Big Shot

 

Das Spiel:

Big Shot

2-4 Spieler ab 10 Jahren

Alex Randolph

Ravensburger, 2001

 

Ähnliche Spiele:

Marra Cash (T)

Doge (M, T)

San Marco (T)

 

Winwertung :

** AA UUU SS II

 

Mein erstes Spiel aus dem neuen Jahrgang! Schön, dass Ravensburger wieder auf dem Spielesektor mitmischt. Das war ja nicht immer so wenn man sich zurückerinnert an  Zeiten „ante TIKAL“.

Und noch dazu ein Spiel von Altmeister Alex Randolph, den ich wie viele von uns, glaube ich, außerordentlich schätze.

Irritierend war für mich ein wenig der Titel: „großer Treffer“ ? Sollte da die Rezension schon vorweggenommen oder zumindest manipuliert werden ? Laut Lexikon ist der Begriff auch auf Filmszenen anwendbar. Also geht es nach „Traumfabrik“ auch hier in die Welt des Zelluloids ? Ein Spielpartner der verständlicherweise nicht genannt werden will glaubt den Titel schon als Video gesehen zu haben – allerdings in der Abteilung „nur über 18“. Das kann ich nicht bestätigen. So weit habe ich meine Recherchen nicht getrieben. Wäre allerdings eine neue Facette von Ravensburg: Familie spielen anstatt Familienspiel. Das Cover der Schachtel gibt allerdings endgültig Aufschluss.( Irgendwie erinnert mich das Styling ein wenig an frühes Piatnik). Offensichtlich dreht es sich um Häuser und dem $ Zeichen nach auch um Geld.

 

Relativ unscheinbar tritt einem der Inhalt entgegen. 1 Riesenpöppel, 72 kleine quadratische Holzklötze in 4 Farben, 50 Münzen, 13 Besitzkärtchen und eine Menge Kreditkärtchen, nämlich 30. Den Abschluss bilden 4 Visitkarten in verschieden Farben sowie ein Würfel. Und natürlich ein Spielplan. Er zeigt eine Stadtübersicht mit 11 Häuserblöcken die verschieden Zahlen als Wertigkeit aufweisen sowie 2 Parkanlagen. Zu diesen später.

 

Ziel des Spiels ist folgendes:  Durch Ersteigerung und entsprechender Platzierung von Wertungssteinen sind Mehrheiten in den Stadtvierteln anzustreben. Die Summe der dadurch erzielbaren Punktezahl entscheidet über den Sieger. Klingt ganz einfach, fast zu einfach –nicht wahr?  Den Eindruck hatte ich zumindest am Anfang. Durch kleine Details ergibt sich allerdings ein weit interessanterer Spielverlauf als es zu Beginn den Anschein hatte.

 

Aber zuerst zur Spielvorbereitung. Rund um den Spielplan sind 18 $ Zeichen markiert- die sogenannten Auktionsfelder. Hier werden zu Beginn jeweils 4 der 72 Wertungssteine derart verteilt, dass pro Feld zumindest 2 Farben vertreten sind. Dadurch ergeben sich folgende Kombinationsmöglichkeiten: 1:1:1:1, 2:1:1, 3:1:1, oder 2:2. Auch der Pöppel wird beliebig gesetzt und erst dann werden den Spielern ihre Spielfarbe mittels der Visitkarten zugelost. Der Startspieler wird durch den Würfel ermittelt.( Erfreulicherweise. Mir gehen nämlich die krampfhaften Versuche bei dieser Gelegenheit „kreativ“ zu sein ziemlich auf die Nerven.)Mit dem Würfel wird der Pöppel, Makler genannt gezogen und das jeweilige nächste Auktionsfeld ermittelt. Abgeräumte Felder werden dann beim Würfeln nicht mehr mitgezählt, sodass nach 18 Runden das Spiel entschieden ist.

Zur Versteigerung: Als Startkapital erhält man 10 Millionen. Ein Betrag mit dem man auch in Zeiten fallender Immobilienpreise nicht weit kommt. Schließlich gibt es Stadtviertel mit Wertigkeiten bis zu 21 Millionen zu erstehen und auch bei den geringer dotierten kann man, wenn sie an eine Parkanlage angrenzen, ganz schön abräumen. Dazu ist die Mehrheit sowohl im betreffenden Viertel wie im danebenliegenden Park erforderlich. Der Wert des Blocks wird nämlich dann verdoppelt. Im Verlauf der Probespiele ist mir vor allem klar geworden weshalb die Verschuldung der Österreichischen Durchschnittsfamilie so hoch ist. Selbst bei sonst so besonnenen Mitspielern flammte die Gier auf, jedwedes kaufmännisches Denken ging verloren und die Bank wurde um einen Kredit angegangen.

 

Dazu muss man wissen, dass man pro Runde 1 x 10 Millionen Kredit beantragen kann. Die Zinsen werden gleich abgezogen, sodass man für die ersten 10 Millionen nur 9 ausbezahlt bekommt. Wie im richtigen Leben sinkt mit zunehmender Verschuldung die Bonität. Für die nächsten 10 Millionen erhält man nur mehr 8, dann 7 usw. Der aufgenommene Kredit wird mit den anfangs erwähnten Kreditkärtchen, die offen vor einem liegen festgehalten und bei der Schlussabrechnung entsprechend berücksichtigt. Es ist bezeichnend, dass in der Spielanleitung angeführt wird: Es gewinnt der Spieler mit dem größten Vermögen oder den geringsten Schulden! Meine Spielrunden dürften also keine Einzelfälle gewesen sein. Dort war nämlich für die meisten meiner Partner der Begriff „Nulldefizit“ ein Fremdwort.

Für die Erringung der Mehrheit in einem Stadtviertel gibt es Beschränkungen. Als erstes dürfen maximal 7 Steine pro Block verteilt werden. Weiters heben sich Paritäten in der Farbverteilung auf, sodass bei einer Verteilung von 3:3:1 der einzelne Stein der lachende Dritte wäre.

 

Damit habe ich bereits alle spielentscheidenden Elemente angeführt. Der Spielreiz ergibt sich aus 2 Komponenten. Erstens aus der Steigerungsrunde: Wo biete ich mit? Welche Farbkonstellation ist für meine Pläne interessant? Wobei die Verteilungsvarianten sich nach jedem Zug ändern können, da sich neue Möglichkeiten ergeben. Und vor allem in welcher Höhe bin ich bereit Schulden zu machen. Die zweite wesentliche Entscheidung ergibt sich aus der Verteilung der Wertungssteine nach einer gewonnenen Auktion. Hier gilt es nicht nur die Mehrheit pro angestrebten Viertel in den eigenen Farben zu sichern sondern Fremdfarben möglichst unschädlich zu „entsorgen“. Also entweder in Viertel wo die absolute Mehrheit bereits gegeben ist oder als „Kuckucksei“ in noch umkämpfte Stadtteile um Gleichgewichte der Farben zu schaffen, damit man selbst noch punkten kann. Schließlich benötigt man neben dem größten Vermögen am Schluss zumindest noch den Besitz von 2 Stadtvierteln als Siegbedingung.

Meine abschließende Beurteilung lautet: Alex Randolph hat tatsächlich einen „BIG SHOT“ gelandet und zwar in der ursächlichen Bedeutung des Wortes. Sein Spiel bietet wesentlich mehr als es zuerst den Anschein hat. Jede meiner Testrunden hat es positiv beurteilt und war nach Beendigung erpicht zu einer Revanche anzutreten. Das ist für mich das „Non plu ultra“ einer Zustimmung.

 

Ein Wort zum Material: Man findet Ravensburg-Qualität  in gewohnt guter Aufmachung. Zum Design: Nicht unbedingt mein Geschmack, vielleicht bin ich aber Vohwinkel bzw. Matthäus verwöhnt oder verdorben.  Ganz wie beliebt. Besonderes Kompliment der Regel: Einfach und klar, mit Beispielen versehen lässt sie keine Fragen offen. Im Gegenteil, es werden noch Hinweise für ein 3 bzw. 2 Personenspiel sowie Varianten zum Grundspiel angeführt.  Ich kenne den heurigen Jahrgang noch zu wenig, aber im Lauf der Jahre bin ich schon schlechteren Spielen auf der Bestenliste begegnet.