Anno 1452
Das Spiel:
Anno 1452
von Gerhard Kodys
Piatnik 1999
2-4 Spieler ab 12 Jahren
Die vergleichbaren Spiele:
Löwenherz
Highlander
Lang lebe der König
u.a.
Die WIN Wertung:
** WW SSS III KK UU AAA 4
Ein historischer Wettstreit
um die Kaiserkrone. Der Untertitel sagt eigentlich bereits sehr viel über den
geschichtlichen Hintergrund des Spieles. In den Deutschen Landen herrschte das
Faustrecht. Um wieder Recht und Ordnung herzustellen beschlossen die deutschen
Fürsten die Einrichtung einer freien Königswahl durch dafür ernannte
Kurfürsten. Diese wählten den nächsten deutschen König, wünschten aber einen
Kandidaten mit schwacher Hausmacht da sie dabei für sich Sonderrechte und
politisches Mitspracherecht aushandelten. Aus diesem Grund wechselten sie auch
möglichst die Kron-Dynastien.
Im Interesse der gewählten
Könige war es daher während ihrer Regierungszeit Hausbesitz und Macht zu
vergrößern. Gerade die Familie der Habsburger hat in dieser schwierigen zeit ein
besonderes Geschick bewiesen. Durch kluge Heiratspolitik, Intrigen und
Bündnisse gelang es ihnen durch die Jahrhunderte immer mächtiger zu werden und
dennoch deutsche Könige zu stellen. Friedrich III wurde schließlich 1452 zum Kaiser des Heiligen römischen
Reiches Deutscher Nation gekrönt.
Die Spieler schlüpfen bei
Anno 1452 nun in die Rolle eines mittelalterlichen Fürsten und versuchen durch
die richtige Mischung aus diplomatischen, wirtschaftlichen und strategischen
Entscheidungen die Kaiserwürde zu erlangen. Alle Handlungen (Besitzerweiterung
durch Kampf oder Heirat, Ansiedlung von Bürgern, Verleihung von Stadtrechten
etc.) haben direkte Auswirkungen auf das Prestige der Spieler, den Schlüssel
zum Sieg.
Vorerst fällt einmal die
ausgesprochen schöne Ausstattung des Spieles auf. Der kunstvolle Spielplan
stellt eine Karte Mitteleuropa von Unteritalien bis zu den Deutschen Landen (genauer bis
Westfalen, Sachsen und Lothringen) dar. Weiters gibt es diverse schön gestaltete
Marker und Karten sowie verschiedene Holzspielsteine, durchaus edle Materialien
also, die dem mittelalterlichen Ambiente des Spieles gut entsprechen.
Ziel des Spieles ist es
möglichst viele Besitzsteine, Bürgersteine und Stadtplättchen auf dem Spielplan
zu haben, so viele Besitzkarten wie möglich durch Majoritäten in den Provinzen
(Fürstentümern, Herzogtümern etc.) zu erlangen, ein hohes Prestige zu erreichen
und dabei möglichst auch noch viel Geld in der Kassa zu haben. All diese
Elemente werden in Siegpunkte umgerechnet. Wer bis 1452 die meisten erzielt,
ist der mächtigste Herrscher, wird Kaiser und gewinnt somit das Spiel.
Sehen wir uns nunmehr des
Spielablauf näher an. Jede Spielrunde besteht aus 1-3 Aktionsrunden, gefolgt
von einer Ergebnisrunde. Die ersten beiden Spielrunden finden im Interregnum
also der Königslosen Zeit statt, dienen vor allem dem Aufbau und bringen das
Spiel so richtig in Fluß. 1273, in der dritten
Spielrunde kommt es dann zur ersten Königswahl. Der Spielablauf bleibt dann bis
1452 gleich,. In der letzten Ergebnisrunde werden nur mehr Einkommen und
Prestigepunkte berechnet und alles wird in Siegpunkte umgelegt (Besitzsteine
und karten, Bürger, Städte, Geld und Prestigepunkte). Dann steht der Kaiser
fest.
Nachdem die Spieler
Startkapital und ihre 5 Aktionskarten erhalten haben kann es losgehen. Sehen
wir uns nun einmal eine Spielrunde näher an.
Bei den Aktionskarten gibt es auch sogenannte Soforkarten wovon die erste bei Auftauchen sofort gespielt
werden muß, für die folgende Spielrunde gilt und
Auswirkungen auf alle Spieler haben kann.(z.B. Auftreten von Seuchen,
verbesserte oder verschlechterte Werte für Würfelproben etc. ).
Eine Aktionsrunde wird
jedenfalls gespielt, für die eventuell folgenden beiden anderen muß jeweils eine Würfelprobe durchgeführt werden. Die
Spielerreihenfolge ergibt sich aus den Prestigepunkten wobei ein eventuell
vorhandener König stets die erste Wahl hat und sich seinen Platz wählen kann.
Ein eventuell vorhandener Gegenkönig folgt als nächster, danach geht es nach
der Reihenfolge der Prestigepunkte weiter.
In jeder Aktionsrunde kann
im Allgemeinen jeder Spieler eine Aktion durchführen, für welche teilweise
entsprechende Aktionskarten benötigt werden. Man kann einen Besitzstein gegen
Bezahlung einsetzen(Pro Gebiet nur eine bestimmte Anzahl erlaubt- Bei Majorität
erhält man die entsprechende Gebietskarte), Bürger gegen Bezahlung einsetzen
(auch limitiert) oder einen Angriff durchführen(mit Besitzsteinen, Bürgern und
evtl. königlichen Söldnern). Für die Aktionen Stadtrecht verleihen, Heirat ausrichten,
Titel annehmen, Erbschaft antreten und einige andere sonstige Aktionen benötigt
man eine entsprechende Aktionskarte um sie durchführen zu können. Oft müssen
auch auf den Karten vermerkte Bedingungen erfüllt sein um die Karte ausspielen
zu können. Unter bestimmten durch ausgespielte Aktionskarten hervorgerufenen
Umständen kann es sein, daß ein Spieler auch zwei
Aktionen pro Aktionsrunde temporär ausführen kann.
Nach den Aktionsrunden
kommt es zu einer Ergebnisrunde. Der Zeitstein rückt weiter, die Aktionskarten
werden ergänzt oder abgelegt (5 Karten ), Einkommen wird berechnet und
ausgezahlt und die Prestigepunkte berechnet und auf der Tabelle eingestellt. Ab
1273 kommt es zur Königswahl. Der
Spieler mit den wenigsten Besitzsteinen wird für eine Spielrunde König. Er
erhält zusätzliche Prestigeppunkte und andere
Privilegien und vor allem die königlichen Söldner, die er beliebig bei Angriff
und Verteidigung einsetzen kann, Diese stellen einen sehr starken Machtfaktor
dar, insbesondere da der König in jedem beliebigen Gebiet des Spielplanes
angreifen kann, auch ohne anzugrenzen, was ansonsten nicht gestattet ist. Es
ist also unter Umständen schon eine wichtige taktische Entscheidung in der
Runde zuvor vielleicht auf den einen oder anderen Besitzstein zu verzichten.
Andererseits kann man in der Ergebnisrunde auch eine Aktionskarte ausspielen um
z.B. Frieden in der nächsten Spielrunde zu erzwingen falls man eventuell den
neuen König in der Runde zuvor verärgert haben sollte. Durch ausgespielte
Aktionskarten kann es auch zu einem Interregnum, also einer Königslosen zeit in
der nächsten Runde kommen oder man kann Gegenkönig werden. (geteilte Macht, vor
allem geteilte Söldner). Nunmehr kann man sich dann in die neue Spielrunde
stürzen und sein Glück in den deutschen Landen suchen.
Im Detail gilt es vieles zu
beachten. Stadtrechte erlauben die Ansiedlung mehrerer Bürger und sind
Voraussetzungen für bestimmte Aktionen. Majoritäten in den Provinzen sind
wichtige Schlüssel zum Erfolg. Alles kostet aber Geld von dem man zumeist nie
genug hat. Angriffe müssen wohl überlegt sein und man benötigt noch Reserven
falls man selbst angegriffen wird. Für strategische und taktische Tüftelei gibt
es also genug Raum. Jede Aktion der Mitspieler ergibt zumeist massive unmittelbare
Veränderungen und wirft nicht selten den schönst ausgeklügelten Plan über den
Haufen. Prestigepunkte erhält man für das Erlangen von Besitzkarten sowie für
Siege während des Spieles, verliert sie für den Verlust von Besitzkarten (z.B.
durch Aktionskarten), für Angriffserklärungen sowie für Niederlagen. In der
Ergebnisrunde erhält der Spieler mit den meisten Werten einer Kategorie
(Besitzsteine, Bürger, Städte, Besitzkarten(für Gebiete)) einen Prestigepunkt,
der oder die mit den wenigsten Werten verliert(en) einen.
Es gibt auch Expertenregeln
(im Wesentlichen kommen Handeln und Absprachen dazu)sowie Varianten für eine
kürzere Spieldauer und die sogenannten „Ottokar“ Szenarien wo bei 2 oder drei Spielern
ein fiktiver Spieler („Ottokar von Böhmen“ mitmacht. Vom Spielekreis Wien
wurden auch Hausregeln für ein schnelle Anno 1452 erstellt (Siehe auch
Kritikpunkt Spielregeln).
Alles in Allem gesehen ist
Anno 1452 ein allein schon vom Thema her sehr interessantes Strategiespiel mit
überraschenden Wendungen. Der abwechslungsreiche Spielverlauf und die hohe
Interaktion zwischen den Spielern garantieren Spannung bis zum Spielende. Als ernstzunehmendester Kritikpunkt fiel in unserer Spielrunde
die teilweise, wie ich weiß, trotz umfangreicher Überarbeitung, verwirrende und
manchmal sogar widersprüchliche Spielregel auf.. Ohne dieses Manko wäre Anno
1452 eine absolut runde Sache und hätte
den dritten Stern für ein Spitzenspiel von mir in der WIN-Wertung
bekommen. Fairneßhalber muß
ich aber bemerken daß wir offenbar ein ziemlich
frühes Spielexemplar zum Ausprobieren hatten und wir auch die mittlerweile
aufliegenden Korrekturen zur Spielregel erst später erhielten. Aber auch diese
können nicht sämtliche Unklarheiten beseitigen.
Das Spiel ist dennoch nicht
nur für Hardcore -Strategen sondern durchaus auch für
Einsteiger in das Genre geeignet und empfehlenswert. Sobald man sich einmal
durch das Regelwerk gearbeitet und Details mit der Spielrunde geklärt hat ist
Anno 1452 relativ leicht beherrschbar, Auch das viele abschreckende massenweise
verschieben von Countern und wälzen von Kampf und
sonstigen Tabellen entfällt. Mir persönlich gefiel neben dem seltenen
historischen Themenkreis auch die gelungene Mischung von erfolgreichen
Spielanteilen anderer Strategiespiele.