Rückkehr der Helden
Das Spiel:
Rückkehr der Helden
für 1-4 Spieler ab 10 Jahren
von Lutz Stepponat
Pegasus Press, 2003:
Die Besprechung:
Bernhard Petschina
WIN-Wertung
* WW M K UU AA (1-4) h
Die Kiefernspäne prasseln und wärmen etwas die 4 Personen, die um das Lagerfeuer herumsitzen. Es ist ein kleines Feuer und es liegt in einer Mulde im Wald, versteckt, so als ob hier jemand etwas zu verbergen hat. Und es stimmt, die Leute wollen auch nicht auffallen. Sie sind auf der Hut und sprechen nur mit leiser Stimme.
„Ich bin Agin Sturmklinge“, sagt einer von ihnen. „Vor Monaten bin ich von zu Hause aufgebrochen um gegen das Böse im Land zu kämpfen. Die Narben zähle ich nicht mehr, aber wenn man mit dem Schwert kämpft, dann muss man auch einiges wegstecken können.“ Verträumt schaut er seine Klinge an und fährt dann fort sich damit den Dreck unter seinen Fingernägeln herauszukratzen. „Meine Familie hatte einmal ein stattliche Burg, aber – ihr wisst schon wer – hat uns verflucht und die Burg zerfiel. Mein Urgroßvater spukt seither dort als Geist. Ein alter Mann sagte mir, dass ich bei einem Einsiedler am See geweihtes Wasser bekommen kann, um meinen Urgroßvater zu befreien. Hier ist es.“ Er zeigt vorsichtig eine kleine Flasche in der Runde herum. „Ich habe Tage gebraucht, um ihn zu überreden mir das Wasser zu geben. Jetzt bin ich wieder am Weg nach Haus.“
„Am See war ich auch.“ sagt eine Elfin mit langem blondem Haar. Sie hatte sich vorher als Elanor vorgestellt. „Ich habe dort gegen einen riesigen Frosch gekämpft und ihm eine goldene Kugel abgenommen. Der König hat mich für die Kugel in den Adelsstand erhoben. Seither sind die Elfen wieder geachtet.“ Sie zieht unter einer Decke einen Köcher mit Pfeilen hervor und fängt an jeden einzelnen von ihnen genau zu prüfen. „Unsere Ältesten haben mir dafür einen Edelstein anvertraut. Sie sagten er ist ein Schlüssel zu ... ihm, den Namenlosen.“ Ihre Stimme wurde bei den letzten Worten merklich leiser. „Jetzt suche ich Mirabar, die Lehrerin für Magie. Ich möchte gut vorbereitet sein, wenn ich ... ihm ... gegenübertrete.“
„Von Mirabar habe ich schon gehört, sie hat meinen Bruder gelehrt. Er ist letzte Woche umgekommen. Er war ein großer Magier – Antrax Zauberspiel war sein Name – ich bin seine Schwester Sybille.“ Sybille dreht plötzlich ihren Kopf Richtung Wald und die schwarzen Locken schwingen ihr ins Gesicht. Nach einiger Zeit schaut sie wieder zum Feuer und erzählt weiter. „Von Merlin persönlich hat er auch so einen Edelstein bekommen, als Dank, weil er ihn befreit hatte. Und er war auch schon beim schwarzen Turm. Gegen einen der Wächter konnte er aber mit seiner Magie nichts ausrichten. Von Antrax ist nur dieser Eibenstab übrig geblieben, das ist alles was er uns hinterlassen hat. Er hat ihn von einer Hexe bekommen, weil er ihr ein paar Drachenzähne besorgt hatte.“ Ein kühler Windhauch fegt zwischen den Bäumen hindurch und die kleine Gruppe fröstelt etwas. Sybille legt noch ein paar Kiefernspäne nach und facht das Feuer mit einem Funkenregen an, der aus ihrer Fingerspitze springt. Dann schiebt sie einen Besen, der neben ihr liegt, etwas zurück, vom Feuer weg. „Ein Besen?“ fragt Agin verdutzt. „Ein Hexenbesen.“ Erklärt Sybille „Ich habe in vor ein paar Tagen in einem Gebüsch gefunden, er hat sich darin verfangen. Er ist aber schwer zu beherrschen, scheint einen eigenen Willen zu haben. Er erleichtert mir das Reisen etwas, ich bin nicht so gut zu Fuß unterwegs.“
„Erzähl mir nichts von ‚nicht so gut zu Fuß unterwegs’!“ grummelt die vierte Person. Es ist ein Zwerg, der mit funkelnden Augen zwischen Vollbart und Helm zu Sybille blickt. Gro Frosthammer ist sein Name. „Mit meinen kurzen Füßen bin ich nur halb so schnell wie ihr unterwegs. Zum Glück kenne ich die versteckten Wege im Gebirge. Am Basar habe ich erst kürzlich ein paar gute Stiefeln erstanden. Damit komme ich besser voran. Für den Kutschenmacher hatte mein Geld nicht gereicht.“ Er stochert mit einem Ast im Feuer herum. „Ich habe bei Don Hobiro die Kunst des Bogenschießens gelernt. Die Hellseherin hat mir gesagt, wo ich ihn finde. Aber die Übungsstunden wollten auch bezahlt sein, und dann war das Geld für den Kutschenmacher weg. Ihr habt ja keine Ahnung wie groß die Welt für kleine Leute ist.“
„Don Hobiro habe ich auch besucht, dieser falsche Hund.“ sagt Elanor darauf und befestigte ein paar Federn mit einem silbrig schimmernden Faden an einem ihrer Pfeile. „Ich wollte auch bei ihm lernen, weil alle sagten, er sei der Beste. Erst hat er mein Gold genommen und dann hat er mir nur Sachen gelehrt, die ich schon kannte. Da bringt es schon mehr, wenn man wirklich kämpft. Der Frosch, ein paar Wölfe, ein Troll und zwei Diener von ... ihm ... das hat mir viel Erfahrung gebracht. Erst da habe ich gelernt, wie ich mit meinem Bogen umgehen muss.“ Sie schaut liebevoll auf ihren Bogen, der an ihrer Seite liegt. „Ich habe ihn von den Feen bekommen, weil ich ihnen ihren Kristall brachte. Aber gegen den Riesen bei den Sümpfen hatte ich mit dem Bogen keine Chance. So groß, aber mit einem Bogen nicht zu treffen. Da musste ich das erste Mal was einstecken.“
„Der Riese wird dir keine Sorgen mehr machen“ meint Agin und streicht mit der Fingerspitze über eine Kerbe in der Klinge seines Schwertes. „Ich bin ihm vorgestern begegnet. Harte Knochen, aber irgendwann brechen sie dann doch“. Agin packt einen kleinen Schleifstein aus und fängt an damit über die Kerbe in der Klinge zu schleifen. „Der Gasconier in der Stadt hat mir gezeigt, wie ich mit solchen Wesen fertig werde. Zwei Wochen habe ich bei ihm gelernt, wie man das Schwert richtig schwingt. Ich bin froh, dass ich ihn bezahlen konnte. Das Geld hatte ich kurz davor einem Dieb abgenommen, armseliger Bursche, aber solche wird es immer wieder geben.“. Das Gespräch verstummt für eine Weile, dann spricht Agin weiter: „Ha, der Dieb, tja, der lief mir im nächsten Monat wieder über den Weg, und wieder war ich meine Geldsorgen los. Am Basar habe ich dann auch ein paar Stiefeln und dieses Schwert gekauft.“ Die Kerbe in der Klinge wollte nicht kleiner werden. „Später habe ich die Stiefeln dem Waldläufer im weißen Dorf verkauft. Er zeigte mir dafür auch ein paar Kniffe für den Kampf.“
„Beim weißen Dorf hatte ich zum ersten Mal vom Buch der Flüche gehört.“ Erwidert Gro „ich hab es später auch gefunden und zum Tempel gebracht. Keine Ahnung was drinnen steht, ist in einer sonderbaren Schrift geschrieben. Heißt wahrscheinlich Buch der Flüche, weil es so schwer ist. Ich sag euch, das hat ein Gewicht. Seit dem Turnier im Sommer schleppte ich es schon herum, und vor zwei Wochen habe ich im Tempel dafür ein Kreuz bekommen. Magisch.“
„Ja, ja das Turnier im Sommer, ich hab davon gehört, aber der Nahkampf ist nicht meine Sache.“ Erwidert Elanor. „Kurz darauf sind die Diener in der Welt aufgetaucht und es hieß, der ... Namenlose ... sei in den schwarzen Turm gezogen.“ Und dann flüstert sie kaum hörbar: „Hat einer von euch ... ihn ... schon mal gesehen? Wisst ihr näheres über ... ihn ...?“
„Mein Bruder, “ meint Sybille, „sagte, die Mäuse beim Waldhaus kennen ihn. Man kann sie fragen, wie er heißt.“ Allein beim Gedanken an den Namenlosen fröstelte es Sybille und sie zieht sich eine Decke enger über die Schultern. „Ist mir egal wie er heißt!“ entgegnet Gro aufgeregt. „Ich werde mich morgen auf den Weg zum Turm machen. So einen Edelstein habe ich von unserem König bekommen, weil ich ihm seine silberne Axt wiedergebracht hatte. Und wenn der Namenlose so stark wie seine Diener ist, dann wird’s ein Kinderspiel.“ Gro holt, während er erzählt seine Axt hervorgeholt und lässt sie jetzt um seine Hand wirbeln, als ob sie federleicht wäre. „Vier von ihnen bin ich in letzter Zeit schon begegnet, und “ die Axt saust in ein Holzscheit vor ihm und spaltet es entzwei. Der Boden erzittert unter diesem Schlag. „ – nun ja, sie weilen nicht mehr unter uns.“
„Ich wünsch dir viel Glück“, meint Agin. „Möge ein neuer Held mit dir in diese Welt zurückkehren!“„Mögen die Götter mit dir sein“, sagt Sybille. „Wobei,“ ergänzt Elanor, „Ich glaube ja, dass die Götter uns auch nur wie Marionetten in dieser Welt herumschieben, würfeln und ihren Spaß daran haben.“