieler ein Etappenziel, nämlich eine der
orange markierten Städte errecht, oder durch einen Basar oder durch die
Bewegungskarten.
Diese Karten sind das Herzstück des Spiels, sie
bestehen aus Basarkarten und den eigentlichen Bewegungskarten. Es gibt 7
identische Basarkarten, jeder Spieler bekommt zu Beginn eine dieser Karten und
legt sie offen vor sich hin, dazu eine Spielfigur und zwei gleichfarbige
Spielsteine. Einen davon setzt man auf die Zählleiste, beginnend mit 10
Silberunzen, den anderen legt man vor sich hin, damit man immer sofort erkennen
kann, wer welche Farbe spielt. Einer der schwarzen Steine kommt auf die Ziffer
1 der Basar-Markierungsleiste, die anderen beiden auf die Windrose und zwar wie
folgt: Startspieler wird der Spieler, der im Norden des Plans sitzt, die Steine
kommen nun in die Windrose auf seine Farbe und auf die Farbe seines linken
Nachbarn. Nun teilt man nach drei Bewegungskarten an jeden Spieler aus, sind es
weniger als sieben Spieler, werden die überzähligen Basarkarten vorher unter
die Bewegungskarten gemischt.
Beginnend mit dem Startspieler spielt jeder Spieler
eine seiner Karten, dies hat je nach Spielsituation verschiedene Auswirkungen:
Der eigene Kaufmann wird bewegt
Die Bewegung wird auf einen anderen Kaufmann bewegt
Ein Basar wird ausgerufen.
Am Ende des Zuges ergänzt der Spieler seine
Handkarten auf drei, falls nötig.
Die Karten enthalten alle Anweisungen wie z.B.
"Deine Landkarten sind ungenau. Du fällst um 300 Meilen (3 Felder) zurück.
Ein fremder Kaufmann deiner Wahl zieht dagegen 300 Meilen (3 Felder)
weiter."
Solange einschließlich der immer offen liegenden
Basarkarte nicht mehr als drei Karten vor einem Spieler liegen, kann dieser
entscheiden, ob er eine Karte auf seine Figur oder die Figur eines anderen
Spieler spielt. Karten aus der Hand werden immer auf die eigene Figur gespielt,
Karten vom Tisch können nur auf andere Spieler gespielt werden, und zwar nur
auf einen jener Spieler, deren Farben auf der Windrose mit dem schwarzen Stein
markiert sind. Danach wird der Marker auf das nächste freie Feld der Windrose
gesetzt.
Erreicht ein Spieler eine der Städte, bekommt er 10
Silberunzen, die anderen Spieler, die sich auf den 8 Feldern dahinter befinden,
bekommen die Punkte entsprechend der Markierung. Wer möchte, kann auch einen
Basar ausrufen: Er spielt seine Basarkarte und die drei voran liegenden Spieler
rücken - je nach dem der wievielte Basar es ist - Felder vor oder auch zurück
und bekommt Silberunzen, je später der Basar, desto mehr. Basarkarten, die im
Stapel auftauchen, werden beiseitegelegt, aber der Marker wird weitergerückt,
d.h. es kommt nicht jeder Spieler dazu, seinen Basar auszuspielen, denn es gibt
insgesamt nur 6 Basare.
Es gibt noch Regeln, die über den auf den Karten stehenden
Bedingungen stehen:
* Würde eine Karte in einer Bewegung von mehr als 10
Feldern resultieren, darf nur höchstens zehn Felder gezogen werden, würde sie
10 Felder Rückwärtsbewegung verursachen, darf sie zu diesem Zeitpunkt nicht
gespielt werden.
* Prinzipiell dürfen nur Karten gespielt werden, die
in einer Bewegung resultieren, bei Alternativmöglichkeiten darf die Alternative
ohne Bewegung nicht gewählt werden.
* Bei manchen Karten gibt es Gruppenregeln, die dann
gewählt werden können, wenn mehrere Figuren als Gruppe stehen, d.h. gemeinsam
auf einem Feld oder auf direkt benachbarten Feldern stehen.
Gibt es mehrere "Führende" oder
"Letzte", bestimmt der Ausspielende, wer betroffen ist.
Wenn der erste Spieler das Ziel erreicht hat,
gewinnt der Spieler mit den meisten Silberunzen.
Soweit die Spielregeln und die versprachen ein
interessantes Spiel mit vielen Möglichkeiten - die Wahl, aus der Hand vom Tisch
zu spielen, sich den Gegner aus zwei möglichen aussuchen können, den Basar nach
Belieben spielen, die Karten, die auf einen selbst gespielt werden könnten,
vorher zu kennen - sie liegen ja offen auf dem Tisch und wurden vorher schon
einmal gespielt.
Leider entspricht die Praxis gar nicht diesen
theoretischen Vorstellungen: Wir haben nie zu siebt gespielt, sondern waren
immer weniger, und trotzdem hat sich das Spiel fürchterlich in die Länge
gezogen, und jeder Spieler mußte viel zu lange auf seinen Einsatz warten. In
der Praxis hat man keine Chance, sich die gespielten Karten zu merken, bringt
auch nichts, denn man kann niemanden dazu bringen, sie auf einen selbst zu
spielen. Die meiste Zeit verbringt man damit, eine Karte zu finden, die man
überhaupt spielen kann, und dann sich selbst möglichst wenig damit schadet. Und
von Strategie oder Planung kann gar keine Rede sein, man kann eigentlich immer
nur dann, wenn man dran ist, die momentane Situation am Brett betrachten und
versuchen, eine möglichst gute Karte für sich selbst zu finden. Und während man
denkt, müssen alle anderen warten, und das hat sich in unseren Partien mit vier
und fünf Spielern wie gesagt schon schrecklich gezogen, ich möchte nicht
wissen, wie das bei sieben Spielern ist. Allianzen sind nicht auch nicht
wirklich möglich, weil ja durch das Spielen der Karten auf einen von zwei
Spielern, von denen man womöglich einer selbst ist und also nur einen
potentiellen Gegner hat, ein ziemlicher Zufallsfaktor ins Ziel kommt. Dadurch,
daß viele Karten mehrere Spielfiguren betreffen, z.B. "alle Figuren hinter
dir ziehen 5 Felder weiter" kann man auch nie damit rechnen, eine Position
noch zu haben, wenn man selbst dran kommt.
Das Spiel hat wirklich gute Ansätze, die Idee der
Bewegung mit den Karten an sich ist sehr gut, nur mit der Umsetzung hapert es,
und für den geübten Spieler ist das Zufallselement einfach viel zu groß -
schade um eine gute Idee in sehr gelungener Ausstattung. Vielleicht würde es
schon helfen, die Regel aufzuheben, daß eine Karte auf einen anderen Spieler
gespielt werden muß, sobald drei Karten ausliegen, und statt dessen für jede
Karte mehr als drei Karten eine Strafe in Form von 1 Silber Verlust pro Runde
einzuführen - das ließe ein bißchen mehr Planung zu, ohne das gesamte Spiel
groß zu verändern.