Expedition

 

Expedition / Terra X

Reisespiel für 2-6 Spieler ab 10 Jahren

von Wolfgang Kramer

Queen Games, 1996/1995

 

Wenn man den bekannten amerikanischen Spieleautor Alan R. Moon nach seinen Lieblingsspielen befragt, so werden sehr bald zwei Titel von Wolfgang Kramer genannt: "Niki Laudas Formel 1" und "Abenteuer Tierwelt". Manchem mögen diese beiden Titel gar nichts sagen, was nicht weiter verwundert, denn beide sind schon lange nicht mehr am Markt; bis vor wenigen Monaten wenigstens, denn zumindest "Abenteuer Tierwelt" ist seit Essen wieder erhältlich.

 

Aber nicht als "Abenteuer Tierwelt" bei Ravensburger, sondern als "Expedition" bei Queen Games, wo die Linie der Autorenspiele, die mit "Die Hanse" und der Wiederauflage von "Dampfroß" einen so vielversprechenden Anfang nahm, eine, so meine ich, würdige Fortsetzung erfährt.

 

Wegen Markenschutzproblemen wurde der Titel auf „Expedition“ geändert. der ursprüngliche Name »Terra X« wurde nicht von ungefähr gewählt, denn wie bei der gleichnamigen Fernsehserie geht es um Faszinierendes auf unserem Planeten. Das können Orte wie etwa die Chinesische Mauer genauso sein, wie der Quastenflosser, ein erst 1938 wiederentdeckter Fisch im Indischen Ozean. 79 dieser Sehenswürdigkeiten, verstreut über die ganze Erde, sind auch als Karten vorhanden. 9 bis 12, je nach Spieleranzahl, erhält jeder Mitspieler und soll nun diese Orte aufsuchen. Dazu bedient man sich einer von drei Expeditionen, die alle irgendwo in Grönland starten.

 

Messerscharf folgern Sie nun, dass also nur bis zu drei Spieler teilnehmen können, doch weit gefehlt: Die Expeditionen gehören keinem der Spieler, jeder darf an jeder teilnehmen.

 

Wer am Zug ist, nimmt also einen Expeditionspfeil - es gibt sie in drei verschiedenen Farben - und legt ihn am Ende der entsprechenden Expedition an; das ist ganz wichtig, denn ein Abzweigen ist normalerweise nicht erlaubt. Im allgemeinen führt er damit die Expedition an einen der 79 besonderen Orte. Und schon heißt es höllisch aufpassen, denn wann immer eine der Expeditionen einen der Orte erreicht, den man als Karte auf der Hand hat, darf man diese ablegen und die Reise dorthin als erledigt betrachten. Dabei ist es völlig egal, wer die Expedition dorthin führte. Das ist die Spielidee, die nun durch einige Zusätze verfeinert wird. Neben den wichtigen Orten gibt es am Plan auch Plätze, zu denen es keine entsprechenden Karten gibt, die aber nicht minder unwichtig sind, die einen Orte sind durch grüne, die anderen durch rote Punkte markiert.

Führt man eine Expedition an einen grünen Punkt, so darf man sofort nochmals einen Pfeil legen und zwar bei einer, wenn man will, anderen Expedition. Erreicht man hingegen einen roten Punkt, dann erhält man dafür einen Reisegutschein, von denen man bereits zu Beginn drei besitzt. Jeder Reisegutschein erlaubt es, eine von drei Möglichkeiten auszuführen:

a) einen weiteren Pfeil zu legen,

b) den letzten Pfeil einer Expedition wieder vom Plan zu nehmen und

c) eine seiner Karten austauschen.

 

Diese Gutscheine sind, das merkt man sehr bald, sehr sehr wichtig und daher darf man pro Runde auch nur zwei davon einsetzen.

Sobald jemand alle Karten ablegen konnte, endet das Spiel - nur gewonnen hat er noch keineswegs, auch wenn die anderen für jede nicht erledigte Aufgabe Minuspunkte erhalten. Der Grund dafür sind die öffentlichen Aufträge. Das sind sechs Karten, die offen ausliegen und von jedem Spieler erfüllt werden können. Wer immer also eine Expedition zu einem Ort zieht, der als öffentlicher Auftrag ausliegt, darf diese Karte an sich nehmen, so er es überhaupt merkt. Danach werden die öffentlichen Aufträge wieder auf sechs Karten ergänzt.

 

Die erste Partie wird sicherlich etwas zäh verlaufen, da man große Probleme hat, die entsprechenden Orte am Spielplan zu finden. Dies war schon bei »Abenteuer Tierwelt" ein Problem, ist es aber hier noch mehr. Zwar besitzen die Felder, die zu den entsprechenden Örtlichkeiten gehören, je nach Kontinent eine andere Farbe, die auch auf den Karten wieder auftaucht, doch ist das zuwenig. Auch die Bilder, die sowohl auf Karten als auch verkleinert am Spielplan abgedruckt sind, helfen hier wenig, weil der Spielplan voll davon ist, sie zu klein und zum Teil auch etwas zu dunkel sind. Doch schon bei der zweiten Partie, und es wird mit Garantie nicht die letzte bleiben, weiß man schon, wo der Tempel in Angkor oder die Felsenmalereien in Arnhelmland zu finden sind.

 

Und nun kann man sich auf das wesentliche konzentrieren. Gewonnen wird eine Partie "Expedition" nämlich meist durch geschicktes Ausnützen der oben erwähnten grünen und roten Sonderfelder sowie der Reisegutscheine. Besonders im Südatlantik und dem südlichen Indischen Ozean kommen diese so gehäuft vor, dass man hier schon ganz genau überlegen muss, um das Optimum herauszuholen. Und noch etwas sollte man dabei beachten.

 

Normalerweise darf man ja bei einer Expedition nicht abzweigen, sondern muss immer an deren Ende anlegen. Wenn es nun aber gelingen sollte, die Expedition zu schließen, dann darf man sofort einen weiteren Pfeil anlegen und zwar an einem beliebigen Punkt der Expedition. Dies ist oft der einzige Weg, um doch noch einen Ort zu erreichen, dann man nie mehr zu erreichen glaubte. In einer Variante wird das dann etwas eingeschränkt, doch mag ich das nicht so sehr, weil mir dieses völlige auf den Kopf stellen der bisherigen Situation viel besser gefällt.

 

Dies ist auch deshalb notwendig, weil das Gegeneinander bei "Expedition" etwas mehr vorherrscht als bei "Abenteuer Tierwelt". Der Grund dafür ist darin zu suchen, daß jeder Spieler drei seiner Ziele bekanntgeben muß und durch Chips am Spielplan markiert. Daß man eine Expedition natürlich möglichst daran vorbeiführt, wenn es sein muß, auch durch den Einsatz von Reisegutscheinen, versteht sich von selbst. Besonders brutal wird das bei jener Variante, bei der überhaupt alle Reiseziele bekannt sind, auch wenn man diese selbst auswählen durfte.

 

Aber wie auch immer, egal in welcher Variante gespielt, "Expedition" macht einfach Spaß und gehört für mich zum Besten, was Wolfgang Kramer geschaffen, und zum Bewsten, was es auf dem Sektor der anspruchsvollen Familienspiele zu finden gibt. Ob man nun als Besitzer eines "Abenteuer Tierwelt" unbedingt die Neuausgabe kaufen muß, weiß ich nicht, da ich nicht die Zeit hatte, mein Exemplar herauszusuchen und mit dem neuen Spiel zu vergleichen.

 

Allen jenen aber, die das alte Spiel nicht ihr Eigen nennen, kann ich die Neuauflage "Expedition" nur wärmstens ans Herz legen.