Insider

 

Auf Insider, das neue Spiel von Gerhard Kodys - aber das stimmt angesichts der in wenigen Tagen stattfindenden Spielwarenmesse in Nürnberg eigentlich gar nicht mehr -, bin ich während der Vorbereitung zu den Kärntner Spieletagen '92 gestoßen, als ich mir von den Spielen, die wir für die Mitarbeiter der Spielothek zum Lernen erhalten hatten, einige mir unbekannte mit nach Hause genommen habe.

Aber irgendwie schien dies nicht mein Tag gewesen zu sein, denn trotz mehrerer Versuche gelang es mir nicht, aus den Spielregeln von Insider schlau zu werden. Ich bekam zwar mit, daß es sich dabei nicht, wie befürchtet, um eines der neumodischen Kreativspiele, sondern um ein taktisches Laufspiel handelt, aber wie es genau funktioniert, fand ich nicht heraus. Und so legte ich das Spiel wieder zur Seite und hätte es wahrscheinlich nicht mehr in die Hand genommen, wenn ich nicht diese Kritik ... - halt, das ist natürlich blanker Unsinn, sondern wenn ich nicht das Vergnügen gehabt hätte, es von Gerhard persönlich erklärt zu bekommen. Und trotz der drängenden Zeit, denn der Zug von Villach heim nach Wien hätte sicher nicht gewartet, gelang es ihm, mir das Spiel in 10 Minuten zu erklären und siehe da: ich verstand es!

 

Und bevor ich nun wieder alles 'veralzheime', möchte ich schnell noch das Erfahrene weitergeben. Beginnen wir vielleicht mit dem Spielplan, der in 2 große Bereiche untergliedert ist. Der eine Teil zeigt eine lange Treppe, die den aktuellen Punktestand angibt. Wer am Ende des Spiels am weitesten oben ist oder die Spitze als erster erreicht, ist der Insider, denn er ist stets zur rechten Zeit am rechten Ort.

Der größere Teil des Spielplans zeigt eine fiktive Stadt mit 25 Orten, die in einem quadratischen 5x5 Raster angeordnet sind. Die vier Orte in den Ecken sind die Heimatviertel der bis zu vier Mitspieler und der Ort in der Mitte, strahlend weiß, ist das berühmte Cafe Insider, wo sich tagtäglich alles trifft, was Rang und Namen hat. Die Orte sind durch Wege miteinander verbunden, die, etwas unlogisch, immer länger werden, je näher man in das Zentrum der Stadt gelangt.

Tja und da man jemand ist, - no na nicht! - muss man sich dort natürlich sehen lassen. Doch hat das Insider so seine Tücken, denn gefragt ist nur, was selten ist, was hier heißen will: je nach Anzahl der Mitspieler stehen höchstens 7 Tische zur Verfügung, die noch dazu nicht alle gleich gut aufgestellt sind - was nützt es einem, wenn man zwar anwesend ist, aber kaum gesehen wird! Daher heuert jeder Mitspieler seine Verwandtschaft an, wobei sich aus Fairnessgründen jeder auf sieben Stück beschränkt, deren einziges Ziel es nun ist, so schnell als möglich zum Insider zu rasen, um die besten Tische für die eigene Sippe zu reservieren.

Sind dann alle Tische besetzt, wird abgerechnet und wer nicht wenigstens einen kleinen Tisch am Gang reservieren konnte, muss mit einer negativen Presse rechnen und seinen Markierungsstein auf der Erfolgstreppe nach unten bewegen. Alle anderen hingegen dürfen, entsprechend dem Wert ihrer Tische, nach oben klettern.

Das hört sich nun alles so furchtbar einfach an, aber Sie können sich vielleicht vorstellen, daß die Konkurrenz nichts unversucht lassen wird, um anderen Mitspielern das Leben möglichst schwer zu machen - doch davon etwas später.

 

Wer nun dran ist und mit seinen Figuren ziehen will hat zwei Möglichkeiten. Entweder er ist ein Durchschnittsmensch - was hat so jemand überhaupt bei diesem Spiel verloren ? - und zieht mit seinen Figuren insgesamt 7 Felder, oder er setzt auf sein Glück und erwürfelt seine Bewegungsweite mit zwei Sechsseitern. Dabei muss allerdings solange gewürfelt werden, bis das Ergebnis von 7 verschieden ist.

Einen weiteren Vorteil bietet das Würfeln noch und damit nähern wir uns langsam dem gemeinen, aber durchaus feinen Teil des Spiels. Würfelt man nämlich einen Pasch, so darf man eines der Total-Out Kärtchen, die zu Spielbeginn die 4 Orte, von denen aus man das Insider betreten kann, blockieren, versetzen - irgendwie hat es den Anschein, als wäre der Inhaber des Insider gar nicht so erpicht auf den Besuch der Spieler, aber ein richtiger Salonlöwe läßt sich durch solche Kleinigkeiten natürlich nicht abhalten. Selbstverständlich wird ein solches Total-Out Kärtchen nicht aus dem Spiel entfernt, sondern vielmehr wird man es liebend gerne einem Mitspieler vor die Nase setzen.

 

Damit kann man seine Konkurrenten schon recht nett ärgern, aber leider sind solche Paschs ebenso selten wie ein guter Platz im Insider und daher haben sich die Spieler weitere Feinheiten ausgedacht. Sie bedienen sich dazu der Aktionskarten, von denen jeder zu Beginn sieben Stück besitzt. Von diesen Karten gibt es fünf verschiedene Typen, die aber 12 verschiedene Aktionen zulassen. Dies wird dadurch erreicht, daß man je nach Stärke einer Aktion eine, zwei oder drei Karten desselben Typs ausspielt. So kann man zum Beispiel mit einer Stellvertreterkarte eine eigene Figur mit einer anderen Figur die Plätze tauschen lassen, vorausgesetzt, beide Figuren stehen auf Orten des äußeren Bezirks, das sind alle Orte außer dem Insider und den vier daran angrenzenden Orten, während zwei Stellvertreterkarten bereits für alle Orte, auch für das Insider gelten. Ja und wer sogar 3 Stellvertreterkarten auf einmal ausspielt, der darf alle bereits im Insider eingetroffenen Figuren umsetzen. Ganz schön gemein, hm? Und auch die anderen möglichen Aktionen sind mehr oder weniger fies und geben dem Spiel die rechte Würze.

Nun heißt es zwar, daß Schicki Mickies nicht besonders hell auf der Platte sind, aber wer ein paar Mal auf die Schnauze fällt, wird sich irgendwann dagegen wehren und daher versuchen, möglichst einige Bodygards - sie sind der fünfte Typ der Aktionskarten - zu engagieren. Mit ihrer Hilfe können nun alle gegen eigene Figuren gerichteten Aktionen abgewehrt werden. Dabei müssen jedoch gleichviele Bodygardkarten eingesetzt werden, wie der Gegner Aktionskarten verwendet. Zur Abwehr eine Stellvertreteraktion der Stärke 2 braucht man also 2 Bodygardkarten.

Eine Aktion kann übrigens jederzeit wdhrend des eigenen Zuges gesetzt werden, man ist aber auf eine Aktion pro Runde beschränkt.

 

Da man mit sieben Aktionskarten jedoch nicht sehr weit kommt und oft die Verteilung nicht besonders günstig ist, gibt es drei Möglichkeiten, zu neuen zu kommen, wobei man aber nie mehr als 7 Karten besitzen darf. Verzichtet man während seines Zuges auf das Spielen von Aktionskarten, so darf man eine ablegen und dafür eine neue vom verdeckten Stapel ziehen. Mit etwas Glück schaut das Ganze dann schon viel besser aus.

Beendet eine eigene Figur ihren Zug auf einem Ort, wo schon andere Figuren stehen - ausgenommen ist dabei das Insider, denn da hat man wichtigeres zu tun -, dann darf man den jeweiligen Spielern je eine Karte abnehmen. Und wenn das alles nichts nützt, dann muß man eben auf seinen Zug verzichten und statt dessen Aktionskarten ausfassen.

Wer aber nun glaubt, daß er ganz einfach auf sieben ergänzt, der hat sich schön geschnitten. Man darf nämlich genau soviele Karten ziehen, jedoch nur bis zur erlaubten Obergrenze, wie Orte - ausgenommen sind das Insider und das Heimatviertel - von eigenen Figuren besetzt werden. Wohl dem, der seine Figuren klug postiert! Die nachfolgenden Mitspieler werden's einem vielleicht sogar danken!

Sieben Tage lang, Abend für Abend, findet so das Rennen um die besten Tische im Insider statt, und wenn nicht jemand bereits frühzeitig die 34 Stufen nach oben erklimmt, endet das Spiel nach der siebenten Wertung. Doch Vorsicht, wegen einer Bombendrohung (3 Skandalkarten) kann das Insider schon auch einmal geschlossen sein, wodurch natürlich die Wertung an diesem Abend entfällt!

 

So, das war's, und wenn ich mich nicht irre, habe ich nichts wesentliches vergessen, hm Gerhard? Und selbst wenn, so dürfte doch jeder gemerkt haben, daß Insider voll von Interaktion ist. Ständig muss man auf der Hut vor den anderen sein, ständig kann man sich neue Gemeinheiten ausdenken. Das ist aber auch der einzige Haken an dem Spiel. Beim ersten Mal hat man die verschiedenen Aktionen noch nicht im Kopf und auch wenn alles auf einem Übersichtsblatt ausführlich beschrieben ist, hemmt das dauernde Nachlesen den Spielverlauf und führt immer wieder dazu, daß die Karten anfangs kaum ins Spiel integriert werden. Aber letzteres endet mit Sicherheit, sobald man ein paar vor die Rübe gekriegt hat. Ja und wenn man das Spiel dann des öfteren spielt - und ich bin sicher, man wird es nicht bereuen - dann hat man auch die meisten Aktionen intus.

Nach soviel Positivem muss selbstverständlich auch etwas Negatives vom Stapel gelassen werden, wo kommen wir sonst hin! Neben dem Layout, das mir absolut nicht gefällt, aber so etwas ist natürlich immer sehr subjektiv und dem Thema - wie mir Gerhard erzählte, war sein Original im Zauberer- oder Hexenmilieu, genau weiß ich das nicht mehr, angesiedelt und die verschieden starken Aktionen waren Zaubersprüche, die je nach gespielter Kartenzahl verschieden stark waren - muss ich nochmals über die Spielregeln herziehen. Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht, aber ich habe mit Piatnikregeln meist Probleme. Irgendwie schafft man es dort immer wieder, sie so kompliziert und unstrukturiert abzufassen, dass so mancher ein Spiel wieder zur Seite legt, bevor er es überhaupt gespielt hat. Und gerade das wäre bei Insider sehr schade!

Insider ist für mich das bisher beste Spiel von Gerhard Kodys, was sich aber sehr bald ändern könnte, denn seine Erzählungen über die 93iger Neuheiten, von denen ich eine bereits spielen dufte, klangen sehr vielversprechend.

 

Aufgrund der strengen Kodys'schen Maßstäbe für die WINwertung gibt es daher:

 

WINWERTUNG:

** Insider W 2,5U II AA 2-4(4), m