New York

 

NEW YORK

Sid Sackson und Sven Kübler

2-5 Spieler ab 12 Jahren

45-60 Minuten

Piatnik Spiele, 1995

 

Jahrelang war die graphische Gestaltung der Produkte das Hauptproblem beim größten österreichischen Spielehersteller. Spielerische Perlen wie das letztes Jahr erschienene "Die chinesische Mauer" wurden durch die optische Aufmachung schon fast zum Ladenhüter-Dasein verdammt. Doch die Verantwortlichen von Piatnik scheinen die Zeichen der Zeit erkannt zu aben, denn das neueste Spiel "New York" präsentiert sich in einer wirklich gelungenen Aufmachung.

 

Das Caover zeigt einen Blick über den in Morgenrot getauchten "Big Apple". In der Schachtel im üblichen Piatnik-Format findet sich ein endlich mal stabiler Spielplan. Unschwer ist darauf ein 7 x 7 großes Raster von Gebäuden aus der Vogelperspektive zu erkennen, zumal das Koordinatensystem noch eindeutig benannt wurde: "Avenues" für die Spalten und "Straßen" für die Zeilen. Weiters finden sich noch jede Menge Spielsteine (schlanke, über 2 cm hohe Holzzylinder) in fünf Farben, einige Pappchips (5er und 1er) und ein großer Stapel Karten im Karton.

Der Hauptteil der über 80 Karten sind Straßen- oder Avenuekarten, deutlich an der Rückseite, (leider etwas weniger klar auf der Vorderseite) durch ihre blaue bzw. rote Markierung zu unterscheiden.

 

Abhängig von der Spieleranzahl erhält dann jeder eine gewisse Anzahl an Spielsteinen einer Farbe und Pappchips, aber bevor das eigentliche Spiel anfängt, setzen die Spieler abwechselnd je einen ihrer Steine auf ein leeres Feld des Planes, wobei Steiner gleicher Farbe nur diagonal benachbart sein dürfen. Ungefähr ein Drittel der vorhandenen Steine wird auf diese Weise eingesetzt. Dieses Vor-Spiel dient allerdings nicht dazu, sich selber eine optimale Ausgangssituation zu schaffen, denn die danach zufällig gezogenen Farbkarten bestimmen die Farbe, mit der man dann weiterspielen muß.

 

Die Grundidee des Hauptspiels finde ich sehr interessant. Durch das Ausspielen von je einer blauen und einer roten Karte wird ein bestimmtes Feld benannt, auf welchem dann gebaut werden darf. Zwei Karten von jeder Sorte hat man minesens immer auf der Hand, auch nach dem Ausspielen zieht man vom gemischten Stapel wieder so lange, bis dies wieder der Fall ist. Dadurch, daß es noch 5 Joker gibt, bieten sich jedem Spieler im Durchschnitt nach eigener Erfahrung zwischen 4 und 8 Baumöglichkeiten. Ist das gewünschte Feld bereits von einem fremden Stein besetzt, kann man es vom entsprechenden Mitspieler erwerben. Der Kaufpreis richtet sich danach, wieviele Gebäude dieser SPieler schon in derselben waagrechten oder senkrechten Reihe sein eigen nennt, wobei lediglich der niedrigere Wert mit den Pappchips entrichtet werden muß. Der Mitspieler erhält seinen Spielstein zurück, auf seinen Platz kommt ein eigener. Theoretisch möglich, wenngleich in unseren Runden noch nie passiert, ist auch daß man nur Koordinaten mit eigenen Gebäuden ausspielen kann. In diesem Fall muß man zähneknirschend sein eigenes Gebäude abreißen.

 

Sinn der Bautätigkeit ist es, bei Spielende ein möglichst großes zusammenhängendes Gebiet an eigenen Spielsteinen zu besitzen, wobei nur orthogonale Beziehungen gelten. Apropos Spielende: Der New Yorker Spieleautor Sid Sackson hat sich auch hier einen originellen Mechanismus einfallen lassen. Sobald nur mehr vier Felder frei sind, kommen 2 "Stop"-Karten auf den Ablagestapel. Dieser wird - auch während des Spiels - gemischt, wenn der verdeckte Stapel verbraucht ist, und als neuer verdeckter Stapel verwendet. Zieht ein Spieler dann eine "Stop"-Karte, endet das Spiel sofort. Für die Abrechnung zählen nun für jeden Spieler die Spielsteine des größten zusammenhängenden Gebietes je zwei Punkte, die anderen Spielsteine und die verbliebenen Pappchips nur einen Punkt. Gewonnen hat der Spieler mit der höchsten Punktesumme.

 

Soweit die Theorie, die für mich im ersten Augenblick genial erschien. Leider hat sich dieser erste Eindruck in den Spielrunden nicht ganz bestätigen können. Nicht, daß man zu sehr vom Kartenglück abhängig wäre. Auch wenn ja wirklich zum Teil extreme Ungleichheiten vorkommen (so hat der eine beispielsweise über 10 Karten auf der Hand, während der andere mit nur 4 auskommen miuß), bleibt meines Erachtens nach genug Spielraum für eigene Entscheidungen. Langfristiges Planen ist trotzdem kaum möglich, denn einerseits muß man sich nach der momentanen Kartenhand richten, und andererseits werden eigene Aktionen durch die Mitspieler wieder zumeist rückgängig gemacht. Vor allem bei größerer Spieleranzahl macht sich das bemerkbar.

 

Das Spiel läuft in den meisten Fällen schließlich so ab, daß jeder anfangs versucht, in irgendeiner Ecke eine kleine Anhäufung von Spielsteinen zu erlangen. Dann kommt es zu kleineren Gebietsrangeleien, und vereinzelte Chips wechseln ihren Besitzer. Geht es dem Spielende zu, wird schon etwas genauer gerechnet, welche Aktionen das beste Resultat bringen könnten. Da bleibt aber kein Raum mehr für besonders spektakuläre Taten. Ich werde einfach das Gefühl nicht los, daß man mehr aus der Grundidee hätte machen können. Von Sid Sackson hätte ich mir ein ausgereifteres Spiel erwartet.

 

Für ein Taktikspiel ist "New York" zu glücksabhängig, daran ändert auch die Variante mit den Ereigniskarten nichts. Doch als lockeres Spiel mit dem Motto "Allzuviel Taktieren und Rechnen verboten" weiß es durchaus zu gefallen. Wie sonst ist es zu erklären, daß der Wiederspielreiz innerhalbt meiner Spielrunde inklusive meiner Wenigkeit doch ersteinlich hoch empfunden wurde.

 

Meine WIN-Wertung:

1/2* W S I UU AA 3-4 (2-5) h