PERLEN DER SPIELKUNST
REEF ENCOUNTER
Leuchtende Korallenwelten
Liebe Leserin, lieber Leser! Tauchen Sie ein in die Unterwasserwelt des Richard Breese! In diesem scheinbaren Paradies toben fortwährende Schlachten um den knappen, ständig bewegten Lebensraum. „Fressen und gefressen werden“ ist das ewige Motto des Lebens, dem sich alle Bewohner unterordnen müssen, egal ob Korallen, Krabben, Algen oder die ungemein gefräßigen Papageienfische. Richard Breese simuliert in diesem unerwarteten Spielszenario den Kreislauf des Lebens im bunten Korallenmeer. Reef Encounter ist keine Fortsetzung der „Key“ Serie, fürwahr, also kein „Key West“ oder dergleichen. Dennoch wurde hier ein weiteres Meisterwerk aus der Hand des englischen Kreativkünstlers aus Stratford-upon-Avon geschaffen. Im Österreichischen Spielemuseum in Leopoldsdorf können auch Sie dieser bunten Welt des Meeres frönen. Nun, einzige Voraussetzung ist Ihr Verlangen nach eineinhalb bis zwei Stunden des „ungewohntem Tiefgangs“ in die Unterwasserwelt der Korallenriffe. (aus: win.Apr.2005) www.spielen.at
Unser obligater Lichtkegel fällt auf violette, orange, gelbe, weiße und graue Korallen, denen zwei, drei oder vier blanke „Felsen“ als Ankerplätze dienen. Wie kann ein vernünftiges Spielziel in den Turbulenzen der Meere denn überhaupt aussehen? Sehr einfach, wie von der Natur vorgezeichnet, gilt es, die größten Korallenbänke zu entwickeln und diese dem eigenen Papageienfisch zu verfüttern. Das hört sich machbar an, ist jedoch auf Grund der unterschiedlichen Stärke der Korallen ein äußerst diffiziles Unterfangen. Ständig ändert sich der Bewuchs der Felsen, ständig pendelt die Korallengröße, ständig mangelt es an schützenden Krabben, und vor allem wechselt ständig die Rangfolge der fünf Korallenarten. Kaum glauben Sie sich dem Ziel nahe, verschwindet einer Ihrer Hoffnungsträger aus den Augen. Fast grausam, wie kaleidoskopartig schnell sich die Felsenwelt neuen Bedingungen anpasst. Am Ende zählen die gefressenen Polypenplättchen (aus denen Korallen bestehen), sowie die Stärke der jeweiligen Korallenart. Genau diese Verknüpfung von Macht und Materie ist es, die diesem Spiel den entscheidenden Spannungsfaktor gibt. Wir jedenfalls haben uns begeistert in die bizarre Korallenwelt des Richard Breese eingelebt. Durch die Vielzahl der ständig wechselnden Zugmechanismen verläuft kein Tauchgang wie die andere. Reef Encounter erlaubt zudem verschiedenste Strategien, die bereits vom ersten Moment weg geplant werden wollen. Durch die ständigen Störmanöver aller Beteiligten ist aber auch große taktische Flexibilität gefragt. Eine Warnung sei daher gleich einmal angebracht: Beim ersten Lesen der Spielregel werden Sie wahrscheinlich das Gefühl haben, nicht wirklich genau zu verstehen, wo Sie mit Ihren Polypen, Krabben, Algensteinen, Larven und Papageienfischen hinsteuern sollen. Zu ungewöhnlich ist das Vokabular, zu vielfältig sind die Aktionen, zu verzahnt die Interaktionsmuster. Doch schon beim zweiten Eintauchen wird Reef Encounter zum unvergesslichen Meeresrausch. Thanks, Richard!
Rückmeldungen an: hugo.kastner@chello.at
Homepage: www.hugo-kastner.at
EMPFEHLUNG # 86
Spieler: 2-4
Alter: 10+
Autor: Richard Breese
Gestaltung: Juliet Breese
Dauer: 120+
Preis: ca. 40 Euro
Jahr: 2004
Verlag: R&D Games
Taktik: 5 von 9
Info±: 3 von 9
Glück: 1 von 9
Erst beim zweiten Eintauchen wird Reef Encounter zum Erlebnis, trotz oder gerade wegen der ungeheuren Möglichkeiten der Einflussnahme auf das Wachstum der Korallenbänke, auf das Setzen der Algensteine und zuletzt auf das Fressen durch den Papageienfisch. Es gibt hier eine Reihe von Gewinnstrategien, die noch dazu aktive wie passive, konstruktive wie destruktive Spielzüge erlauben. „Kein Vorteil ohne Nachteil“, scheint das Gesetz des Meeres zu suggerieren. Wer sich früh die besten Plätze für seine Korallenbänke aussucht, wird bald das Opfer gefräßiger Nachbarn werden, die listigerweise immer wieder überraschende „Lebewesen“ hervorzaubern. Wer lange mit der Gründung von Korallenkolonien wartet, wird bisweilen vom jähen Ende der „Riffbegegnungen“ überrascht. Sie brauchen wenig Glück, dafür umso mehr Rücksichtnahme auf die ständig wechselnden Szenarien.
Hugos EXPERTENTIPP
Ein paar Tipps zum schnellen Eintauchen in da Riff: (1) Eine erste frühe Ernte hilft beim Setzen des Algensteins. (2) Die günstigsten Brutplätze sind die Randfelder, da sie leichter durch Krabben zu schützen sind als das Zentrum, das (3) andererseits wiederum Extrapolypen auf die Felsen bringt. (4) Polypenplättchen sollten immer in ausreichender Zahl auf ihren Einsatz warten. (5) Im Extremfall kann es sogar vorkommen, dass eine gegnerische Koralle zum Wachsen gebracht wird, um im gleichen Spielzug einen Teil davon auch schon wieder aufzufressen.
Hugos BLITZLICHT
Reef Encounter war für mich eine echte Entdeckung. Nach längerer Zeit wurde ich nach einem Spielabend wieder einmal in wunderbare Tagträume versetzt. Hierzu hat sicher auch die detailreiche und liebevolle Gestaltung dieses Spiels durch Juliet Breese beigetragen. Zugegeben, die blassen Pastelltöne (der Erstausgabe, HK), besonders die farbliche Nähe von „weiß“ und „grau“, mögen eine eigenwillige Entscheidung der Zeichnerin sein. Ich persönlich jedoch finde diese „milchglasartige“ Wiedergabe der Korallenwelten hervorragend gelungen. Auch die Myriade strategisch-taktischer Möglichkeiten wollte mir schon beim ersten Erleben einfach nicht aus dem Kopf gehen. Kann man als Freund des Expertenspiels einem Autor ein größeres Kompliment machen?
VORANKÜNDIGUNG
CAYLUS
Um die Gunst des Königs