Metro
von Dirk Henn
für 2 bis 6 Spieler
ab 8 Jahren
Queen Games 2000
30 bis 60 Minuten
Im Jahre 1898 bereitete sich Paris auf die Weltausstellung vor. der Tour
d'Eiffel wurde mit lauter Tricolore-Fähnchen geschmückt und der Arc de Triomphe
erstrahlte in "bleu-blanc-rouge". Natürlich wollten die Pariser der
Weltöffentlichkeit zur Jahrhundertwende auch die technischen Fähigkeiten der
"Grande Nation" präsentieren. Und so entstehen überall seltsame
Gerüste. Tunnel, die auf den Straßen gebaut werden, um später in die Erde
versenkt zu werden: Die Pariser Metropolitain - kurz "Métro" - wird
gebaut.
Machen wir also zusammen eine kleine Zeitreise über hundert Jahre zurück.
Wir sind einer von zwei bis sechs Baumeister, die mit dem Bau der Metro
beauftragt wurden. Die Konkurrenz ist groß, und darum versuchen wir, möglichst
bessere U-Bahn-Linien als unsere lieben Mitbewerber zu errichten. Bessere, das
heißt in diesem Fall paradoxerweise längere Linien! Je länger und verzweigter
eine Linie beginnend in einem unserer U-Bahnhöfe bis zu seinem Zielbahnhof ist,
desto mehr Ruhm - dargestellt durch Gewinnpunkte - ernten wir.
Doch alles schön der Reihe nach. Paris präsentiert sich den Besuchern der
Weltausstellung und auch den späteren Touristen zwar als attraktive Ansammlung
von belebten Straßen, engen Gassen, schönen Plätzen und großzügigen Avenues,
für uns Baumeister stellt es jedoch einfach einen quadratischen Grundriss mit 8
x 8 Bauplätzen dar. Die Startbahnhöfe - Stationen mit so wohlklingenden
Bezeichnungen wie "Hôtel de Ville", "Champs-Elysées" oder
"Rue Montmartre" - sind kurioserweise rundherum platziert, in
keinster Weise deckungsgleich mit den topographischen Verhältnissen. Das Paris
der Jahrhundertwende bildet zwar eine vorzügliche Hintergrundgeschichte für das
Spiel "Metro" von Dirk Henn, und es ist auch auf außerordentlich gelungene Weise vom Grafiker
Franz Vohwinkel umgesetzt worden, aber für uns sind nun andere Sachen von
Bedeutung. Drum unterlassen wir weitere Anleihen zum U-Bahnbau und
konzentrieren uns auf den Spielablauf.
Die 32 Startbahnhöfe werden gleichmäßig unter den teilnehmenden
Baumeistern verteilt. Nach der Vorgabe der Übersichtskarten stellen die
Mitspieler kleine hölzerne Metrowaggons auf die ihnen zugewiesenen
Startbahnhöfe. Das Bauen schließlich geschieht mit Plättchen. Auf jedem
Plättchen sind vier Streckenteile abgebildet, wobei wir alle möglichen Kombinationen
vorfinden. Nachdem jeder Spieler ein Plättchen zu Spielbeginn erhalten hat,
geht das Spiel los. Der Spielablauf ist denkbar einfach: Wer an der Reihe ist,
legt sein Plättchen auf den Spielplan und zieht ein neues nach, dann kommt der
nächste Spieler im Uhrzeigersinn dran. Falls man das Plättchen in der Hand
nicht legen möchte, darf man alternativ ein zweites Plättchen ziehen, welches
man aber auf jeden Fall legen muss. Nachziehen gibt es da natürlich nicht mehr.
Einige wenige Legevorschriften gilt es einzuhalten: Zum einen ist die
Ausrichtung der Plättchen durch eine Markierung vorgegeben (es darf also nicht
gedreht werden), zum anderen muss es an den Spielfeldrand oder an ein bereits
gelegtes Plättchen anliegen. Ansonsten gibt es keine Einschränkungen, es ist
sogar ausdrücklich erlaubt, an fremde Stationen anzubauen oder Linien der
Mitspieler weiterzuführen.
Punkte gibt's immer dann, wenn eine Linie fertiggestellt wurde, das heißt
eine durchgehende Strecke vom Startbahnhof bis zum Zielbahnhof besteht. Jedes
Plättchen, über das die Linie führt, zählt einen Punkt. Geht die Strecke
mehrmals über dasselbe Plättchen, gibt es auch jedesmal einen Punkt dafür. Man
sieht also, es ist durchaus von Vorteil, wenn die Streckenführung möglichst
lange und verknotet verläuft (Mein Mitgefühl gilt den armen Parisern und
Pariserinnen, die gezwungen sind, auf diese Weise auf ihrer Fahrt das gesamte
unterirdische Paris kennen zu lernen). Schafft man es zudem, noch einen der
vier Zielbahnhöfe im Zentrum des Planes anzuschließen, werden die Punkte
verdoppelt. Sobald alle Plättchen gelegt und somit alle Linien angeschlossen
sind, endet das Spiel. Erfolgreichster Baumeister (zumindest für das Spiel,
keinesfalls für die leidtragende Bevölkerung) ist derjenige, der die meisten
Ruhmespunkte einheimsen konnte.
"Metro" ist kein Spiel, das sich lange vorausplanen lässt.
Vielmehr ist man versucht, das Plättchen, das man hat, möglichst effektiv
einzusetzen. Also entweder seine eigenen Linien so gut es geht zu verlängern
und eventuell dabei das Zentrum anzusteuern, oder seinen Mitspielern zu
schaden, indem man ihre Linien einem näheren Zielbahnhof zuführt. Nur eines ist
dabei nicht erlaubt: Keine Linie darf so gebaut werden, dass sie nur über ein
Plättchen führt. Je kleiner die Spielerzahl ist, umso größer ist daher der
Einfluss des Einzelnen, umso eher wird man auch bereit sein, seine Mitspieler
zu sabotieren. Glücklich daher, wer beides in einem Zug erledigen kann.
Auch wenn das Spiel selbst nicht sehr taktisch ist, und das Glück beim
Ziehen eine wichtige Rolle spielt, so ist "Metro" doch ein sehr
gelungenes Exemplar des Genres "Legespiele". Gut durchdacht, schnell
erklärt und schnell gespielt. Und reizvoll genug, um eine Revanche-Partie
anzuhängen. Daher auch nicht nur für Liebhaber dieser Gattung empfehlenswert.
Das Spiel erschien bereits vor ein paar Jahren unter dem Titel "Iron
Horse" bei "db Spiele". Queen Games hat sich auch heuer wieder
aus dem guten Sortiment des Kleinverlags bedient und das Spiel optisch gut
umgesetzt. Nur die Schachtelform ist ebenso gewöhnungsbedürftig wie
überdimensioniert (über 50 % Luftanteil). Einen großen Pluspunkt hingegen
verdient der in kurzen Worten erklärte Spielablauf auf der Schachtelrückseite.
Meine Wertung:
Metro WW S U AA 2 - 6 m