PERLEN DER SPIELKUNST   AUS DEM MUSUEM

 

HUGO KASTNER EMPFIEHLT

ACQUIRe

Sid Sacksons 3M-Klassiker

 

Liebe Leserin, lieber Leser! Vor fast einem halben Jahrhundert hat die Firma 3M (Minnesota Mining and Manufacturing Company) mit ihren legendären Bucheditionen einem Genie der Spielewelt, dem damals noch völlig unbekannten, als Bauingenieur tätigen Sid Sackson, eine Bühne eröffnet, die bald mit Klassikern wie Bazaar, Monad, Venture, Sleuth oder Executive Decision gefüllt war – und selbstverständlich auch mit dem berühmtesten Werk des Altmeisters überhaupt: Acquire. Ohne Übertreibung darf ich behaupten, dass auch mich dieser Hotelkettenklassiker in meiner Entwicklung zum Spieleliebhaber enorm stark geprägt hat, wie wahrscheinlich auch zahlreiche andere Spielfreunde. Sackson hatte die Gabe, Spiele einladend, spannend und lebendig, dabei gleichzeitig einfach und eingängig zu komponieren. Das Österreichische Spielemuseum in Leopoldsdorf lädt Sie ein, die eine oder andere Ausgabe von Acquire persönlich zu testen. (Infos unter www.spielen.at).

Heute lässt mein Lichtkegel im Museum einen echten Evergreen der Spielhistorie aufleuchten: Sid Sacksons Wirtschaftsklassiker um Hotelketten. Keine Sorge, Sie müssen nichts vom Börsewesen verstehen, Sie brauchen auch keine Erfahrung beim Kauf und Verkauf von Aktien, und schon gar nicht gilt es, fundiertes Wissen über Gründerprämien, Wirtschaftsfusionen oder Ablöseprämien zu haben. Und doch spielen alle diese Begriffe in Sacksons Meisterwerk hinein. Allein, es genügen Hausverstand und Spielwitz – schon können Sie alle Hürden der nächsten Stunden meistern, egal mit welcher der vielen Ausgaben Sie spielen wollen. Seit meiner Jugend (ok, reifen Jugend) trage ich die reizvollen Namen „meiner“ Hotels mit mir herum: Airport und Festival (die billige Kategorie), Imperial, Luxor und Oriental (die Mittelklasse) sowie Prestige und Continental (5-Sterne, was sonst). Wer mehr Aktien von den einzelnen Ketten besitzt, wird im Fall einer Fusion belohnt, allerdings nur, wenn die entsprechende Hotelkette aufgelöst wird. Übrig bleibt ein mächtiges, das Gebiet (auf dem Spielbrett) dominierendes Hotelimperium, das allerdings erst am Ende des Spiels nochmals Prämien für Mehrheitsaktionäre abwirft. Dazwischen kann es schon mal vorkommen, dass ein Großaktionär knapp an Cash ist. Und damit haben wir auch schon den Witz bei diesem Aktientreiben: Entweder Sie beherrschen große Hotelketten oder Sie haben hohe Liquidität – beides spielt es a priori nicht. Und das Geld zerrinnt unter Ihren Fingern, glauben Sei mir. Außer es gelingt Ihnen, als größter oder zweitgrößter Aktionär auch noch so zwischendurch Prämien einzufahren. Dann werden Sie bald das wohlige Gefühl genießen, auf der Siegerstraße zu sein. Wer bei der Fusion leer ausgeht, dem bleibt immerhin die Hoffnung – denn bis zuletzt werden immer wieder Hotelsteine nachgezogen. Und manchmal ist eine wahre Perle dabei – pardon: ich meine ein lebensnotwendiges Fusionssteinchen. Dann kann sich das Spiel schon mal drehen. Der Rausch des wahren Glücksgefühls ist in diesen wunderbaren Momenten garantiert. Aber Sackson hat sogar weiter gedacht. Fusion ist nicht gleich Fusion – es kommt vor allem auf das richtige Timing an. Gefühl und Intuition sind also ganz besonders gefragt – ganz wie beim echten Börsegeschehen. Die Wallstreet lässt grüßen! Letzter Tipp: Ein Showdown am Ende, also ein genüsslich zelebriertes Einwerfen der während der Transaktionen akquirierten Geldscheine in einen zentralen Pott … langsam, einzeln, Scheinchen für Scheinchen – und Sie werden immer wieder zu diesem Spiel greifen.            

Hugo.Kastner@spielen.at

 


EMPFEHLUNG # 7

Autor: Sid Sackson

Vertrieb: Fachhandel

Preis: ca. 40 €

Verlag: Avalon Hill

Internet (Aktionskarten):

http://www.hall9000.de/rezi.pl?spiel=acquire

Spieler: 2-6

Alter:    12+

Dauer: ab 60

 

OOOOOOOOOO

Glück             Bluff                Logik

Glück, Bluff und Logik halten sich bei Acquire wohltuend die Balance, zumindest bei annähernd gleicher Spielerfahrung über längere Matchserien. Da die Platzierungssteine verdeckt gezogen und auch verdeckt bereitgehalten werden, besteht vom ersten Augenblick an ein Gefühl der Beeinflussbarkeit und Steuerungsmöglichkeit, vor allem, wenn mit den fünf speziellen Aktionskarten gespielt wird. (Darauf bezieht sich auch obige Wertung.)      

Hugos BLITZLICHT

Acquire ist ein Spiel, das immer wieder auf den Tisch kommen wird. Die verzahnten Hotelkomplexe, die schon optisch ein ansprechendes Bild ergeben, die permanente Hoffnung auf Nachziehen des entscheidenden Fusionssteins, der starke Moment einer gelungenen Aktion – man ist vom Setzen des ersten Hotels weg gefangen vom bunten Geschehen auf dem 12x9-Raster.   

Hugos EXPERTENTIPP

Zwei Tipps für ernsthafte Börsianer: (1) Acquire wird wahrlich herausfordernd, wenn Sie mit den von Sackson selbst entworfenen Aktionskarten (fünf pro Spieler) ans Werk herangehen. Die ’97er-Ausgabe von Schmidt enthält diese Karten bereits im Basisset. Bei anderen Ausgaben empfehle ich einen Blick ins Internet. (2) Versuchen Sie mal ein Teamspiel, zwei gegen zwei (oder drei gegen drei), am besten ohne Absprachen während der Partie. Der Glücksfaktor wird dadurch beträchtlich reduziert, die Freude verdoppelt und … Acquire zum echten Hotelketten-Thriller.

VORANKÜNDIGUNG

DAMPFROSS

Wie auf Schienen zum Erfolg …!