Jetzt mal ehrlich!

 

JETZT MAL EHRLICH

Piatnik, .1991

JETZT MAL EHRLICH - Es geht um das alte, aber ewig junge Thema nämlich den Unterschied zwischen Mannlein und Weiblein. Den Frühreifen unter uns ist das ja schon im zarten Kindesalter im Kindergarten aufgefallen - lang bevor sie wußten, was "le petit difference" bedeutet, geschweige denn, daß sie es richtig aussprechen konnten. Dem Rest machte dieses Thema dann während der Pubertät zu schaffen, und ich kenne manche die Zeit ihres Lebens immer wieder an neuen Testpersonen überprüfen wollen ob sich an diesem Unterschied inzwischen etwas geändert hat. Ein interessantes Thema also, das zumindest 98 % der Menschheit ansprechen sollte (der Rest sind "unheimliche Begegnungen der 3. Art"), und schlußendlich auch den Fortbestand der Menschheit sichert. Aber es sind ja nicht nur die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale, die uns voneinander unterscheiden, sondern auch das Rollenverhalten, das trotz verzweifelter Bemühungen unserer Familienministerien nicht auszurotten ist. Gott sei Dank. Ganze Generationen von Musikern wußten davon "ein Lied zu singen". Egal ob es in der Operette hieß, daß "das Studium der Weiber" schwer sei, oder Wolfgang Ambros klagte "Du vastehst mi net".

 

Und damit bin ich endlich am Kern der Sache angelangt. Wie gut kennen wir wirklich das "andere" Geschlecht. Wollen Frauen tatsächlich "einen Kaiser ihrer Seele" haben, und brauchen laut Grönemeyer "Männer Zärtlichkeit"? Das neue Piatnik-Spiel soll einen Ausweg aus diesem Dilemma bringen. Das heißt, Spiel ist es eigentlich keines, wenn man Spiel mit Wettbewerb gleichsetzt. Es gibt zwar eine(n) Sieger(in), der(die) das meiste Einfühlungsvermögen für das andere Geschlecht aufweist (Casanova müßte fabelhafte Werte gehabt haben), aber für mich war das eigentlich Nebensache daran kann man schon deutlich sehen daß ICH NICHT gewonnen habe. Das eigentliche Vergnügen besteht im Unterhaltungswert der Runden vor der Siegerkür ab, und diese spielen sich folgendermaßen.

 

Jeweils 165 Fragekarten für Frauen bzw. Männer stehen zur Verfüaung, wobei immer 3 Antworten (Dafür bekommt auch jeder Teilnehmer bei Beginn 3 Abstimmungskarten A, B und C.) zur Auswahl vorgegeben sind.

So lautet z.B. eine Frage für die Frau: "Angenommen Sie sind ein Mann, wodurch würden Sie am liebsten Berühmtheit erlangen,

A) durch Ihr Genie

B) durch sportliche Höchstleistungen,

C) durch Ihre Erfolge bei Frauen?"

(Wobei letzteres, wenn es extrem betrieben wird, ja auch schon in Kategorie B fallen könnte, oder muß man dazu genial (A) veranlagt sein?) Man sieht schon, warum ich keine Chance hatte, wenn ich schon bei Fragen meines eigenen Geschlechtes so ins Schwanken komme.

Das Gegenbeispiel - eine Männerfrage:

"Angenommen Sie sind eine Frau - wie wollen Sie am liebsten auf die Männer wirken,

A) als männermordeoder Vamp,

B) als Kumpel, mit dem man Pferde stehlen kann,

C) als anschmiegsame Frau zum Verwöhnen?~'

Nun trifft die "andere Seite" als Jury selbst eine Entscheidung, und diese wird dann mit der Antwort des Kandidaten verglichen. Für Übereinstimmung gibt es Punkte. Gespielt wird bis zu einer bestimmten vorher festgelegten Rundenanzahl.

 

Drei Dinge kristallisierten sich bei meinen Testspielen eindeutig heraus: 1) Die Leute können nicht zuhören - jede Frage mußte mehrmals gelesen werden, oder für eidetisch Veranlagte die Karte sogar herumgereicht werden. 2) Sie können

sich nichts merken. Selbst Antworten, die pro Kategorie aus bloß 2-3 Worten bestanden, sind oft nicht behalten worden und daher mußten ... siehe Punkt 1). 3) Große Probleme hatten die meisten mit der Formulierung "Angenommen, Sie wären ein(e) Mann(Frau)~. Mit dem Umdenken gab es immer wieder Schwierigkei-

ten. Ich würde die Frage eher so gestalten: Wodurch erlangen Männer am liebsten Berühmtheit, oder Wie wirken Frau-

en am liebsten auf Männer?

Zur Ausstattung wäre festzuhalten, daß sie sehr solide ausgefallen ist, vielleicht die Schachtel etwas zu hoch, aber das liegt wohl daran, daß man ein Universalformat nehmen mußte. Der Einsatz ist mit dem Noppensystem versehen, der das Herausfallen der Karten verhindert, oder zumindest erschwert. Der beigelegte Punkteblock mit ca. 100 Blatt für ebensoviele Spieleabende mehr als großzügig. Das Cover ist von meiner Sicht aus zu "brav". Wie wir alle wissen, werden viel zu viele Spiele nach dem ersten Eindruck - sprich Schachtelaufmachung - gewählt. Nun kann ich mir nicht vorstellen, daß die vorhandene Aufmachung besonders zum Kauf animiert. Der Titel ist sicherlich gut gewählt, denn ohne diese Offenlegung - also wenn man bloß nach Übereinstimmungs- Punkten schielt, verliert das Ganze seinen Reiz. Die Personenanzahl mit 4 - 16 angegeben, liegt wohl eher bei der oberen Zahl. Um ein typisches Rollenverhalten erkennen zu können, braucht man wohl mindestens 8 Teilnehmer.

Tja, Piatnik folgt mit diesem Spiel einem gewissen Trend von Spielen, die der Kommunikation dienen, die vielleicht ihren ersten Ursprung schon in Barbarossa finden, wo ja auch der Unterhaltungswert und der Spaß im Vordergrund stehen. Spiele wie Skrupel, Therapie, Lifestyle, Astrotime und andere folgten, Spiele, wo Empathie gefragt war. In diesem Gefolge schwammen dann mit Liebesspiel etc. auch einige mit, die als Zielgruppe eher den Bereich unter der Gürtellinie anpeilten. Und das muß man JETZT MAL EHRLICH lassen, obwohl ab 18 Jahren und obwohl der Fragethemenkreis naturgemäß auch Sexverhalten beinhaltet, wird es nie peinlich oder schlüpfrig. Ein Spiel, das Sie ruhigen Gewissens auf den Tisch legen können, selbst wenn die Frau des Chefs dabei ist, ohne daß Sie Ihre Karriere gefährden werden.

Ob man diese Art von Spielen mag ist Geschmackssache. Ich weiß nicht, wie Liebhaber von Taktik oder Strategie auf diese Art von Herausforderung reagieren. Ich habe nur festgestellt, daß Leute, die behauptet haben, sie läsen in Frauen wie in einem offenen Buch, feststellen mußten, daß dieses Buch offensichtlich in einer ihnen völlig unbekannten Fremdsprache geschrieben sein muß, und daß Frauen, für die Männer "glasklag waren, erstaunt registrierten, daß es Glas auch in ziemlich undurchsichtigen Varianten gibt. Sollten Sie sich vielleicht auch zu diesem Kreis zählen, so verspricht JETZT MAL EHRLICH in der richtigen Runde todsicher einen unterhaltsamen Abend und wahrscheinlich auch ganz neue Erkenntnisse über die Frau/ den Mann, das "unbekannte Wesen".

WlN-Wertung:

* Jetzt mal ehrlich! PP UU