Pueblo

 

Das Spiel:

Pueblo

von Michael Kiesling und Wolfgang Kramer

2-4 Spieler ab 10 Jahren

Dauer ca. 30 Minuten.

Ravensburger, 2002-08-27

 

WIN Wertung:

** G SS II UUU AA 2-4 (2-4) m

 

Pueblo – spanisch – heißt Dorf, Volk, Ortschaft, und bei uns sind eher die damit verbundenen Gebäude bekannt. Quadratische und rechteckige Bauten, die übereinander angeordnet wurden, die ersten Pueblos werden auf das 10. Jhdt. n.C. datiert. Wenn man es genau betrachtet, waren es die ersten Wolkenkratzer, wenn auch ein wenig kleiner. Die Indianer in Arizona und Neu Mexiko haben es so hervorragend verstanden, in einen miteinander verbundenen Gebäude bis zu 1200 Menschen in 800 Räumen unterzubringen, daher kommt auch der Ausdruck Einhausdörfer. Praktisch betrachtet entstanden diese Bauten aus verteidigungs-technischen Gründen, da diese Komplexe einen Angriff besser standhielten und durch die Höhe die Eigenschaft einer Burgmauer hatten. Zu den bekanntesten in Pueblos lebenden Indianer zählen die Zuni, Taos, Hoppi und Navajos. Für besonders Interessierte sei erwähnt, dass es 70 Meilen nördlich von Santa Fe das wahrscheinlich älteste Dorf der USA, Taos Pueblo, im ursprünglichen Zustand zu besichtigen gibt. Es wurde 1992 von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt.

 

Diesen Thema hat die Fa. Ravensburger ihr neues Spiel Pueblo gewidmet. Wenngleich es im Vorfeld anders heissen sollte - nämlich Kasbah. Das Titelbild zeigte Lehmbauten aus dem Fernen Osten und im Vordergrund sah man einen mit Turban geschmückten Araber. Dann kamen die Ereignisse des 11. September und es wäre, kaufmännisch betrachtet, falsch gewesen, mit diesen Thema und der Aufmachung auf den Markt zu kommen. Der Erfolg des Spieles wäre sicher ausgeblieben. So hatte man sich kurzerhand entschlossen, den Namen und die Aufmachung auf die andere Seite des Erdballs zu versetzen und so entstand Pueblo, das meiner Meinung besser zum Thema passt.

 

Pueblo ist ein Bauspiel, keines der klassischen, sondern die beiden Autoren Michael Kiesling und Wolfgang Kramer haben sich einige neue Mechanismen einfallen lassen und dadurch gestaltet sich das Spiel so interessant. Ein Pueblo ist zu bauen und der Auftrag für die Bauarbeiten wird bis zu 4 Baumeistern übertragen. Es soll sich aber keiner in den Vordergrund drängen und das Gebäude mit seiner Farbe bestimmen. Der Häuptling, der den Auftrag vergibt, kontrolliert dies ständig und sobald einer der Baumeister zu sehr dominiert wird er vom Häuptling bestraft. Nur derjenige mit den wenigsten Strafpunkten wird zum Sieger erkoren.

 

Die Schachtel ist in einem Format von 31x31x6 cm und stellt auch uns Sammler vor kein unlösbares Problem, die bringen wir schon irgendwo in unserer Sammlung unter. Geschmückt mit indianischen Verzierungen und Malerien, in Erdfarben gehalten präsentiert sich die Schachtel und vermittelt dabei auch eine gute und ruhige Stimmung. Der Spielplan hat in der Mitte eine quadratisch Fläche, dies sind die Bauplätze, mit 8x8 Feldern, die wiederum in 4 gleichgroße Teile unterteilt ist. Rundum diese Plätze läuft eine Leiste, auf der sich der Häuptling bewegt. Natürlich, wie kann es anders sein, es gibt auch eine Kramerleiste. Diesmal aber nicht am Spielplan, das hätte zuviel Verwirrung in das Spielgeschehen gebracht, sondern auf einem seperaten Zählplan. Der Häuptling wird auf ein Eckfeld seiner Laufleiste gestellt und jeder Spieler legt einen Zählstein auf die Kramerleiste. Nein, ihr dürfte nicht bei 90 beginnen, alle fangen bei null an. Entsprechend der Spieleranzahl erhält jeder Spieler farbige und neutrale Bausteine. Bei vier Spielern sind das 5 farbige und 4 neutrale. Die Bausteine sind der Schlüssel des Spieles und sie machen es so interessant. Es handelt sich dabei um eine Art dreidimensionale Quartominos, das sind 4 Würfel so angeordnet, dass jede Seite 3 quadratische Flächen aufweist. Besser veranschaulichbar wenn man die nebenstehende Abbildung betrachtet. Jeder Spieler stellt aus einem farbigen und einem neutralen Baustein einen Block zusammen. Der übriggebliebene farbige Baustein ist zugleich der Startstein.

 

Im ersten Zug muss der Spieler immer den einzelnen farbigen Baustein setzen, danach kann er sich entscheiden ob er einen farbigen oder einen neutralen nimmt. Wie immer er sich entscheidet, im nächsten Zug muss dann der andere Stein des Blocks verbaut werden und somit ist das Spiel nach 9 Runden zu Ende. Nachdem gebaut wurde, wird der Häuptling noch um bis zu 4 Felder gezogen. Gleich zu Beginn ein Tipp von mir: Den ersten Baustein so setzen, dass der Häuptling mit einem Zug über 4 Felder an den Baustein vorbeigeht, ansonsten hat man das Spiel schon zu Beginn verloren.

 

Die Bauvorschriften besagen, dass nur innerhalb des 8x8 Feldes gebaut werden und auch in höheren Ebenen kein Teil der Steine über den Rand ragen darf. Die Höhe und die Form des Pueblos bleibt den Baumeistern überlassen und die Steine dürfen beliebig gedreht und gewendet werden. Wenn ein Baustein gesetzt wird, dann müssen immer drei Flächen einer Seite aufliegen, entweder auf der Spielfläche oder auf anderen Bausteinen, Hohlräume dürfen nicht entstehen. Der Häuptling wird anschließend um 1 bis 4 Felder gezogen. Auf diesem Feld wird überprüft, welche Flächen sichtbar sind. Dabei wird immer geradeaus auf das Pueblo gesehen und für jede farbige Fläche dieser Reihe gibt es Strafpunkte. Ein Farbfeld in der ersten Ebene bringt einen, der zweiten zwei, der dritten drei Punkte usw. Sollte der Häuptling auf ein Eckfeld gezogen werden, wird das Viertel - ich habe bereits erwähnt, dass das Spielfeld so geteilt ist - von oben betrachtet und für jede sichtbare farbige Fläche gibt es wieder einen Strafpunkt.

 

Wenn der letzte Stein gesetzt wurde und der Häuptling seine Kontrolle dazu durchgeführt hat, wird er danach nochmals einmal um das gesamte Spielfeld herumgeführt und jedes Feld seiner Laufleiste wird einmal gewertet. Der in der Schachtel befindliche Chip ist hilfreich, indem man ihm auf den Ausgangspunkt des Häuptlings legt. Wer nach dieser Schlusswertung die wenigsten Punkte hat, gewinnt das Spiel.

 

In der Profiversion, in der auch die Grundregeln gelten, werden zu Beginn von jedem Spieler zwei Blöcke, das sind 4 Bausteine, zur Seite gelegt. Diese werden für den zweiten Spielabschnitt benötigt. Es wird vereinbart mit wievielen Kultstätten, das sind Plättchen die im rechten Winkel über drei Felder gelegt werden können, gespielt wird und wo sie auf der Spielfläche platziert werden. Je mehr Kultstätten im Spiel sind umso schwieriger wird es, denn auf diesen Feldern darf nicht gebaut werden. Die Zugreihenfolge wird zu Beginn des Spieles und auch wieder nachdem alle Spieler die Bausteine des ersten Abschnittes verbaut haben, versteigert. Nach der zweiten Versteigerung werden die beiseite gelegten 2 Blöcke verwendet. In der Versteigerung werden Strafpunkte geboten, die werden natürlich hinzugerechnet und nicht abgezogen.

 

Die Variante Abbau kann mit der Grundversion, aber auch mit der Profiversion gespielt werden. Bei der Profiversion sei erwähnt, dass vor dem Abbau die Zugreihenfolge nochmals versteigert wird. Nachdem das Pueblo fertig gestellt wurde und der Häuptling die gesamte Runde gewertet hat, entfernt der nächste Spieler einen Baustein. Es dürfen nur Steine der eigenen Farbe oder neutrale Steine genommen werden und sie müssen frei liegen. Sollte der Fall eintreten, dass ein Spieler keinen eigenen Baustein im Spiel hat, darf er auch keinen neutralen mehr abbauen. Unabhängig davon ob man einen Stein entfernt hat oder nicht, wird der Häuptling um 1 bis 4 Felder gezogen und diese Reihe wird gewertet. Die Siegbedingungen sind bei allen dreien Varianten gleich. 

 

Die Steine sind der Schlüssel des Spieles. Durch ihre Form hat man unzählige Möglichkeiten sie zu drehen, zu wenden und auch zu setzen. Kein Pueblo sah bisher gleich aus, jedes Spiel verlief anders und das ist auch der Reiz daran, es zu spielen und es wieder zu spielen. Ich habe seit Carolus Magnus, erschienen bei Winning Moves, kein Spiel mehr erlebt das mit sowenig Regelwerk soviel Spielspass erzeugt. Die Spieldauer von 30 bis 40 Minuten ist genau richtig um schnell noch eine Partie zu spielen oder die Abbauvariante anzuhängen, wobei dabei der Spielstand fast nicht mehr verändert wird.

 

Die Kombination Kiesling/Kramer mit Ravensburger hat schon in der Vergangenheit gezeigt, dass so gute Spiele entstehen können. Man kann den Autoren und auch dem Verlag nur gratulieren. Sie haben es sehr gut verstanden ein Thema in das Spiel einfliessen zu lassen, damit es nicht aufgesetzt wirkt. Die Gestaltung der Schachtel und des Materials ist sehr stimmig und passt sich dem Spiel ausgezeichnet an. So sehr ich auch Vorliebe für Holz im Spiel habe, so habe ich doch Verständnis dafür, das die Bausteine aus Kunststoff gemacht wurden. Holz wird mit der Zeit rauh, wie wir bei Jenga die Erfahrung gemacht haben, und dadurch reiben sich die Flächen und man verschiebt ständig andere Bausteine. Das wäre bei Pueblo schlecht und so sind glatte Kunststoffbausteine besser einsetzbar.

 

Die Regel lässt, wie soviele andere bei Ravensburger, keine Fragen offen und ist leicht lesbar und leicht umsetzbar. Dieses Zusammenspiel aus leichter Regel, kurzer Spieldauer und einfacher Mechanismus machen Pueblo sowohl für Vielspieler als auch für Gelegenheitsspieler leicht spielbar und der Spielspass wird bei allen vorhanden sein. Ebenso ist es gleich gut für zwei, drei oder vier Spieler spielbar. Das können nicht besonders viele Spiele von sich behaupten. Selbst die Tüftler unter uns kommen auf ihre Kosten, können aber eine Partie Pueblo zu einem Marathon werden lassen. Eine Sanduhr oder eine Stoppuhr mit genauer Zeitvorgabe für jeden Zug ist hier hilfreich und auch anzuraten, denn sonst werden aus 30 Minuten sehr schnell 60 und dann verliert man seinen Spass daran. Selbst wenn man den einen oder anderen Spieler dabei hat, der etwas länger braucht, so kann man die Zeit gut dazu nutzen, eine Runde um den Tisch zu machen. Vielleicht ergibt sich aus einer anderen Perspektive ein brauchbarer Zug. Ich habe eine Idee eines begeisterten Spielers aufgeschnappt und möchte sie euch gerne weitergeben. Wenn Ihr den Spielplan auf eine drehbar Scheibe, Servierscheibe, Tortenplatte oder ähnliches stellt, hat jeder Spieler die Möglichkeit sich in Ruhe alle Seiten genau zu betrachten um den richtigen Zug zu finden. Ich kann abschliessend nur nochmals zu diesem ausgezeichneten Spiel gratulieren und freue mich schon auf die nächsten geistigen Ergüsse der beiden Autoren und des Verlags Ravensburger.