Wer hat mehr
Wer hat mehr?
von Alan R. Moon
3-6 Spieler 1990,
Bid & Bluff
Autor unbekannt
2-6 Spieler
1971, 3M
Hölzeln
Autor unbekannt
4-6 Spieler
Kein Verlag
WER HAT MEHR ist ein neues Kartenspiel aus der
"Hit-Serie" von Piatnik, das zwar von der Spielanlage her an
Bekanntes erinnert, jedoch zwei wichtige Unterschiede beinhaltet: Erstens
spielt man hier nur mit drei Farben und zweitens gibt es von jeder Farbe die
Werte 1-20. Die Bilder zeigen die klassischen Typen des Hippokrates: den
Sanguiniker (gelb), den Choleriker (rot) und den Phlegmatiker (blau). Die
Zeichnungen der Figuren wurden von Wolfgang Rieder im Stil der 50-er Jahre
angefertigt (ein Mitspieler bezeichnete den Sanguiniker scherzhaft als
"Fünfzigerjahre-Ausgabe von Max Headroom"). Außerdem enthält die
Schachtel noch 24 (in unserem Fall sogar nur 23) schwarze Pastikchips, auf die
rote blaue, gelbe und graue Aufkleber erst mühsam aufgebracht werden müssen.
Das Spielprinzip ist dem geübten Österreicher nicht
unbekannt: bei "Wer hat mehr?' handelt es sich um ein Stichspiel, es
besteht Farb-, aber weder Stich- noch Atoutzwang. Atout wird durch ziehen einer
von vier speziellen Karten ermittelt: diese
zeigen die drei Farben (aber ohne Zahlenwert) sowie
den Melan
choliker (grau). Wird der Melancholiker gezogen, so
spielt man ohne Atout. Es wird eine von der Spieleranzahl abhängige Zahl von
Runden gespielt: in der ersten Runde erhält jeder Spieler drei Karten, in der
zweiten Runde vier etc. Neu ist jedoch das System der Wertung: Jeder Spieler
muß anhand seines Blattes eine Ansage machen. Glaubt er, am Ende der Runde mehr
rote Karten in seinen Stichen zu haben als jeder andere Spieler, so legt er den
roten Chip offen auf, dio bei blau und gelb. Der graue Chip bedeutet, daß man
die wenigsten Karten überhaupt
in den Stichen haben wird, Mehrfachansagen sind
möglich.
Danach werden die Stiche heruntergeklopft und die
Runde nach
einem eigenwilligen Punktesystem abgerechnet: eine
erfüllte Ansage bringt fünf Punkte plus die Anzahl der entsprechenden Karten in
den eigenen Stichen. Ist die Ansage umgefallen, so erhält man fünf Minuspunkte.
Eine graue Ansage bringt soviele Plus- oder Minuspunkte, wie Stiche in dieser
Runde gespielt wurden. Wer am Schluß die meisten Punkte erzielen konnte,
gewinnt. Leider ist mein persönlicher Eindruck von diesem Spiel nicht sehr
positiv. Dadurch, daß es nur drei Farben gibt, ist die taktische
Variationsbreite nicht besonders groß, das Fehlen von Stich- und Atoutzwang tut
ein Übriges, um keinen rechten Spielspaß aufkommen zu lassen. Das
Abrechnungssystem enthält meiner Meinung nach auch einen Fehler: Durch die
Einbeziehung der Kartenanzahl in die Punktezahl entsteht eine große Lastigkeit
in Richtung der späten Runden - Umfaller am Beginn zählen wesentlich weniger
als am Schluß. Ein weiteres Problem sind die kleinen Ansagechips: Geübte
Kartentippler haben sämtliche Bewegungen während des Spieles bereits auto
matisiert und ins Unterbewußtsein verlagert, dararus resultiert ein häufiges
auf-dem-Boden-herumkriechen, um beiläufig vom Tisch gewischte Chips zu finden.
Wer die Kontaktlinsen- Geschichte von Ephraim Kishon
gelesen hat, der weiß, was ich meine. Es ist sehr gut möglich, daß dieses
Spiel, dessen Autor ja ein Amerikaner ist, in den USA ungewohnt und daher
interessant ist, österreichische Kartenspieler reißt es keineswegs vom
Stockerl.
Ein Spiel, das dem eben besprochenen nicht unähnlich
ist, obwohl man nicht von einem Vorläufer sprechen kann, ist BID & BLUFF
von 3M. Dieses Spiel ist nicht in einer der bekannten 3M- Verpackungsformen
verstaut, sondern in einer 11x11x21cm (Ixbxh) großen Schachtel aus geradezu
kriminell dünnem Karton. In dieser Schachtel findet sich neben viel Luft
(dieses Problem ist nicht neu) ein Spielplan aus dünnem, abwaschbarem Kunststoff,
der durch die Tatsache, daß er fünfmal gefaltet ist, den ambitionierten
Spielern keine Chance gibt, ihn völlig eben auf den Tisch zu legen. Dieser
Spielplan ist in quadratische Felder unterteilt und stellt eine Laufbahn mit
einigen unpassierbaren Feldern und einer "do or die-zone" vor dem
Ziel dar. Weiters enthält die Schachtel sechs große Holzwürfel (3x3x3cm), die
vor dem ersten Spiel mit Aufklebern mit den Zahlen 1-5 (eine Seite bleibt frei)
dekoriert werden müssen und, als das zentrale Element des Spieles, ein Paket
Karten mit den Werten 1-10 in fünf Farben. Die Qualität der Karten ist gut,
wenn auch nicht umwerfend.
Zu Spielbeginn stellt jeder Spieler seinen Würfel
auf eines der Startfelder; danach erhält jeder acht Karten und die oberste Karte
des Reststapels wird aufgedeckt, um Atout zu bestimmen. Anschließend macht
jeder Spieler, beginnend links vom Geber, eine Ansage, wieviele Stiche er zu
machen gedenkt. Die Ansage muß zwischen 0 und 5 Stichen liegen, als Notation
wird der Würfel auf seinem augenblicklichen Platz so gedreht, daß die
entsprechende Seite nach oben zeigt. Danach werden die Stiche gespielt, wobei
Farb-, aber weder Stich- noch Atoutzwang besteht.
Nachdem alle Stiche gespielt wurden erfolgt die
Punktewertung. Der Spieler links vom Geber beginnt und setzt seinen Würfel um
so viele Felder auf dem Spielplan weiter wie er Stiche gemacht hat. Stimnit die
Anzahl der gemachten Stiche mit der Ansage überein, darf er drei zusätzliche
Felder vorrücken. Gezogen wird waagrecht und senkrecht, bei vier oder mehr
Spielern auch diagonal. Sperrfelder und gegnerische Würfel dürfen dabei nicht
übersprungen werden. Danach folgen alle weiteren Spieler im Uhrzeigersinn.
Ist die Abrechnung beendet, wechselt der Geber und
nun werden sieben, in der nächsten Runde sechs etc. Karten pro Nase ausgeteilt.
Nach der Runde mit einer Karte folgen wieder zwei, drei etc. Befindet man sich
mit seinem Würfel in der "do or die- Zone", so rückt man nur vor,
wenn man die Anzahl der Stiche genau vorhergesagt hat und selbst das ohne den
Drei-Felder-Bonus (Ausnahne: 0 richtig angesagte Stiche bringen 1 Feld).
Wer seinen Würfel als erster über die Ziellinie
bringt, ist der Sieger.
HÖLZELN heißt ein Kartenspiel, das wir während
meiner Mittelschulzeit oft in Freistunden gespielt haben. Man benötigt dazu ein
Paket Karten, als da wäre:
Bei vier Spielern 36 Blatt (6-As), bei fünf Spielern
52 (halbes Rommeblatt ohne Joker) und bei sechs Spielern 54 Blatt (zusätzlich zwei
unterscheidbare Joker oder einen Joker und eine Leerkarte), weiters eine
Schachtel Streichhölzer oder ähnliche Dinge, um Stiche markieren zu können
(Münzen als Markierungschips wären in der Schule verfänglich gewesen, obwohl
diese vom Spiel heer sowieso nie den Besitzer wechseln können), sowie Papier
und Bleistift.
Der Geber der ersten Runde teilt an jeden Spieler
neun Karten aus, Herz ist immer Atout (beim Spiel zu sechst haben die beiden
zusätzlichen Karten die Werte Herz-1 - nicht As! - und Herz-0). Dann versucht
reihum jeder Spieler die Anzahl seiner Stiche vorherzusagen, indem er die
entsprechende Anzahl Streichhölzer gut sichtbar vor sich hinlegt. Der Geber,
der als letzter seine Ansage macht, hat ein kleines Problem: Er darf mit den
Streichhölzem, die er nimmt, die Gesamtzahl der genommenen Hölzchen nicht
gleich groß wie die Anzahl der Stiche in dieser Runde machen. Beispiel: Neun
Stiche werden gespielt, die Spieler bis zum Geber haben zusammen sieben Stiche
vorhergesagt. Der Geber darf nun jede Ansage außer "2" machen. Danach
wird ausgespielt, es besteht Farbzwang, allerdings braucht man nicht zu
stechen. Hat man die ausgespielte Farbe nicht, so muß man Atout spielen (falls
vorhanden). Nach dem letzten Stich wird abgerechnet: Nur wer seine Stiche genau
vorhergesagt hat, erhält Pluspunkte und zwar elf pro Stich. Beispiel: Drei
Stiche vorhergesagt, drei gemacht - 33 Punkte. Kein Stich vorhergesagt und
Vorhersage eingetroffen bringt zehn Pluspunkte. Differieren Ansage und
Wirklichkeit, so erhält man für jeden Stich Differenz zehn Minuspunkte.
Beispiel: fünf Stiche gesagt, drei gemacht - zwanzig Minuspunkte (die
theoretischen 33 Punkte für die drei gemachten Stiche werden nicht in Rechnung
gestellt, was zählt ist einzig und allein die Differenz! Auch Überstiche werden
auf die gleiche Weise bestraft.). Danach werden acht Karten geteilt, dann
sieben etc. Nach der "Einser-Runde" steigt die Kartenzahl wieder bis
auf neun Stiche an, dann ist Schluß. Sieger ist der Spieler mit den meisten
Punkten.
Sowohl BID & BLUFF als auch HÖLZELN sind zwei
Spiele, die ich dem erstgenannten vorziehe. Obwohl die Regelwerke einige
auffällige Parallelen zeigen, bestehen doch für den geübten Karten spieler zwei
Unterschiede: Erstens ist BID & BLUFF durch die fünf Farben und das Fehlen
des Atoutzwanges wesentlich leichter zu spielen, was unerfahrenen Spielern den
Einstieg erleichtert. Zweitens hat BID & BLUFF durch die Möglichkeit,
gegnerische Steine zu blockieren, ein Hintertürl, um auf die Punktewertung das
Gegners auch sekundär einzuwirken. Beides jedoch wird von Leuten, diesich
jahrelang nur mit Karten spielerisch, betätigt haben, als störend empfunden, da
diese den Countdown (für Uneingeweihte: Das geistige Herunterzählen des Paketes
während des Spieles) und das Ausspielen der richtigen Farbe komplett im Griff
haben und dem Firlefanz des "mit-den-Würfeln-Blockierens" absolut
nichts abgewinnen können Diese Leute haben HÖLZELN klar höher als BID &
BLUFF eingestuft. Bei den Gelegenheits-Kartenspielern in meiner Spielrunde wie derum
lagen die Sympathien auf der an deren Seite.
P.S: Da BID & BLUFF seit Jahren vom Markt
verschwunden ist, kann man leider den Unterschied nur mehr mit Umwegen selbst
feststellen: Ein Extrakt aus den Karten von GEISTER (Hexagames), den Spielplan
selbst zeichnen, auf einfachen Würfeln den Sechser überkleben, fertig.
WlN-Wertung:
Wer hat mehr WW SS II MM 5-6 (3-6)
Bid & Bluff WW SS II MM
5-6 (2-6) m
Hölzeln W SSS II MMM 5-6 (4-6) m