Konflikt
der Zukunft
Neuroshima
Hex
Roboter,
Menschen, Mutanten und Gladiatoren
Dieses
Spiel mit seinem etwas martialisch-futuristischen Äußeren ist mir in Essen
entgangen, auf dem Wiener Spielefest konnte ich es jedoch kennen und schätzen
lernen Beim Öffnen der Schachtel fand ich eine ordentlich aufgemachte
Spielanleitung, ein etwas düsteres Spielbrett mit Hexfeldern und einer etwas
helleren Mitte- und zahlreiche sechseckige Plattchen in 4 Farben, die
verschiedene Armeen darstellen. Das Spielszenario ist ein postapokalyptischer
Konflikt, die Idee dazu stammt von einem gleichnamigen polnischen Rollenspiel.
Meines Erachtens ist der Titel des Spieles nicht sehr gut gewählt, zu abstrakt
und zu wenig griffig. Die Aufmachung ist solide, stimmig und die Regel komplett,
in Deutsch und Englisch erklärt sie Mechanismen klar und präzise und führt auch
Beispiele an.
Jeder
Spieler übernimmt eine Armee, die aus 35 sechseckigen Plättchen besteht, welche
einen Generalstab, Soldaten, Module (Offiziere) und Aktionen darstellen. Die
letzteren lösen Ereignisse aus, die anderen werden reihum auf das Spielbrett
platziert. Die Zusammensetzung der Armeen ist nicht identisch und erfordert
somit unterschiedliche Taktiken: Kampfstärke, Geschwindigkeit, Initiative,
Fernkampftalent, Beweglichkeit, Panzerung und Spezialfähigkeiten sind nicht
gleich verteilt, sodass die Parteien eine jeweils andere Spielweise erfordern. Die
Armeen heißen "Moloch" (Roboter), "Posten" (Menschen),
"Borgo"(Mutanten) und "Hegemonie" (Gladiatorenbanden). Na ja.
Am Beginn
legt jeder Spieler reihum zunächst seinen Generalstabstein auf das Brett,
dieser hat immer "Widerstand" 20 (= Lebenspunkte) und verleiht
angrenzenden eigenen Soldaten Boni für den Kampf, welche von Partei zu Partei
variieren Wer den feindlichen Stab zerstört oder nach der "letzten
Schlacht" den Generalstab mit dem höchsten Widerstand aufweist, hat
gewonnen.
Nun
beginnt das eigentliche Spiel damit, dass von dem grundsätzlich verdeckt
liegenden Armeeplättchen 3 aufgedeckt werden, wobei aber in jedem Zug eines
davon abgeworfen werden muss. Die beiden anderen dürfen aufs Brett beliebig platziert
werden oder wenn es sich um Aktionsplättchen handelt, werden diese nach
Durchführung der Aktion abgeworfen (in die Schachtel). Wer mit den offen
liegenden Hexplättchen zu diesem Zeitpunkt nichts Rechtes anfangen kann, hat
auch die Möglichkeit sie abzuwerfen oder für den nächsten Zug aufzubewahren,
allerdings wird immer nur auf drei offene ergänzt... und damit beginnt die
Tüftelei (meist inklusive "guter" Ratschläge der Mitspieler):"
wie lege ich den Soldaten, damit er optimalen Schaden macht - leider wirken die
Kampffähigkeiten nur in eine (fallweise auch mehrere) Richtung(en), wo lege ich
an, um eventuell einen Schadensbonus zu erhalten, gibt es gegnerische Einheiten,
die schneller sind und so meinen Kämpfer zerstören, bevor er selbst angreift -
und nie vergessen: Ziel ist letztlich der Generalstab, oder sollte ich nicht
doch zuerst einen störenden "Feind" entfernen ???
Ist das
Plättchen einmal gelegt, darf es nämlich nicht mehr bewegt oder gedreht werden.
Die nun ausliegenden Soldaten haben normalerweise 1 Leben und eine oder mehrere
von 4 Fähigkeiten: ein Schlag {Nahkampf) fügt einem angrenzenden gegnerischen
Hex Schaden zu, ein Schuss geht so weit (auch über eigene Einheiten), bis er
auf den ersten Feind trifft, Panzerung wehrt einen Schaden (aus einer, in
Einzelfällen auch mehreren Richtungen) ab und ein Netz hindert den daneben
Liegenden an jeglicher Aktion, wobei auch dessen eventuelle Boni entfallen. Wie
schon erwähnt weisen Fähigkeiten nur in bestimmte Richtungen und wirken nur
dorthin. Die Offiziere verbessern die Fähigkeiten angrenzender Soldaten, sie
können ebenso angegriffen werden, machen selbst aber keinen Schaden. Während
dieser "Plättchenlegephase" können auch Aktionen gespielt werden,
soferne man solche offen vor sich liegen hat. Diese erlauben nun z.B.
"Bewegung", das heißt Verschieben oder Drehen eines Spielsteines,
beim 'Verdrängen" darf eine angrenzende gegnerische Einheit um 1 Feld weit
weg verschoben werden. Es gibt auch Spezialaktionen mit je nach Armee
verschiedener Verteilung: eine "Bombe" macht 1 Schaden bei jeder
Einheit um den Einschlag herum, die "Granate" vernichtet ein an den
eigenen Generalstab anliegendes Plättchen - egal wie viele Leben dies auch
haben mag -, und der "Scharfschütze" macht eine Wunde bei einem
beliebigen Gegner auf dem Spielbrett. Das wichtigste Aktionsplättchen ist aber
"Kampf“, damit wird eine Schlacht ausgelöst, womit auch der Zug des
Ausspielers endet. Anzumerken bleibt, dass nicht alle Armeen gleich viel
"Kampf“-Steine haben.
Durch das
Auslegen der Offiziere und Soldaten und das Spielen von Aktionen haben die
Spieler immer weniger Plättchen vor sich, während das Brett immer voller wird.
Das Spiel endet, sobald eine Armee das letzte Plättchen aufgedeckt hat, danach
wird diese Runde zu Ende gespielt, dann folgt die "letzte Schlacht".
Während
des Spiels passiert es meist mehrmals, dass das letzte freie Feld belegt wird,
wodurch automatisch eine "Schlacht" beginnt, ebenso wie durch das
Ausspielen des "Kampf“-Plättchens. Ab diesem Moment dürfen keine weiteren
Hexe mehr gespielt werden, jetzt wird die Wirkung aller liegenden Einheiten
überprüft.
Die
"Schlachtphase“ (zum Unterschied von der "Plättchenlegephase") läuft
in mehreren Segmenten ab, jetzt wird nichts mehr gelegt und keine Aktionen
gespielt, sondern nur mehr gemäß der Eigenschaften der liegenden Hexplättchen
vorgegangen: wer wann an der Reihe ist hängt von der "Initiative" der
Kampfer ab - eine auf jedem Plättchen aufgedruckte Zahl von 0 -3. Die höchste
Zahl beginnt, alle Einheiten mit der selben Zahl wirken gleichzeitig: Schiessen
z.B. zwei Schützen mit Initiative 3 aufeinander, sterben sie gleichzeitig, hat
einer der beiden mehr als 1 Leben wird ein "Verletzungsmarker" auf
ihn gelegt, er überlebt aber. Am Ende jedes Segmentes werden getötete Einheiten
entfernt (Ablagestapel) und erzielte Trefferpunkte beim Generalstab auf der
Randleiste abgezogen. Danach folgt das nächst niedere Segment bis
"0", hier teilen zu guter Letzt die Generalstabsplättchen Schaden an
angrenzende Gegner aus. Durch Boni kann die Initiative einer Einheit erhöht
werden, ebenso der Schaden, oder die Eigenschaft verliehen werden, in mehreren
Segmenten anzugreifen, es gibt zusätzliche Leben oder "Sanitäter"
übernehmen die Wunde eines angrenzenden Kampfers, wodurch dieser ein Segment,
oder sogar die gesamte Schlacht überlebt.
Nach dem
Ende einer Schlacht ist das Spielbrett wieder recht leer, es beginnt eine neue
"Plättchenlegephase".
Im richtigen
Moment Spezialaktionen einzusetzen, Boni auszunützen oder einen Kampf
anzuzetteln machen den taktischen Reiz diese Spieles aus. Es ist wesentlich,
die Initiative der Gegnerplättchen im Auge zu behalten - was nützt die stärkste
Einheit mit Initiative 1, die von einem 3er Feind ausgeschaltet wird, bevor sie
zum Einsatz kommt, aber mit einem Sanitäter daneben (-«-1 Leben) sieht die
Sache schon anders aus....
Anfangs
dachte ich ein Schach - ähnliches Spiel vor mir zu haben, der Mechanismus 3
Plättchen ziehen, eines abwerfen bringt aber ein deutliches Glücksmoment in das
Geschehen - es erinnert mich ein wenig an Sammelkartenspiele, wo es ebenfalls
Glückssache ist, die guten Karten im richtigen Moment auf der Hand zu haben. So
behält nicht automatisch immer der beste Tüftler die Oberhand...
Es gibt
mehrere Spielvarianten: 2 Spieler gegeneinander ist die ruhigste,
ernsthafteste, berechenbarste, je 2 Armeen gemeinsam gegeneinander kann recht
schnell vorbei sein, da die verschiedenen Fähigkeiten sich addieren und verheerende
Wirkung zeitigen können (gell Angeli, so schnell kann ein Spiel vorbei sein..),
am meisten jedoch mag ich die Variante jeder gegen jeden zu dritt oder zu
viert. Hierbei gibt es reichlich Interaktion, auch weil jeder sieht, was der
andere aufgedeckt hat... es werden heftig Ratschläge erteilt, wer wie am besten
angegriffen werden könnte....- in der Hoffnung von sich selbst abzulenken.
Ich mag
das Spiel, als "eher aus dem Bauch heraus Spieler“ schätze ich ein
gewisses Glückselement, welches mir auch ohne endloses Nachdenken eine Chance
gibt, außerdem habe ich ein Faible für etwas "boshafte" Spiele, bei
denen manchmal Schadenfreude mitschwingen kann...
Neuroshima
Hex ist schnell erlernt, recht kurzweilig und dauert kaum mehr als 60-90
Minuten, wenn man es einmal kann. Empfehlen kann ich dieses Spiel Jenen, die
Taktisches mögen und gegen eine Prise Glück als Überraschungselement nichts
einzuwenden haben. Freunde eher ausgefallener Spiele von kleinen Verlagen und
Sammler sollten sowieso zugreifen.
Wer zum
Beispiel "Kabale und Liebe" mag (ein im Prinzip völlig anderes Spiel,
aber die Mischung aus Vorausplanung und Glückselement, verbunden mit etwas
Schadenfreude) -und sich vom kriegerischen Szenario nicht abschrecken lässt,
könnte mit Neuroshima Hex einigen Spaß haben. Sonst fällt mir als Vergleich
noch BattleLore ein.
Manche
meiner Freunde finden dieses Spiel genial, andere mögen die etwas trockene
martialische Atmosphäre nicht, dafür hatten wir dann aber doch meist mehr Spaß,
als das Thema erwarten ließ und reichlich Interaktion mit heftigem Räsonieren,
wie wer gewonnen hätte wenn....
Christoph
Proksch
Spieler : 2-4
Alter : ab
10 Jahren
Dauer : ca.
90 Minuten
Autor : Michael
Oracz
Grafik : Michael
Oracz, Jakub Jablonski
Vertrieb : Fachhandel
Preis : ca. € 28,00
Verlag : Wydawnictwo Portal 2007
www.portalpublishing.eu
Genre :
Kampfspiel
Zielgruppe :
Freunde, Experten
Mechanismen : Plättchen
legen, Auswirkungen abwickeln
Strategie :
***
Taktik :
***
Glück :
**
Interaktion :
*****
Kommunikation : ******
Atmosphäre :
****
Kommentar :
Düstere Ausstattung
Martialisches Thema
Gute Mischung aus viel Taktik und etwas Glück
Vergleichbar:
Kabale und
Hiebe, Battlelore
Christoph
Proksch:
Eine
gelungene Mischung aus Vorausplanung, Glück, Kommunikation und etwas
Schadenfreude, da kann man die trockene martialische Atmosphäre mitnehmen.