Minos
MINOS x 2 - Die dritte Doublette
Und wieder hat ein Spiel
gleich zwei Anhänger gefunden, die es besprechen
wollten, ich freue mich,
dass heuer so viele Spiele von so vielen als besprechenswert empfunden werden,
vielleicht liegt auch ein Grund für die derzeit eher häufigen Sterne.
MINOS
Minos
von
2-4 Spieler
1992, Ravensburger
The first
Flying Turtle born in captivity
- Die erste in Gefangenschaft geborene Flying Turtle, so kündigte uns "Big
Bad Wolf"
Nachdem "Civilisation" schon immer zu meinen Lieblingen gehört
hat, war ich natürlich bei den Ersten, die sich auf "Minos"
stürzten, als es auch tatsächlich vorlag. Beim Öffnen der Schachtel stellte
sich gleich ein gutes Gefühl ein: Großer Spielplan, der den Mittelmeerraum
zeigt (Das Meer ist in Gebiete eingeteilt, an den Küsten sind Siedlungsplätze,
die durch Wege verbunden sind, eingezeichnet), dicke Kartonchips, die Münzen
darstellen sollen, kleine Plastikgebäude in vier Farben, Spielfiguren, die
Wächter und Schiffe repräsentieren, Markierungssteine, ein Satz schwarzer Ringe
(die aus "Chicago") und sechs Sonderwürfel. Seit langem das erste
Spiel der Firma, das sich nur schlecht in einer kleineren Schachtel
unterbringen ließe. Alles in allem sehr solide und optisch ansprechend.
Ziel des Spieles ist es,
sein Volk an den Küsten des Mittelmeeres heimisch zu machen und ein Imperium
aufzubauen. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, denn zunächst schwimmt
von jedem Spieler nur ein kümmerliches Schiffchen im Meer herum und die 25
Talente (=Geld) Startkapital machen das Kraut auch nach unbedingt fett.
Ausnahmsweise beginnt der älteste Spieler und würfelt mit den sechs
Sonderwürfeln. Ist er mit dem Ergebnis nicht zufrieden, so kann er bis zu
zweimal nachwürfeln, wobei er beliebige Würfel liegen lassen kann (genau wie bei
"Escalero-Poker"). Das Ergebnis ist dann
die Grundlage für den eigenen Zug. Die sechs Symbole haben unterschiedliche
Bedeutung: Die Waage ermöglicht Einkommen analog zu den bereits errichteten
Gebäuden; das Gebäude ermöglicht weitere Bauten (für die aber dennoch bezahlt
werden muss); die Möwe gibt Bewegungspunkte, und für den Pfeil erhält man einen
Kampfring. Dazu gibt es noch
Mit einem Bewegungspunkt
kann man entweder sein Schiff um ein Feld weiterbewegen, oder in einen Hafen
ein- bzw. aus einem Hafen auslaufen oder einen Wächter (sobald vorhanden) ein
Feld weit auf der Straße bewegen.
Hat man ein Schifff oder einen Wächter auf einem Siedlungsplatz und ein
Baurecht erwürfelt, so darf man ein Gebäude errichten. Leider wird die
Verwirklichung neuer Bauvorhaben immer aufwendiger und teurer: Muss man für das
erste Haus fünf Talente bezahlen und ein Baurecht erwürfelt haben, so kostet
das zweite zwölf Talente und zwei gewürfelte Baurechte, das dritte 18 Talente
und drei Baurechte und das vierte 25 Talente und - richtig - vier Baurechte
(danach ist Schluss). Gebäudetypen gibt es vier: Hat man zwei Wohngebäude auf
einem Siedlungsplatz, so darf man dort jede Runde einen Wächter kaufen, für
zwei Hafengebäude erhält man das Recht zum Schiffsbau. Handelshäuser tun
spieltechnisch nichts, bringen aber das doppelte Einkommen und Stadtmauern
verdoppeln den (finanziellen} Wert einer Siedlung (eine Stadt mit vier Gebäuden
muss eine Stadtmauer besitzen). Der augenblickliche Stand der Gebäudewerte wird
auf einer Zahlleiste am Spielfeldrand markiert. Dies ist auch gleichzeitig das
Einkommen pro gewürfelter Waage. Als Belohnung für das erste Gebäude erhält man
einen Wächter geschenkt, der in der Siedlung platziert wird.
Treffen Schiffe oder
Wächter unterschiedlicher Zugehörigkeit aufeinander, so kommt es zum Kampf.
Angreifer und Verteidiger würfeln jeweils mit allen Würfeln, der Unterlegene
nimmt eine Einheit vom Brett. Ganz so einfach ist es aber nicht, denn erstens
zählen die Symbole unterschiedlich viele Punkte (3-2-1-0- O- Würfel scheidet
aus, 3+2+1=10) und zweitens kann man durch den Einsatz von Kampfringen das
Ergebnis verbessern, indem man für jeden abgegebenen Ring einmal nachwürfeln
darf.
Soweit die (stark
vereinfachten) Regeln von Minos. Das Spiel ist zu
Ende wenn jedes Siedlungsgebiet bebaut wurde und insgesamt mindestens zwei
Städte entstanden sind. Der Spieler mit dem höchsten Gebäudewert gewinnt.
So weit, so gut. Eine runde
Sache. Könnte man nach den ersten Partien sagen und sich zufrieden
zurücklehnen. Leider ist dem aber nicht so: Bei genauerem Hinsehen entdeckt man
einige Ecken und Kanten, die offensichtlich entweder Übersehen wurden oder für
deren Abschleifen die Zeit zu kurz war (Ravensburger ist immer sehr fix bei der
Auslieferung der Neuheiten).
Zunächst fällt es auf, dass
durch die Regel, dass alle Siedlungsgebiete bebaut
sein müssen, ein Spieler
durch massive Blockade eines einzelnen Gebietes das
Spielende praktisch solange
hinauszögern kann, bis er mit Bauwerten in Führung liegt. Dies lässt sich noch
mit konsequenten Angriffen einer Allianz aus den restlichen Spielern auf andere
Siedlungen des Saboteurs unterbinden, wenngleich eine solche Allianz sehr
brüchig ist und, konsequent gefischt, auch nicht funktionieren kann: Lässt man
das leere Gebiet dem Führenden, so gewinnt dieser praktisch sofort (ein
Baurecht ist schnell geworfen), was sicher nicht im Sinne der anderen ist,
andernfalls beginnt das Elend von vorne. Besser ist die Regelung, dass nur alle
Gebiete minus (Spieler-1 ) bebaut sein müssen, also bei vier Spielern alle
Gebiete bis auf drei.
Gravierender sind
allerdings zwei weitere Probleme: Der Spieler, der zuletzt an der Reihe ist,
hat praktisch keine Möglichkeit, sich ein sicheres, geschlossenes Gebiet in
einer Ecke zu suchen, weil die Vorgänger bereits alles besetzt haben, und
sofortige Konfrontation nutzt nur den Unbeteiligten. Er ist also praktisch
während des ganzen Spieles strategisch benachteiligt. Dafür habe ich momentan
kein Patentrezept auf Lager - falls eines auftaucht, werde ich berichten.
Außerdem hat ein Spieler, der in den ersten zwei Runden vom Würfelpech verfolgt
ist, praktisch nur zwei Möglichkeiten: sich gleich mit einem Platz unter ferner
liefen zu begnügen, oder extrem destruktiv zu spielen. Damit gewinnt er zwar
auch nicht, hat aber wenigstens Spaß an der Partie. Alles in allem hätte ein
weiteres halbes Jahr in der Entwicklung dem Spiel sicher nicht geschadet.
Diese Feinheiten fallen
allerdings nur Profis auf. Gelegenheitsspieler, denen
"Risiko" bereits
zum Hals heraushängt und die Shogun nicht kennen oder
sich nicht antun wollen, sind mit Minos gut bedient.
Zuletzt zur Versöhnung: Trotz der Probleme bin ich gerne bereit, auch weiterhin
Minos zu spielen - es gefällt mir einfach zu gut.
Noch zwei Details am Rande:
In der Spielregel steht richtig dass das Talent ein Kupferbarren mit einem
Gewicht von 29kg war. Im Spiel sind es dann aber Münzen in den Farben Bronze,
Silber und Gold. Und: Genauso wie "Civilisation"
ist "Minos" eigentlich ein Wirtschaftsspiel
- wir sagen's nur keinem.
WIN-Wertung:
* Minos
W SSS II AA D U K 4 (2-4) h
MINOS
Minos
Jean Vanaise
2-4 Personen ab 16 Jahren
Ravensburger, 1992
Minos, der Sohn des Zeus, war vor ca. 4000 Jahren König
von Kreta. In diesem Spiel geht es aber nicht darum, mit dem Minotaurus zu
kämpfen, diesem Jungfrauen und Jünglinge zu opfern oder gar Labyrinthe zu
durchstreifen, sondern darum, die älteste europäische Hochkultur zur Blüte zu
bringen. Bei diesem Spielziel denkt man unweigerlich an Spiele wie etwa "Civilization" oder "Mare Mediterraneum",
was durch die Betrachtung des Spielplans (eine Abbildung des Mittelmeerraums)
sicher noch verstärkt wird. Minos besitzt jedoch eine
ganz eigenständige Spieldynamik und ist spieltechnisch gesehen nicht mit den
beiden o.g. Spielen vergleichbar.
Öffnet man die Schachtel,
so bietet sich einem eine Menge Spielmaterial in gewohnter Ravensburger-Qualilät:
Neben dem bereits erwähnten Spielplan gibt es verschiedene Münzen (aus Pappe),
Kampfringe, Schiffe, Wächterfiguren, Markienungssteine
und stapelbare Gebäude (jeweils in vier Farben) sowie 6 Würfel. Der Spielplan
zeigt eine Karte des Mittelmeeres mit den umliegenden Ländern. Städte sind noch
nicht vermerkt, an ihrer Stelle befinden sich lediglich Bauplatze und
Anlegestellen fÜr die Schiffe. Die Wasserfläche ist
in Felder unterteilt, auf denen sich die Schiffe bewegen. Um den Spielplan
herum verläuft eine Werteskala: Gewinner ist derjenige, der am Schluß des Spiels am weitesten vorne auf der Skala steht.
Das Spiel endet in dem Augenblick, wo alle Bauplätze besiedelt sind und
mindestens 2 Städte entstanden sind.
Die Würfel bilden den
eigentlichen Motor des Spiels: Sie tragen verschiedene Symbole, die für
mögliche Aktionen stehen: "Baurechte" sind zum Bau von Gebäuden
notwendig, 5 Bewegungspunkte ermöglichen Bewegungen der Schiffe (oder Wächter)
um 5 Feler, "Kampfringe" sind bei
Konflikten sehr hilfreich und
"1 Einkommen"
ermöglicht den Einzug von Steuern in Höhe seiner Punkte auf der Werteskala.
Daneben gibt es noch 2 verschiedene Joker die man frei einsetzen darf. Damit
man aber nicht vom Würfelglück abhängig ist, darf man insgesamt bis zu 3x
würfeln (d.h. mit beliebig vielen Würfeln zweimal erneut würfeln). Erreicht man
einen Anlegeplatz, darf man - vorausgesetzt man hat auch ein Baurecht - das
erste Gebäude errichten. Dazu erhält man für jede Siedlung einmalig einen
Wächter der eigenen Farbe zur Markierung dea
Besitzes. Beim Bau kann man zwischen 4 verschiedenen Gebäuden wählen:
Hafengebäude und Wohnhäuser bringen je einen Punkt auf der Werteskala,
Handelsgebäude zwei und eine Stadtmauer verdoppelt den gesamten Wert nochmals.
Hat man mehrere Hafengebäude oder Wohngebäude in einer Siedlung, darf man sich
dort ein Schiff bzw. einen Wächter dazukaufen.
Die Preise für die Gebäude
steigen mit der Anzahl: Das erste Gebäude kostet 1
Baurecht + 5 Talente, das
zweite bereits 2 Baurechte + 12 Talente (usw.) Eine
Stadt ist dann fertig, wenn
sie 4 Gebäude hat, darunter eine Stadtmauer. Aber
auch der friedfertigste
Mensch kann nicht in Frieden leben, wenn es dem lieben
Nachbarn nicht gefällt. So
sind häufig Neid und Mißgunst der Anlaß
für Konflikte:
Diese werden dann durch
fremde Schiffe bzw. Wächter (über Land) hervorgerufen, die plötzlich vor der
Tür stehen und mal eben eine eigene Siedlung erobern
wollen. Hierzu gibt es ein
einfaches, aber gutes Würfel-Kampfsystem (mit 6 Würfeln), bei dem der Spieler
mit der höheren Punktezahl gewinnt- um diese zu erzielen, benötigt man die
Kampfringe, denn jeder Kampfring ermöglicht die Wiederholung eines
Würfelwurfes. Verliert man eine Siedlung, so wird deren Wertigkeit auf der
eigenen Werteskala abgezogen und dem Eroberer hinzugerechnet.
"Minos"
ist ein nicht allzu komplexes Spiel mit einer Spieldauer von etwa 2
Stunden. Es ist tendenziell
eher im Erwachsenenspiel-Bereich anzusiedeln, was auch die Altersangabe (ab 16)
deutlich macht. Leider fehlt dem sonst sehr
guten Spielmaterial eine
Übersicht über Preise, Waffensymbole etc., zudem hätte man für wenig mehr
Produktionskosten einen zusätzlichen Satz Würfel für die Konflikte beilegen
können, was diese wesentlich übersichtlicher gemacht hätte.
Trotz dieser
Verbesserungsvorschläge gefällt mir das Spiel aber sehr gut, es ist in sich
stimmig und hat keine Längen zwischendurch. Der Konfliktanteil ist
vergleichsweise niedrig, was eigentlich nicht so schlimm ist, aber zeitweilig
zu Lasten der Interaktion geht. Trotzdem bleibt "Minos"
meist bis zum Schluss spannend, da häufig ein sehr knapper Wettlauf zwischen
den Wertigkeiten der einzelnen Spieler stattfindet. So kann ich für Spieler,
die Spiele mit historischem Kontext mögen, eine dringende Kaufempfehlung
aussprechen, die anderen sollen es halt mal ausprobieren
WIN-Wertung:
* Minos
W SS A (2-4)