Jagd der Vampire

 

Jagd der Vampire

von Randolph/Obert /de Toffoli

2-6 Spieler

1991, Ravensburger

 

"Der greise Graf Dracula ist schockiert. Die Mitglieder seiner Vampirtamilie sind schon seit einiger Zeit auf Ketchup umgestiegen. Die süße, dickflüssige Gewürztunke schmeckt einfach besser, und hygienischer als Blut ist sie allemal!

 

"Unsizte, Verrat", tobt Dracula, jagt die Vampire aus dem Schloß und versteckt die große Tomate, den unerschöpflichen Quell allen Ketchups, in einem der düsteren Gruseltürme. Heute haben sich die Jungvampire versammelt, um dem Grafen das Machtsiegel der Neuzeit, die Tomate, zu entreißen. Wer sie als erster besitzt, wird Obervampir.

 

Soweit die Einstimmung auf eines der meistpropagierten Ravensburger-Spiele des heurigen Jahrganges. Zyniker behaupten, ursprünglich hätte man statt des Riesenparadeisers die Blutbank des Roten Kreuzes finden müssen, aber die moralischen Instanzen in der Spieleredaktion hätten sich quergelegt.

 

Das Spiel kommt in einer Schachtel der "Ave Caesar-Klasse mit ansprechender Titelgraphik. Öffnet man die Schachtel so findet man jede Menge Spielmaterial, praktisch durchwegs aus Plastik, vor, als da wären: Sechs Vampirtiguren (ca."Heimlich & Co- Größe), jede Menne Ketchupflaschen, zwei Brücken, zwei Würfel (1-1-2-2-3-3), einen Kartenspender mit Ereigniskärtchen in drei Farben, ein Paket Aktionskarten, fünf verschließbare Türme, vier Zwiebeln, ein Paradeiser, drei Kurzspielanleitungen und der Spielplan.

 

Dieser ist in gedeckten Farben gehalten und zeigt eine Gegend in Transylvanien mit Dorf, Schloß, Verlies und Straßen. Den Zeichnern gebührt großes Lob für dieses Werk. Allerdings - wie nicht anders zu erwarten - hätte das Spielmaterial auch in einer Schachtel der "Hase & Igel"-Klasse Platz gefunden. Die Spielregeln gehören zu jenen, die "watscheneinfach" sind, sich aber nicht um die Burg in wenigen Sätzen erklären lassen.

 

Ziel des Spieles ist wie schon angedeutet, den Riesenparadeiser zu finden. Dieser steckt in einem der fünf Türme, in den anderen befinden sich die Zwiebeln. Die Spieler erhalten jeweils drei Aktionskarten und vier Ketchupflaschen (Treibstoff). Es beginnt nicht, wie nach der Mode zu erwarten, der jüngste Spieler oder der Spieler mit den längsten Eckzähnen, sondern es wird ganz profan um den ersten Zug gewürfelt. Jeder Spieler, der an der Reihe ist, hat verschiedene Aktionen. Er bewegt seine Figur um ein bis drei Felder weiter (freie Auswahl, allerdings ist für das zweite und dritte Feld jeweils eine Ketchupflasche zu bezahlen), danach zieht er die oberste Karte vom Ereigniskartenstapel mit der Farbe des eben betretenen Feldes und befolgt diese; davor, danach oder dazwischen kann man bis zu drei Aktionskarten ausspielen. Diese ermöglichen es, sich weiter zu bewegen, eine Brücke zu setzen oder zu versetzen, einem Mitspieler eine Karte zu entwenden, Ketchup nachzutanken etc. Die Ereigniskarten wiederum lassen einen Ketchup gewinnen oder verlieren, Karten gewinnen oder verlieren, und die wichtigste Karte zeigt einen fliegenden Vampir. Dieser ermöglicht es, entweder in einen beliebigen Turm hineinzuspechteln, ob man diesen besuchen muß oder ob dort nur eine Zwiebel ist, oder sich auf ein beliebiges Feld derselben Farbe zu teleportieren.

 

Glaubt man, zuwenig Karten oder Ketchup zu besitzen, so darf man auch aussetzen und dafür nachtanken. Landet man nach einigem Hin und Her im Schloß, so muß man zunächst Eintritt in Form von Ketchupflaschen bezahlen, dann darf man zur feierlichen Eröffnung eines der Türme schreiten. Findet man ei ne Zwiebel, so muß man zwar kurzfristig ins Verlies, darf aber ab sofort vor jedem Zug eine Aktionskarte ziehen. Ist in die sem jedoch der Paradeiser, so ist das Spiel beendet. Soweit die - leicht gekürzten - Spielregeln.

Alles schön und gut. Die Regeln versprechen ein taktisches Spiel mit einigen Glücks- und einigen Memoryelementen, leider stimmt jedoch die Relation absolut nicht. Wenn jemand im ersten Zug die Ereigniskarte "Du verlierst drei Aktionskarten" erwischt, so braucht er lange, um sich wieder zu regenerieren. Da aber bei uns die kürzeste Padie genau vier Runden (ca. fünf Minuten) gedauert hat (und zwei Runden das theoretische Minimum sind), ist die Chance, daß so ein Unglücklicher überhaupt nicht mehr ins Spiel kommt, relativ groß. Abgesehen davon hält sich der Spielspaß auch sehr in Grenzen - keine meiner Spielrunden wollte das Spiel ein zweites Mal probieren.

Auch die Altersangabe ist nicht in Ordnung: Wohl um den Aufwand und Preis zu rechtfertigen, ist dieses Spiel "ab 10 Jahre" eingestuft. Allerdings: jeder durch schnittlieh belichtete Siebenjährige hat keine Probleme mit den Mechanismen. Weiters sind einige im Spiel auftretende Spezialfälle nicht durch die Spielregel abgedeckt.

Wäre man brutal, so könnte man sagen: "Zuviel Luft, zu teuer Löcher in der Spielregel, funktioniert nicht richtig". Ganz so einfach möchte ich es mir aber doch nicht machen. Also bleibt die Formulierung: ''Dieses Spiel hat interessante Einzelmechanismen, die jedoch kein homogenes Ganzes ergeben'. Das Spiel, das - wie übrigens zugegeben wird - einige Mechanismen vom Vorgänger "Drachenfels" (Schmidt) übernommen hat, erreicht leider nicht den Unterhaltungswert des Ahnen. Daher ist es aus meiner Sicht nicht zu empfehlen.

 

WlN-Wertung:

JAGD DER VAMPIRE WW S I M MM