HAITHABU
DSCHUNGEL. Jungle. Giungla. Fallgruben auf Schritt
und Tritt.
Für 2-4 Spieler. Von R. Ross.
Günther Wagner Pelikan-Werke.
Haithabu.
Wer wird der cleverste Wikinger?
Ein Wettstreit für 2 bis 4 Spieler. Von Rudolf Ross.
Hexagames 1990.
0. Spielprinzip.
Zwei bis vier Spieler versuchen, mit ihren
Spielfiguren möglichst rasch das Spielfeld zu überqueren. Dabei entscheidet das
Plazieren von Spielsteinen darüber, wo und wie rasch die Figuren bewegt werden
können.
1. Spielmaterial.
(a) Das Spielfeld ist ein im wesentlichen
quadratisches Liniennetz mit zusätzlichen (Start- bzw. Ziel-)bereichen, die an
den Seiten angefügt sind: Im Hauptfeld spielen die zwanzig Kreuzungen
("Fallen", "Brücken") eine besondere Rolle - im Start-
/Zielbereich wird zwischen Start- (=Ziel-) und Durchgangsfeldern unterschieden.
(Siehe Skizze.)
(b) Jeder Spieler hat (bei zwei Spielern) sechs
[sonst: vier] Figuren. Er stellt sie zu Beginn auf die [bzw. auf vier den sechs
Startfelder seines Startbereiches. Bei zwei Spielern liegen die Startbereiche
einander gegenüber.
(c) Zwanzig Steine, die zu Beginn auf den zwanzig
Kreuzungsfeldern liegen.
2. Spielverlauf.
Gezogen wird reihum. Jeder Zug umfaßt drei Aktionen:
(a) (Option) Der Spieler darf beliebig viele der von
ihm (gemäß (c)) eroberten Steine auf unbesetzte Kreuzungen seiner Wahl legen.
(b) Der Spieler muß eine seiner Figuren bewegen:
(b1) Wieviele Felder die Figur zieht, wird von der
Anzahl der Steine bestimmt, die der Spieler gerade besitzt: -1 bis 3 Felder
(nach Wahl), wenn er keinen Stein besitzt, bzw. - (n+3) Felder, wenn er n
Steine besitzt.
(b2) Felder, auf denen eine Figur steht, und
Kreuzungen, auf denen kein Stein liegt, dürfen dabei weder betreten noch übersprungen
werden.
(b3) Einschränkungen bei der Zugwahl:
(b3.1) Wurde [im vorangegangenen Zug] eine Figur auf
ein Durchgangsfeld des (eigenen) Startbereichs gezogen, so muß diese bewegt
werden.
(b3.2) Wurde im vorangegangenen Zug] eine Figur auf
ein Durchgangsfeld des (eigenen) Zielbereichs gezogen, so muß diese jetzt auf
ein Zielfeld gezogen werden. Diese Figur darf in der Folge nicht mehr gezogen
werden.
(b3.3) Durchgangsfelder der beiden fremden Bereiche
dürfen nur durchquert werden, die Figur darf aber nicht auf ihnen stehen
bleiben.
(b3.4) Von den zwei Kreuzungsfeldern, die zu einem
Bereich gehören, darf immer nur eines durch eine Figur besetzt sein. Es muß
stets mindestens ein Zielfeld frei bleiben [für den anderen Spieler].
(c) Der Spieler nimmt alle jene Steine an sich, die
von der gezogenen Figur überquert, aber nicht im selben Zug (gemäß (a))
abgelegt worden sind. [Nicht aufgenommen werden also auch Steine auf dem
Anfangs- bzw. dem Endfeld des Zuges.]
(d) Nur wenn durch keine Kombination von (a) und (b)
ein legaler Zug möglich ist, verfällt der Zug.
3. Zusatzregel.
Ein Spieler bestimmt zu Beginn verdeckt ein
Kreuzungsfeld. Betritt/überquert in der Folge ein anderer Spieler [HAITHABU:
ein Spieler] dieses Feld, so wird die Figur auf ein Startfeld zurückgesetzt.
Teil(c) des Zuges entfällt. Der betroffene
Spieler bestimmt nun seinerseits verdeckt ein Feld,
auf dem zu diesem Zeitpunkt keine Figur stehen darf, usw.
4. Spielende.
Gewonnen hat, wer als erster mit allen seinen
Figuren Zielfelder erreicht hat.
Bemerkungen:
(1) Bei HAITHABU wird die Zusatzregel (3.) nur als
Variante angeführt.
(2) Die Zugweite wird ermittelt, indem man die
eroberten Steine auf eine Skala legt. Dieser Mechanismus funktioniert nicht
mehr, wenn ein Spieler 15 Steine erobert haben sollte. Das kann - insbesondere
beim Spiel zu zweit - durchaus vorkommen.
(3) Nur für die Start-/Zielbereiche (und nur bei
HAITHABU) wird das Umkehren in einem Zug (Feld A- B - A) explizit untersagt.
(4) Regel (2.b3.2) erzwingt das Ablegen von Steinen,
wenn andernfalls - wegen zu großer Zugweite kein Zielfeld erreicht werden kann.
Was aber geschieht, wenn die Zugweite dazu nicht groß genug ist?
(5) Es wäre zweckmäßig, wenn die Steine eine
markierte Unterseite hätten, damit man die im selben Zug gelegten Steine (die
ja nicht entfernt werden) markieren kann.
Beurteilung:
Der Spielmechanismus von DSCHUNGEL/HAITHABU macht
neugierig: Die Mehrfach-Rolle der Steine beim Sperren/Entsperren von Feldern
und bei der Festlegung der Zugweite klingt interessant. Aber bedauerlicherweise
ist DSCHUNGEL/HAITHABU ein weiteres Beispiel dafür, daß eine interessanter
Spielmechanismus noch kein interessantes Spiel garantiert. Auch hier ist es nämlich
nicht gelungen, ein Dilemma zu lösen, unter dem viele Mehr-Personen-Spiele
leiden: Obwohl es sich um ein Strategie-Spiel handelt, bei dem der Zufall keine
Rolle spielt, ist es - insbesondere beim Spiel zu viert - trotzdem praktisch
unmöglich, vernünftig vorauszuplanen. Man ist vielmehr ziemlich hilflos dem
ausgeliefert, was zwischen den eigenen Zügen von den anderen (drei) Spielern
getan wird. Es kann zwar recht amüsant sein, einige Spiele lang den Einfluß der
möglichen unterschiedlichen Einstellungen (und deren Kombination in einer
Spielrunde) auf den Spielverlauf zu beobachten: Wer denkt nur daran, die
eigenen Steine rasch ans Ziel zu bringen? Wer will verhindern, daß ein anderer
Spieler - oder: ein bestimmter anderer Spieler (alle gegen einen???) gewinnt?
Wer macht eher beliebige (also: Zufalls-Züge? Aber danach dürfte wohl -
zumindest beim erwachsenen Spieler - das Interesse an dem Spiel erlöschen.
Strategisch am interessantesten - dafür aber nicht allzu unterhaltsam - ist natürlich
das Spiel zu zweit.
Mein Fazit ist daher: DSCHUNGEL/HAITHABU ist ein
brauchbares, aber - trotz einer interessanten Idee - nicht mehr (aber auch
nicht weniger) als ein durchschnittliches - Spiel, bei dem
die Regeln und die Ausstattung (siehe die
Bemerkungen weiter oben) etwas sorgfältiger hätte durchdacht werden sollen.
Aber vielleicht übersehe ich etwas?
Denn es muß ja wohl einen Grund dafür geben, daß
gerade dieses Spiel neu aufgelegt wurde! Wo doch zahlreiche Spiele, die mir
viel besser gefallen, vom Markt verschwunden sind.
Der Vergleich:
DSCHUNGEL und HAITHABU sind verschiedene Ausführungen
desselben Spieles. Was bei DSCHUNGEL ein mit Fallen gespickter Weg durch den
Dschungel ist, ist bei HAITHABU ein Wettlauf zwischen Mannschaften im
"Venedig der Wikinger", bei dem Brücken überwunden werden müssen.
Beide Stories wirken aufgesetzt: Keine von ihnen kann die Spielmechanik - nämlich
die Doppelfunktion der Steine - plausibel machen. Im Grunde ist
DSCHUNGEL/HAITHABU eben ein völlig abstraktes Spiel!
Die Ausstattung ist in beiden Fällen gut (Holzsteine). Das Spielfeld ist bei
HAITHABU graphisch aufwendiger gestaltet, wurde aber dadurch unübersichtlicher
und unhandlicher (unnötig groß!). Die Kennzeichnung der Kreuzungen für die
Zusatzregel erfolgt durch eindeutig zu klein geratene Buchstaben. Die
einfachere Gestaltung von DSCHUNGEL entspricht besser der klaren Struktur des
Spielfeldes. (Das Spiel ist trotzdem noch größer als erforderlich.) Die Regeln
sind bei DSCHUNGEL- dem älteren Spiel! - besser und klarer abgefaßt: Das
Regelheft von HAITHABU wirkt zwar auf den ersten Blick übersichtlich, bei näherem
Studium findet man jedoch eine etwas wirre Anordnung, schludrige Formulierungen
und sprachliche Fehler (z.B.: ''darf sich stehen'). Auch der (modern gewordene)
Bezug auf den jüngsten und auf den ältesten Spieler stellt keine Verbesserung
dar.
WlN-Wertung:
Dschungel S in U A 2-A
Haithabu S In U 2-4;