UNSERE REZENSION

 

SIEDLER IN USA

 

HOMESTEADERS

 

SIEDLER MUSS NICHT IMMER CATAN BEDEUTEN

 

Der Name „homesteader“ hat einen realen Hintergrund. 1862 trat in Amerika ein Gesetz in Kraft, das es den Siedlern erlaubte, freies Land in der Größe von 64 ha zu besetzen und innerhalb von 5 Jahren zu bewirtschaften. Anschließend ging es dann rechtmäßig in das Eigentum des Farmers über. Durch Zahlung von 200 $ konnte der Zeitraum sogar auf 6 Monate verkürzt werden. Dieses Gesetz wurde erst 1976 aufgehoben und in Alaska sogar erst 1986. Diese Maßnahme sollte die ab 1608 einsetzende Kolonisation fördern, verschob die „Frontier“ (Außengrenze der Siedlungsgebiete) fortwährend in Richtung Westen und stieß damit zwangsläufig auf den Widerstand der indianischen Urbevölkerung, die eine widersprüchliche Rechtsauffassung über Besitzrechte hatten. Die Folge waren etliche Indianerkriege in denen sich Engländer, Franzosen und Holländer durch einige Massaker „auszeichneten“ und die bis ins Ende des 19. Jahrhunderts andauerten. Soweit zum geschichtlichen Hintergrund.

 

„Homesteaders“ ist ein schweres Spiel, zumindest dem Gewicht nach. Fast 2 kg prall gefüllter Inhalt, der mich zu Begeisterungsstürmern hinriss. Vor allem in Hinblick auf die oft mit gähnender Leere gefüllten Boxen im Kosmos-Format. Also hier wurde nicht gekleckert, sondern geklotzt. Vielen Dank dem Quined-Verlag und dem Autor Alexander Rockwell. Von ihm kenne ich kein anderes Spiel. Es dürfte sich hier um ein Erstlingswerk handeln. Der Quined Verlag ist bekannt dafür, seine Spiele in einer Buchadaptionsbox herauszubringen, die sich im Regal optisch hervorragend präsentiert. Das Cover zeigt die Ankunft eines Siedlergespanns mit allerlei aufgeladenen Hausrat in einer Westernsiedlung. Im Hintergrund ist die Silhouette dem Monument Valley nachempfunden. Soweit zur gelungenen Einstimmung auf das Thema. Kommen wir zum Inhalt.

 

Innen befinden sich über 10 Tafeln äußerst dicker und stabiler Stanzbögen, welche die Sichtschirme, Gebäudekarten, Auktionsplättchen, Schuld und Handelsmarker, Geldmünzen sowie Siegpunktmarker aufweisen. Letztere waren erforderlich, weil auf dem ebenfalls vorhandenen Spielbrett auf Grund der Übersichtlichkeit kein Platz mehr für eine Kramerleiste war. Dazu kommen je 2 Würfel in den Spielerfarben gelb, rot, grün und blau und insgesamt 100 Holzteile, welche die Rohstoffe darstellen.

Diese sind Holz, Kupfer, Gold, Nahrung, Stahl und Vieh. Außerdem gibt es liebevoll gestaltete Männchen mit Cowboyhut und bootleggers als Arbeiterfiguren. Auch bei dem Vieh ist zu erwähnen, dass man sich nicht mit einer einfachen Holzausstanzung begnügt hat, sondern Kühe weiß eingefärbt hat und mit schwarzen Flecken versehen. (Montafonerrasse? Ich bin leider kein Experte für Milchwirtschaft) Das muss man gesehen haben. Also allein dafür gehört der Designer vor den Vorhang. Alles für ein themenbezogenes Feeling.

Also zuerst die Teile aus den Bögen lösen. Eine hier sehr umfangreiche Tätigkeit, die man sicher mit Befriedigung und Vorfreude ausübt. Das werden diejenigen verstehen, die bei einer Luftpolsterfolie nicht widerstehen können die Luftblasen zu zerdrücken. Mit dem Unterschied, dass diese eine geplatzte und somit nutzlose , kaputte Folie hinterlassen, während man hier mit jedem Teil dem Ziel seiner Wünsche, dem Spiel, näherkommt. Zum Aufbau:

 

Neben dem erwähnten Spielbrett werden die Rohstoffe, Handels- und Schuldmarker  und Arbeiter platziert. Jeder Spieler erhält einen Sichtschirm, 1 Arbeiter, 6 Münzen, ein Startgebäude und die 2 Würfel seiner Farbe. Außerdem gibt es 2 Plättchen, die eine Übersicht darstellen, zu welchen Bedingungen Rohstoffe gekauft und verkauft werden kann. Auch wie man zu weiteren Arbeitern kommt.

Das Spielbrett weist 3 Spalten zur Aufnahme der Auktionskarten auf. Es gibt nämlich 3 verschieden gekennzeichnete Plättchen zu je 10 Stück wobei der 3. Stoß nur bei 4 Spielern zur Anwendung kommt. Diese werden dann verdeckt auf die vorgesehenen Plätze aufgelegt. Sie zeigen an welche Gebäude man nach erfolgreicher Versteigerung bauen kann. Unterhalb dieser Spalten ist noch ein Schienenstrang mit 5 Abschnitten zu sehen, auf den ich noch zurückkomme. Auf den Auktionskarten geht durch eine Farbmarkierung hervor welche Gebäudeart man bei erfolgreicher Versteigerung erwerben kann. Diese Karten gliedern sich in 4 Gruppen, die offen in einer Auslage liegen und zwar in Settlement, Settlement-Town, Town und City, wobei die beiden letzteren erst später ins Spiel kommen. Der Kauf muss sofort nach gewonnener Auktion durchgeführt werden. Auf den Karten ist der Kaufpreis in Form von Rohstoffen angeführt, sowie die Siegpunkte die bei Spielende zum Tragen kommen. Außerdem bringen die Karten während des Spiels verschieden hohe Einkommen bzw. fallweise Extra-Boni. Hier fällt die Entscheidung über Sieg oder Niederlage, ob man die richtige Auswahl trifft oder nicht. Soweit zum Aufbau und zurück zur Versteigerung.

Jetzt beginnen 10 Runden. Zuerst werden die obersten Auktionskarten aufgedeckt und stehen somit als Versteigerungsobjekt zur Verfügung. Zum Bieten ist eine Skala vorgegeben, auf der man von 3$ in 9 Schritten bis 21 $ gehen kann. Ist man zu vorsichtig oder zu geizig, wird man von der gewählten Stufe von einem Mitspieler verdrängt und kann entweder selbst wieder erhöhen oder sein Glück auf einem der anderen beiden Auktionsplätze versuchen. Der Sieg am 1. Platz bringt einem den Startspielervorteil in der folgenden Runde. Gibt es keine Steigerungsmöglichkeit oder will man nicht überbieten, bleibt nur die Passmöglichkeit. Hier kommt nun der bereits erwähnte Schienenstrang zur Geltung. Man rückt hier mit seinem Aktionswürfel vor und erhält je nach Position einen Handelsmarker, Arbeiter oder Rohstoffe. Auf der 5. und letzten Stufe kann man sogar 3 Siegpunkte „abstauben“. Mit Hilfe der Handelsmarker kann man jederzeit Kauf und Verkauf von Rohstoffen abwickeln bzw. zusätzliche Arbeiter erwerben. 2 kleine Tafeln dienen als Hilfestellung und geben die Kosten der jeweiligen Transaktion vor. Dies ist auch notwendig um die richtige Zusammenstellung der Kaufkosten eines Gebäudes zu haben, der auf der Karte vorgegeben ist. Falls man dennoch nicht ausreichend „flüssig“ ist kann man sich durch den Erwerb von Schuldschein-Markern zu 2 $ behelfen. Deren Tilgung ist allerdings mit Wucherzinsen verbunden und kostet 5$. Ist dies mangels Geldknappheit nicht möglich verliert man bei Spielende Siegpunkte und zwar ansteigend – je mehr Schulden desto teurer.

 

Nach dem Gebäudekauf werden nun die Arbeiter den Gebäuden zugeordnet. Das bringt je nach Gebäude Extra- Boni. Diese Einteilung kann jede Runde neu vorgenommen werden, falls neue Gebäude interessanter scheinen. Jetzt gibt es Einkommen und die Arbeiter müssen entlohnt werden (1$) pro Mann.

Die einzelnen Gebäudetypen aufzuzählen und deren Vorteile zu erwähnen würde den Rahmen dieser Rezension sprengen. Die Plättchen sind selbsterzählend und auch in der Regel, die vorbildlich ist, ausreichend geschildert. Dort sind auch in einer FAQ eventuelle Fragen zusätzlich erörtert. Hier möchte ich noch den Illustrator Hans Janssen ausdrücklich lobend erwähnen.

Sieger wird – welch Überraschung – derjenige mit den meisten Siegpunkten. Diese erhält man während des Spiels, auf den erworbenen Gebäuden und für die Rohstoffe Gold, Vieh und Kupfer bei Spielende (je 2 SP). Die restlichen Rohstoffe bringen nichts, daher ist rechtzeitiges Umwechseln anzuraten.

 

Zum Resümee: Homesteaders ist ein Spiel mit vorbildlicher Ausstattung. Bei der Erstauflage gab es bei 2 Tafeln einen Fehldruck. Dies wurde aber vom Verlag prompt und problemlos ersetzt. Auch hier gehört dem Verlag Lob und Anerkennung. Der einzige Vorwurf, den ich machen kann ist, dass das Thema aufgesetzt wirkt. Bekannte Mechanismen wie Versteigerung, Deckblattzusammenstellung und Worker Placement wurden neu gemixt und zu einem durchaus funktionierenden Ablauf gefügt. Das „Feeling“ kam trotz des bemühten Designs nicht richtig rüber. Das liegt vielleicht aber daran, dass meine Einstellung vom historischen „Homesteader-Act“ geprägt war, der nichts mit Stadtentwicklung zu tun hat. Trotzdem möchte ich das Spiel positiv beurteilen. Mit seiner großzügigen Ausstattung ist es allemal sein Geld wert und der Zeitaufwand von 60 – 90 Minuten ist keineswegs zu bereuen. Schließlich hat es auch 2010 eine Nominierung beim „Golden Geek“ als bestes strategisches Spiel erhalten.

 

Rudolf Ammer

 

Spieler: 2-4

Alter: 12+

Dauer: 90+

Autor: Alex Rockwell

Grafik: Hans Janssen

Preis: ca. 25 Euro

Verlag: Quined Games 2012

Web: www.quined.nl

Genre: Auktion, Strategie

Zielgruppe: Für Freunde

Version: multi

Regeln: de en fr nl

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Erstauflage 2009

Kombination von Versteigerung und Strategie

Ausführliche Regel

Vorbildliches Material

 

Vergleichbar:

Western Town und andere Spiele mit Aufbau einer Stadt und Nutzung der Gebäude

 

Andere Ausgaben:

Tasty Minstrel Games 2009

 

Meine Einschätzung: 5

 

Rudolf Ammer:

Ein optisch schönes Spiel mit den geschickt kombinierten Spielelementen Versteigerung und Strategie sowie vorbildlicher Ausstattung.

 

Zufall (rosa): 1

Taktik (türkis): 1

Strategie (blau): 3

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 1

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0