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Spezial                 2 vi

 

Zivilisationen entwickeln

 

7 Wonders

 

Weltwunder oder Kasernen bauen?

 

Jedes Jahr in Essen gibt es ein Spiel, das die Spieleszene aufrührt, den Alltag der Spieler durcheinanderbringt und sie in eine durchaus erwartete, fanatische, kuriose Paroxie der Vorerwartung vor der Spiel verfallen lässt: Unmengen von Vorbestellungen, das Rennen um das letzte Exemplar, Vorschauen mit dem Attribut „Das ist das neue Puerto Rico“ – oft ist es nur ein kurzes Feuerwerk so wie für Duck Dealer oder Khronos – schnell in Vergessenheit geratene Titel, oder Titel die wieder in die große Masse guter, aber nicht außergewöhnlicher Spiele eingliedern. Und dann wieder – manches Mal – begegnen wir Hinweisen auf Originalität und Aussagekraft so wie bei Dominion oder Agricola.

Dieses Jahr war 7 Wonders der Auslöser des „kollektiven Irrsinns“, die spezielle Auflage von 777 Exemplaren war wie üblich schon durch Vorbestellungen ausverkauft.

 

Ich persönliche finde 7 Wonders sehr interessant und originell mit einem einzigartigen Mechanismus, der viele Facetten hat. Ich halte es nicht für das absolute Meisterwerk, aber es ist sicherlich eines der besten Spiele in der Kategorie, in die es hineingehört. Aber welche Kategorie ist das, wo 7 Wonders eingeordnet werden sollte? Liest man die Regel und schaut sich Thema und Hintergrundgeschichte an, ist man mit einem Spiel konfrontiert, das sich mit der Entwicklung von Zivilisationen beschäftigt und wir alle wissen, das solche Spiele sehr selten vernünftige Spieldauer haben. Demgegenüber kann 7 Wonders ganz leicht in 30 bis höchstens 45 Minuten gespielt werden – erfahrene Spieler schaffen es wirklich sehr schnell, sogar im Spiel mit 6 und 7 Spielern. So gesehen ist es eigentlich ein  „Zwischendurch-Spiel“ der Extraklasse und in dieser Kategorie ist es absolut ausgezeichnet!

 

In den mehr als 20 Spielen, die ich bisher gespielt habe, und das mit 3, 4, 5 und 6 Spielern, hatte ich nie ein Gefühl der Langeweile oder von sich wiederholenden Spielabläufen und sehr oft waren wir bei Spielende absolut bereit, gleich noch einmal zu  spielen.

Die Spieler sollen eine Zivilisation aufbauen, die sich in drei Zeitaltern entwickelt. Jede dieser Zivilisationen wird durch eines der Sieben Weltwunder repräsentiert, jedes davon hat spezielle Eigenschaften und Kräfte. In jedem der drei Zeitalter bekommt jeder Spieler sieben Karten. Eine Runde ist sehr einfach und schnell gespielt, sie besteht praktisch nur in der Wahl, welche der Handkarten man gleichzeitig mit allen anderen Spielern verdeckt auslegt. Hat man dies erledigt, gibt man in Zeitalter I und II die restlichen Handkarten an den Spieler zur Linken weiter, in Zeitalter II gehen sie an den Spieler zur Rechten. Bevor dieser sie aufnimmt, führen alle gleichzeitig die durch die Karte festgelegte Aktion aus, das kann sein: Den Bau errichten, eine Ausbaustufe des Wunders bauen oder die Karte abwerfen um 3 Münzen zu bekommen. Die jeweiligen Kosten müssen bezahlt werden. Sind alle Aktionen abgewickelt, nehmen die Spieler die Karten auf.

Dies wird wiederholt, bis alle Spieler 6 Karten gespielt haben, die siebente Karte jedes Zeitalters wird abgeworfen. Am Ende jedes Zeitalters wird dann eine Wertungsphase der Konflikte absolviert, jede Spieler vergleicht die Anzahl Schilde auf ihren militärischen Bauten mit jenen der beiden benachbarten Städte: Bei höherer Anzahl bekommt man einen Siegpunktmarker des Zeitalters, bei geringerer Anzahl einen Niederlagenmarker für das Wunder-Tableau. Nach den 3 Zeitaltern zählt man einfach die Punkte und wer die meisten hat, gewinnt.

 

Das Spiel ist für mich aus zwei Gründen hervorragend: Das Spieltempo und die Mechanismen, die sich auf „Nachbarschaft“ beziehen. Das Tempo kommt natürlich aus dem Mechanismus der gleichzeitigen Kartenwahl und der Tatsache, dass jede Karte dreifach einsetzbar ist, Errichten des abgebildeten Baus, als Marker für eine Ausbaustufe des Wunders oder Abwerfen für 3 Münzen. 7 Wonders ist ein Spiel, dessen Verlauf sehr durch die Sitzreihenfolge am Tisch beeinflusst wird – was normalerweise als Fehler bei den Mechanismen gilt, ist hier ein besonders herausragendes Spielelement. Die Nachbarschaft kommt in drei verschiedenen Aspekten zum Tragen: Das Weitergeben der Karten, die Verwendung von Rohstoffen  und den Konflikten. Offensichtlich erfordert das Weitergeben und Bekommen von Karten in jeder Runde ein Bewerten und Berücksichtigen der Strategien des Sitznachbars:

Welche Karten kann ich ihm geben?

Für ihn ist diese Karte sicher wertlos und er wird sie mir geben?

Noch interessanter ist der Mechanismus der Ressourcen: Um Bauten, Entwicklungen oder Technologien zu errichten braucht man oft Rohstoffe. Jeder Spieler beginnt mit einem solchen Rohstoff, hat die Rohstoffe gespielter Karten und kann gegen Bezahlung Rohstoffe der Nachbarn nutzen: Wenn mein rechter Nachbar Holz hat, kann ich ohne eine Runde und eine Karte zu verschwenden für das benötigte Holz bezahlen. Die Kriege werden ebenfalls wie schon erwähnt, in 7 Wonders, in Nachbarschaftsbeziehungen abgewickelt, am Ende jedes Zeitalters werden die eigenen militärischen Werte mit denen der Nachbarn verglichen und bringen Plus- oder Minuspunkte je nach Sieg oder Niederlage, wenn man stärker oder schwächer als der Nachbar ist.

Im Kartendeck gibt es Rohstoffe (braun), Manufakturprodukte (grau), Forschungsgebäude (grün), Profanbauten (blau), Handelsgebäude (gelb), Militärische Bauwerke (rot) und Gilden (violett). Die Rohstoffe dominieren im ersten Zeitalter und sind auch im zweiten vorhanden, die Gilden kommen nur im dritten Zeitalter vor. Militärische Einrichtungen genauso wie Handelsgebäude und Profanbauten verbessern die Möglichkeiten in den weiteren Zeitaltern.

 

Schauen wir uns an, wie das Spiel im Detail verläuft. 7 Wonders ist ein Kartenspiel und abgesehen vom Tableau  (ein kleines Spielbrett für jeden Spieler, und tatsächlich eines der Wunder), Goldmünzen und den Sieg/Niederlage Markern für die Konflikte wird alles mit den Baukarten erledigt. Jeder spielt 18 Karten im ganzen Spiel (je 6 pro Zeitalter) und muss das Beste daraus machen. Zu Beginn ist es wichtig und hilfreich Rohstoffe zu spielen, mit denen man später leichter andere Bauten und Gilden errichten kann, aber man soll das nicht übertreiben und sollte immer daran denken, dass man Rohstoffe auch von seinen Nachbarn erwerben kann. Viele Karten verlangen Rohstoffe, man muss sie haben oder kaufen. Die Rohstoffe gehen niemals verloren oder werden verbraucht, und jeder Rohstoff kann in einer Runde dreimal verwendet werden – einmal vom Spieler selbst und je einmal von jedem seiner beiden Nachbarn. Die Handelsgebäude stellen oft wirtschaftliche Vorteile, zum Beispiel Geld, zur Verfügung oder erlauben, Rohstoffe vom Nachbarn zu reduzierten Preisen zu kaufen. Profanbauten bringen am Spielende Siegpunkte und die Militärgebäude dienen nur zur Bestimmung von relativer Stärke am Ende des Zeitalters. Den Krieg mit einem Nachbarn zu gewinnen, bringt 1, 3 oder 5 Punkte in Zeitalter I, II oder III. Alle Kriege zu gewinnen bringt 18 Siegpunkte, absolut nicht genug um ein Spiel zu gewinnen, in dem der Sieger oft mit mehr als 40 Punkten triumphiert.

Einige Einrichtungen sind eine Voraussetzung für die Entwicklung anderer Einrichtungen, was im Spiel dazu führt, dass man Karten spielen kann ohne die nötigen Rohstoffe zu haben. Die grünen Forschungsgebäude in drei verschiedenen Arten bringen am Ende Siegpunkte auf ganz spezielle Art: 1, 2, 3 oder 4 Karten derselben Technologie ergeben 1, 4 9 oder 16 Siegpunkte und man kassiert einen Bonus von 7 Siegpunkten für jedes Set dreier verschiedener Technologien. Das Spiel enthält eine Riesenauswahl an Details und Wahlmöglichkeiten – Rohstoffe, Interaktion mit den Nachbarn, die Entwicklungskurve, das militärische Wettrüsten – und das all in einem Spiel das nach 30 bis 45 Minuten durchgespielt ist.

 

Noch etwas zu den Wundern – jedes Wunder im Grundspiel hat drei Ausbaustufen. Die erste und die dritte sind für alle gleich, mit 3 und 7 Siegpunkten, aber die 2. Stufe bringt Abwechslung ins Spiel. Und jedes Wunder bringt noch Sonderfähigkeiten mit, die das Spiel etwas „komplexer“ machen!

 

Für mich ein großartiges Spiel und ein Mechanismus, den wir hoffentlich noch öfters angewendet sehen werden.


Spieler         : 3-7

Alter            : ab 13 Jahren

Dauer           : ca. 30 min

 

Autor           : Antoine Bauza

Grafik          : Miguel Coimbra

Titel englisch          : ident

Preis            : ca. 35,00 Euro

Verlag          : Repos / Asmodee 2010

                     www.rprod.com

 

Genre                    : Aufbauspiel mit Karten

Zielgruppe             : Für Experten

Mechanismen         : Karten bestmöglich nutzen

 

Kommentar:

Tolle Ausstattung und Grafik

Enorme Spieltiefe bei geringer Spieldauer

Sitzreihenfolge als positiver Spielmechanismus

 

Vergleichbar:

Erstes Spiel in dieser Art, manche Mechanismen wie Mehrfachnutzung der Karten bekannt, z.B. aus San Juan

 

Atmosphäre: 6

 

Andrea Ligabue:

Von der Länge her ein „Füller“, vom Spielerlebnis ein großartiges Spiel, welch fantastische Kombination.

 

Zufall                           

Taktik                  2

Strategie__                  3

Kreativität          

Wissen_              

Gedächtnis          3

Kommunikation  

Interaktion                   3

Geschicklichkeit 

Action