UNSERE REZENSION
Zocken in der Karibik
PORT ROYAL
oder wie bekommt man das richtige Zockergefühl ins Spiel.
Vor mehr als einem Jahr gab es den ersten Österreichischen Spiele Autoren Wettbewerb. Und es gab auch einen Gewinner. Alexander Pfister hat so lange an einer Idee von einem Kartenspiel gedreht, bis es beim Wettbewerb klappte und sein schönes schnelles zockerartiges Spiel diesen gewinnen konnte. Zuerst vom Österreichischen Spiele Museum als „Händler der Karibik“ aufgelegt, machte es in Essen Schlagzeilen. Und Interessenten für eine weitere Auflage ließen nicht lange auf sich warten. Daher kam das Spiel in einer neuen Schachtel unter dem Namen Port Royal bei Pegasus Spiele raus.
Der Verlag hat sich nochmals redaktionell mit dem Spiel beschäftigt und kleinere, eher kosmetische Operationen getätigt. Somit ist das Spiel nun für zwei bis fünf Spieler gut spielbar. Ich habe das Spiel davor und auch danach etliche Male gespielt und bevorzuge nach wie vor eine Anzahl von drei oder vier Spielern. Drei Spieler, damit immer wieder mehrere ins Geschehen eingreifen und vier Spieler, damit ich in keinem Zug nur Zuschauer spiele. Bei fünf Spielern kam es mir vor, dass dies nur eine immer noch gut spielbare Anpassung der Spieleranzahl ist. Wir kennen ja viele Gruppen wo vier einfach zu wenig ist.
Viele werden sich jetzt fragen: Ein Kartenspiel mit nur 120 Spielkarten und eine volle Ladung an Spielspaß – wie soll das in so eine kleine Schachtel passen? Um dies zu erklären muss ich zum Thema und zum Spiel selbst etwas sagen. Das Thema – Händler, Piraten, Menschen, die sich an der Mole tummeln, Schiffe, die in den Hafen hinein möchten… – das alles passt mit dem Spielprinzip hervorragend zusammen. Jeder Spieler ist ein Händler, der mit Schiffen handelt und Personen bei sich anstellt. Jeder Spieler hat seine eigene Mole – seine Auslage – wo ihm die angeheuerten Menschen helfen, die besten Geschäfte zu machen. Ab und zu gibt es dann einen Expeditionsaufruf, wo Kapitäne, Priester oder Siedler benötigt werden. Nun ja eine Expedition in neue unerforschte Gewässer bedarf guter Seemänner. Trifft man dort auf Land, will es besiedelt werden. Ist es etwa von Ureinwohnern besiedelt, so sollten die zum „richtigen“ Glauben bekehrt werden. Wenigstens war es so im Zeitalter der Seeentdeckungen und Entdeckungsreisen.
Die Karten sind beidseitig nutzbar. Eine Seite steht für Gold, die andere zeigt eben Schiffe, Menschen und Expeditionsaufrufe. Anfangs hat jeder Spieler nur drei Goldmünzen (Karten). Der Startspieler eröffnet den Hafen und lässt Schiffe reinfahren und Menschen rein trödeln. Er deckt Karten vom Nachziehstapel auf und legt sie in die Tischmitte. Wann er den Hafen schließt, das heiß, mit Aufdecken aufhört, ist ihm überlassen. Er kann aber auch gezwungen werden den Hafen zu schließen. Wenn nämlich zwei rivalisierende Schiffe (das heißt Schiffe gleicher Art) in den Hafen kommen, gibt es ein großes Durcheinander und Alle und Alles verlassen den Hafen in Eile. Dies gibt dem Spieler das gewisse Etwas um jedes Aufdecken spannend zu machen.
Nein, es wäre nicht einfacher nur bis zum ersten Schiff aufzudecken. Der Spieler kann nämlich in der zweiten Phase – nach Schließung des Hafens – eine Karte aus dem Hafen haben. Nimmt er ein Schiff, macht er einfach das Geschäft und bekommt Gold. Er zieht die am Schiff aufgedruckte Menge an Gold als Karten vom Nachziehstapel und legt sie ungesehen zu seinem Gold. Und es gibt Schiffe mit nur einem, mit zwei, mit drei und manche sogar mit vier Gold. Daher möchte man schon etwas mehr als nur eine lausige Goldmünze bekommen und riskiert ab und zu, weitere Karten aufzudecken. Es gibt exakt fünf verschiedene Arten Schiffe. Hat der Spieler eben eine Pinasse mit einem Gold gezogen, hofft er, eine Fleute mit mindestens zwei Gold zu ziehen. Es kommt aber eine Pinasse mit vier Gold. Was für ein Pech! Der ganze Zug endet abrupt. Nur wer jetzt einen angeheuerten Witzbold auf seiner Mole stehen hat, kann sich über einen kleinen Gewinn noch freuen.
Insgesamt gibt es wie gesagt fünf verschiedene Schiffe. Hat der Spieler in den Hafen vier verschiedene oder gar alle fünf Schiffarten gelassen, kann er sich statt einer sogar zwei, bzw. drei Karten aussuchen. Das erhöht dieses Zockergefühl, welches uns immer wieder das Spiel auf den Tisch bringen lässt.
Will der Spieler eine Karte mit einer Person drauf haben, muss er diese anheuern. Anheuern heißt der Person ihren Lohn bezahlen. Unten auf den Karten ist aufgedruckt, wie viel es sein soll. Es gibt Menschen, die man zum Spottlohn von 3 Goldmünzen bekommt aber es gibt auch welche, die einen stolzen Lohn von 9 Goldmünzen verlangen. Hat man das Gold, wird es einfach auf den Ablagestapel gelegt und der angeheuerte Seemann – Fräulein – Witzbold oder wer-auch-immer kommt auf die eigene Mole.
Ab diesem Augenblick kann der Spieler seine Fähigkeiten nutzen. Die Händler handeln bessere Konditionen bei den Schiffen aus, Matrosen und Piraten können einigen Schiffen die Einfahrt in den Hafen verbieten, Fräuleins machen anderen anzuheuernden so schöne Augen, dass diese weniger Lohn verlangen, Admiräle verlangen eine Gebühr, wenn der Hafen sich über eine Mindestgrenze füllt, Gouverneure haben das Recht einer Karte mehr und Witzbolde zaubern Gold auch in einem leeren Hafen herbei. All diese Personen haben auch noch einen Punktewert. Dieser hängt von dem abverlangten Lohn ab. Die Punkte (eigentlich ein Ansehen des Spielers) sind es, um die es geht. Hat nämlich ein Spieler die Grenze von 12 Punkten erreicht oder überschritten, wird die Runde zu Ende gespielt und der Spieler mit dem größten Ansehen hat gewonnen. Bei Gleichstand entscheidet so wie im wirklichen Leben das übriggebliebene Gold.
Es gibt auch noch fiese Karten. Man kann es schon an deren Namen erkennen: Steuererhöhung. Kommt so eine Karte in den Hafen, wurde gerade vom Hafenmeister verkündigt, dass jeder Spieler mit 12 und mehr Gold die Hälfte davon abgeben muss. Meist ist es so, dass die Spieler mit mehr angeheuerten Personen auch mehr Gold haben. Die Karten sind also als Ausgleichmechanismus zu sehen. Es geschieht zeitweilig, dass dies nicht der Fall ist. Und gerade der „Schwächste“ zu viel Gold gebunkert hat. Deswegen ist auf den Steuererhöhungen noch ein zweiter Ausgleichmechanismus. Nach dem Versteuern wird geschaut wer das wenigste Ansehen (Punkte), oder die kleinste Möglichkeit Schiffe abzuwehren (Säbel auf den Matrosen- und Piraten-Karten) hat. Dieser Spieler (oder auch mehrere) bekommt eine Goldmünze.
Und jetzt zu den Expeditionsaufrufen. Wird so eine Karte aufgedeckt, kommt sie neben den Hafen und verbleibt dort bis ein Spieler sie erfüllen kann. Dazu muss er der aktive Spieler sein und die benötigten Kapitäne, Siedler, Priester haben oder einige von ihnen durch Tausendsassa ersetzen können. Man gibt die Personen ab (auf den Ablagestapel) und nimmt sich die Karte mit dem Expeditionsaufruf auf seine Mole. Es lohnt sich, denn die Punkte der abgegebenen Personen werden damit verzweifacht und man bekommt auch noch Gold als Belohnung. Genauso wie die abgegebenen Personen, so hat auch die Karte des Expeditionsaufrufs keine Funktion während des Spiels. Sie zählen lediglich als weiteres Ansehen.
Es bleibt nur noch die Frage, warum es so viel Spaß bereitet? Einerseits ist es die Möglichkeit auch im Zuge eines anderen Spielers etwas Gutes zu ergattern. Denn hat der aktive Spieler vom Hafen seine Karte (Karten) genommen, darf der Reihe nach jeder auch noch eine Karte nehmen. Mit Schiffen kommt man ans Gold, Personen muss man kaufen. Da es aber nicht die eigene Auslage war, muss man dem aktiven Spieler ein Gold pro genommene Karte bezahlen. Und da ist die Katze im Sack versteckt:
Will ich als aktiver Spieler auch für die Anderen etwas auslegen? Was ist, wenn ich ihnen gerade die für sie passende Karte aufdecke? Sollte ich dann nicht die ganze Auslage lieber verfallen lassen?
Will ich als nicht-aktiver Spieler dem aktiven Spieler Gold in die Tasche stecken? Ein Schiff mit nur 1 Goldstück lohnt sich sicher nicht. Sollte ich aber dieses mit 2 Gold nehmen?
Man ist immer wieder wie in einer Zwickmühle. Man möchte mehr, aber ist mehr Karten, mehr Gold, mehr Personen wirklich gut? Wo ist das Optimum? Bei jedem Spiel irgendwo anders. Denn jedes Spiel verläuft anders und bei jedem Spiel kann man auf andere Eigenschaften spielen, andere Wege und Strategien ausprobieren
Das Spiel findet in jedem Gepäck Platz und bietet nicht nur bei Regenwetter Stunden von Unterhaltung.
Monika Dillingerova
Spieler: 2-5
Alter: 8+
Dauer: 30+
Autor: Alexander Pfister
Grafiker: Klemens Franz, Hans-Georg Schneider
Preis: ca. 10 Euro
Verlag: Pegasus Spiele 2014
Web: www.pegasus.de
Genre: Kartensammelspiel
Zielgruppe: Mit Freunden
Version: de
Regeln: de en
Text im Spiel: nein
Kommentar:
Hoher Wiederspielwert
Einfache Regeln
Leicht mitzunehmen
Jede Partie verläuft anders
Vergleichbar:
Grundsätzlich Set-Sammelspiele
Andere Ausgaben:
Händler der Karibik, vergriffen
Meine Einschätzung: 6
Monika Dillingerova
Dieses Spiel besticht mit seiner niedrigen Regelhürde und dem hohen Wiederspielwert, meist will man sofort andere Wege und Strategien ausprobieren.
Zufall (rosa): 2
Taktik (türkis): 2
Strategie (blau): 1
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 0
Kommunikation (rot): 0
Interaktion (braun): 3
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0