Cash

 

Cash

von Wolfgang Kramer

und Jürgen P. K. Grunau

3-6 Spieler

1990, Ravensburger

 

"Ja, ja, da haben sich nun also vier ehemalige Gauner zusammengeschlossen, um ab und zu nochmals über ihre schräge Vergangenheit zu plaudern und die guten alten Zeiten zu beschwören. Inzwischen sind sie alle vier ehrbare und gesetzestreue Burger geworden. Um nicht ganz aus der Übung zu kommen, andererseits das Gesetz aber nicht zu verletzen, haben sie sich in einem Club zusammengeschlossen, in dem sie einmal jährlich in einem spannenden Club-Wettkampf den cieversten Tresor-Knacker unter sich ausmachen. Etwas ungewöhnlich sind die Club-Räume, denn wo sonst stehen schon 35 verschiedene Tresore in einem Raum? Unseren Herren dienen sie als Grundlage zu ihrem außergewöhnlichen Spielchen: wer beim Club-Wettkampf die meisten Tresore knacken und sich die wertvollsten Inhalte sichern kann, ist für ein Jahr der Ober-Gauner und Präsident des Clubs."

 

So lautet die Hintergrundgeschichte zum neuen Kartenspiel von Wolfgang Kramer und Jürgen Grunau. Verpackt ist es in eine Schachtel der "Hol's der Geier"-Klasse, was, wie beim eben erwähnten Spiel auch, absolut nicht notwendig gewesen wäre. Hübsch drapiert, mit viel Luft rundherum, finden sich in der Packung 125 Spielkarten, als da sind: 35 Tresorkarten, die eine Kombination aus vier Schlössern (rot, gelb, grün, blau - jede

mögliche Kombination ist vertreten) und eine Punktezahl zwischen vier und 16 als spielwichtige Elemente zeigen, 60 Karten, die je einen Schlüssel und einen Gauner (nur der Schlüssel wird fürs Spiel benötigt) darstellen und 25 Prämienkarten mit dem Wert 10. Die Graphik wurde von Erhard Dietl sehr ansprechend gestaltet - die vier Gauner (ein Engländer ein Franzose, ein Amerikaner und ein Italiener) sehen herrlich verboten aus. Die Qualität des Kartenmaterials ist gut, amerikanisch Mischen richtet keinen Schaden an.

 

Die Spielregeln sind in wenigen Sätzen erklärt. Sieben der 35 Tresorkarten werden offen ausgelegt, die Schlüsselkarten nach Farben getrennt gestapelt. Jeder sucht sich vier Schlüsselkarten als Grundstock aus und der älteste Spieler beginnt (seit "Kreml" das meines Wissens nach erste Spiel mit der Gerontokratieregel).

Wenn ein Spieler an der Reihe ist, hat er zwei Möglichkeiten: Entweder er nimmt sich eine Schlüsselkarte seiner Wahl (sofern noch vorhanden) oder er knackt einen oder mehrere Tresore, indem er die passenden Schlüsselkarten abgibt. Knackt er mehrere Tresore gleichzeitig, so erhält er für jeden Tresor ab dem zweiten eine Prämienkarte zusätzlich zur Tresorkarte. Der Spieler, der den legten Tresor einer Siebenergruppe knackt, erhält eine Prämienkarte. Zusätzlich werden sieben neue Tresorkarten ausgelegt und das Spiel geht weiter. Sollte eine Schlüsselfarbe ausgehen, so legt der Spieler, der die letzte Karte gehamstert hat, eine zusätzliche Prämie unter eine Tresorkarte, die die entsprechende Karte enthält. Sind alle 35 Tresore vergeben wird atemgerechnet; der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.

Nun zum subjektiven Teil der Besprechung: Zunächst fällt eine (rein äußere) Ähnlichkeit des Spieles mit dem legendären BAZAAR von Sid Sackson auf, ohne aber die Genialität desselben zu besitzen. Bei Bazaar muß man stets einige Runden vorausplanen, um zu den benö tigten Kombinationen zu kommen, auch sind manchmal Umwege beim Tauschen nötig und genaues Berechnen bringt immense Vorteile. Bei CASH entwickelt sich eine ganz andere Dynamik, da es beim Erwerb einer Tresorkarte völlig egal

ist, wieviele Karten man noch auf der Hand hat. Auch mußte ich feststellen daß das Spiel zwar angeblich drei bis sechs Mitspieler verträgt, jedoch zu dritt in der vorliegenden Form absolut nicht vernünftig spielbar ist. Man kann genügend Karten horten, um Coups von vier oder fünf Karten gleichzeitig zu landen, was immense Vorteile beim Prämienschinden bringt. Beim Spiel zu fünft hingegen fällt man mit dieser Taktik voll auf die Nase - hier lohnen sich zwei Tresorkarten bereits wirklich. Man wird ansonsten gezwungen, billige Karten zu kaufen, da keine Schlüsselkarten mehr auf dem Tisch liegen und Passen nicht erlaubt ist.

 

Ein Detall, das mir nicht ganz klar ist, ist die Verteilung der Punkte auf die Farbkombinationen: Ein roter Schlüssel bringt einen Punkt, ein grüner zwei, ein gelber drei und ein blauer vier Punkte. Gesamt gesehen ist die Verteilung zwar symmetrisch, aber nicht einleuchtend, da von jeder Schlüsselkarte gleich viele vorhanden sind und somit kein Grund vorliegt, warum ein Schlüssel mehr wert sein sollte als der andere. Viel logischer erschiene mir, die Ausgefallenheit der Kombination zu bewerten, wie es schon bei BAZAAR der Fall war. Allerdings ist die Wald auf den Tresorkarten eher von zweitrangiger Bedeutung, da ein verpaßter Bonus wesentlich mehr schmerzt als die Tatsache, daß man statt des Zwölf-Punkte-Tresors nur den mit den neun Punkten erwischt hat.

 

Drei weitere Kritikpunkte hätte ich noch anzubringen: erstens ist das Deutsch der Spielregel zwar im Vergleich zu dem anderer Spielefirmen exzellent, jedoch mußte selbst ich beim flüchtigen Lesen bereits zwei schwere Fehler entdecken. Für die als extrem gründlich bekannte Ravensburger-Redaktion mit Sicherheit kein Ruhmesblatt. Zweitens gingen uns bei einer Probepartie die Prämienkarten aus und wir mußten welche aus unserem Besitz wieder in die Kasse einzahlen, um und diese Kritik richtet sich nicht nur gegen dieses Spiel, es hatte nur das Pech, mir beim Ausleben des einschlägigen Frusts zwischen die Finger zu geraten - ist es eine immer stärker einreißende Un-Sitte der Spielefirmen, immer mehr Luft mitzuvorpacken. Alleine das Preisargument kann es nicht sein - es gibt genug Firmen, die den Preis nicht nach der Schachtelgröße, sondern nach dem Inhalt berechnen. Aber dieses Thema kann man nicht im Rahmen einer Rezension abhandeln, ich werde andernorts noch darauf zurückkommen.

Alles in allem ist CASH ein Familienspiel, das Gelegenheitsspielern, die BAZAAR nicht kennen, durchaus gefallen kann und als Tüftelspiel genügt. Den "Profis" empfehle ich jedoch dringend (ohne CASH als Plagiat bezeichnen zu

wollen!): "Bleibt beim Original!"

 

WlN-Wertung:

Cash W SS I A MMM U 5-6 (3-6) m