UNSERE REZENSION
Von Venedig nach Konstantinopel
Golden Horn
Handel und Piraterie
In der Zeit der Dogen versuchen die Spieler als reicher Sohn der Lagunenstadt Venedig mit einer Flotte von Handelsschiffen lukrative Transporte von Waren von Venedig nach Konstantinopel und umgekehrt zu arrangieren.
Starke Konkurrenz versucht ihnen dies jedoch streitig zu machen und überdies kommen immer wieder Piratenüberfälle vor, welche Schiffe plündern.
Das Titelbild der Schachtel zeigt im Vordergrund zwei Handelsschiffe welche in den Hafen von Konstantinopel einlaufen.
Nach dem Öffnen der Spielschachtel muss man zuerst die zwölf Schiffe zusammenbauen, dies ist etwas knifflig. Insbesondere beim Schließen des Bugs der Schiffe kann es vorkommen, dass man diese leicht beschädigt, optisch sind die Schiffe jedoch eine echte Augenweide.
Jeder Spieler hat über drei Schiffe und ein Lagerhaus, das ebenfalls vor dem ersten Spiel zusammengebaut werden muss. Das Material eines Spielers zeigt ein einheitliches Wappen. Leicht zu kritisieren ist dabei jedoch, dass zwei Wappen über einen schwarzen Hintergrund verfügen und dies zu Verwechslungen der Schiffe führen kann, wenn ein Spieler nicht genau genug hinsieht.
Die Spielschachtel enthält weiters einen schwarzen Stoffbeutel, 54 Spielkarten und 90 Holzwürfel in sechs Farben.
Darüber hinaus befinden sich noch vier Seewege mit je drei Farbfeldern auf jeder Seite, sowie die Hafenplättchen für Venedig, Konstantinopel und Modone in der Schachtel.
Die drei Schiffe eines Spielers zeigen immer drei Segel. Das erste Schiff hat drei Segel in gleicher Farbe. Beim zweiten Schiff haben zwei Segel die gleiche Farbe, das dritte Segel dieses Schiffs zeigt eine andere Farbe. Beim letzten Schiff haben alle drei Segel verschiedene Farben.
Bevor das Spiel beginnen kann, muss die Strecke für die Schiffsrouten in Form der Seewege ausgelegt werden. Dabei wird an einer Seite mit dem Hafen von Venedig begonnen, dazwischen liegen die Seewege und am anderen Ende der Strecke wird der Hafen von Konstantinopel gelegt.
Bei drei Spielern werden alle vier Seewege benutzt, bei vier Spielern ebenso und es wird nach zwei Seewegen das Hafenplättchen Modone eingefügt. Bei zwei Spielern werden nur zwei Seewege benützt zwischen denen das Hafenplättchen Modone eingefügt wird.
Es gibt zwei Arten Seewege, die eine zeigt auf beiden Seiten in unterschiedlicher Reihenfolge ein rotes, ein blaues und ein gelbes Feld, die andere Art ebenso auf beiden Seiten je ein oranges, ein grünes und ein pinkes Feld.
Nun stellt jeder Spieler seine drei Schiffe auf die Ausgangshäfen Venedig und Konstantinopel, wobei er sie beliebig platzieren darf.
Die 90 farbigen Holzwürfel stellen verschiedene Waren dar und kommen in den Stoffbeutel. Der Startspieler zieht blind neun Holzwürfel aus dem Stoffbeutel und legt sie auf Venedig, danach zieht er blind weitere neun Holzwürfel und legt sie auf Konstantinopel.
Die Spielkarten werden gemischt und jeder Spieler erhält verdeckt fünf Karten.
Die Spielkarten haben alle einen farbigen Rahmen, der einer der sechs Farben der Seewege und Segel entspricht.
Es wird im Uhrzeigersinn gespielt. Der aktive Spieler kann zuerst entscheiden, ob er einen Piratenüberfall auslöst oder darauf verzichtet, danach muss er eines seiner eigenen Schiffe bewegen.
Zum Piratenüberfall später mehr, er funktioniert sehr einfach, vorerst eine Kurzzusammenfassung der Bewegungsregel: Man zieht ein Schiff immer einen Schritt vorwärts auf das nächste freie Feld; steht es danach auf einem Feld einer Farbe, die auch in seinem Segel vertreten ist, darf es einen weiteren Schritt machen; ist die Farbe nicht im Segel vertreten, darf man eine Karte in der Farbe des Standorts spielen und einen Schritt ziehen.
Im Hafen wird ein Schiff entladen und beladen; einladen darf man alle Waren einer Farbe, die nicht im Segel des Schiffes vertreten sind.
Hier werde ich nun als Beispiel den Ablauf eines unserer ersten Spiele schildern. Die Spieler waren mein Gatte Walter, meine Schwester Gitti, mein Schwager Gerhard und ich.
Walter war Startspieler, er hatte das Schiff mit den drei gleichen Segeln in Venedig platziert und die beiden andere Schiffe in Konstantinopel.
Im Hafen von Venedig lagen drei rote, zwei blaue, ein gelber, ein grüner, ein pink und ein oranger Holzwürfel. Im Hafen von Konstantinopel lagen drei gelbe, zwei blaue, zwei grüne und je ein roter und pinkfarbener Würfel.
Walter nahm sein Schiff mit den zwei orangefarbenen und dem blauen Segel, welches im Hafen von Konstantinopel stand und legte die beiden grüne Holzwürfel darauf. Ich nahm den Stoffbeutel und zog blind zwei rote Holzwürfel und legte diese auf Konstantinopel, damit lagen dort wieder neun Holzwürfel für den nächsten Spieler.
Der Seeweg, der an Konstantinopel angrenzte, zeigte die Felder rot – blau – gelb und der nächste Seeweg die Felder orange – grün – pink.
Auf jedem Feld darf nur ein Schiff stehen, mit Ausnahme der Häfen. In Venedig und Konstantinopel dürfen unbegrenzt viele Schiffe stehen, in Modone gibt es bei zwei Spielern zwei Felder für Schiffe und bei vier Spielern drei Felder für Schiffe. Zur Erinnerung, bei drei Spielern ist der Hafen Modone nicht im Spiel.
Durch Schiffe besetze Felder werden übersprungen.
Walter zog sein Schiff auf das rote Feld, da ja die erste Bewegung gratis ist, darf man mit der ersten Schiffsbewegung sein Schiff auf das erste unbesetzte Feld stellen. Sein Schiff stand nun auf dem roten Feld, er spielte eine rote Spielkarte und konnte nun sein Schiff auf das blaue Feld stellen; da sein Schiff ein blaues Segel hat, durfte er sein Schiff ohne Karte weiterbewegen und stellte es auf das gelbe Feld. Er spielte nun eine gelbe Karte und stellte sein Schiff damit auf das orange Feld des nächsten Seewegs und zog dann sein Schiff gratis auf das grüne Feld, womit er seinen Spielzug beendete.
Ich hatte mein Schiff mit den drei roten Segeln im Hafen von Venedig platziert und die anderen beiden Schiffe im Hafen von Konstantinopel. Ich nahm mein Schiff mit dem orangefarbenen, blauen und grünen Segel in Konstantinopel und legte darauf drei rote Holzwürfel. Ich zog dieses Schiff auf das rote Feld und spielte eine rote Spielkarte und zog daher mein Schiff auf das blaue Feld. Da mein Schiff ein blaues Segel hat, zog ich es auf das nächste Feld. Dieses war gelb, ich hatte keine gelbe Spielkarte und mein Schiff hat kein gelbes Segel, daher beendete ich hier meinen Spielzug. Nachdem ich die drei roten Holzwürfel aus dem Hafen in Konstantinopel auf mein Schiff gelegt hatte, zog Walter zwei gelbe und einen grünen Holzwürfel und legte diese in den Hafen von Konstantinopel.
Nun war Gitti an der Reihe, sie hatte das Schiff mit drei grünen Segeln und das mit orangefarbenen, blauen und pinkfarbenen Segel in Venedig platziert, das dritte Schiff in Konstantinopel.
Gitti nahm ihr Schiff mit den drei verschiedenen Segeln und legte darauf die drei roten Holzwürfel. Sie zog ihr Schiff auf das erste Feld des Seeweges, der an Venedig angrenzte, dieses war pink, deshalb zog sie es weiter auf das nächste Feld, da dieses orange war, zog sie ihr Schiff auf das nächste Feld, dieses war gelb und sie beendet hier ihren Zug.
Gerhard hatte sein Schiff mit dem roten, pinkfarbenen und gelben Segel bei Konstantinopel platziert. Er nahm es und legte darauf zwei blaue Holzwürfel. Er zog sein Schiff auf das rote Feld und spielte eine rote Spielkarte um das Schiff auf das blaue Feld zu bewegen, nun spielte er eine blaue Spielkarte und zog sein Schiff
auf den nächsten Seeweg, da das gelbe Feld durch das Schiff von mir besetzt war.
Er spielte jetzt auch eine orange Karte, da er auf einem orangefarbenen Feld mit seinem Schiff stand und zog dieses daher auf das rosa Feld. Dabei übersprang dieses Schiff das grüne Feld, welches von Walters Schiff besetzt war. Da sein Schiff ein pinkfarbenes Segel hat zog er sein Schiff in den Hafen von Modone. Im Hafen zog er eine Spielkarte vom Nachziehstapel, da sein Schiff über drei verschiedene Segelfarben verfügt. Damit beendete er seinen Spielzug.
Nun hatte jeder Spieler bereits ein Schiff auf die Reise geschickt. Es war nun wieder Walter an der Reihe, der nun, bevor er sein zweites Schiff auf die Reise schickte, einen Piratenüberfall auf Gittis Schiff mit den orangefarbenen, blauen und pinkfarbenen Segeln durchführte, indem er zwei blaue Karten ausspielte – die Karten können als Bewegungs- und als Piratenkarten genutzt werden. Er nahm von Gittis Schiff einen roten Holzwürfel und legte diesen in sein Lager.
Generell gilt: Einen Piratenüberfall auf ein Schiff führt man mit zwei Karten in beliebiger Kombination der Segelfarben des Schiffs aus und nimmt einen beliebigen Warenwürfel vom Schiff in sein Lagerhaus.
So wurde nun reihum weitergespielt, wobei wir ab und zu Piratenüberfälle ausführten oder darauf verzichteten, wenn wir zu wenige Spielkarten hatten oder diese für Schiffsbewegungen verwenden wollten.
Gerhard gelang es als erstem, sein Schiff mit zwei blauen Holzwürfeln im Hafen am Ende der Strecke, in seinem Fall in Venedig, zu landen. Er nahm die beiden Holzwürfel vom Schiff und legte sie in sein Lagerhaus. Da sein Schiff drei verschiedene Segelfarben hatte, durfte er vom Nachziehstapel nur eine Spielkarte nachziehen.
Mir ist es als Erster gelungen, ein Schiff mit drei gleichen Segeln in einen Zielhafen – Venedig - zu bringen, dafür durfte ich nicht nur meine auf dem Schiff befindlichen beiden blauen Holzwürfeln in mein Lager legen, sondern durfte auch drei Spielkarten nachziehen.
Das Spiel endete in der Spielrunde, in der Walter, der ja auch Startspieler war, in Venedig den letzten Holzwürfel auf ein Schiff lud, und es wurde gewertet:
Jeder Holzwürfel im Lagerhaus bringt einen Siegpunkt, für einen Warensatz mit sechs verschiedenen Holzwürfeln erhält man vier Bonuspunkte, ein Warensatz mit fünf verschiedenen Holzwürfeln bringt zwei und ein Warensatz mit vier verschiedenen Holzwürfen bringt immerhin noch einen Siegpunkt.
Das Spiel gewann Gitti, sie hatte bei Spielende in ihrem Lager fünf gelbe, vier blaue, drei orange, drei rote, zwei pinkfarbene und zwei grüne Holzwürfel liegen - daher hatte sie zunächst 19 normale Siegpunkte und neun Bonuspunkte, dies ergab insgesamt 28 Siegpunkte; in späteren Spielen waren die Siegpunkte meistens weit höher.
Der Taktikanteil in dem Spiel ist hoch, da man immer überlegen muss, setzt man zwei Spielkarten für Piratenüberfälle ein oder hebt man sie für Schiffsbewegungen auf, wobei dies kaum vorher zu planen ist, da sich durch die Bewegung der Schiffe der anderen Spieler ständig eine neue Spielsituation ergibt.
Strategische Planung ist vor allem dafür gefragt, welche Farbe von Holzwürfel lade ich auf welches Schiff, da auf ein Schiff mit nur einer Segelfarbe nicht so leicht ein Piratenüberfall durchgeführt werden kann, wie auf ein Schiff mit drei verschiedenfärbigen Segeln.
Weiters ist mittels Strategie festzulegen, welche Farben von Holzwürfeln man versucht durch Piratenüberfälle zu erhalten und welche man mit seinen Schiffen transportiert.
Mit dem Spiel Golden Horn ist es Leo Colovini gelungen, mit dem Grundmechanismus, den er für Cartagena entwickelt hatte, durch Änderung der Zielsetzung und der Zusatzaktion des Piratenüberfalls ein wirklich nettes, spannendes und auch abwechslungsreiches Spiel zu schaffen.
Die grafische Gestaltung, vor allem die optisch wirklich beeindruckenden Schiffe, sorgen für ein gutes Spielfeeling und man nimmt das Spiel auch aus diesem Grund immer wieder gern zur Hand.
Natürlich verfügt das Spiel über einen hohen Glücksfaktor, welche Spielkarten erhalte ich bzw. welche Waren sind am Ausgangshafen vorhanden, wenn ich mit meinen Schiff von dort wegfahren will. Aber aufgrund der Möglichkeit der Piratenüberfälle und der Selektion „welche Waren lade ich wann in welches meiner Schiffe?“, ist auch ein langfristiges und strategisches Vorgehen möglich.
Vor allem die Piratenüberfälle verhelfen dazu Waren zu erhalten, die einem für einen kompletten Warensatz fehlen.
Die Zielgruppe ist eindeutig die Familie, für Vielspieler hat das Spiel jedoch ausreichend Reiz, um auch diesen viel Spaß zu machen.
Beim Spielen mit erfahrenen Spielern zeigte sich, dass bei diesen öfters eine der beiden Spielendebedingungen gewählt wurde, nämlich das Spielende anzukündigen, wenn man über mindestens einen Satz von sechs Waren verfügt. Im Gegensatz dazu wurde bei Gelegenheitsspielern das Spiel fast immer durch das zweite Spielende – der Beutel mit Waren ist leer und in einem Hafen wird die letzte Ware eingeladen – beendet.
Familien ist das Spiel unbedingt ans Herz zu legen; die Ausstattung, der abwechslungsreiche Spielverlauf, die Spieldauer von circa 45 Minuten und die einfachen Regeln, die jedoch trotzdem ein strategisch – taktisches Vorgehen erlauben, sind vor allem auch für Familien die nur selten spielen hervorragend geeignet.
Alles in allem kann man nur jedem dieses Spiel empfehlen, man wird lange Spaß damit haben.
Fazit: Der Firma Piatnik ist ein wunderbares, abwechslungsreiches und doch einfaches Spiel gelungen, das hervorragend für Familien geeignet ist.
Maria Schranz
Spieler: 2-4
Alter: 8+
Dauer: 45+
Autor: Leo Colovini
Grafik: Marko Fiedler
Preis: ca. 25 Euro
Verlag: Piatnik 2013
Web: www.piatnik.com
Genre: Positions- und Sammelspiel
Zielgruppe: Für Familien
Version: de
Regeln: de
Text im Spiel: nein
Kommentar:
Adaption des Grundmechanismus aus Cartagena
Hervorragendes Familienspiel
Wunderschönes Material, braucht etwas Geschick beim Zusammenbau
Vergleichbar:
Cartagena, Atlantis und andere Spiele mit Zugsteuerung über Karten in Relation zu Feldfarben
Andere Ausgaben:
Derzeit keine
Meine Einschätzung: 6
Maria Schranz
Einfaches und trotzdem abwechslungsreiches Spiel, das sich zwar eindeutig an die Familie richtet, jedoch auch vielen erfahrenen Spielern viel Spaß bereiten kann. Wer nur wenige Spiele kauft, sollte sich auf jeden Fall für Golden Horn entscheiden.
Zufall (rosa): 3
Taktik (türkis): 3
Strategie (blau): 2
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 1
Kommunikation (rot): 0
Interaktion (braun): 1
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0