Für Experten

 

Eisenbahnbau in den USA

 

Steel Driver

 

Wohlkalkuliertes Bieten um Gesellschaften

 

Kid                       

Family                  

Friends                 

Expert                   ein    

 

Alter                    

Spezial                 

 

Steel Driver ist die dritte 2008er-Veröffentlichung von Martin Wallace seiner Treefrogreihe im Verlag Warfrog. Wie der Titel vielleicht schon vermuten lässt, kehrt er damit zum beliebten Thema des Eisenbahnbaus zurück, von ihm stammen immerhin so bekannte Werke wie Age of Steam, samt diverser Abwandlungen wie Railroad Tycoon oder Steam. Die Spieler schlüpfen in die Rollen von Eisenbahnbaronen des 19. Jahrhunderts, um die großen Städte Amerikas zu verbinden und dabei möglichst reich zu werden.

Für die Grafik ist wieder Peter Dennis verantwortlich, der bisher für alle Treefrogspiele tätig war, was auch sofort am grafischen Stil erkennbar ist. Der große Spielplan zeigt eine Karte der USA und ein paar Felder, auf denen diverse Spielsteine abgelegt werden. Im Gegensatz zu den anderen Spielen der Treefrogreihe befindet sich aber keine einzige Tabelle am Plan. Insgesamt wirkt der Plan sehr übersichtlich, hätte aber meines Erachtens eine hübschere Gestaltung und eine bessere Aufteilung vertragen. So ist die USA einfach nur in einer simplen gelben Silhouette erkennbar. Etwas mehr Farbe hätte da wohl kaum geschadet. Außerdem ist die Einkommensskala zweigeteilt, unterbrochen von der Karte der USA. Auch das hätte sicher auch besser gelöst werden können.

Das übrige Spielmaterial ist wie bei allen anderen Treefrogspielen auch, großteils aus Holz: simpel, funktional, aber auch nichts Aufregendes. Nur das Geld, welches lediglich zum Siegpunktezählen benötigt wird, ist aus dünnem Papier. Die ungeschickte Fünferstaffelung (10$, 50$, 250$) macht viele Auszahlungen aber unnötig aufwändig. Hunderter, oder Ähnliches, wären oft praktisch, die 250er werden hingegen lediglich in der Schlusswertung benutzt.

Das Spiel läuft über 5 Runden. In jeder Runde wird zuerst je eine Aktie, dargestellt durch eine farbige Holzscheibe, jeder der 6 im Spiel vorkommenden Eisenbahngesellschaften versteigert. Diese haben keinen Namen, sondern werden einfach nur farblich unterschieden (rot, gelb, grün, blau, schwarz und violett). Wer die Aktie ersteigert, kontrolliert die Gesellschaft für genau diese Runde. Geboten wird mit kleinen weißen Holzwürfeln, genannt Investitionsmarker. Von denen erhält jeder Spieler pro Runde eine bestimmte Anzahl. Die übergebliebenen Würfel aus der letzten Runde werden behalten und können daher auch benutzt werden. Der erste Spieler hat die Möglichkeit eine Gesellschaft zur Versteigerung anzubieten, alternativ könnte er passen, was dem nächsten Spieler die Möglichkeit gibt auszuwählen. Der Bieter bietet eine beliebige Anzahl an Investitionsmarkern für die Gesellschaft. In Sitzreihenfolge können nun die Mitspieler erhöhen oder passen. Dies geht solange im Kreis bis alle anderen passen. Der Gewinner legt die gebotene Anzahl an Steinen in das Feld der Gesellschaft und erhält dafür eine Aktie und die Lok der Gesellschaft, welche anzeigt dass er Direktor ist und sie in dieser Runde kontrolliert. Ist dies geschehen hat der nächste Spieler die Möglichkeit eine Gesellschaft zu versteigern. Bei der Versteigerung beginnen die Köpfe zu rauchen. Die Spieler müssen einiges beachten, denn die gebotenen Steine werden zum Bau der Strecken benötigt. Es geht also nicht nur darum welche Gesellschaft man ersteigert, sondern auch wie viel man dafür bietet, um die geplanten Bauvorhaben zu verwirklichen, die dem Spieler Geld (= Siegpunkte) bringen.

 

Sind alle Gesellschaften verteilt beginnt die Bauphase, welche im Normalfall wesentlich flotter vorangeht. Auf dem Plan sind zwischen den Städten Verbindungen mit Baukosten eingezeichnet. Gegen Abgabe der aufgedruckten Menge an Würfeln (2-6) darf ein Gleisteil auf die Verbindung gelegt werden. Für jede neu angeschlossene Stadt bekommt der aktuelle Direktor der Gesellschaft den auf der Stadt aufgedruckten Betrag einmalig ausbezahlt. Sollte dadurch erstmals New York (Ostküste) mit San Francisco (Westküste) verbunden werden, gibt es noch zusätzliches Geld. Jede Verbindung darf nur von einer Gesellschaft gebaut werden. Außerdem muss das Streckennetz zusammenhängen. Daher ist es theoretisch auch möglich eine Gesellschaft einzusperren, was deren Preis in den nächsten Auktionen vermutlich deutlich senken wird.

Wenn eine Gesellschaft am Zug ist, hat der Direktor zwei Möglichkeiten. Wenn die Gesellschaft genug Investitionsmarker hat, kann er eine Verbindung bauen, ansonsten muss er passen. Das Zuschießen privater Investitionsmarker ist nicht erlaubt. Durch Passen wird die Reihenfolge der Gesellschaften für die nächste Runde festgelegt, früher passen bedeutet früher dran in der nächsten Runde, was bei umkämpften Verbindungen manchmal nicht unwesentlich ist.

Die Startstadt der Gesellschaft kann im Wesentlichen frei entlang der Küsten gewählt werden, wodurch sich die Gesellschaften anfangs fast ausschließlich durch die Reihenfolge unterscheiden.

Sind 5 Runden nach diesem Prinzip abgehandelt hat sich ein buntes Eisenbahnnetz über die anfangs recht farblose Karte gelegt. Nun folgt noch die Schlussrunde, die nach einem vollkommen anderen Prinzip abläuft. Zunächst wird festgestellt wer welche Gesellschaft kontrolliert. Dies erfolgt aber diesmal nicht per Versteigerung. Entscheidend ist, wer die meisten der 5 Aktien besitzt. Bei Gleichstand bekommt sie der der sie in der letzten Runde kontrollierte, bzw. dem Direktor in Sitzreihenfolge näher sitzt.

Auf sämtliche angeschlossenen Städte werden nun Warenmarker in ihrer Farbe gelegt. Dazu ist zu sagen dass die Farben geographisch zugeteilt wurden. Die Städte im Osten sind grau, jene im Norden weiß, die südlichen schwarz und jene westlich der Rocky Mountains orange. Dazwischen befinden sich noch drei rote, besonders wertvolle Städte in Randlagen. Die Gesellschaften  kommen nun wieder, entsprechend der Passreihenfolge der letzten Runde, abwechselnd an die Reihe. Die Mehrheitseigentümer können genau eine Ware aus einer beliebigen von der Gesellschaft angeschlossenen Stadt nehmen und auf das Feld der Gesellschaft legen. Waren von Städten, die nur von einer Gesellschaft angeschlossen wurden sind sicher und haben daher geringere Priorität als heißumkämpfte Städte mit mehreren Anschlüssen, denn nur eine Gesellschaft bekommt die Ware.

Ziel ist es, möglichst viele verschiedenfarbige Waren zu sammeln. Zählen tun nämlich Sets aus verschiedenfarbigen Waremarkern. Je größer das Set desto höher der Wert. So ist ein Set mit 4 verschiedenen Waren 100$ wert, eines mit 5 gar 150$, vier einzelne gleichfarbige Waren aber nur 40$ (10$ pro Stück).

Alle Spieler bekommen Geld für jede Aktie, die sie besitzen. Wer dann am meisten Geld hat, hat gewonnen. Der Rest zählt nichts. Es gibt somit zwei Möglichkeiten an Geld, also Siegpunkten, zu kommen: Durch Aktien in der Endwertung oder durch Anschließen neuer Städte in den Bauphasen. Daher sind auch verschiedene Strategien möglich. Lieber versuchen billige, dafür aber viele Aktien zu bekommen? Oder lieber in wertvollere, teurere Gesellschaften investieren? Durch die farbliche Einteilung der Städte nach Regionen, ist es auch gar nicht so einfach viele verschiedenfarbige Würfel einzusammeln. Will man also in der Endwertung mit einer bestimmten Linie viel Geld machen bedarf es schon in der Bauphase einer gewissen Planung und weitere, teurere Wege müssen gebaut werden um neue Farben zu erreichen. Das rechnet sich natürlich auch nur wenn man genug Aktien dieser Gesellschaft erwirbt. Demgegenüber steht natürlich der Spieler, der viele verschiedene Aktien hat und am schnellen Profit interessiert ist und daher lieber billige Städte anschließt.

Trotz der vielen Möglichkeiten waren bisher fast alle meine Partien knapp und spannend. Am Ende haben oft nur kleinstmögliche Beträge über Sieg und Niederlage entschieden. Früh entschieden ist eine Partie sowieso nur sehr selten. Allerdings gibt es auch viel zu tüfteln, zu rechnen und zu entscheiden, was der Spielzeit und der Kurzweiligkeit in manchen Runden nicht zugutekommt. Spieler, denen das nicht liegt werden, also eventuell weniger Freude damit haben, obwohl die Spielzeit nicht übertrieben lang ist, sondern mit ein bis eineinhalb Stunden Familienspielniveau hat.

Martin Wallace erfindet bei Steel Driver nichts Neues. Vielmehr werden bekannte Mechanismen neu zusammengesetzt. Das Ergebnis ist ein gut funktionierendes Versteigerungsspiel, mit relativ einfachen Regeln aber sehr viel Tiefgang und hoher Interaktion bei einer moderaten Spieldauer.

Nicht gefallen hat mir, abgesehen von Spielplan, die Spielanleitung. Es werden beim Durchlesen der etwa 3 A4-Seiten alle Regeln in leicht verständlichem Englisch erklärt (deutsche Anleitung im Internet) und eigentlich auch alle Detailfragen beantwortet, mit Ausnahme der Auktion vielleicht, welche nur als Standardauktion bezeichnet wird, ohne genau zu klären was darunter zu verstehen ist. Aber die grafische Gestaltung ist, wie bei anderen Treefrogprodukten, wieder sehr minimalistisch ausgefallen. Der Text ist in einheitlichem Schriftformat gehalten. Wichtige Regeln werden nicht akzentuiert, was es schwierig macht Details zu finden, wenn man doch mal etwas nachlesen will.

 

Trotzdem halte ich Steel Driver für ein nettes Spiel, das bei mir immer wieder mal auf dem Tisch landen wird. Allerdings ist es derzeit nicht erhältlich. Laut Homepage des Verlages ist es momentan ausverkauft. Die Lizenz wurde aber von Pegasus erworben und eine Neuauflage dürfte daher bald folgen, hoffentlich auch mit besserer Spielanleitung und neu gestaltetem Spielplan.

 

Markus Wawra

 

Anmerkung der Redaktion:

Die Neuauflage ist inzwischen erhältlich, die Regel wurde um eine Kurzfassung ergänzt und mit Hinweisen und Tipps erweitert, der Plan wurde nur in Details verändert.

 

Spieler         : 3-6

Alter            : ab 12 Jahren

Dauer           : ca. 90 min

 

Autor           : Martin Wallace

Grafik          : Paul Niemeyer, Peter Dennis, Harald Lieske

Vertrieb A     : Pegasus

Preis            : ca. 35,00 Euro

Verlag          : Treefrog / Pegasus 2009

                     www.pegasus.de

 

Genre          :Versteigerungsspiel, Eisenbahnspiel

Zielgruppe    : Für Experten

Mechanismus: Gesellschaften ersteigern, Strecken bauen, Waren sammeln

Zufall                     :

Wissen/Gedächtnis  : 2

Planung                 : 6

Kreativität              :

Kommunikation      : 5

Geschicklichkeit      :

Action                   :

 

Kommentar:

anspruchsvolle Versteigerungen

einfacher Eisenbahnbau

unübersichtliche, aber leicht verständliche Regeln

wenig zufriedenstellender Spielplan

 

Vergleichbar

Chicago Express (Wabash Cannonball),  Santa Fe

 

Atmosphäre: 4

 

Markus Wawra:

Spannendes Aktien-Eisenbahnspiel, das, wie viele seiner Artgenossen, vor allem für Tüftler seinen Reiz hat und verschiedene Strategien erlaubt. Zentraler Mechanismus ist das Versteigern der Aktien, wodurch gutes Kalkulieren spielentscheidend wird.