NASSAUER
Nassauer
Ein strategisches 'Ökobionatur-Spiel'
um die Pfandflasche
Helmut Dreßler & Manfred Schmidt
2-4 Spieler
1988 Play Net
Auf den ersten Blick kann ein Eingeweihter erkennen,
daß es sich bei diesem Spiel um einen Nachfolger von Glebdo handelt: Die
Spielregel ist im gleichen schnoddrigen Ton abgefaßt, der Spielplan zeigt ein
Gewirr von Straßen und Gasthäusern, das Escher eingefallen sein könnte
(allerdings in Farbe) und die Hinweise, die erst auf den zweiten Blick
ersichtlich sind, sind überdeutlich: -Veste Glebdo 7km" heißt es hier etwa
auf einem Straßenschild. Einer der beiden Vampire aus der Veste lehnt in einer
Ecke und das Kirchentor ist mit Spinnweben zugewachsen. Kein Wunder, denn den
Einwohnern von Buddelbrunn (liegt angeblich wenige Meilen nordsüdlich von Göttingen)
bleibt wenig Zeit zum Beten: Ständig versuchen sie, die leeren Bierflaschen,
die sie im Keller haben, gegen volle umzutauschen. Das ist aber gar nicht so
einfach, denn zwei bleiche Gestalten die überall Lokalverbot haben versuchen
bei den biederen Biertrinkern zu nassauem (für Österreicher: sie
anzuschnorren).
Womit wir beim Thema wären. Die Spielregeln wären
sehr einfach, wenn sie nicht ständig durch irgendwelche Scherze künstlich
verkompliziert würden. Jeder Spieler (In den Regeln wird von "Spielerpersönlichkeiten,
abgekürzt S.P." gesprochen), erhält ein Haus und eine Kiste voller
Leerflaschen zugewiesen. Viele volle Flaschen (bitte keine falschen
Assoziationen) werden auf die Gasthäuser ("Spelunke zur trunkenen
Unke", "Barbier-Bier-bar" etc.) und den Hof der Buddelbrunner
Privatbrauerei verteilt. Man bewegt seine Figur ein Feld weit (Felder können
hier ganz schön groß sein) und danach einen der beiden Nassauer ebenfalls ein
Feld. Landet man mit seiner Figur in einer Gaststätte oder dem Hof der
Brauerei, so kann man die leeren Flaschen der Bierkiste gegen volle
vertauschen. Die vollen Flaschen müssen nach Hause gebracht werden, wo sie erst
sicher sind. Denn: Zieht ein freundlicher Zeitgenosse einen Nassauer auf das
Feld einer S.P., so holt sich dieser eine volle Flasche aus der Kiste.
Daraufhin ist er zwar für eine ganze Runde unansprechbar (darf nicht bewegt werden),
aber der angerichtete Schaden ist unübersehbar: Die volle Flasche scheidet ganz
aus dem Spiel aus. Treffen sich zwei Spieler auf einem Feld, so muß derjenige,
der mehr volle Flaschen in der Kiste hat, eine opfern (austrinken und damit
eliminieren oder in der eigenen Kiste speichern). Wenn die letzte volle Flasche
"geerntet" wurde, geht das Spiel in die Endphase: Jeder Spieler, der
nun keine Flasche mehr in der Kiste hat (weil zu Hause abgeliefert oder
leergesoffen), beendet das Spiel, seine Figur wird aber zu
einem zusätzlichen Nassauer, der auf die übriggebliebenen
Bierbesitzer gehetzt werden kann. Wer die meisten Flaschen in seinen Keller
bringen konnte, gewinnt.
Mein persönlicher Eindruck von diesem Spiel ist ein
etwas zwiespältiger: Zunächst finde ich den Spielmechanismus hervorragend, aber
die vielen sprachlichen Kapriolen in der Spielregel stören etwas. Außerdem
finde ich den Spielplan zwar wunderschön, aber unübersichtlich - Anfänger haben
gegenüber geübten Spielern gewaltige Nachteile. Den Exkurs warum Nassauer
Nassauer heißen, fand ich hochinteressant und, weil nicht in die eigentliche
Spielregel eingebunden, auch nicht fehl am Platze. Alles in allem ist Nassauer
ein vergnügliches Spiel für vier Personen, bei dem das Köpfchen stärker
beansprucht wird als die Leber.
WlN-Wertung:
* Nassauer SS II UUU AA 4 (2-4) m