Handel, Häfen und Halunken

 

Freibeuter der Karibik

 

Auf der Suche nach Rum und Tabak

 

Kid                       

Family          ein    

Friends                 

Expert                           

 

Alter                    

Spezial         1       

 

Seit 2007 macht die Firma Public Solution auf der Nürnberger Messe Werbung für ihre neue Spielkonsole. Da sie auch in Medien ständig präsent waren konnten wir den Verlauf der Entwicklung dieser Idee gut mitverfolgen. Als begeisterter King Arthur und Wer war´s (beide Ravensburger) Spieler habe ich großes persönliches Interesse wie wohl die Geburt dieses Konsolenbabys aussehen wird.

 

Wie bei allen vielbeschäftigten Menschen habe ich die prompt verpasst und bin mir dessen erst bewusst geworden als ein österreichischer Autor, nämlich Alexander Pfister, ein Spiel bei diesem Verlag herausbringen konnte. Zuerst abgeschreckt, da es erst ab 10 Jahren spielbar ist, mein Sohn ist erst 6 und meine Tochter kurz vor dem 5. Geburtstag, war die Begeisterung meines Sohnes für Piraten der Grund, warum ich mir dieses Spiel trotzdem genauer betrachtete.

 

Das Yvio Spielsystem hat eine Spielkonsole, die man separat anschaffen muss (in manchen Spielen ist sie auch schon mit in der Schachtel) und die man dann mit den jeweiligen zu kaufenden Spielen kombiniert. Eine Speicherkarte, wie sie von Fotoapparaten bekannt ist, liegt jedem Spiel bei und wird in die Spielkonsole eingesetzt.

 

Der Spielplan hat in der Mitte vier kleine runde Ausnehmungen, wo man die Konsole arretiert. Auf die Konsole kommt eine so genannter Skin, das ist eine Auflage damit die Felder der Konsole ein zum Spiel passendes Symbol bekommen und so für alle erkennbar sind. Danach braucht man die Konsole nur noch einschalten und sich zurücklehnen. Ich habe noch nie so entspanntes Regelstudium erlebt. Die Konsole nimmt einem alles ab und ist im speziellen für die Regelfaulen unter uns, genau die Methode um sie zum Spielen zu bringen.

 

Es gibt drei Spielstufen, Einsteigerspiel (5 Siegpunkte), normales Spiel (10 Siegpunkte) und Profispiel (10 Siegpunkte und schwerere Gegner). Jeder Spieler bekommt ein Tableau vor sich, auf dem sein Schiff aufgezeichnet ist. Auf dem legt er 1500 Dukaten ab und die Konsole fordert die Spieler, auf ihre Schiffe auf eines der Warenfelder zu stellen, damit sie feststellen kann, wie viele Spieler teilnehmen. Der Spielstein, yvie genannt, den man zuvor unten in das Schiff eingelegt hat, ist der Kontakt zum Spielbrett.

 

Danach kommen alle Schiffe nach San Juan und das Spiel beginnt. Zum Spielplan sei gesagt, dass darauf 8 Häfen um die Konsole angeordnet sind und in 5 dieser Häfen kann man nicht nur mit Waren handeln, sondern auch Erweiterungen für das eigene Schiff kaufen. So bekommt man in Puerto Plata Kanonen, in Kingstown Segel, in Cartagena Matrosen, in Prinzapolca zusätzlichen Lagerraum und in Camarco kann man sich eine Residenz kaufen. Diese Erweiterungen sind zugleich die Siegpunkte.

 

Die Konsole fordert einen Spieler nach dem anderen auf, eine Ware zu wählen und diese in einen anderen Hafen zu bringen. Es gibt 4 verschiedene Waren, Weizen, Holz, Tabak und Rum. In jedem Hafen werden zwei dieser Waren produziert und somit kann man in jeden Hafen nur die Waren liefern, die dort nicht erhältlich sind. Das Warenwirtschaftsystem ist recht einfach gestrickt, die oben genannte Reihenfolge ist auch die Wertigkeit, Rum bringt das meiste Geld. Je weiter weg der Hafen umso größer der Erlös. Wenn ein Hafen eine Ware schon lange nicht mehr erhalten hat, dann kann man damit dort auch größeren Profit machen.

 

Ein einfaches System von Angebot und Nachfrage, das gilt auch für den Kauf der Erweiterungen. Aber wo viel Profit, da sind die Piraten nicht weit entfernt. Bei einer Weizen- oder Holzlieferung tauchen sie nie auf, aber bei Tabak und Rum sind sie immer präsent und man muss so manchen Kampf austragen. Auch hier unterscheidet die Konsole noch zwischen Warenarten, denn bei Rum sind die Piraten um einiges stärker.

 

Die Konsole misst alle Fahrten nach Tagen und berechnet mit ein, wie viele zusätzliche Segel der Spieler hat, denn die machen ihn schneller. Verlorene Kämpfe verringern die Geschwindigkeit und die Reise dauert dadurch länger. So bereist man die Häfen, verkauft Waren und kauft Erweiterungen für sein Schiff.

 

Das Spiel berichtet nach Ablauf jedes Monats, ob und wo die Silberflotte eventuell auftaucht, wo eine Hungersnot herrscht oder ein Sturm die Siedlung verwüstet hat und welche Häfen von Freibeutern belagert werden. Zu Beginn wird immer nur einer belagert, aber mit der Zeit werden es mehr und es ist die primäre Aufgabe aller Spieler diese Häfen zu befreien, denn wenn die Freibeuter 5 dieser Stützpunkte belagern, haben alle Spieler verloren.

 

So weit der eher einfache Spielablauf mit beachtlicher Spieltiefe, zumindest für diese Zielgruppe.  Die ersten 6 Monate sind immer recht einfach und es geht in erster Linie darum, schnell die Basis für die nächsten entscheidenden 12 Monate zu legen. Da sollten die Spieler aber auch ein wenig miteinander kommunizieren, denn wenn alle Kanonen wollen, werden alle verlieren. Kooperatives Spielverhalten ist aber auch im späteren Verlauf wichtig. Wir haben uns immer ausgemacht, wer welchen Hafen befreit, denn sonst erreicht man die 10 Siegpunkte niemals.

 

Die Konsole zeigt in der Mitte immer an, wie viele Kanonen, Matrosen und Segel der Pirat hat und gerade zu Beginn sind die Piraten entweder stark bei den Matrosen oder bei den Kanonen. Aber auch wenn der Spieler mehr Kanonen oder Matrosen oder Segeln hat als der Pirat, heißt das noch lange nicht dass der Spieler den Kampf gewinnt oder mit mehr Segeln fliehen kann. Damit sind wir schon bei dem großen Negativpunkt angelangt, der Programmierung.

 

Ich halte sie im fortgeschrittenen Spielverlauf, also ca. ab dem 8 Monat für teilweise unfair. Ich habe nach ca. 50 Partien immer noch nicht verstanden, in welchem Rhythmus die Häfen von den Piraten belagert werden. Laut Aussage des Autors sind es immer max. 2 Häfen pro Monat, die dazu kommen. Ich habe aber auch schon erlebt dass es drei waren. Wie viele es jetzt auch immer sind, spielt man das Spiel zu zweit, kommt man teilweise gar nicht mehr rechtzeitig in die besetzten Häfen und das Spiel ist schneller zu Ende als man auf die Situation reagieren kann.

 

Auch das Verhältnis, wie man Kämpfe gewinnt oder verliert, ist für mein Dafürhalten schlecht ausgewogen. Als Familienspiel kann es im Normalspielmodus nicht sein, dass ein Spieler drei Mal hintereinander verliert obwohl er der stärkere der beiden Kontrahenten ist. Wir haben nach der 50igsten Partie eher aus Frust keine weitere mehr gespielt, denn wir haben sage und schreibe 4 Partien bis 10 Siegpunkte gebracht und somit gewonnen. Eine einzige haben wir bis 20 Siegpunkte gespielt und das ist auch die höchste zu spielende Marke. Danach endet das Spiel auf jeden Fall.

 

Wie ich aber seitens des Autors und des Verlages erfahren habe, sind sie sich des Problems bewusst und werden ein Update programmieren. Und damit sind wir auch wieder bei einem großen Vorteil dieser Spiellinie. Wenn die Programmierung Fehler hat, dann hole ich ein Update aus dem Internet und spiele es auf die Speicherkarte und alles ist wieder in Ordnung. Ich habe vor kurzen auch ein Spiel auf der Homepage des Verlags gefunden, dass man kostenlos downloaden kann. Das relativiert wiederum die eher hohen Grundkosten für die Konsole.

 

Man kann bei Freibeuter der Karibik viel über die Programmierung meckern und sich auch über das furchtbar kleine Geld aufregen, aber eines ist absolut sensationell: Die Atmosphäre die das Spiel versprüht. Jeder Händler hat seine eigene Begrüßung und auch wenn ein Handel einmal nicht zustande kommt, weil man zuviel gehandelt hat, dann sind die Antworten recht witzig. Am coolsten finde ich Mabu den Kanonenhändler von Puerto Plata, mit seinen „Mabu mag dich“ wenn er den Preis nach unten setzt.

 

Das Kanonengedonner finde ich vom Klang ein wenig metallisch klingend, aber die Kampfschreie der Matrosen, wenn sie sich ins Gefecht stürzen, sind gut gemacht. Die Konsole hat aber auch einen Anschluss, wo man die Boxen anschließen kann, wenn auch in der Anleitung steht, das dies nicht machbar ist.

 

Unterm Strich ist Freibeuter der Karibik mit einem funktionierenden Update ein schönes, atmosphärisches Spiel, das durch einen leichten Regelzugang glänzt und ich kann Alexander Pfister dazu nur gratulieren.

 

Kurt.Schellenbauer@spielen.at

 

Spieler         : 1-4

Alter            : ab 10 Jahren

Dauer          : 60-75 Minuten

 

Autor           : Alexander Pfister

Grafik          : Conrad Krause, Tina Blüher, Thomas Gehlhoff, Jan-Hendrik Röhrs

Preis            : ca. 40,00 Euro

Verlag          : Public Solution 2008

                     www.yvio.com

 

Genre                    : Abenteuerspiel mit Piratenthema

Zielgruppe             : Für Familien

Mechanismen         : Schiffe ziehen, Waren handeln, Piraten bekämpfen

 

Zufall                     : 3

Wissen                  :

Planung                 : 2

Kreativität              :

Kommunikation      : 5

Geschicklichkeit      :

Action                   :

 

Kommentar: 

Spielkonsole erklärt die Regeln

leichter Einstieg

teilweise unfaire Programmierung

Update über das Internet verfügbar

 

Vergleichbar:

Fluch der Karibik 2, Hasbro

 

Atmosphäre: 7

 

Kurt Schellenbauer:

Ein Spiel nicht nur für die ganze Familie, sondern insbesonders für diejenigen, die einen schnellen Spieleinstieg mit wenig Regellesen bevorzugen.