Kopf an Kopf

 

Kopf an Kopf.

Von Maria Matheidesz.

2-10 Spieler.

Piatnik 1990.

 

KOPF AN KOPF ist nicht ein "Spiel mit 11 Spielregeln" - wie von der Firma behauptet wird [1 Spiel kann nur 1 Spielregel haben!], sondern ein Spielmaterial für das 11 Spielregeln - genauer: 8 oder 7 Spielregeln plus 3 oder 4 Varianten -vorgeschlagen werden. Dieses Spielmaterial besteht aus drei Sätzen Spielkarten: Diese Sätze sind im Bild identisch - je 110 Portraits (Schwarzweißphotos aus den Fünfziger-Jahren) - und unterscheiden sich nur durch ihre Rückseite. Als Zubehör gibt es noch 4 "Portraitplatfformen", die zum geordneten Aufstellen der Karten dienen.

 

Für dieses Material werden nun folgende Spielregeln angegeben:

1) Kopf an Kopf:

Ein Spieler ordnet eine gewisse Anzahl (verdeckt) von Karten nach seinem Belieben [dazu dienen die "Plattformen"]. Der Gegenspieler hat die Aufgabe, diese Reihenfolge mit seinen Karten - einer identischen Auswahl - nachzubilden, wobei er diese Reihenfolge durch Fragen herausfinden muß, die mit "ja" oder "nein" zu beantworten sind.

Durchführungsvarianten sind:

(a) Je ein Spieler und sein Gegenspieler (oder sogar: seine Gegenspieler) bilden ein Team. Zwei (oder mehr) Teams versuchen gleichzeitig, diese Aufgabe zu lösen. Es siegt das schnellere Team.

(b) Bei zwei Spielern steilt jeder Spieler eine Aufgabe und versucht zugleich die Aufgabe des Partners/Gegners zu lösen.

Es wird abwechselnd gefragt. Bei vier Spielern machen dies zwei Paare gleichzeitig.

(c) Bei drei Spielern stellt ein Spieler die Aufgabe. Die beiden anderen Spieler haben jeweils eine identische Kartenauswahl und fragen abwechselnd

(1A) Reihenfolgen:

(Variante von (1.c):) Es darf nur nach der Reihenfolge - 'Steht Karte A vor Karte B?", "Steht A zwischen X und Y?" - gefragt werden. Die gemeinte(n) Karte(n) dürfen jedoch sogar vorgewiesen werden.

(2) Hoppla, Drillinge!

Drei identische Auswahlen werden verdeckt ausgelegt. Es wird reihum gezogen: Dazu dreht der Spieler drei Karten um - aus jeder Serie eine [verschiedene Rücken!]. Erwischt er dabei drei gleiche Bilder, so nimmt er diese an sich und darf nochmals ziehen. Erwischt er nur zwei gleiche Bilder so darf er entweder dieses Paar an sich nehmen oder weitere drei Karten umdrehen [um eventuell einen Drilling zu ergattern]. Nach dem Zug werden die verbliebenen Karten wieder umgedreht. Ein Zwilling bringt 1 Punkt, ein Drilling bringt 3 Punkte.

(3) Wer bin ich?

Ein Spieler sucht (verdeckt) aus einer Auswahl von (10) Karten ein Karte aus. Sein(e) Gegenspieler hat(haben) dieselbe Auswahl vor sich und versuchen, durch Fragen, die gewählte Karte ausfindig zu machen. Es dürfen nur indirekte Fragen gestellt werden, d.h. es darf nicht nach Details gefragt werden. Variante: Die Spieler dürfen sich die Bilder nur einige Zeit lang ansehen - gespielt wird "aus dem Gedächtnis". Dafür darf nach Details gefragt werden.

(4) Wer fehlt?

Die Spieler versuchen, sich einige Karten gut einzuprägen. Dann wird (verdeckt) eine Karte entfernt. Wer zuerst die fehlende Karte beschreiben kann, bekommt einen Punkt. Es wird mit 8 Karten begonnen, zu denen pro Runde eine weitere Karte dazukommt, bis einmal die fehlende Karte nicht mehr identifiziert werden kann - oder bis 16 Karten erreicht sind.

(5) Doppelgänger.

(Für 3-6 Spieler) Drei identische Serien von 12 Karten (= 12 Drillinge) werden gemischt und verteilt. Hat ein Spieler von einem Porträt alle drei Karten, so wird neu geteilt. Ein Spieler beschreibt eine seiner Karten. Wer diese Karte als erster zu erkennen glaubt spielt sie aus. Hat er recht, so bekommt er die beiden anderen Karten mit diesem Porträt. Hat er die falsche Karte ausgespielt, so kommt es wieder darauf an, wer schneller ist und als erster dasselbe Porträt ablegen kann.

Wer schneller war bekommt alle drei Karten. Das Spiel ist zu Ende, sobald ein Spieler keine Karten mehr auf der Hand hat.

(6) Typisch du!

Wieder werden drei identische Auswahlen (von 10 Karten) benötigt: Ein Spieler ordnet sie nach seinem Gutdünken und

schreibt - in dieser Reihenfolge - zu jedem Porträt ein Wort auf, das seiner Meinung nach zu dem Porträt paßt. Die beiden anderen Spieler/Teams versuchen anhand dieser Wörter die richtige Reihenfolge herauszufinden.

(7) Partner gesucht.

Ein Spieler bildet aus 5 Frauen- und 5 Männerporträts 5 - ihm passend erscheinende - Paare. Die beiden Gegenspieler/Teams versuchen mit jeweils identischen Karten, dieselben Paarungen herauszuf inden.

 

Soweit also die Spielregeln von KOPF AN KOPF. Wie man sieht, handelt es sich dabei nicht um ein Spiel im engeren Sinn (Brettspiel, strategisches Spiel), sondern eher um ein reines Unterhaltungsbzw. Beschäftigungsspiel: Das wird auch in den Spielregeln zu Beginn deutlich gesagt. Den meisten Regelvarianten merkt man auch den Ursprung des Spieles an:

Maria Matheidesz ist Sprachpädagogin und hat ihr Spiel ursprünglich im Unterricht eingesetzt - Köpfe sind einander oft

sehr ähnlich, und sie bieten viele Gelegenheit, bei ihrer möglichst genauen Beschreibungen sprachliche Formulierungen zu üben.

Nun aber zu den einzelnen Spielen/Spielregeln:

(1) und (3) sind praktisch reine Sprachspiele. Bei (4) und (5) sind die Sprach/Beschreibungselemente zwar ebenfalls vorhanden, aber nur mehr sekundär. (6) und (7) sind"psychologische Spiele" und erfordern einige Menschenkenntnis. (2) ist eine Memory-Variante, und auch die Variante zu (3) enthält Memory-Elemente

(Kim-Spiel). (4) ist ein Kim-Spiel. Und bei (5) überwiegt das Reaktionselement. Nur (1A) ist ein (einfaches) Logisches Spiel - es könnte mit beliebigen anderen Karten genauso gespielt werden.

Nur (2) kann ohne Einschränkungen als spielbar bezeichnet werden. Für (6) und (7) müssen einander die Spieler einander ungefähr gleich gut kennen - und der Spieler, der die Aufgabe stellt, muß dabei sehr ernsthaft und - vor allem - absolut ehrlich sein. Sonst wird das Spiel zum reinen Glücksspiel. (Ganz ausscheiden läßt sich das Zufallselement ohnehin

nicht!)

Auch bei (4), und bei der Variante zu (3), ist eine gehörige Portion Fairness vonnöten, wenn es darum geht, zu entscheiden, ob das gesuchte Porträt durch die Beschreibung ausreichend identifiziert ist. Wird ernsthaft (also wettkampfartig) gespielt, könnte ein Schiedsrichter wesentlich sein. [In diesem Zusammenhang wäre es nützlich, wenn die Karten Namen - oder zumindest Nummern - hätten, an denen man sie eindeutig identifizieren könnte.]

Das Problem bei (4) ist, daß es kein eindeutiges Kriterium gibt, wann eine Frage zulässig ist - was also eine "indirekte" Frage ist. Wo liegt der Unterschied [ich zitiere aus den Beispielen] zwischen "Ist Dein Sehvermögen geschwächt?' (Wenn

ja: Brille!) [zulässig] und "Hast Du eine große Nase?~'[nicht zulõssig]? Und was soll das Beispiel: 'Trägst Du gerne Hüte?" - mit der Erklärung: "Wenn ja, hat er vielleicht eine Glatze! [Vielleicht? Vielleicht trägt er einen Hut? Vielleicht keines von beiden?! Warum trägt dann - im anderen Beispiel - der Schwachsichtige nicht auch bloß vielleicht eine Brille???]

Variante (1A) ist uninteressant: Da beide Spieler alle Antworten hören, und die Antworten außerdem nur eine Interpretation zulassen, werden zwei einigermaßen aufmerksame Spieler auch gleichzeitig fertig werden.

Auch (1) hat einen Haken: Wenn die Spieler ihre Fragen unter Verwendung von Umschreibungen elegant/witzig/vage/bissig stellen, dann kann es sicherlich unterhaltsam sein und auch die Beobachtungsgabe schärfen. Wird es jedoch - wie vorgeschlagen - gegen die Zeit (und ernsthaft kompetitiv) gespielt, so wird es rasch zum Skelett schrumpfen: Schaut man genau genug hin, so kann jedes Gesicht durch ein einziges Merkmal von den anderen der Auswahl unterschieden werden. Die Fragen werden somit zu -

möglichst rasch hervorgestoffenen - Stenogramm-Fragen: Offener Mund - obere Reihe? Links? Rechts Mitte? usw. Spiel (7) schließlich ist - wie gesagt - ein Reaktionsspiel: Wer ist schneller? Der jeweilige Fragesteller hat es jedoch in der Hand, das Spiel zu "würzen": Er kann die gemeinte Karte umschreiben, in die Irre führen falsche Reaktionen provozieren, und plötzlich - quasi aus dem Hinterhalt - den entscheidenden Hinweis geben. Der Nachteil dabei: Dieses Verhalten ist reiner Selbstzweck - es beeinflußt den Ausgang des Spiels nicht auf kalkulierbare Weise. Man sollte übrigens nicht bloß drei gleiche Karten in einer Hand vermeiden, sondern auch Zwillinge.

 

Zusammenfassend kann über KOPF AN KOPF daher gesagt werden: Es handelt sich um ein hübsch aufgemachtes Spielmaterial, mit dem sich - in entsprechend gutwilliger Runde - unterhaltsam (und vielleicht sogar anregend) die Zeit verbringen läßt: So gesehen ist es ein nettes Partyspiel. Auch für Kinder-Spielrunden scheint es geeignet zu sein (Ob aber die angegebene untere Altersgerenze von 12 Jahren nicht zu hoch gegriffen ist? Ich könnte mir gerade jüngere Kinder bei diesem Spiel gut vorstellen!) Sicherlich gut geeignet ist es aber für sprachpädagogische Zwecke - dafür wurde es ja auch erfunden!

 

Eine WlN-Wertung ist nur schwer zu geben:

KOPF AN KOPF (je nach Variante:)

(MMM) (PPP) U/UU 2-?

P.S.: Die Regeln zu KOPF AN KOPF sind recht ordentlich, sollten aber doch nochmals überarbeitet werden. Abgesehen von den schon erwõhnten Schwächen in der Spielmechanik sind auch einige Formulierungen unklar: Bei (1.a) ist nur zu erschließen, daß es auf die Zeit - und nicht auf die Zahl der Fragen - ankommt. Bei (1.b) ist der Ablauf für vier Spieler unklar. Bei (2) ist unklar, welche Karten der Spieler nehmen darf, wenn er nach einem Zwilling nochmals drei Karten umdreht: Nur einen Drilling beim zweiten Versuch? Auch einen Zwilling? Einen Drilling in den sechs Karten doch wohl nicht!?

P.P.S.: Bei dieser Gelegenheit könnten die Regeln auch sprachlich etwas geglättet werden! Der ärgste Schnitzer ist die

verwirrende Verwendung von''Zwilling.' und "Drilling" als die zweite und dritte Karte eines Drillings!

P.P.P.S.: Mit KOPF AN KOPF hat Piatnik nach vielen Jahren die früher bestehenden Verbindungen zu Ungarn wieder aufgenommen.