UNSERE REZENSION

 

Samurai und Händler

 

EDO

 

Macht und Einfluss in Japan

 

 

Spieler sind heute sehr anspruchsvoll, vor allem wenn sie schöne Spiele gespielt mit attraktiven Brettern gespielt haben; bei so vielen Spielen, die jedes Jahr erscheinen, glaube ich dass Grafik immer wichtiger wird, da man manches Mal nur einen Blick auf ein neues Spiel wirft und es verwirft, ohne es auszuprobieren, weil es nicht gut ausschaut.

 

Ich habe EDO nur gekauft weil Freunde mir gesagt haben, dass es nett sei, irgendwo zwischen Familienspiel und komplexeren Spielen. Als ich die Schachtel zum ersten Mal aufgemacht habe, wurde ich durch das Brett ein wenig getäuscht: Ein großes Kartonviereck mit ein paar farbigen Kreisen, verbunden durch ein Netzwerk an Straßen. Das Brett erinnerte mich in erster Linie an die alten „Flipper“ Maschinen die in meiner Jugend die Bars und Cafés bevölkerten.

 

Aber der erste Eindruck mag falsch sein, also probieren wir das Spiel zuerst und kritisieren dann; ich kann gleich sagen, dass das Ergebnis nicht allzu enthusiastisch ist, aber das Spiel hat einige Ziele und wir kümmern uns nicht um den völlig fiktiven und für exotisches Flair dem Spiel aufgesetzten Hintergrund (Japan 1603-1868).

 

Vieles vom Material ist “klassisch”: Jeder Spieler (Daimyo) bekommt einen Satz von 7 kleinen farbigen Häuschen (vom Typ Funkenschlag), 1 Handelsposten und 5 Figuren (Beamte/Samurai), dazu 10 Münzen (Ryo), 3 Spezialplättchen (Erlaubniskarten), eine Zusammenfassung, ein Planungstableau (schwere Kartonblätter mit einem Mittelschlitz für die Erlaubnisplättchen) und einen Wertungsmarker.

 

Die Schachtel enthält noch 60 Rohstoffe (Holzsteine für Reis, Holz und Stein), 12 neutrale Beamte, 8 neutrale Festungen, 10 Händler-Plättchen, 12 Sondererlaubniskarten, Münzen in verschiedener Stückelung (1-2-5-10-60 Ryo), 24 Profitplättchen und einige Spezialmarker (Startspieler, Händler, Abdeckplättchen).

 

Das Brett ist doppelseitig – eine Seite (für 2 oder 3 Spieler) zeigt vier Städte (Edo in der Planmitte und drei andere Städte darum herum), sechs “Zugangsfelder” für den Samurai und 15 kleinere Farbkreise (3 blaue Flussfelder, 6 gelbe Reisfelder, 3 braune Wälder, 3 graue Steinbrüche und 3 weiße Straßen). Die andere Seite des Plans zeigt sieben Städte (Edo natürlich in der Mitte)und die gleiche Anzahl zusätzlicher Kreise, verbunden mit einem Netzwerk von Straßen. Jede der Städte ist von 10 Feldern umgeben, wo die Spieler ihre Häuser und Handelsposten bauen werden, um Geld und Machtpunkte zu verdienen (MP).

 

Vor Beginn der ersten Runde muss man das erste Händlerplättchen aufdecken (für diesen Zug aktivieren), damit erscheint auch das nächste so dass jeder im Voraus weiß welche Handelsmöglichkeiten in der nächsten Runde zur Verfügung stehen. Dann können die Spieler entweder ein Haus in eine leere Stadt stellen oder eines von fünf Rohstoffpaketen nehmen, die gratis angeboten werden (mit einer Mischung aus Rohstoffen und/oder Geld). Wählt man ein Paket, darf man dann als zweite Gratis-Aktion ein Haus in eine leere Stadt stellen, aber hat man schon ein Haus gebaut, muss man eines der restlichen Pakete nehmen.

 

Der Spielablauf ist sehr einfach:

-          Man programmiert geheim drei Aktion

-          Man führt diese Aktionen aus

-          Man erhält Rohstoffe und Einkommen

und wiederholt diese Abfolge bis ein oder mehrere Spieler mindestens 12 MP gesammelt haben oder bis der Stapel der Händler-Plättchen verbraucht ist.

 

Die Programmierungsphase ist der originelle Mechanismus im Spiel: Man bekam zu Beginn drei quadratische Erlaubniskarten, die jeweils vier verschiedene Aktionen zeigen. Zum Programmieren steckt man die drei Karten in das Planungstableau, geplante Aktion nach unten. Um die Karten zu aktivieren und damit die entsprechenden Aktionen auszuführen muss man jeder Aktion einen oder mehrere Beamte zuteilen. Einige Aktionen kann man nur einmal pro Runde machen, manche mehrmals (deutlich mittels Piktogramm markiert) und einige erfordern zwei Beamte für eine Aktion.

 

Natürlich sind die Aktionen auf den Erlaubniskarten clever verteilt; man kann keine drei tollen Aktionen programmieren, da sie alle auf der gleichen Karte sind (und man kann nur eine wählen, erinnern Sie sich?) Also muss man sich die Situation am Brett sehr genau anschauen um die Programmierung zu planen; manchmal ist es besser sich eines Bluffs oder “Anschleichens” zu bedienen um die Profite zu maximieren, vor allem, wenn man glaubt dass es irgendwo eine Menge Konkurrenz gibt.

 

Man teilt seine Beamten geheim jeder Karte zu (man kann auch Karten auslassen und sich mit allen verfügbaren Beamten auf eine konzentrieren) und dann deckt der Startspieler seine erste Karte auf und führt die Aktion aus, gefolgt von allen anderen Spielern. Danach deckt der erste Spieler seine zweite Aktion auf und führt sie aus, und so weiter.

 

Verfügbare Aktionen sind:

 

Erlaubniskarte Nr. 1

-          Geld (maximal vier Aktivierungen), man bekommt 5 Ryo pro Beamten

-          Reis (maximal 4), man bekommt 1 Reis pro Beamten

-          Bauen mit 2 Beamten (maximal 2); man kann ein Haus oder einen Handelsposten in einer Stadt mit eigenem Samurai bauen, aber nur wenn man pro Gebäude zwei Beamte bei der Karte und einen Samurai in der Stadt hat.

-          Holz (maximal 4): man bekommt 1-2-3 Holz wenn man einen Samurai in einem Waldfeld hat.

 

Erlaubniskarte Nr. 2

-          Reis (maximal 4): man bekommt 1-2-3 Reis wenn man einen Samurai in einem Reisfeld hat

-          Anwerben (maximal 1): man bekommt einen Neutralen Beamten

-          Stein (maximal 4): man bekommt 1-2-3 Stein wenn man einen Samurai in einem Steinbruchfeld hat

-          Bauen mit einem Beamten (maximal 4); man kann ein Haus oder einen Handelsposten in einer Stadt mit eigenem Samurai (man braucht 1 Beamten und einen Samurai pro Gebäude)

 

Erlaubniskarte Nr. 3

-          Reise (maximal 3): Man kann einen Beamten auf den Plan setzen, er wird zum Samurai, oder bis zu 2 Samurai auf dem Brett bewegen

-          Reis (maximal 4): man bekommt 1-2-3 Reis wenn man einen Samurai in einem Reisfeld hat

-          Entwicklung(maximal 1): Man kann für 5 Ryo eine Sondererlaubniskarte kaufen

-          Handel (maximal 2): Man bekommt 1 MP oder 1 oder mehrere Ressourcen wenn ein oder mehrere Samurai in einem Feld mit dem Händler stehen

 

Wie man sieht, ist Reis der einzige Rohstoff, der in jeder Erlaubniskarte vorkommt und wir werden später sehen warum Reis so wichtig ist. Man hat auch Bauen auf zwei verschiedenen Karten. Alle anderen Aktionen sind nur einmal vorhanden … au0er man kauft sich mit der Entwicklungsaktion einige Sondererlaubniskarten, auf denen man dieselben Aktionen findet, allerdings stärker, zum Beispiel 10 Ryo anstatt 5; die doppelte Menge oder Steinen und/oder Holz; ein Reis mehr wenn man Reis wählt, etc., zusammen mit einigen neuen Möglichkeiten (z.B. verkaufe eine Erlaubniskarte für 30 Ryo; kaufe drei Reis für 7 Ryo, etc.) Zu beachten ist, dass die Sondererlaubniskarten nur zwei Aktionen pro Karte haben anstatt vier.

 

Bevor man eine seiner Aktionen aufdeckt, darf man den Samurai oder den Händler auf dem Plan bewegen, für den Preis von 1 Ryo pro Feld. Das ist enorm wichtig, da man die meisten Rohstoffe nur bekommt wenn man den Samurai im entsprechenden Feld stehen hat. Reisfelder, Wälder und Steinbrüche bieten eine Anzahl Rohstoffe in Relation zur Anzahl der Samurai in den entsprechenden Felder; gibt es nur einen dort, gibt es drei Rohstoffe, mit 2 Samurai zwei Rohstoffe und bei 3 Samurai nur mehr einen. Natürlich ziehen manchmal „nette“ Mitspieler ihren Samurai in so ein Feld um die Profite für andere Spieler zu verringern. Man darf den Samurai for einer Aktion bewegen und dann denselben Samurai in ein anderes Feld ziehen, bevor man eine andere Aktion ausführt, usw.

 

Es ist unerlässlich mindestens 2 Samurai ständig am Plan zu haben … aber man muss sie ernähren, daher bezahlt man am Ende jedes Zuges 1 Reis pro Samurai oder nimmt einige oder alle zurück auf die Hand – dazu kann man gezwungen sein, wenn man nicht genug Reis im Vorrat; daher ist Reis der allerwichtigste Rohstoff und daher ist Reis auf allen drei Standard-Erlaubniskarten vertreten.

 

Um ein Haus oder einen Handelsposten in einer Stadt zu bauen muss man eine Bau-Aktion planen und einen Samurai für jeden Bau in der Stadt haben; wenn man, zum Beispiel, zwei Häuser in Edo bauen will muss man eine der Baukarten mit zwei oder vier Beamten spielen und zwei Samurai nach Edo bewegen. Dann bezahlt man die Baukosten mit Rohstoffen und Geld; jedes Haus kostet 1 Stein, 2 Holz und 5 Ryo, die Kosten für den Handelsposten sind 5 Holz und 15 Ryo. Dann setzt man das Gebäude in das erste freie Feld rund um die gewählte Stadt und bekommt sofort einige MP (1 MP für jedes Haus oder 2 MP für den Handelsposten). Hat eine Stadt schon mindestens zwei Gebäude egal welcher Farbe kann man auch eine Festung bauen, für 5 Stein und 20 Ryo, für den Gewinn von 3 MP.

 

Handel kann eine interessante Aktion sein; um sie zu nutzen muss man die Handelserlaubnis ins Planungstableau setzen und den Händler und/oder einen Samurai ins gleiche Feld ziehen. Dann kann man für jeden Beamten eine der beiden verfügbaren Handelsaktionen auf dem Händler-Karte nutzen; Ryo im Tausch für Rohstoffe zahlen oder Ryo für 1 MP oder Rohstoffe für 1 MP bezahlen. Kann man den Händler in eine Stadt mit Handelsposten und Samurai ziehen, kann man beide Aktionen auf der Händlerkarte ausführen.

 

Haben alle Spieler ihre Aktionen ausgeführt, müssen sie sich entscheiden ob und wie viele Samurai sie am Plan belassen wollen und die entsprechende Menge Reis bezahlen. Und dann gibt es endlich etwas Geld. Jede Stadt gewährt Einkommen für die Spieler die dort Gebäude gebaut haben; der Betrag wird unter diesen Spieler entsprechend ihrem Einfluss in der Stadt aufgeteilt. Jedes Haus liefert einen Einflusspunkt (EP), und jeder Handelsposten 2 EP. Festungen gehören niemandem, sie sind neutral und liefern nur die drei saftigen MP. Der Spieler mit den meisten EP bekommt den größten Anteil am Geld, der Rest geht an die Spieler mit den zweit- und drittmeisten EP. Der Gesamtbetrag und die Größe der Anteile werden zu Spielbeginn durch zufälliges Auswühlen der Profitkarten für Edo (in rosa) und für die anderen Städte (hellgrün) festgelegt. Zum Beispiel: Edo bekam eine Karte mit  12 / 10 + 4 / 8 + 6 + 2: das heißt, dass ein Spieler der allein in Edo steht, 12 Ryo bekommt; sind es zwei Spieler bekommt derjenige mit den meisten EP 10 Ryo und der andere nur 4; bei 3/4 Spielern in Edo bekommt der erste 8 Ryo, der zweite 6 und der dritte nur 2.

 

Die Runde endet mit dem Abwerfen der aktuellen Händler-Karte, Aktivieren der nächsten und Aufdecken einer weiteren Händler-Karte vom Stapel. Und alles beginnt von vorne.

 

Das Spiel endet wenn am Ende eines Zuges mindestens ein Spieler 12 MP erreicht oder überschreitet oder wenn die letzte Händler-Karte abgeworfen wird. Wenn man nun nicht mindestens ein Haus in Edo gebaut hat, hat man automatisch verloren.

Alle  anderen addieren zum bisherigen Ergebnis

-          1 MP für jeden Samurai auf dem Plan

-          1 MP pro 50 Ryo

und es gewinnt offensichtlich der Spieler mit den meisten MP.

 

Die ersten zwei oder drei Spiele haben gemischte Gefühle hinterlassen: “Und wieder ein Worker Placement Spiel mit ein wenig Pep, okay, aber nichts Besonderes.” Und dann haben wir bemerkt dass die Händler-Karten enorm wichtig sind um zu Beginn zusätzliche Rohstoffe und im Mittel- und Endspiel zusätzliche MP zu bekommen.

 

Das Rennen um die zusätzlichen neutralen Beamten schien zu Beginn wirklich wichtig … aber wir haben bald bemerkt dass 1 oder 2 ausreichend sind und dass es besser ist, um die Sondererlaubniskarten zu kämpfen um flexibler zu sein.

 

Dann haben wir entdeckt dass das als Erster in einer Stadt bauen, die eine interessante Profit-Karte hat, einem zusätzliches Geld bringen kann, bevor die anderen ankommen – aber wir haben auch bemerkt dass der Bau eines Hauses in der Stadt eines anderen Spieler dessen Profit signifikant verringerte.

 

Kombinationen sind auch wichtig: Man kann seine drei Erlaubniskarten so programmieren, dass Kettenaktionen entstehen und den Profit oder die MP erhöhen.

 

In der Mitte des Spiels entsteht ein Wettstreit um die Kontrolle der Städte; man bekommt nicht nur 1 MP pro Haus, aber man kann mit Einfluss in der Stadt mehr Geld bekommen … und so weiter.

 

Ich muss zugeben, dass Edo eine Lernphase von mindestens vier bis fünf Spielen braucht, bevor man es richtig genießen kann. Und man muss die Aktionen optimal programmieren, und immer die Möglichkeiten der Gegner im Auge behalten einen selbst zu behindern (z.B. man wollte mindestens zwei Holz aus einem Wald holen, aber wenn man drankommt, sind dort 3 Samurai und man bekommt nur einen Rohstoff, außer man hat die Spezialaktion mit +1 Rohstoff verwendet, usw.)

 

Ok, ein weiteres Worker Placement spiel … aber mit ordentlich Pep!

 

Spieler: 2-4

Alter: 12+

Dauer: 60+

Autor: Louis und Stefan Malz

Grafiker: Claus Stephan, Marko Fiedler

Preis: ca. 45 Euro

Verlag: Queen Games 2012

Web: www.queen-games.de

Genre: Worker Placement

Zielgruppe: Mit Freunden

Version: de

Regeln: de en es fr jp nl ru

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Gute Regeln

Mehrere Spiele zum Ausloten der Möglichkeiten nötig

Lupenreines Worker Placement

Thema eher aufgesetzt

 

Vergleichbar:

Yedo und andere Worker Placement Spiele mit einem Japan Thema

 

Andere Ausgaben:

Internationale mehrsprachige Ausgabe, Queen Games

 

Meine Einschätzung: 5

 

Pietro Cremona:

Und wieder ein Worker Placement Spiel, zugegebenermaßen mit Pep, das eine Lernspanne von vier bis fünf Partien braucht, bis man es vollends genießen kann.

 

Zufall (rosa): 0

Taktik (türkis): 3

Strategie (blau): 3

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 2

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0