Cairo

 

Das Spiel:

Cairo

Geschicklichkeitsspiel

Für 2-5 Spieler ab 8 Jahren

Von Günter Burkhardt

Schmidt Spiele, 2002

 

Win-Wertung:

AA UUU II 3-4 (2-5) m

 

Was macht jemand, der um den Tisch wandert, sich zwischen zwei andere Spieler zwängt und dabei leise vor sich hinmurmelt, dass sein Ringfinger klemmt? Er baut eine Pyramide! Wer glaubt mir das hier nicht? Der soll sich gefälligst hinsetzen und Cairo spielen, obwohl sitzen nicht gerade zu den beständigen Tätigkeiten in diesem Spiel gehört. Naja, zugegeben, er baut keine Pyramide, er versucht sich das Baumaterial für eine Pyramide zu beschaffen.

 

Aber fangen wir von vorne an: Auf dem Plan liegt vor uns das Tal des Nil, an seinen Ufern finden sich verschieden große Bauplätze, mit je 2 Zahlen markiert, die kleinere ist immer die Hälfte der größeren, die größeren reichen von 20 bis 8, je kleiner der Bauplatz desto höher die Zahl. Der Nil selbst ist der Länge nach geteilt und hat auf stromaufwärts doppelt so viele Felder wie stromabwärts.

 

Jeder angehende Pyramidenbauer wird nun mit einem Schiff und 17 Bausteinen ausgerüstet, 15 davon sind kleine Würfel, einer ist ein großer Würfel und einer ist ein richtiger Würfel mit Augen von 1 bis 6. Und jetzt darf ich nicht würfeln und so viele Steine verbauen, nein, ganz und gar nicht – ich darf schon würfeln, wenn ich dran bin, und zwar mit dem neutralen Würfel. Das Ergebnis sagt mir nun, wie viele Felder ich mein Schiff nilaufwärts ziehen muss, besetzte Felder werden übersprungen, sagt die Regel, aber sie sagt mir nicht, ob man sie mitzählt oder nicht, das macht bei 6 Spielern und einer Gesamtanzahl von 12 Nilfeldern einen ziemlich gewaltigen Unterschied beim Vorwärtskommen bzw. bei der Position im Hinblick auf die Bauplätze.

 

Nun egal wie, mein Schiff hält an einer Uferstelle an, liegen in diesem Bereich, markiert durch Querlinien, Bausteine meiner Farbe herum, darf ich sie zurücktransportieren sprich zurück in meinen Vorrat nehmen, auch wenn es „brennende“ Steine sind. So heißen Steine, wenn sie genau auf einer Begrenzungslinie liegen. Habe ich noch Bausteine im Vorrat, muss ich nach dem Ziehen des Schiffes schnippsen, mit drei kleinen Steinen, oder den mir verbliebenen kleinen Steinen, oder mit dem großen Stein oder mit dem Würfel meiner Farbe.

 

Zum Schnippen lege ich einen Stein auf das Schiff und schnippe nun, ja womit? Mit dem Finger, der meiner Zugweite entspricht, 1= Daumen, 2 = Zeigefinger bis zu 5 = kleiner Finger, bei 6 habe ich die freie Wahl. Jetzt brauche ich mich nur mehr für einen Bauplatz entscheiden, auf dem mein Stein landen soll und die eventuell im Weg sitzenden Mitspieler bitten, kurz aufzustehen oder auszuweichen, damit ich mich und meinen gerade aktiven Finger ordentlich positionieren kann.

 

Und dann – schnipp! Mit mehr oder weniger Gefühl, ob mit oder ohne Zielwasser – wenn ich außerhalb des Spielbretts lande, kommt der Stein aus dem Spiel. Landet er irgendwo im Gelände, kann ich ihn auf dem Heimweg ja wieder einsammeln, und landet er womöglich in einem Bauplatz, ja dann könnte ich eine Pyramide bauen, wenn in diesem Bauplatz genügend eigene und fremde Steine dafür vorhanden sind. Für eine Pyramide braucht man 3, 5, 6, 10 oder 14 kleine Steine, der große Stein in einem Bauplatz der Würfel bringen nur Punkte bei der Abrechnung und werden nicht in Pyramiden verbaut.

 

Wir haben viel gelacht und viel geschnippst, allzu viele Pyramiden haben wir bei unseren Partien nicht zusammengebracht, denn man darf an bestehende Pyramiden anbauen, und wenn jemand eine Pyramide kaputt schnippt, darf man eine Ruine auch nicht weiter verwenden, nur lose einzelne Steine. „Brennende“ Steine allerdings darf man verwenden. Und wer gar ein Schiff umschnippt bei seinen Versuchen, der verliert sofort einen Stein aus dem Vorrat, und wer keine Steine mehr hat weil er sie zu temperamentvoll aus dem Plan geschnippt hat oder nicht heimbringen konnte, weil sein Schiff immer wo anders landete als die Bausteine herumlagen, ja der nimmt sein Schiff vom Plan und schaut zu, bis alle bis auf einen das gleiche Schicksal ereilt hat. Und dann wird gewertet, jeder Bauplatz einzeln. Wer die meisten Bausteinpunkte in einem Bauplatz zusammenbringt, bekommt die größere dort angeschriebene Zahl, der Spieler mit der zweithöchsten Menge die kleinere Zahl an Punkten gutgeschrieben. Einzelne kleine Bausteine im Bauplatz bringen einen Punkt, der große Stein 3 und der Würfel so viele Punkte wie Augen oben liegen. Steine in Pyramiden bringen dem Besitzer pro Stein so viele Punkte wie die Ebene der Pyramide, in der der Stein verbaut wurde.  „Brennende“ Steine zählen nur die Hälfte.

Bei Gleichstand entscheidet der am außerhalb am nächsten liegende Baustein der beteiligten Spieler, er kann auch in einem anderen Bauplatz liegen.

 

Alles in allem funktioniert das Ganze recht gut und lustig, wenn es auch ein paar kleinere Fragen gibt, so wie zählt man die Pfeile am Ende als Feld oder nicht – die Versuchung ist groß, man kann jedes Feld gebrauchen, wir hatten jedenfalls viel Spaß – ob allerdings das Urteil eines Spielers in unserer Runde „Das ist ein Spiel für junge Leute, die was erleben möchten“ der Fingergymnastik gerecht wird, wage ich zu bezweifeln.

 

Kurzum, ein nettes Spiel für eine gut aufgelegte Runde, die kleinen Regellücken lassen sich verkraften, die Ausstattung ist schön, die Grafik gelungen und wer unbedingt tüfteln will kann ja Probeschüsse machen, während die anderen dran sind.