Intrige und Diplomatie
Junta
Regierung für die Republika de
los Bananas gesucht
Es gibt Spiele, die kommen
immer wieder, weil sich die Legende hält, und immer wieder irgendwer sagt, ja
aber in … war das viel lustiger, spannender, witziger, boshafter, und überhaupt
und außerdem, das waren noch Zeiten …
So ein Spiel ist Junta von
Vincent Tsao, dereinst 1979 bei Creative Wargames Workshop erschienen, dann
1985 in einer Bearbeitung von Eric Goldberg und Ben Grossman von Westend
Nun ist das Spiel in einer
neuen Reinkarnation wieder da, diesmal bei Pegasus und ich lasse unsere
Rezension aus dem WIN #100 für sich sprechen, sie sagt alles und vermittelt
hoffentlich auch den Junta-Neulingen einen Eindruck von den Zuständen in der
legendären Bananenrepublik:
„Was soll man nun über ein
Spiel schreiben, das mit Fug und Recht als Klassiker einzustufen ist und
bereits "Kultstatus" genießt. Diejenigen, die das Spiel kennen,
lieben es entweder heiß - oder lehnen es mit genau gleicher Intensität ab. Ich
habe mich daher entschlossen, meine Besprechung so abzufassen, dass Leser, die
noch nie mit JUNTA in Berührung gekommen sind, einen Eindruck von diesem Spiel gewinnen
und ihm vielleicht, so wie auch ich, verfallen.
Vorausgeschickt sei, dass JUNTA
- nach meiner Meinung - nur bei 7 Mitspielern den vollen Spielspaß erbringt und
ein Spiel zwischen 3 oder gar nur 2 Personen eigentlich als sinnlos zu
bezeichnen ist.
Worum geht's? In der
"Republica de las Bananas" regiert eine typische Regierungsclique.
Sie besteht aus dem Präsidenten, einem Minister für innere Sicherheit, den 3 im
Generalsrang befindlichen Kommandanten der Heeresbrigaden, einem Admiral, dem
Marineinfanterie und ein Kanonenboot untersteht und dem Kommandeur der
Luftwaffe, der die Fallschirmjäger befehligt und die Luftangriffe leitet. Diese
7 Oberbosse entstammen den offenbar ersten Familien des Landes und die Spieler
stellen die Oberhäupter dieser Familien dar.
Ziel des Spieles ist es, jener
Spieler zu sein, der das meiste Geld auf ein sicheres Bankkonto in der Schweiz
transferieren konnte. Um dies nicht zu einfach zu gestalten, kann es schon mal
während des Spieles zu einem Putsch kommen oder gedungene Mörder verschaffen
einer Spielfigur, die gerade dabei ist, auf der Bank ihre schwer errungene
Barschaft in die Schweiz zu transferieren, einen nahtlosen Übergang vom
lebenden zum toten Zustand.
Das Spiel läuft in Runden ab
und endet, sobald die vorhandenen Geldscheine aufgebraucht wurden. Klar, ohne
Geld keine Junta. Aufgrund der Anzahl der Geldscheine endet ein Spiel also nach
maximal 11 Runden. Jede dieser Runden besteht aus mehreren Phasen. Vor
Spielbeginn wählen die Spieler eine Familie, deren Oberhaupt sie darstellen
wollen, aus, und jeder Spieler erhält die 8 Spielmarken seiner Familie. Diese
Spielmarken sind durch in Junta-Kreisen so unabdingbar notwendige Dinge wie
Sonnenbrillen, Zigarrenspitzen oder Cocktailgläser gekennzeichnet. Weiters weisen
5 der Spielmarken auf der Rückseite das Wort "Ort" auf. Die restliche
Ausstattung der Spieler besteht aus einer Spielmarke mit dem Familiensymbol und
der Aufschrift "Schweizer Konto" und wird auf jenen, hoffentlich
hohen, Geldscheinstapel gelegt, der sich bereits in sicherem schweizerischem
Gewahrsam befindet. Abschließend erhält jeder Spieler noch 3 Kontroll- Marken,
die jedoch nur bei einem Putsch zum Einsatz kommen.
Der Stapel mit den Geldscheinen
wird gemischt und verdeckt abgelegt. In diesem Stapel sind Geldscheine mit den Werten
1, 2 und 3 Millionen Pesos enthalten. Die 7 Karten der Familien-Oberhäupter und
die Karte des Rebellenführers werden beiseite gelegt, die restlichen 64 Karten
werden gemischt und verdeckt in das Feld "Karten-Politik" platziert. Zu
Spielbeginn zieht jeder der Spieler von diesem Stapel 5 Karten. Nachdem die
Polizei- Einheiten und alle Truppen (Heeres-Brigaden, Fallschirmjäger,
Kanonenboot usw.) auf dem Spielplan aufgelegt wurden, kann das Spiel nunmehr
beginnen.
Zuerst muss nun ein Präsident
bestimmt werden. Jeder Spieler verfügt hierbei über eine Stimme, die er einem
Spieler - aber auch sich selbst - geben kann. Konnte ein Spieler nach 2
Wahlgängen die meisten Stimmen auf sich vereinigen ist er der erste Präsident
der Republica de las Bananas. Um diesen Vorgang jedoch nicht zu sehr zu
vereinfachen, hat nunmehr jeder Spieler die Möglichkeit Stimm-Karten, die er in
der Hand hält, vor sich abzulegen und mit dieser zusätzlichen Stimmenanzahl ein
weiteres Votum für einen von ihm gewünschten Präsidenten abzugeben. Möchte
Spieler A sich also selbst zum Präsidenten machen, stimmt er für sich und legt
zusätzlich die Stimm-Karte Farmer (2 Stimmen) vor sich ab. Der Vorschlag, dass
Spieler A Präsident wird, wird nun durch 3 Stimmen unterstützt. Alleine dieser
Wahlvorgang kann bereits zu heißen Diskussionen führen und nicht selten werden
Wahlversprechen ("Gib mir Deine Stimme wenn ich Präsident bin, mache ich
Dich zum Innenminister") nach der Wahl aus der Erinnerung gestrichen. Wie
im wirklichen Leben müssen die Politiker nämlich auch im Spiel absolut nichts
einhalten, was sie versprechen, sagen oder auch nur andeuten. Hat man sich nun
endlich auf einen Präsidenten geeinigt, werden die beim Wahlvorgang
eingesetzten Stimm-Karten abgelegt.
Am Anfang einer Runde zieht nun
jeder der Spieler 2 Politik- Karten und behält sie in der Hand (kein Spieler
kann gleichzeitig mehr als 6 Karten auf der Hand haben). Bei diesen Karten kann
es sich um Ereignisse, Stimmen, Einfluss- oder Schmiergeld-Karten, Parteispenden
oder auch um Karten, mit denen ein Attentat durchgeführt werden kann, handeln.
Danach schreitet der Präsident gelassen zur Vergabe der Ämter. Er teilt nun,
nach seinem Gutdünken, jedem der Spieler eine der Ämter-Karten (Innenminister,
Admiral, Kommandant der 1. Heeres- Brigade usw.) zu.
Anschließend daran zieht der
Präsident 8 Geldscheine vom Stapel, wobei zu beachten ist, dass damit nur er
den Gesamtwert dieser 8 Scheine (8-24 Millionen) kennt und legt den
Staatshaushalt fest. Er gibt nun den Regierungsmitgliedern (den Spielern)
bekannt, wie er sich die Verteilung der von ihm gezogenen Geldscheine
vorstellt. Der Präsident gibt nun an, welchem Regierungsmitglied er welche
Summe zugedacht hat und danach wird, wie bei der Wahl, über diese Vorschläge
abgestimmt. Wird der Staatshaushalt angenommen, geht man zur nächsten Phase
über. Wird der Staatshaushalt jedoch abgelehnt, kann der Innenminister
eingreifen. Tut er dies drückt er die Annahme durch, die Bank schließt jedoch
in der nächsten Runde ihre Pforten und auch ein Vorwand für einen Putsch ist
nunmehr gegeben. Greift der Minister jedoch nicht ein, wird der vorgeschlagene
Staatshaushalt abgelehnt und der Präsident streift alle 8 Geldscheine ein, was
seine Beliebtheit in ungeahnte Höhen treibt. Selbstverständlich schließt auch
in so einem Fall die Bank, da es stark nach Putsch riecht.
Nach der anstrengenden
Abstimmungstätigkeit ziehen sich die Regierungsmitglieder nunmehr an einen
Aufenthaltsort zurück und relaxen. Von den 5 möglichen Orten Bank, Hauptquartier,
Zuhause, Freundin und Nachtclub kommt den beiden erstgenannten Orten besondere
Bedeutung zu. Nur in der Bank kann Bargeld auf das sichere Schweizer Konto
transferiert werden und nur im Hauptquartier kann, wenn kein Putsch-Vorwand
vorliegt, ein Putsch begonnen werden. Jeder der Spieler wählt die Spielmarke,
die dem Ort entspricht, den er in dieser Phase besuchen möchte und legt die
Marke verdeckt vor sich ab. Nun können die Spieler erstmals ihre wahre
Gesinnung zeigen - die Terror-Phase bricht über das Spiel herein. In dieser
Phase können die Spieler versuchen, andere Familienoberhäupter aus dem Weg zu
räumen. Dies geschieht entweder durch den Einsatz entsprechender Politik-Karten
oder durch das Attentat, das der Innenminister in jeder Runde durch seine
Geheimpolizei ausführen lassen kann. Die Spieler kündigen, beginnend mit dem
Innenminister, an, wen sie wo umzubringen gedenken. Wurden alle diese Angaben
gemacht, deckt jedes Familienoberhaupt seinen Aufenthaltsort auf und befindet
er sich am Ort des Attentats, hat er leider das Zeitliche gesegnet. Das
Erfreuliche für jenen Spieler, der die erfolgreichen Attentäter führt, besteht
darin dass er das gesamte Bargeld des soeben liquidierten Familienoberhauptes
in seinen Besitz bringt. Um jedoch nicht nach einer Spielzeit von einer halben
Stunde nur mehr von Attentatsopfern umgeben zu sein, kann der Spieler in der
nächsten Runde wieder als Oberhaupt seiner Familie fungieren, wobei angenommen
wird, dass ein naher Verwandter das Erbe des so plötzlich Dahingeschiedenen
antritt.
Alle Familienoberhäupter, die
sich nunmehr in der Bank aufhalten und wunderbarerweise die vorhergehende Phase
überlebt haben können nunmehr ihr Bargeld auf ein Schweizer Konto einzahlen.
Damit ist es endgültig sicher und dem Zugriff böswilliger gegnerischer Spieler
entzogen.
So viel zum Ablauf einer
normalen Spielrunde. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass sich die Spieler
absolut nicht einigen können, dass einige gerne einen anderen Präsidenten sehen
würden, dass einige mit ihrem derzeitigen Amt nicht zufrieden sind usw. Diesen
armen Seelen kann geholfen werden - wozu gibt es einen Putsch!
Kommt es während des Spieles zu
einem Putsch-Vorwand (z.B. bei Ablehnung des Staatshaushaltes oder durch das
Ausspielen einer entsprechenden Karte) kann ein Putsch ausgelöst werden, indem
eine entsprechende Ereignis-Karte gespielt wird, irgendeine der auf dem
Spielplan befindlichen Einheiten sich bewegt oder in ganz trivialer Weise der
Präsidentenpalast durch einen Luftangriff oder Beschuss mittels des
Kanonenbootes seiner Bestimmung als rauchende Ruine zugeführt wird. Liegt kein
Putsch-Vorwand vor, kann nur jener Spieler einen Putsch auslösen, der sich im
Hauptquartier befindet. Während des Putsches führt jedes Regierungsmitglied die
ihm aufgrund seines Amtes unterstellten Einheiten (der Admiral das Kanonenboot
und die Marineinfanterie, der Innenminister die Polizei usw.). Zu Beginn des
Putsches ist nur jener Spieler, der den Putsch auslöste, ein Aufständischer und
erhält die Karte Rebellenführer. Alle anderen Spieler können sich nun für
Regierungstreue oder Aufstand entscheiden. Beschießen Einheiten eines Spielers
die Palastwache, zählt er sich naturgemäß zu den Aufständischen und auch alle
anderen Spieler, die in der ersten Putsch-Phase ihre Truppen schießen lassen,
haben sich auf die Seite der Aufständischen geschlagen. Sind die Fronten einmal
geklärt, regiert die Gewalt. Der Kampf ist eigentlich sehr einfach: Treffen
verfeindete Einheiten aufeinander, würfelt jedes entsprechende Regierungsmitglied
für jede Einheit und bei einem Wurfergebnis von 6 hat diese Einheit einen
Treffer erzielt und somit eine gegnerische Einheit aus dem Verkehr gezogen.
Nach 6 Phasen endet der Putsch
und jene Seite die zumindest 3 der 5 Schlüsselpositionen (Zentralbank,
Abgeordneten-Kammer, Präsidenten-Palast, Hauptbahnhof und Rundfunksender)
besitzt, ist der Sieger des Putsches. Nunmehr können sich jedoch alle Spieler,
natürlich mit Ausnahme des Rebellen-Führers und des Präsidenten, noch einmal
für eine Seite entscheiden. Dies kann dazu führen, dass der Admiral während des
ganzen Putsches auf Seiten der Aufständischen kämpfte und am Ende den
Rundfunksender mit seinen Truppen besetzt hält, aber aufgrund des Angebotes des
Präsidenten, ihn zum Innenminister zu machen, wieder auf die Seite der
Regierungstreuen umschwenkt. Besitzen nun die Regierungstreuen die
Abgeordneten-Kammer und den Hauptbahnhof, verfügen sie nunmehr auch über den
Rundfunksender des Admirals und auf den Rebellenführer wartet das
Erschießungskommando. Wurde jedoch der Präsident abgesetzt, bilden die Spieler
sofort eine neue Junta und wählen aus ihrer Mitte einen neuen Präsidenten - the
show must go on.
Da es nur schwer möglich ist,
die hitzigen Diskussionen, listigen Versprechungen und die aufgrund der
grausamen Betrügereien immer länger werdenden Gesichter der Spieler in Worte zu
kleiden kann ich nur empfehlen: Spielen, spielen, spielen. Für mich ist Junta
ein absoluter Schlager. Spieler, denen etwas an der Einhaltung eines gegebenen
Versprechens liegt und die sich nicht daran erfreuen können, ihre Gegner zu
betrügen und zu belügen, seien jedoch vor diesem Spiel gewarnt.“
Viel mehr ist dazu auch heute
nicht zu sagen, und inzwischen sind wir alle an Spiele gewöhnt, die nicht
unbedingt politically correct, sondern mit einem ordentlichen Schuss Satire
versetzt ziemlich Spaß machen, spätestens seit dem in gleichen Verlag ziemlich
dominanten Munchkin oder Killerkarnickel nimmt man Bauernopfer eines
krummfruchtrepublikanischen Landwirtschaftsministers gelassen hin.
In der damals noch gültigen
WIN-Wertung hat das Spiel die Höchstwertung von drei Sternen bekommen, und auch
den Höchstwert bei Unterhaltung, jeder der Spaß an Satire, stürmischen
Verhandlungen und auf die Seife gestiegenen Mitspielern hat, wird an Junta
seine helle Freude haben.
Spieler : 2-7
Alter : ab 16 Jahren
Dauer : ca. 2 Stunden
Autor : Vincent Tsao, Ben Grossmann, Eric Goldberg
Grafik : Claus Stephan, Martin Hoffmann, James Dunn
Vertrieb : Fachhandel
Preis : ca. 30,00
Verlag : Pegasus
Genre : Satirisches Polit- und Verhandlungsspiel
Zielgruppe : Freunde, Experten
Mechanismen : Verhandeln, Versprechen brechen, politisch agieren
Strategie : ****
Taktik : ******
Glück : ****
Interaktion : ******
Kommunikation : *******
Atmosphäre : *******
Kommentar :
Neuauflage
Frühere Auflagen bei ASS und Schmidt
Satirisches Verhandlungsspiel
Spielerfahrung nötig
Witzig, boshaft, etwas für Kenner
Vergleichbar:
Kreml, Fata Morgana