Rezension

 

Gemeinsam gegen Entdecker

 

Spirit Island

 

Naturgeister gegen Invasoren

 

Der Drang, das Unbekannte zu entdecken, verbindet viele Spiele, die oft denkbar unterschiedliche Ziele verfolgen. Vor der ebenfalls in dieser Ausgabe beschriebenen spielerischen Umsetzung des Wettlaufes zum Mond kurz vor dem 50. Jahrestag der Mondlandung, versuchen wir die das Ausbeuten der Rohstoffe im Sinn habenden Entdecker-Invasoren daran zu hindern, unser Insel-Idyll zu veröden – und somit vielleicht in weiterer Folge den Bau jeglicher Raketen später mal zu verhindern... Nein, jetzt wird’s zu philosophisch! Spielen wir lieber los!

 

Die Zeit der Geister ist gekommen!

Auf einer abgelegenen Insel leben wir Geister im Einklang mit der Natur. Doch Invasoren von jenseits der Meere stören diesen Frieden und bedrohen das Volk der Dahan, die Ureinwohner, und damit auch uns. Können wir Geister rechtzeitig erstarken und genügend Furcht unter den Invasoren verbreiten, um so die Kolonialisierung zu verhindern?

 

Noch vor dem Insel-Aufbau und der Positionierung der Invasoren, Dahan und der eigenen heiligen Stätten, steht die Wahl des eigenen Naturgeistes. Die jeweiligen Geister-Tableaus helfen uns dabei, beschreiben sie diese doch nicht nur, sondern geben auch Info darüber, ob dieser offensiver, weniger Ort-gebunden, Furcht-hervorrufender oder defensiver angelegt ist. Hunger des Ozeans und Pfeilschneller Blitzschlag sind beispielsweise mehr ersteres, Lebenskraft der Erde und Wild wucherndes Grün mehr letzteres. Am beweglichsten sind Stimme des Donners und Sonnen-genährter Fluss, die meiste Furcht erzeugen Flackernde Schatten und vor allem Bote der Albträume, ein allerdings erst nach einigen Partien angeratener Geist-Charakter.

 

Um Furcht oder besser gesagt Furcht-Erzeugung geht es grundsätzlich, denn das lässt uns Furcht-Karten aufdecken, die den Invasoren substanziell zusetzen und uns (wichtige) strategische Hilfe beim nicht nur anfangs schwer bewältigbar erscheinendem Unterfangen des Vertreibens der Invasoren leisten. Zudem vereinfacht sich dadurch mit der Zeit die Sieg-Bedingung – von kompletter Vertreibung bis hin zu Sieg, wenn alle Städte aufgelöst sind.

 

Erreicht wird das einerseits durch Ausspielen von Fähigkeiten, was jedoch Energie kostet und die zudem erst erworben werden müssen, andererseits durch Zerstörung von Dörfern und Städten. Doch wird – anders als in anderen Konfliktspielen - nicht klassisch angegriffen, nein, erst wenn in einem Gebiet gewütet wurde, darf zurückgeschlagen werden. Das Wüten kann jedoch schmerzhafte Verluste bei den Dahan nach sich ziehen und da diese - ebenso anders als üblich – sich grundsätzlich nicht vermehren, hingegen bei den Invasoren Entdeckern jede Runde nachrücken, ist cleveres Planen und strategisch gut abgestimmtes Handeln erforderlich. Unser Vorteil: Wir sehen, in welchen Regionen -  Sumpf, Wüste, Wald oder Gebirge –  in der Folgerunde gebaut und daraufhin gewütet wird. So kann z. B. das Spielen der Karte „Erschöpfung und Auszehrung“ in einer Region die Verteidigung hochschrauben, sodass die Dahan geschützt sind und verlustfrei zurückschlagen können. Die Region wird ebenso geschützt, was besonders wichtig ist, denn verursachen die Invasoren nur zwei Schaden (!) entsteht eine Ödnis, der, so bereits eine vorhanden, eine weitere in ein Nachbargebiet folgt. Abgesehen davon, dass dies auch Präsenzen und heilige Stätten gefährdet, bedeutet es die insgesamte Niederlage, wenn zu viel Ödnis platziert wurden – egal ob nun Städte oder Dörfer dran glauben mussten und unsere Fähigkeiten vielleicht das Maximum erreicht haben!

Die Fähigkeiten gut einsetzen und kombinieren, sich hin zu den Krisen-Herden ausbreiten, den Nachschub ins Stocken bringen und immer ein Auge auf die Dahan werfen - nur dann kann die Insel wieder Idyll werden! Team-Spirit gefragt!

 

Drei historische Szenarien werden ebenso für das Fortgeschrittenen-Spiel angeboten. Die drei Kolonialisierungs-Mächte und Königreiche, Brandenburg-Preußen, England, und Schweden, werden nicht nur historisch diesbezüglich betrachtet, sondern können auch in Szenarien einbezogen bzw. „nachgespielt“ werden – toll und spannend dazu!

 

Spirit Island ist ein hoch-komplexes, wunderschön gestaltetes kooperatives Konflikt- und Entwicklungsspiel für Liebhaber komplexer Spieler, die langes Regelstudium und lange Spieldauer nicht irritiert. Mehr als epochales Werk einzustufen, inkludiert es im Prinzip zwei Erweiterungen (sehr langer Spielreiz garantiert, zumal sich die anfänglichen Regel-Schwierigkeiten mit der dritten Partie auflösen. Thematisch stimmig umgesetzt, auch was die Spielmechanismen anlangt, die zudem top-abgestimmt sind.  Herausragend, auch solo!

 

Thomas Bareder

 

Spieler: 1-4

Alter: 12+

Dauer: 150+

Autor: R. Eric Reuss

Gestaltung: Team

Preis: ca. 60 Euro

Verlag: Pegasus Spiele 2018

Web: www.pegasus.de

Genre: Kooperativ, Konflikt

Zielgruppe: Für Experten

Spezial: 1 Spieler

Version: de

Regeln: de en es  fr hu pt ru

Text im Spiel: ja

 

Kommentar:

Hoch komplex

Attraktive Solo-Variante

Schönes Design

Viel Regelstudium

Lange Spieldauer

 

Vergleichbar:

Kooperative Konfliktspiele

 

Andere Ausgaben:

Greater than Games (en, erschienen), Ace Studios (pt), Arrakis Games (es), Gèm Klub (hu), Hobby World (ru) - alle angekündigt

 

Meine Einschätzung: 7

 

Thomas Bareder:

Wer mag hochkomplexe, wunderschön gestaltete Spiele mit langem Regelstudium? Der sollte Spirit Island ausprobieren, einen attraktiven Leckerbissen in diesem Genre.

 

Zufall (rosa): 1

Taktik (türkis): 3

Strategie (blau): 3

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 3

Interaktion (braun): 3

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0