Im Zeichen des Kreuzes

 

Wir befreien Jerusalem vom Joch der Sarazenen – Der 1. Kreuzzug

 

Queen Games Deutschland

Das Spiel:

Im Zeichen des Kreuzes

Der erste Kreuzzug

 

2 bis 5 Spieler

ab 12 Jahren

1 – 2 Stunden

 

Queen Games, 2001

 

Die WIN-Wertung:

WW S II DD UU AAA

 

Die Autoren:

Ronald Hofstätter

Philipp Hugelmann

 

 

Was macht ein engagierter Manager, wenn in seinem Betrieb alle Angestellten ihr eigenes Süppchen kochen und am Ende gar seine Autorität in Frage stellen? Richtig – Er stärkt das Firmenimage durch den Aufbau eines gemeinsamen Feindbildes und lenkt dabei von der eigenen Schwäche ab. Ein ganz ähnliches Problem hatte bereits vor fast 1000 Jahren Papst Urban II., als er sich – von Gott dazu berufen – nicht nur als kirchliches Oberhaupt, sondern auch als weltlicher Führer der Christenheit sah, mit der Macht ausgestattet, Kaiser und Könige nach seinem Gutdünken einzusetzen.

 

Leider waren auch während seines Pontifikates die meisten herrschenden Adelshäuser gegeneinander verfehdet und eine einheitliche Linie nicht in Sicht. Es muss ihm daher wie ein Wink des Himmels erschienen sein, als im Jahre 1095, während des Konzils von Piacento, ein verzweifelter Hilferuf des Oströmischen Kaisers Alexios I. an ihn erging, der seine Hauptstadt Byzanz (das spätere Konstantinopel, heute Istanbul) einem gewaltigen Ansturm türkischer Sarazenen ausgeliefert sah. Damit war das gemeinsame Feindbild gefunden! Papst Urban nutzt die Gunst der Stunde und ruft zum heiligen Krieg gegen die Ungläubigen im Osten auf, die „grausam Christen dahinmetzeln und ungestraft das Grab Christi in Jerusalem schänden ...“, und was dergleichen noch Lügen mehr eingesetzt werden, um gemeinhin das Tier im Menschen für seine eigene Sache wachzurütteln. Kraft seines Amtes erlässt er natürlich auch all jenen ihre Sünden, die in diesem gottgefälligen Zug ihr Leben lassen sollten. Sein Aufruf wird an alle europäischen Fürstenhöfe emailiert, oder damals wahrscheinlich per Eilboten überbracht, und er fällt auf fruchtbaren Boden: hier ist Ruhm zu ernten für alle, aber nicht nur die zweit- und drittgeborenen Söhne von Adeligen, ohne Macht und Aufgabe, wittern ihre Chance, vor allem auch Scharen von Landlosen, Armen und Bauern bilden die ersten beiden Heere, die sich unter der Führung des Deutschen Walter ohne Habe und des Franzosen Peter von Amiens auf den Weg machen. So ganz scheinen sie aber Papst Urbans Idee der Befreiung Jerusalems nicht verstanden zu haben, denn sie beginnen ihren persönlichen Kreuzzug schon in der Heimat: mordend und brandschatzend ziehen sie durch Europa; ihr Hass richtet sich dabei vor allem gegen die Juden, die „Henker Christi“, deren Tausende in monatelang andauernden Pogromen beraubt und umgebracht werden. Als der ungeordnete Heerhaufen endlich doch in Byzanz ankommt und auch dort mit dem Plündern und Morden fortfährt, muss es Kaiser Alexios wie eine Erlösung  empfunden haben, als die Sarazenen mit dem „fränkischen“ Pöbel bald darauf kurzen Prozess machen.

 

Aber auch die adeligen Heere, die sich 1097 aus aller Herren Länder Europas in Byzanz sammeln, wüten in der prunkvollen Stadt, die sie eigentlich verteidigen sollen. Als man sich schließlich doch dazu entschließt, gegen Jerusalem zu ziehen, legen die Anführer der Kreuzfahrer noch den Lehenseid vor Kaiser Alexios ab, in dem sie ihm versichern, die zurückeroberten Gebiete an ihn zu übergeben, jedoch schon bald darauf ist der Eid vergessen und kleine, wohlhabende Fürstentümer werden im eroberten Gebiet gegründet. Am 15. Juli 1099 wird endlich die heilige Stadt eingenommen und  Gottfried von Bouillon an die Spitze des Kreuzfahrerstaates Jerusalem gewählt. Ganze 30 Jahre kann sich der neue Staat halten, doch dann vereinigen sich die muslimischen Herrscher und machen im Geist des Dschihad  dem Spuk des ersten Kreuzzugs ein Ende ...

 

Soweit der historische Hintergrund, der in vorbildlicher Weise dem Spiel als kleines Begleitheft beigegeben ist, wo auch auf die Lebensläufe der fünf Kreuzfahrer näher eingegangen wird, die von den Spielern verkörpert werden sollen. Aber auch die übrige Ausstattung des Spieles ist lobend zu erwähnen (AAA): da wäre zuerst einmal der Spielplan mit der mittelalterlichen Darstellung des Mittelmeerraumes und den angrenzenden Kontinenten Europa, Asien und Nordafrika. Na gut, England ist ein bisschen weit nach Osten gerückt, so etwa in die Gegend von Kopenhagen, aber es ist wie gesagt eine mittelalterliche Karte,... Bei den Landfeldern wird in grüne Ebenen und braune Berge eingeteilt, das Meer ist in blaue Felder gerastert. Weiters sind 12 muslimische Städte mit einem grünen Halbmond markiert, man mischt also die grünen Stadtplättchen und verteilt sie zufällig (das deshalb, weil auf der Unterseite eine Zahl von 3 bis 7 steht und die Anzahl der Schatzkisten angibt, die man bei erfolgreicher Plünderung zusätzlich zu dem Stadtplättchen erhält). Wo ist jetzt das 12. Plättchen? ... Ach ja, Jerusalem bekommt keines, sondern eine Zitadelle aus Holz, das Spiel ist wie gesagt überkomplett ausgestattet. Desgleichen verfährt man mit den 13 roten christlichen Stadtplättchen, die ebenfalls geplündert werden können und wo von 3 bis 6 Truhen zu erbeuten sind. Zwei grüne Holzscheiben stellen muslimische Heere dar, wovon eines im spanischen Granada und das zweite im Gebiet der Rum-Seldschuken, also in der heutigen Türkei ihre Startaufstellung einnehmen. Zwei blaue Holzscheiben machen als Piraten das Meer unsicher; sie beginnen bei den Balearen und vor der kleinen Syrte in Nordafrika ihr Unwesen. Schließlich bekommt jeder Spieler einen hölzernen Schild-Stein in seiner Farbe, der sein Heer darstellt, und mit dem er über den Spielplan zieht, und eine Feldlager-Karte, wo sein Startfeld und die Anzahl der Truppen und Truhen angegeben ist, mit denen er das Spiel beginnt. Die Startfelder sind mit dem Stadtwappen von Wien markiert (?). Auf der Feldlager-Karte sind neben dem Bild des jeweiligen Heerführers auch Felder für seine bis zu 30 Truppen (Holzwürfel in seiner Spielfarbe), eroberte Stadtplättchen, Schatztruhen, eine Motivations-Skala von 0 bis 10 (unter 5 weigert sich das Heer, Jerusalem anzugreifen), sowie ein Feld mit zwei lila Würfeln zur Turmentleerung. Ach ja, der Turm: er muss vor dem Spiel noch zusammengebaut werden, ist etwa 30 cm hoch, hat oben einen Plastiktrichter, innen zwei eingebaute Zwischenebenen mit Ausnehmungen, und unten eine eingelassene schiefe Ebene, von der aus alle Truppenwürfel, die man oben einwirft,  wieder auf die Plastiktasse herausrutschen, auf der er steht. Der Trick dabei ist, dass auf den eingebauten Zwischenebenen eine unvorhersehbare Anzahl an eigenen und gegnerischen (grünen) Würfeln liegen bleiben können, die möglicherweise erst die nächsten Kämpfe entscheidend beeinflussen. Es zählen immer nur die Würfel, die beim jeweiligen Kampf auf die Tasse fallen, Würfel der Mitspieler aus vorigen Kämpfen gelten dabei als befreite Gefangene. Sie zählen bei diesem Kampf nicht mit, können aber nachher gegen Truppen der eigenen Farbe ausgetauscht und auf die Feldlager-Karte gelegt werden. Fallen mehr eigene als grüne heraus, kann sich der Spieler die Differenz wieder zurücknehmen, Gleichstand gilt ebenfalls als Sieg des Spielers.

Zu Beginn des Spieles erhält jeder Spieler noch 5 Karten vom Talon (144 Karten); ein Teil (42 Karten) stellt  Ereignisse dar, die entweder sofort eintreten oder vom Spieler bis zum geeigneten Zeitpunkt aufgehoben werden können; mit den übrigen - auf ihnen ist entweder Meer, Ebene oder Berg abgebildet, oder alle drei (Joker) – wird die Bewegung des Heeres bewirkt: durch Ausspielen der entsprechenden Karten kann die Spielfigur jeweils um ein Feld bewegt werden. Außerdem tragen manche Meeres-Karten ein Schiffssymbol, und manche Land-Karten das Heeressymbol der muslimischen Heere. Mit diesen Karten kann entweder ein Piratenschiff oder eines der muslimischen Heere zusätzlich zur eigenen Bewegung um je ein Feld bewegt werden. Findet sich der Spieler nach der Bewegungsphase auf einem Feld mit einem christlichen Stadtplättchen, so steht ihm eine von drei Aktionen offen: er kann Beten, wodurch die Motivation seiner Truppen um 2 Punkte verbessert wird (Maximum 10), er kann Truppen anwerben, indem er seine Schatztruhen in Truppen seiner Farbe eintauscht (1 Truhe = 2 Truppenwürfel), und er kann versuchen, die Stadt zu plündern, wobei der Turm zum Einsatz kommt: der Spieler muss mindestens 2 Truppen einsetzen, die Stadt verteidigt mit 3 grünen Würfeln. Ist er erfolgreich, so nimmt er das Stadtplättchen und die darauf angegebene Anzahl an Truhen auf sein Tableau. Zusätzlich sinkt die Motivation seines Heeres aber bei jedem Angriff auf eine christliche Stadt um 3 Punkte!  Muslimische Städte können nur geplündert werden, bei Erfolg steigt die Motivation zusätzlich um 2 Punkte (Maximum 10); allgemein gilt aber: „Stadt-Aktionen“ können nur in Städten durchgeführt werden, die nicht bereits erfolgreich geplündert worden sind, die also ihr Stadtplättchen noch haben.

Zu Kämpfen kann es weiters noch durch Ereigniskarten kommen, oder sobald sich das Wappen eines Spielers im selben Feld wie die Holzscheibe eines muslimischen Heeres oder eines Piraten befindet. Sie greifen jeweils mit drei Truppen an; werden sie besiegt, steigt die Motivation des betroffenen Spielers um 1 Punkt (Max. 10, wie gehabt), die Holzscheiben werden auf das jeweils entsprechende nächstgelegene Startfeld zurückgelegt. Verliert der Spieler, so sinkt die Motivation um 2 Punkte (Minimum 0); zusätzlich muss er sich auf ein angrenzendes Feld zurückziehen, wobei derjenige Spieler die Richtung bestimmt, der den Kampf verursacht hat, beziehungsweise der rechte Nachbar, wenn der Verlierer selbst der Angreifer war.

Nach Bewegungs- und Stadtaktions-Phase kann der Spieler noch Karten aus der Hand ohne Auswirkung abwerfen und bis zu drei Karten vom Talon nachziehen (mehr als 5 Karten dürfen nie auf der Hand gehalten werden);  bei geringerer Motivation (weniger als 6 bzw. 4) dürfen nur 2 bzw. 1 Karte gezogen werden. Danach ist der nächste Spieler an der Reihe.

Einen Sonderfall stellt der Kampf um Jerusalem dar. Nicht nur, dass vor dem Angriff zumindest eine muslimische Stadt vom Angreifer erobert worden sein muss (bei 5 Spielern, sonst sogar 2 Städte), der Kampf geht als einziger auch über mehrere Runden, wobei der rechte Nachbar des Angreifers die Verteidigung von Jerusalem übernimmt. Der Angreifer nimmt alle seine Truppen in eine Hand, und zählt geheim eine Menge davon  (mindestens 5) in die andere, der rechte Nachbar verfährt mit den Verteidigungstruppen ebenso (jedoch nur mindestens 3 Truppen sind verlangt). Nach dem Aufdecken werden die Truppen dieser Runde gemeinsam in den Turm geworfen und der Ausgang der Runde bestimmt: verliert der Angreifer, so muss er sich auf ein angrenzendes Feld zurückziehen, gewinnt er, so beginnt die nächste Kampfrunde, wenn er noch 5 Truppen besitzt, oder es nicht vorzieht, den Kampf abzubrechen. Wichtig: der erste Spieler, der Jerusalem angreift, bekommt 5, der zweite 3, und der dritte immerhin noch eine Schatztruhe von Papst Urban als Belohnung, wobei durchaus der selbe Spieler mehrfach belohnt werden kann.

Das Spiel endet entweder, sobald ein Spieler Jerusalem erobert hat, oder wenn der Talon zum zweiten Mal durchgespielt wurde. In diesem Fall haben die Sarazenen gewonnen.

 

Das Spiel machte auf mich zuerst einen besseren Eindruck, als sich dann später beim Spielen erhärtete. Wahrscheinlich waren meine Erwartungen aber auch nur zu hoch gesteckt: es ist viel simpler gestrickt als z.B. Age of Renaissance und wird echte Freaks des Genres eher enttäuschen; man zieht los, besiegt unterwegs ein paar Städte, und greift schließlich Jerusalem an, das man mit Glück besiegt oder auch nicht. Auch ist uns eine Regelschwäche aufgefallen, die eine unserer Spielpartien kippen ließ: es gelang einem Spieler ziemlich am Anfang der Partie, einem anderen die Piraten ins selbe Feld zu schicken, den Kampf verlor er auch prompt und wurde vom Spieler, der sie geschickt hatte in das angrenzende Feld zurückgezogen, wo aber schon eines der muslimischen Heere auf ihn wartete. Nachdem er so einige Male hin- und hergeschoben worden war,  stand er mit einer Motivation von Null da, ohne Truppen, aber noch mit 2 Truhen, die ihn nach der (Erbfolge-)Spielregel daran hinderten, das Spiel mit der Startausrüstung neu zu beginnen. Wir halfen uns durch Abänderung der Regel dahingehend, dass „sich zurückziehen“ nur in ein Feld möglich ist, in dem kein weiterer Kampf wartet.

 

Alles in allem ist Im Zeichen des Kreuzes ein sehr gut ausgestattetes Spiel, das seine Anhänger aber nicht bei den eingefleischten Strategen, sondern wegen der Einfachheit der Regeln und der doch kürzeren Spieldauer eher im Familienbereich finden könnte.